Klageerhebung unter falschem Namen ist nicht zulässig

Wer bei seiner Klage einen falschen Namen verwendet, muss damit rechnen, dass diese als unzulässig zurückgewiesen wird. Das gilt auch dann, wenn sich eine Klage, die von einer Person unter einem Falschnamen erhoben wurde, zweifelsfrei der Person zuordnen lässt, die den Falschnamen benutzt, und dass gerichtliche Schreiben der mit dem Falschnamen bezeichneten Person tatsächlich zugehen.

Hintergrund

Die Klägerin A bezog ab September 2015 unter dem Falschnamen A. P. als vermeintlich bangladeschische Staatsangehörige für 3 minderjährige Kinder Kindergeld. Sie hatte der Familienkasse den Verlust ihres Arbeitsplatzes nicht angezeigt und in der Folgezeit für sich und die 3 Kinder Leistungen nach dem SGB II bezogen. Dabei wurde das Kindergeld als Einkommen angerechnet. Als die Familienkasse von der fehlenden Erwerbstätigkeit der A erfuhr, hob sie im Jahr 2017 die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2016 auf und forderte das für Februar 2016 bis September 2017 gezahlte Kindergeld i. H. v. 11.574 EUR von A zurück.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte im Wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete die Familienkasse, den Kindergeldrückforderungsanspruch zu erlassen.

In dem von der Familienkasse eingeleiteten Revisionsverfahren teilte A mit, dass sowohl ihr Name und Vorname als auch ihr Geburtsdatum und ihre Nationalität richtigzustellen sind. Sie heiße E. R. und stamme aus Indien. Auch die Personalien der Kinder müssten korrigiert werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage wegen Verwendung des Falschnamens als unzulässig ab.

Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO müssen der Kläger und der Beklagte in der Klage bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung. Ob die Voraussetzungen für ein Sachurteil des Finanzgerichts vorlagen, hat der Bundesfinanzhof von Amts wegen zu prüfen. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen müssen spätestens am Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Fehlt eine Sachentscheidungsvoraussetzung, ist die Klage unzulässig und durch Prozessurteil abzuweisen.

Auf welche Weise der Kläger zu bezeichnen ist, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich. Die erforderlichen Angaben ergeben sich jedoch aus der Bedeutung der Klage für das finanzgerichtliche Verfahren. Mit der Klage gegen eine hoheitliche Maßnahme wird ein Verfahren in Gang gesetzt, an dem ein öffentliches Interesse besteht. Das Finanzgericht hat den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten aufzuklären. Die Bezeichnung der Beteiligten ist daher nicht nur für die zweifelsfreie Identifizierung der Prozessbeteiligten und die Fixierung des Prozessverhältnisses, sondern auch für die ordnungsgemäße Prozessführung von Bedeutung. Bei natürlichen Personen ist regelmäßig neben der Angabe der Adresse auch die des Familiennamens und des Vornamens erforderlich. Die Bezeichnung muss so bestimmt sein, dass jeder Zweifel an der Person des Klägers ausgeschlossen ist.

Steht die wahre Identität eines Klägers wegen der Verwendung eines Falschnamens nicht fest, ist er nicht i. S. v. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO bezeichnet. Da A über ihre Identität getäuscht hatte, war die zweifelsfreie Identifizierung der Person der Klägerin nicht möglich. Es genügt daher nicht, dass sich eine unter einem Falschnamen erhobene Klage zweifelsfrei einer Person zuordnen lässt und dass gerichtliche Schreiben dieser Person tatsächlich zugehen.

Kindergeld: Wenn die Eltern in verschiedenen EU-Staaten leben

Leben beide Elternteile in jeweils unterschiedlichen EU-Ländern, kann es bezüglich des Kindergeldes zu einem Zusammentreffen von Leistungsansprüchen kommen. Das gilt z.B. dann, wenn der im Inland lebende Elternteil dem deutschen Recht unterliegt und der andere Elternteil unter die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats fällt, dort aber selbst keinen Familienleistungsanspruch hat.

Hintergrund

Die Eltern der Tochter J sind polnische Staatsangehörige und mittlerweile geschieden. Die Mutter M wohnt in Deutschland, der Vater V in Polen. J wohnte zunächst in Deutschland und anschließend in Polen.

Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldfestsetzung für J ab. Sie war der Ansicht, dass ein Anspruch auf deutsches Differenz-Kindergeld ausgeschlossen ist, da beide Elternteile weder eine Erwerbstätigkeit ausübten noch eine Rente bezogen und deshalb ein Anspruch auf Familienleistungen nur im Wohnsitzland des Kindes, also Polen bestand.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass V stehe kein vorrangiger Anspruch zustand. Bei Nichtbestehen eines polnischen Anspruchs besteht keine Anspruchskonkurrenz. Die Prioritätsregel nach Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO Nr. 883/2004 greift daher nicht ein, sodass für M der Anspruch nicht ausgeschlossen ist.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht. Denn es ist auch zu prüfen, ob der im Inland lebenden M ein Anspruch in Polen zusteht. In diesem Fall würde eine Anspruchskonkurrenz i.S.v. Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 bestehen.

M hatte einen Wohnsitz im Inland. J ist als leibliches Kind berücksichtigungsfähig. Sie hatte zunächst einen Wohnsitz im Inland und anschließend in Polen, also einem EU-Mitgliedstaat. Außerdem erfüllte sie auch die Berücksichtigungsvoraussetzungen für volljährige Kinder, da sie sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühte und diese Ausbildung auch durchführte.

M unterliegt den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Deutschland. V unterlag aufgrund seines Wohnsitzes den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats Polen, da er keiner Erwerbstätigkeit nachging. Allerdings gilt für den Bereich der Familienleistungen die Sonderregelung des Art. 67 Satz 1 VO Nr. 883/2004. Danach hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Diese Bestimmung betrifft sowohl Leistungen nach vorrangigen Regelungen als auch Leistungen eines nachrangig zuständigen Mitgliedstaats in Form von Differenzgeld. Demnach ist nicht nur zu fingieren, dass M in Polen wohnt, sondern auch, dass sie wie V unter die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats Polen fällt.

Sollte V nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit z.B. Kranken- oder Arbeitslosengeld bezogen haben, wäre die Zuständigkeit Polens durch eine Beschäftigung begründet. Damit wäre auch der Anspruch in Polen als durch die Beschäftigung ausgelöst anzusehen. Der Anspruch in Polen wäre dann gegenüber dem nur durch den Wohnort ausgelösten Anspruch in Deutschland vorrangig und ein Differenzkindergeldanspruch in Deutschland wäre ausgeschlossen. Wäre der Anspruch in Polen dagegen nur durch den Wohnort des V ausgelöst, wäre dieser nachrangig, soweit J ihren Wohnsitz in Deutschland hatte. Für die Zeit danach wäre dagegen der Anspruch in Polen vorrangig, da J in Polen wohnte. Ein Differenzkindergeldanspruch in Deutschland würde für diese Zeit ausscheiden.

Zur entsprechenden Klärung des Sachverhalts verwies der Bundesfinanzhof die Sache an das Finanzgericht zurück.

Besteuerung von Renten: Bundesfinanzhof entwickelt Berechnungsformel

Für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten hat der Bundesfinanzhof nun erstmals genaue Berechnungsparameter festgelegt. Danach liegt eine doppelte Besteuerung nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Der Grundfreibetrag und andere Beträge, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind in die Vergleichsrechnung nicht einzubeziehen.

Hintergrund

Der Kläger S war bis 2007 als Steuerberater berufstätig. Er war zunächst als Angestellter in der Rentenversicherung Pflichtmitglied und später als Selbstständiger freiwillig weiterversichert. Die Beiträge zahlte er größtenteils aus eigenem Einkommen und konnte sie nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen. Im Jahr 2008 wurde seine Rente mit einem Besteuerungsanteil von 54 % berücksichtigt.

S und seine Ehefrau E waren der Ansicht, dass aufgrund der hohen Zahlungen aus bereits versteuertem Einkommen der Ansatz von 54 % zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung der Rente führte.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Nach Berechnung der Finanzrichter überstiegen die voraussichtlich steuerfreien Rentenbeträge die aus versteuertem Einkommen gezahlten Beträge.

Entscheidung

Die Revision scheiterte ebenfalls. Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil im Ergebnis und entschied, dass eine doppelte Besteuerung nicht vorliegt, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge.

Die Finanzverwaltung ging bisher davon aus, dass der Grundfreibetrag bei der Berechnung der steuerfreien Rente einberechnet werden muss. Das hat zur Folge, dass sich der steuerfreie Rentenbetrag erheblich erhöht und eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Diese Auffassung weist der Bundesfinanzhof entschieden zurück. Seiner Ansicht nach ist der Grundfreibetrag nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus legt der Bundesfinanzhof erstmals konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung fest.

I. Ermittlung des steuerfreien Rentenanteils

Steuerfrei zufließende Rentenbeträge

Der für S selbst ermittelte Betrag ergibt sich, wenn der jährliche steuerfreie Teilbetrag der Rente mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts zu erwartenden durchschnittlichen statistischen weiteren Lebenserwartung des S nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Sterbetafel multipliziert wird. Maßgebend ist die zuletzt verfügbare Sterbetafel im Zeitpunkt des Renteneintritts.

 Einbeziehung der künftigen Hinterbliebenenrente

Auch die mögliche künftige Hinterbliebenenrente der E hat ihre Grundlage in dem Versicherungsverhältnis des S zur Deutschen Rentenversicherung. Die Anwartschaft wurde durch die von S geleisteten Beiträge mit erworben.

Bei Rentnern, die keine Hinterbliebenen hinterlassen, die rentenberechtigt sind (Witwe/Witwer, Waise), wird kein Rentenfreibetrag aus einer etwaigen Hinterbliebenenrente angesetzt. Sie gelangen daher bereits früher in den Bereich einer rechnerischen Doppelbesteuerung als solche Rentner, bei denen nach dem statistisch zu erwartenden Verlauf voraussichtlich eine Rente an Hinterbliebene gezahlt werden wird. Diese rechnerische Wirkung ist sachgerecht, da in beiden Fällen dieselben Rentenversicherungsbeiträge gezahlt wurden, aus einem Versicherungsverhältnis mit zu versorgenden Hinterbliebenen aber insgesamt voraussichtlich höhere Rentenleistungen zu erwarten sind als bei einem – sonst gleichen – Versicherungsverhältnis ohne Hinterbliebene.

Werbungskosten-Pauschbetrag, Grundfreibetrag und weitere Abzugsbeträge sind keine steuerfreien Rententeilbeträge

Der Werbungskostenabzug dient der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und kann daher nicht zugleich der Vermeidung einer doppelten Besteuerung dienen. Gleiches gilt für den Werbungskosten-Pauschbetrag.

Der Grundfreibetrag dient der Verschonung des Existenzminimums. Folglich kann er nicht nochmals herangezogen werden, um die steuerliche Belastung einer speziellen Einkunftsart zu reduzieren oder als Puffer zur Abfederung verfassungsrechtlich unzulässiger doppelter Steuerzugriffe zu dienen.

Die als Sonderausgaben abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Rentner sind ebenfalls nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen. Auch diese Abzugsmöglichkeit dient der verfassungsrechtlich gebotenen einkommensteuerrechtlichen Verschonung des Existenzminimums. Der Sonderausgabenabzug kann nicht nochmals zur Kompensation des aus versteuertem Einkommen geleisteten Teils der früheren Altersvorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden.

Aus denselben Gründen sind auch die Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.

Der Sonderausgaben-Pauschbetrag ist ebenfalls nicht als „steuerfreier Rententeilbetrag“ anzusehen. Er dient der pauschalen Abgeltung bestimmter Sonderausgaben, aber nicht der Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Altersbezügen und Altersvorsorgeaufwendungen.

II. Aus versteuertem Einkommen geleistete Altersvorsorgeaufwendungen

Für die Ermittlung der in Veranlagungszeiträumen bis 2004 aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Altersvorsorgeaufwendungen sind die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der ihnen gleichgestellten Teile der Vorsorgeaufwendungen nicht gesetzlich Versicherter) gleichrangig zu berücksichtigen. Alle anderen nach damaliger Rechtslage dem Grunde nach abziehbaren Vorsorgeaufwendungen werden im Rahmen der Prüfung, in welchem Umfang Altersvorsorgeaufwendungen in früheren Veranlagungszeiträumen als aus versteuertem Einkommen geleistet gelten, lediglich nachrangig berücksichtigt.

Bei Zusammenveranlagung von Eheleuten, die jeweils eigene Vorsorgeaufwendungen getragen haben, werden die gemeinsamen Sonderausgaben-Höchstbeträge im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Eheleute aufgeteilt.

Für die in Veranlagungszeiträumen ab 2005 geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen sind diejenigen Teile aus versteuertem Einkommen erbracht, die den Höchstbetrag in den ab 2005 geltenden Fassungen überschritten haben.

Die so vorgenommene Berechnung ist nicht um die Anteile der in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen von S geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu modifizieren, die kalkulatorisch nicht auf die Leistung von Alters- oder Hinterbliebenenrenten entfallen, sondern z.B. auf Reha-Maßnahmen.

Der Bundesfinanzhof lehnt eine Differenzierung danach ab, ob tatsächlich eine Steuer festgesetzt wurde. Denn bei der Vergleichsrechnung ist stets auf die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abzustellen. Ferner verhindert der Verzicht auf diese Differenzierung eine weitere Verkomplizierung der Vergleichsrechnung.

III. Ergebnis des Streitfalls

Die Berechnung des Bundesfinanzhofs ergibt, dass S und E Altersvorsorgeaufwendungen von 133.000 EUR aus versteuertem Einkommen geleistet haben. Dem stehen voraussichtlich (höhere) steuerfreie Renten der gesetzlichen Rentenversicherung von 257.000 EUR gegenüber. Eine doppelte Besteuerung liegt daher nicht vor. Damit war die Revision zurückzuweisen.

 

Erste Tätigkeitsstätte: Wenn der Arbeitnehmer den Büroraum selbst anmietet

Mietet ein Arbeitnehmer selbst einen Büroraum an, in dem er seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht, kann es sich dabei trotzdem um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handeln. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts oder kraft hoheitlicher Anordnung die Nutzung der Einrichtung durch den Arbeitnehmer bestimmen kann.

Hintergrund

Der Kläger G ist als Gerichtsvollzieher bei einem Amtsgericht Y beschäftigt, das 78 km vom Wohnort des G entfernt liegt. G wird im Gerichtsgebäude kein Büro zur Verfügung gestellt. An seinem Amtssitz beim Amtsgericht Y muss G auf eigene Kosten ein Büro unterhalten. G hat dazu mit weiteren Kollegen ein Gemeinschaftsbüro angemietet, in dem er einen Büroraum an 2 Wochentagen für 2 Stunden nutzt.

G machte für das Jahr 2015 die Fahrtkosten zum AG Y nach Reisekostengrundsätzen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da G dienstrechtlich zum Amtsgericht Y zugeordnet und zum Abholen der Vollstreckungsaufträge bei der dortigen Verteilerstelle verpflichtet war.

Entscheidung

Die Revision des G hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die von G geltend gemachten Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind. Seine erste Tätigkeitsstätte hatte G in den Dienstgebäuden des Amtsgerichts Y sowie in dem von ihm angemieteten Geschäftszimmer in Y.

Erste Tätigkeitsstätte ist u.a. die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine Einrichtung des Arbeitgebers liegt vor, wenn sie ihm zuzurechnen ist. Dabei können mehrere für sich betrachtet selbstständige betriebliche Einrichtungen eine erste Tätigkeitsstätte darstellen, wenn sie räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers stehen. Das kann auch bei einer Einrichtung, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Eigentümerstellung, seines obligatorischen oder dinglichen Rechts für die berufliche Tätigkeit nutzt, der Fall sein, soweit der Arbeitgeber kraft seines arbeits- oder dienstrechtlichen Direktionsrechts oder kraft hoheitlicher Anordnung bestimmenden Einfluss auf die Nutzung der Einrichtung für seine betrieblichen Zwecke ausüben kann. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Hiervon ausgehend befand sich die erste Tätigkeitsstätte des G in den Dienstgebäuden des Amtsgerichts Y sowie außerdem in dem von G angemieteten Geschäftszimmer. Neben dem Dienstgebäude des Arbeitgebers gehört auch das von G angemietete Gemeinschaftsbüro zu der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers. Auch wenn G das Gemeinschaftsbüro aus eigenem Recht für seine berufliche Tätigkeit nutzt, ist es gleichwohl aufgrund der öffentlich-rechtlichen Regelung des Dienstverhältnisses dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber als betriebliche Einrichtung zuzurechnen. Denn die Ausstattung des Geschäftszimmers ist im Einzelnen geregelt und wird vom Amtsgericht Y geprüft. Die Dienstgebäude des Amtsgerichts Y und das angemietete Büro des G stehen in einem räumlichen und organisatorischen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers. Sie stellen daher eine zusammengefasste ortsfeste betriebliche Einrichtung dar. G war dieser Tätigkeitsstätte nach den dienstrechtlichen Vorschriften zugeordnet und wurde dort mit der Tätigkeit im Büro und dem Abholen der Vollstreckungsaufträge beim Amtsgericht Y in dem für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte hinreichenden Umfang tätig.

Wie wird ein Flachdach-Gebäude mit angehängter Decke bewertet?

Der Gebäudenormalherstellungswert eines Flachdachgebäudes wird anhand des von den Außenwänden des Gebäudes gänzlich umschlossenen Raumvolumens berechnet. Das gilt auch dann, wenn die Decke zur Abdeckung von Versorgungsleitungen angehängt wird.

Hintergrund

X ist Erbbauberechtigte an einem Grundstück, auf dem ein Supermarkt-Gebäude errichtet wurde. Der Flachdachbau ist zum Teil mit einem Obergeschoss bebaut. Im gesamten Gebäude sind unterhalb des Flachdachs bzw. der Erdgeschossdecke zum Sichtschutz abgehängte Decken eingezogen. Darüber verlaufen die Versorgungsleitungen.

X beantragte, im Sachwertverfahren für Zwecke der Grundsteuer den Zwischenraum zwischen der abgehängten Decke und dem Dach in dem Teil des Gebäudes, über den sich das Obergeschoss nicht erstreckt, nur mit einem Drittel des Rauminhalts in die Berechnung des umbauten Raums einzubeziehen.

Das Finanzamt berücksichtigte dagegen den Zwischenraum in voller Höhe. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück und entschied, dass bei der Berechnung des Gebäudewerts das Raumvolumen zwischen der abgehängten Decke, den Außenwänden und der Dachhaut voll anzurechnen ist.

Für die Bewertung des Erbbaurechts ist das Sachwertverfahren nach §§ 83 ff. BewG anzuwenden. Der umbaute Raum ist nach DIN 277 (November 1950 x) zu berechnen. Ausgebaute Dachgeschosse werden mit dem vollen Rauminhalt angesetzt, während nicht ausgebaute Dachräume mit einem Drittel ihres Rauminhalts berücksichtigt werden.

Ein Flachdach verfügt über nahezu keinen Dachraum. Ein auf allen Seiten von den Außenflächen der Umfassungen des Gebäudes umschlossener Raum, der sich baulich nicht von den Außenwänden des Gebäudekörpers abhebt, ist nicht „Dachraum“ und demnach auch kein der Drittelregelung unterliegender „nicht ausgebauter Dachraum“. Er ist ungeachtet der Existenz abgehängter Zwischendecken voll anzurechnen.

Die bewertungsrechtliche Behandlung eines Raums als Dachraum setzt voraus, dass zwischen dem Dachraum und dem voll anzurechnenden Raum eine bauliche Abgrenzung vorhanden ist. Rauminhalt, dessen seitliche Umschließung rundum durch Gebäudeaußenwände gebildet wird, ist kein Dachraum. Es ist daher nicht möglich, durch eine Verlagerung der entsprechenden Decke nach unten den der Drittelregelung zu unterwerfenden Dachraum beliebig zu vergrößern.

Nachlassverbindlichkeit: Warum eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht abziehbar ist

Fällt für die vorzeitige Ablösung eines Darlehens des Erblassers eine Vorfälligkeitsentschädigung an, kann diese nicht gesondert als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Vielmehr sind die Zinsen Teil der als Erblasserschuld abziehbaren Darlehensverbindlichkeit.

Hintergrund

Nach dem Tod der Erblasserin E bestellte das Nachlassgericht eine Nachlasspflegerin, da die Erben nicht bekannt waren und sicherungsbedürftiger Nachlass vorlag.

Die Nachlasspflegerin verkaufte die zum Nachlass gehörenden Grundstücke und verpflichtete sich zur Ablösung der Grundpfandrechte. Durch die vorzeitige Ablösung der von E zur Finanzierung der Grundstücke aufgenommenen Darlehen fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an.

Der Kläger war ein Erbe zu 1/8. Er beantragte, die Vorfälligkeitsentschädigungen anteilig als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Das Finanzamt behandelte die Vorfälligkeitsentschädigung jedoch als nicht abziehbare Nachlassverwaltungskosten.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Es erkannte die Vorfälligkeitsentschädigungen als abziehbare Nachlassverbindlichkeiten in Form von Nachlassregelungskosten an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das anders und entschied, dass die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar sind. Vielmehr handelt es sich um Kosten für die Verwaltung des Nachlasses, die nicht geltend gemacht werden können.

Nachlassverbindlichkeit ist allein die Darlehensverbindlichkeit als Kapitalschuld. Sie wird unter Berücksichtigung der Verzinsung auf den Stichtag ermittelt. Die Zinsverpflichtung stellt keine zusätzlich berücksichtigungsfähige Nachlassverbindlichkeit dar. Die tatsächlich erbrachten Zinszahlungen können deshalb ebenso wenig abgezogen werden wie die Tilgungsleistungen. Sie würden andernfalls doppelt berücksichtigt. Kommt es nach dem Stichtag aus Gründen, die nicht mehr beim Erblasser ihren Ursprung haben, zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens, hat dies auf den Umfang der Erblasserschulden keinen Einfluss.

Die vorzeitige Ablösung der Darlehen war erforderlich, um die Immobilien lastenfrei veräußern zu können. Die Tilgung der Darlehen diente also der Veräußerung der Immobilien und damit dem wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit dem Nachlass.

Kosten für die Verteilung des Nachlasses sind insbesondere die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft entstandenen Aufwendungen. Die Gründe für die Veräußerung der Grundstücke stehen hier jedoch nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Erbauseinandersetzung. Insbesondere war, solange die Erben nicht ermittelt waren, ihre Anzahl und ob sie an einer Auseinandersetzung interessiert waren, nicht bekannt.

Erwerbskosten liegen ebenfalls nicht vor. Ein unmittelbarer Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb ist anzunehmen, wenn sie aufgewendet werden, damit der Erwerber seine Rechtsstellung erlangt. Die Veräußerung der Immobilien und die damit verbundene vorzeitige Ablösung der Darlehen hatten aber keinen Bezug zu der Rechtsstellung der Erben und sicherten diese auch nicht. Die Maßnahme beruhte allein auf wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitserwägungen, die auf dem Nichtwissen um die Erben beruhten.

Vorliegend handelte es sich um Nachlassverwaltungskosten. Das sind Kosten, die dazu dienen, den Nachlass zu erhalten, zu nutzen und zu mehren oder das Vermögen zu verwerten. Die Regelung verlangt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs. Handelt es sich um Kosten, die ihrer Art nach ebenso anfallen, wenn sich die Gegenstände nicht in einem Nachlass befinden, fehlt der unmittelbare Zusammenhang mit der Folge, dass es sich um Nachlassverwaltungskosten handelt. Im vorliegenden Fall standen die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Sie sind Folge einer Vermögensumschichtung als Teil einer normalen Vermögensverwaltung.

Kleine Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke: steuerliche Vereinfachung

Wer eine kleine Photovoltaikanlage oder ein vergleichbares Blockheizkraftwerk betreibt, kann nun von einer steuerlichen Vereinfachung profitieren.

Vereinfachungsregelung

Die Finanzverwaltung hat Regelungen zur Vereinfachung der ertragsteuerlichen Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke getroffen. Danach können steuerpflichtige Personen einen schriftlichen Antrag stellen, dass diese kleinen Anlagen ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Ohne weitere Prüfung wird dann unterstellt, dass eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt. Es handelt sich um ein Wahlrecht. Der Steuerpflichtige kann den Antrag stellen, muss aber nicht.

Kleine Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke

Diese Regelungen gelten für zum einen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken einschließlich Außenanlagen (z. B. Garagen) installiert sind und nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden. Zum anderen gelten sie für vergleichbare Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die übrigen Voraussetzungen für kleine Photovoltaikanlagen erfüllt sind.

Hinweis

Die Finanzverwaltung stellt klar, dass ein häusliches Arbeitszimmer bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein- und Zweifamilienhaus handelt, außen vor gelassen wird. Das gilt auch für nur gelegentlich entgeltlich vermietete Räume bis zu 520 EUR pro Veranlagungszeitraum.

In dem BMF-Schreiben wird u.a. ausgeführt, welche Folgen es mit sich bringt, wenn die Voraussetzungen für kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke in einem Veranlagungszeitraum nicht vorliegen und wie mit bereits veranlagten Gewinnen/Verlusten umzugehen ist.

 

Ehepartner als Bauherren: Wann nur ein Partner Schuldner der Umsatzsteu-er ist

Sind beide Ehepartner in einer Baugenehmigung als Bauherren genannt, hat jedoch nur ein Partner den Bauvertrag unterschrieben, ist auch nur er Leistungsempfänger der Werklieferung. Deshalb ist bei einer Leistung eines in der EU ansässigen Bauunternehmens auch nur er Steuerschuldner.

Hintergrund

A war Alleineigentümer an einem Grundstück in Deutschland. Eine in Österreich ansässige Firma B sollte darauf ein Einfamilienhaus errichten. In der Baugenehmigung wurden A und seine Ehefrau als Bauherren genannt. Das Angebot holten die Ehegatten gemeinsam ein. Den Bauvertrag unterzeichnete jedoch nur A als „Auftraggeber“. Die Rechnung richtete B an die Ehegatten. Die zuletzt korrigierte Rechnung war sowohl an die Ehegatten als auch an A adressiert mit dem Hinweis: „Übergang der Steuerschuld lt. § 13b UStG auf den Leistungsempfänger“. Auch im Leistungsverzeichnis und in dem von B gefertigten Bauplan waren als Bauherren die Ehegatten genannt.

A erklärte in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine steuerpflichtigen Umsätze. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass A für die Werklieferung durch B die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger i.S.v. § 13b Abs. 5 UStG schuldete. Dementsprechend setzte es Umsatzsteuer fest.

Die Klage des A gegen seine alleinige Inanspruchnahme für die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.

Entscheidung

Auch die Revision des A scheiterte. Der Bundesfinanzhof entschied, dass A als Leistungsempfänger Steuerschuldner für die von B erbrachte Werklieferung war. Die mögliche Mitberechtigung der Ehefrau war unbeachtlich.

Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Demnach war A entsprechend dem der Werklieferung zugrunde liegenden und nur von ihm unterschriebenen Bauvertrag der Leistungsempfänger. Eine bloße Innen-GbR kommt als Leistungsempfängerin nicht in Betracht. Es liegt auch keine GbR zwischen A und seiner Ehefrau vor. Denn es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks.

Aus der Eigenschaft als Leistungsempfänger ergibt sich für A die Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG, ohne dass dem die mögliche Mitberechtigung und Mitverpflichtung seiner Ehefrau entgegensteht. Das gilt zumindest dann, wenn der Unternehmer zum einen Schuldner des vollen Entgeltbetrags ist und zum anderen der weitere Leistungsempfänger – wie hier die Ehefrau – nicht zum Kreis der in § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG genannten Steuerschuldner gehört.

Diese Auslegung vermeidet Unklarheiten und Umgehungsmöglichkeiten bei Mitberechtigung und Mitverpflichtung weiterer Personen. Sie überschreitet nicht das den Mitgliedstaaten eingeräumte Regelungsermessen zur Schaffung einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Ermessen zur Durchsetzung des Steueranspruchs bei im Inland erbrachten sonstigen Leistungen und Werklieferungen ausländischer Unternehmer zutreffend ausgeübt.

Zahlung von Jugendhilfe an eine Pflegeperson: steuerfrei oder steuerpflichtig?

Eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln i. S. d. § 3 Nr. 11 EStG an eine Pflegeperson kann steuerfrei sein. Bei der Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe ist dies jedoch nur dann der Fall, wenn das Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, dies billigt und ihm gegen den freien Träger ein Anspruch auf Rechnungslegung und Vorlage geeigneter Nachweise zusteht.

Hintergrund

Die Klägerin wurde von der T-GmbH, einem privaten Träger der freien Jugendhilfe, als freie Mitarbeiterin mit der Vollzeitbetreuung eines Pflegekindes beauftragt. Zusätzlich schlossen die Klägerin und die GmbH eine Übernahme- und Honorarvereinbarung.

Für ihre Leistungen erhielt die Klägerin von der GmbH ein am Betreuungsbedarf orientiertes monatliches Honorar, eine Versorgungs- und Fortbildungspauschale sowie ein an das Pflegekind weiterzuleitendes Taschen- und Bekleidungsgeld.

Das Jugendamt hatte die GmbH mit der Betreuung des Kindes beauftragt. In die Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und der GmbH war die Klägerin jedoch nicht als Vertragspartnerin einbezogen. Das von der GmbH an die Klägerin zu zahlende Honorar und der Sachkostenersatz wurden von der GmbH und der Klägerin ohne Einbeziehung des Jugendamts ausgehandelt.

Die GmbH behielt aus den vom Jugendamt gezahlten Tagessätzen einen Eigenanteil zurück. Von dem Restbetrag zahlte sie an die Klägerin die vertraglich geschuldeten Honorare, den Sachkostenersatz und das an das Pflegekind weiterzuleitende Taschen- und Bekleidungsgeld aus. Eine Kontrolle der Mittelverwendung bei der GmbH durch das Jugendamt fand nicht statt. Das Jugendamt war nicht berechtigt, die Verwendung der Mittel seitens der GmbH zu kontrollieren.

Die Klägerin behandelte in ihrer Einnahmen-Überschussrechnung die Honorare als Einnahmen und die übrigen Beträge (Sachkostenpauschale, weitergeleitetes Taschen- und Bekleidungsgeld) als durchlaufende Posten. Sie ging davon aus, dass die ihr von der GmbH gezahlten Honorare nach § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei waren, da die GmbH lediglich zwischengeschaltet war.

Das Finanzamt setzte dagegen den erklärten Gewinn bei den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit an.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg, da es an einer öffentlichen Kontrolle der Verwendung der Mittel durch die GmbH fehlte.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin scheiterte ebenfalls. Der Bundesfinanzhof entschied, dass es sich hier nicht um öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 EStG handelte. Öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind Mittel, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d. h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn die ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt werden, soweit über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt.

Für eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln ist nicht erforderlich, dass die Zahlungen bei dem zwischengeschalteten Träger „durchlaufende Posten“ sind, d. h. unverändert weitergeleitet werden. Ein zivilrechtlicher Pflegevertrag zwischen dem Jugendamt und den Pflegeeltern oder zwischen dem freien Träger und den Pflegeeltern genügt. Auch eine Vollmacht ist nicht notwendig. Für die Kontrolle der zweckgerichteten Mittelverausgabung ist es ausreichend, wenn die Feststellung, ob die für ein bestimmtes Kind bereitgestellten Mittel tatsächlich an die Pflegeperson vollständig abgeflossen sind, anhand vom freien Träger vorzulegender Unterlagen möglich ist.

Dem Jugendamt ist diese Prüfung nur möglich, wenn es weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger vom bewilligten Tagessatz einen Eigenanteil einbehält, welchen Restbetrag die Pflegeperson für die Betreuung erhält und es dies billigt. Dies ist anhand geeigneter Unterlagen, etwa in einer Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und dem freien Träger, zu dokumentieren. Ferner kann das Jugendamt die Mittelverwendung durch den freien Träger nur kontrollieren, wenn ihm zusätzlich gegen diesen ein Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung und geeignete Nachweise verlangen kann.

Deshalb war die Revision nicht begründet. Denn dem Jugendamt war nicht bekannt, wie die der GmbH gezahlten Tagessätze in einen Eigenanteil der GmbH und die für die Betreuung des Kindes an die Klägerin gezahlten Mittel aufgeteilt wurden. Die Vergütung der Klägerin wurde zwischen ihr und der GmbH ausgehandelt und bedurfte keiner Genehmigung des Jugendamts. Im Ergebnis handelt es sich damit nicht um öffentliche Mittel i. S. v. § 3 Nr. 11 EStG.

Scheinrenditen: Abgeltungswirkung gilt auch bei nicht abgeführter Kapitalertragsteuer

Auch bei Scheinrenditen, die bei einem betrügerischen Schneeballsystem erzielt werden, tritt die Abgeltungswirkung einbehaltener Kapitalertragsteuer ein, auch wenn diese tatsächlich nicht abgeführt wurde. In diesem Fall mindert sich die Bemessungsgrundlage der aus den Scheinrenditen erzielten Kapitaleinkünfte nicht um die einbehaltene Abgeltungsteuer.

Hintergrund

Der Kläger A erzielte in den Jahren 2011 bis 2013 von der Firma des C Scheinrenditen aus Dividenden und Aktienverkäufen, die er nicht erklärte. C hatte ein betrügerisches Schneeballsystem mit fingierten Aktiengeschäften betrieben, das im Jahr 2013 aufflog. Er bescheinigte dem A erhebliche Gewinne aus Aktienverkäufen. Die Scheingewinne zahlte er teils aus, teils wurden sie scheinbar wieder angelegt. Auf den Abrechnungen wies C rechnerisch zutreffend den Einbehalt der Kapitalertragsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag aus. Die Kapitalertragsteuer wurde jedoch von C weder beim Finanzamt angemeldet noch an das Finanzamt abgeführt. Dies war A nicht bekannt.

Nachdem das Finanzamt von den Kapitalgewinnen erfahren hatte, erließ es geänderte Bescheide. In diesen unterwarf es die Gewinne aus Aktienverkäufen und Dividendenerträge der Besteuerung. Da die Kapitalertragsteuer nicht angemeldet und abgeführt worden war, war das Finanzamt der Ansicht, dass die Gewinne nicht der Kapitalertragsteuer unterlagen und damit die abgeltende Wirkung des Steuerabzugs nicht eingetreten war. Darüber hinaus wurde die von C einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht angerechnet.

Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt und entschied, dass die als einbehalten ausgewiesene Kapitalertragsteuer auch dann Abgeltungswirkung entfaltet, wenn sie nicht abgeführt wurde. Im Anschluss an dieses Urteil minderte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage für die von A erzielten Schein-Kapitaleinkünfte um die von C einbehaltene Kapitalertragsteuer.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Scheinrenditen dem A in voller Höhe als Kapitaleinkünfte zugeflossen waren. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sind sie jedoch nicht in die Steuerfestsetzung einzubeziehen, da die Einkommensteuer durch die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer abgegolten wurde.

Die Kapitaleinkünfte aus den von C vorgetäuschten Gewinnen aus Aktienverkäufen sind dem A zugeflossen, zum einen durch Überweisung, zum anderen in Höhe der von C bescheinigten und durch fiktive Aktienkäufe wieder angelegten Scheinrenditen. Denn A konnte über die Beträge verfügen, da C in den Jahren 2011 bis 2013 leistungsbereit und leistungsfähig war.

Die Bemessungsgrundlage der von A aus den Scheinrenditen erzielten Kapitaleinkünfte mindert sich nicht um die von C einbehaltene Kapitalertragsteuer. Der Einbehalt der Kapitalertragsteuer erfolgte durch C als auszahlende Stelle mit abgeltender Wirkung für Rechnung des A als Gläubiger der Kapitalerträge. Dem A sind demnach auch die von C für den Steuerabzug einbehaltenen Kapitalerträge zugeflossen.

Die Scheinrenditen sind jedoch nicht der Einkommensteuer-Festsetzung zugrunde zu legen. Denn aufgrund des Einbehalts durch C unterlagen sie der Kapitalertragsteuer mit der Folge, dass die Abgeltungswirkung eingetreten ist. Weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus der Gesetzesbegründung noch aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass die Abgeltungswirkung erst dann eintritt, wenn die einbehaltene Kapitalertragsteuer beim Finanzamt angemeldet und abgeführt wird.

Das Finanzamt bedient sich bei der Abgeltungsteuer mit dem Schuldner der Kapitalerträge (bzw. der auszahlenden Stelle) eines privaten Einbehaltungspflichtigen, der dem Steuerpflichtigen (Anleger) als verlängerter Arm der Finanzverwaltung gegenübersteht, sodass dieser die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nicht beeinflussen kann. Die sachgerechte Risikoverteilung gebietet demnach, dass der Fiskus den Ausfall der Kapitalertragsteuer zu tragen hat, wenn der Abzug ordnungsgemäß erfolgt ist, die Kapitalertragsteuer jedoch nicht an das Finanzamt abgeführt wird.

Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass auch bei der Abgeltungswirkung auf die Sicht des Anlegers abzustellen ist. Wenn es bei Scheinrenditen für den Zufluss entscheidend ist, dass der Anleger davon ausgehen durfte, er hätte statt des „Stehenlassens“ des gutgeschriebenen Betrags die Auszahlung verlangen können, muss es auch für die Abgeltungswirkung auf die subjektive Sicht ankommen. Konnte der Steuerpflichtige davon ausgehen, dass die Scheinrenditen dem Steuerabzug unterlegen haben, ist die Einkommensteuer daher abgegolten.