Wie bestimmt sich die „ortsübliche Marktmiete“?

Kann die ortsübliche Marktmiete nicht anhand eines Mietspiegels bestimmt werden, darf auf ein Sachverständigengutachten, eine Mietdatenbank oder die Miete für mindestens 3 vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.

Hintergrund

Die Vermieterin V vermietete im Jahr 2015 eine Eigentumswohnung im ersten Obergeschoss (Wohnfläche 57 qm) mit Einbauküche an ihre Tochter T für monatlich 300 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 70 EUR.

Im zweiten Obergeschoss vermietete V eine Wohnung gleicher Größe und Ausstattung an einen Fremdmieter F für monatlich 500 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 78 EUR.

Das Finanzamt ging – nach einem Vergleich mit der für die Obergeschosswohnung gezahlten Miete – davon aus, dass die mit T vereinbarte Miete nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete betrug. Dementsprechend berücksichtigte es die von V erklärten Werbungskosten für die an T vermietete Wohnung nur anteilig mit 64,01 %.

Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es war der Ansicht, dass die ortsübliche Miete nicht vorrangig anhand des Mietspiegels festzustellen ist. Sie kann ebenso durch den Vergleich mit einer gleichwertigen fremdvermieteten Wohnung ermittelt werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof teilt die Ansicht des Finanzgerichts nicht und entschied, dass die ortsübliche Miete sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel ergibt und nicht vorrangig anhand einer Vergleichsmiete für eine an einen Fremdmieter im selben Haus vermietete Wohnung zu bestimmen ist. Nur ausnahmsweise kann auf einen Sachverständigen, eine Mietdatenbank oder einzelne vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.

Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel. Dazu gehören sowohl der einfache Mietspiegel als auch der qualifizierte Mietspiegel. Der Mietspiegel gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglichen. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Miete innerhalb der vom Mietspiegel vorgesehenen Spanne gleichwohl im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre. Die Schwankungsbreite innerhalb des Mietspiegels lässt deshalb die Feststellung zu, dass jeder Mietzins innerhalb der berücksichtigten Spanne die ortsübliche Marktmiete darstellt.

Der örtliche Mietspiegel kann allerdings nicht zugrunde gelegt werden, wenn er nur mangelhaften Erkenntniswert hat, z.B. wenn er nicht regelmäßig angepasst wird oder die Datenerhebung fehlerhaft ist. Gibt ein Mietspiegel nur Richtwerte für eine bestimmte Art von Wohnungen an, kann die gesteigerte Wohnqualität des Vergleichsobjekts durch einen entsprechenden Zuschlag berücksichtigt werden. Kann ein örtlicher Mietspiegel ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, bestehen für das Finanzamt bzw. das Finanzgericht mehrere Möglichkeiten, wobei jeder Ermittlungsweg grundsätzlich gleichrangig ist.

  • Zugrundelegung eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
  • Rückgriff auf die Auskunft aus einer Mietdatenbank,
  • Berücksichtigung der Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen. Dafür müssen zumindest 3 Wohnungen nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden.

Hiervon ausgehend hob der Bundesfinanzhof das Finanzgerichtsurteil auf. Das Finanzgericht hatte die ortsübliche Marktmiete nicht anhand des vorhandenen Mietspiegels ermittelt, sondern allein auf die Miete für die im selben Haus vermietete Wohnung gleicher Art, Größe und Ausstattung abgestellt, ohne ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen heranzuziehen. Das Finanzgericht hat diese unterlassene Sachaufklärung nachzuholen. Es hat die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten festzustellen. Auf dieser Grundlage hat das Finanzgericht die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des Werbungskostenabzugs neu zu ermitteln.

Nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen des Erblassers: Darf der Erbe diese fortführen?

Noch nicht berücksichtigte Erhaltungsaufwendungen, die auf mehrere Jahre verteilt worden sind, sind beim Erblasser im Todesjahr in einer Summe als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Die Erhaltungsaufwendungen gehen nicht auf die Erben über.

 Hintergrund

A war Eigentümer eines von ihm vermieteten Hausgrundstücks. Für seine Erhaltungsaufwendungen der Jahre 2012 bis 2015 hatte er die Verteilung auf 5 Jahre nach § 82b EStDV gewählt. Im Jahr 2016 waren rund 30.000 EUR an Erhaltungsaufwendungen noch nicht berücksichtigt.

Im Januar 2016 starb A. Das Grundstück ging auf eine Erbengemeinschaft über. An dieser war B, die frühere Ehefrau des A, beteiligt.

B erklärte für 2016 die Vermietungseinkünfte des A für Januar 2016 unter Abzug des zum Zeitpunkt des Todes noch nicht berücksichtigten Teils der Erhaltungsaufwendungen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass lediglich der auf Januar 2016 entfallende Anteil der an sich für 2016 angefallenen Jahresbeträge zu berücksichtigen war. Die Restbeträge waren bei der Erbengemeinschaft im Rahmen derer gesonderter und einheitlicher Feststellungen zu berücksichtigen. Die Verteilung der Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV war also bei dieser fortzuführen.

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass die Erhaltungsaufwendungen i.S.v. § 82b EStDV nicht auf die Erben übergehen. Der nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen war deshalb beim Erblasser im Veranlagungszeitraum seines Todes in einer Summe abziehbar.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das genauso und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen ist im Veranlagungsjahr des Versterbens in vollem Umfang als Werbungskosten des Erblassers im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung absetzbar.

Die Regelung des § 82b Abs. 1 EStDV dient dazu, durch eine interperiodische Verteilung der Erhaltungsaufwendungen die Tarifprogression auszugleichen. Dieser Zweck wird jedoch verfehlt, wenn wegen Versterbens des Steuerpflichtigen eine weitere Ausnutzung der Tarifprogression durch ihn nicht mehr möglich ist. Denn mit dem Tod endet die auf die natürliche Person bezogene Einkünfteerzielung. Der bislang nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen kann daher nur im Veranlagungszeitraum des Versterbens berücksichtigt werden. Verstirbt der Steuerpflichtige innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen somit im Veranlagungszeitraum seines Versterbens als Werbungskosten abzusetzen.

Die Situation des Streitfalls ist vergleichbar mit den in § 82b Abs. 2 EStDV genannten Fällen (Veräußerung des Gebäudes, Einbringung in ein Betriebsvermögen), in denen eine weitere Berücksichtigung im Wege der Verteilung der Aufwendungen nicht mehr möglich und daher der Sofortabzug eröffnet ist.

Eine ausdrückliche Regelung für die Überleitung von Erhaltungsaufwendungen i. S. d. § 82b Abs. 1 EStDV nach dem Tod des Erblassers existiert nicht. Die Übertragung ergibt sich nicht aus der Gesamtrechtsnachfolge. Denn Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen und deren Einkünfte getrennt ermittelt bzw. zugerechnet werden. Daraus ergibt sich, dass die bei A bis zu seinem Tod nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen nicht auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergehen und von diesen nicht als Werbungskosten von den selbst erzielten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen sind.

Beiträge nach dem BMSVG AUT sind nicht steuerfrei

Leistet ein österreichischer Arbeitgeber für einen deutschen Grenzgänger Beiträge nach dem österreichischen Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes (BMSVG AUT) an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse, sind diese Zahlungen nicht steuerfrei.

Hintergrund

Die Kläger verlegten ihren Wohnsitz von Österreich nach Deutschland und behielten dabei ihre Beschäftigung in Österreich bei. Auf sie ist die Grenzgänger-Regelung des Art. 15 Abs. 6 DBA AUT anzuwenden, sodass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bei Deutschland liegt.

Das österreichische Recht verpflichtet BMSVG AUT jeden Arbeitgeber, für jeden seiner Arbeitnehmer einen Beitrag i. H. v. 1,53 % des monatlichen Entgelts an den Träger der Krankenversicherung zu leisten, wenn das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Die Kläger waren der Ansicht, dass diese Beiträge nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind. Das Finanzamt behandelte die Beträge jedoch als nicht steuerfrei, da sie nicht mit steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen vergleichbar sind.

Entscheidung

Mit ihrer Klage hatten die Kläger keinen Erfolg, das Finanzgericht wies sie als unbegründet ab. Die Beiträge des Arbeitgebers können nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei sein, wenn sie an die österreichische Betriebliche-Vorsorgekassen geleistet werden, um eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherungsleistung zu gewähren. Die Vergleichbarkeit hat zu berücksichtigen, inwieweit andersartige Arbeitgeberleistungen der Zukunftssicherung eine Grundversorgung wie im deutschen Sozialversicherungssystem gewährleisten. Dabei ist eine Überprivilegierung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern zu vermeiden.

Nach diesen Grundsätzen konnten die nach dem BMSVG AUT geleisteten Beiträge nicht als nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei behandelt werden. Denn im Gegensatz zu den inländischen Sozialversicherungssysteme gewähren sie nicht nur eine Grundversorgung des begünstigten Arbeitnehmers bei Eintritt eines Sicherungsfalls. Vielmehr geht eine Leistungserbringung nicht zwingend mit einem bestimmten Sicherungsereignis ein, sondern kann auch durch Zeitablauf eintreten. Auch wird eine Garantie auf Rückgewähr der geleisteten Beiträge gewährt und es besteht ein vererbbarer Vermögensaufbau. Somit sind die Beiträge überobligatorisch und der inländischen Grundversorgung wirtschaftlich nicht vergleichbar.

Überlassung von Vieheinheiten: Regelsteuersatz oder Durchschnittsbesteuerung?

Sind gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorabgewinnanteile für die Überlassung von sog. Vieheinheiten umsatzsteuerbar und unterliegen sie der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe? Der Bundesfinanzhof entschied, dass auf Umsätze aus der Überlassung von Vieheinheiten der Regelsteuersatz anwendbar ist.

Hintergrund

Der Kläger ist Land- und Forstwirt. Die im Rahmen seines Betriebs ausgeführten Umsätze versteuert er nach Durchschnittssätzen. Daneben ist er als Komplementär an einer KG beteiligt, die eine Ferkelaufzucht und damit einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält.

Nach dem Gesellschaftsvertrag war der Kläger verpflichtet, der KG 140 Vieheinheiten zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Hierfür erhielt er einen Vorabgewinn von 5 EUR je überlassener Vieheinheit.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Vergütung aus der Überlassung der Vieheinheiten umsatzsteuerpflichtig war, und erhöhte die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze entsprechend.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, denn die Überlassung der Vieheinheiten an die KG gegen Zahlung des Vorabgewinns erfolgte im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs und unterlag deshalb der Besteuerung mit dem Regelsteuersatz.

Entscheidung

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts und entschied, dass die Überlassung der Vieheinheiten an die KG gegen Vorabgewinn steuerbar war und dem Regelsteuersatz unterlag.

Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt als Voraussetzung eines steuerbaren Leistungsaustauschs liegt nicht vor, wenn die Gesellschafter für ihre Gesellschaft Leistungen erbringen, die als Gesellschafterbeitrag nur im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung vergütet werden. Die Gewinnbeteiligung ist weder Entgelt für das Halten der Beteiligung noch Entgelt für Tätigkeiten des Gesellschafters. Denn die Gewinnentstehung hängt nicht unmittelbar mit der Leistungserbringung zusammen, sondern ist von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise vom „Zufall“ abhängig. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistungserbringung liegt dagegen vor, wenn die Leistung nach ihrem Umfang oder ihrer Menge abgegolten wird.

Diese Abgrenzung gilt auch bei einer Leistungserbringung gegen Vorabgewinn. Überlassen die Gesellschafter einer GbR ihre land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gegen einen von vornherein feststehenden und jährlich gleichbleibenden „Vorabgewinn“ zur Nutzung, kann ein pachtähnlicher Leistungsaustausch gegen Sonderentgelt vorliegen.

Im vorliegenden Fall hat das Finanzgericht den Gesellschaftsvertrag so ausgelegt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des L (Überlassung von Vieheinheiten) und der hierfür von der KG zu zahlenden Gegenleistung (5 EUR je Vieheinheit) hergestellt wird, indem die Gegenleistung vom Umfang des jeweiligen Leistungsbetrags abhängig ist. Auch wenn bei einer Vergütung der Leistung durch Beteiligung am Gewinn die Annahme eines nicht steuerbaren Gesellschafterbeitrags grundsätzlich nahe liegt, gilt nach den Umständen des vorliegenden Falls etwas anderes. Aufgrund der niedrigen Kapitalverzinsung konnte L fest davon ausgehen, für die von ihm überlassenen Vieheinheiten die vereinbarte und jährlich gleichbleibende Vergütung zu erhalten. Der Leistungsaustausch war somit nicht ganz oder teilweise vom Zufall abhängig.

  • 24 UStG findet auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen Anwendung. Die hier streitige Überlassung von Vieheinheiten betrifft jedoch keine in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugten Gegenstände. Es liegen auch keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen vor.

Durch die Überlassung von sog. Vieheinheiten an eine Mitunternehmerschaft wird es dieser sowohl einkommensteuerrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich ermöglicht, anstelle von gewerblichen Einkünften (Tierzucht) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen und die Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung zu unterwerfen. Der Kerngehalt der Überlassung von Vieheinheiten liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und der Umsatzsteuer. Eine derartige Dienstleistung ist nicht im Leistungskatalog enthalten und auch den dort genannten Leistungen nicht vergleichbar. Während die in der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgelisteten Dienstleistungen in einem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion stehen, unterstützt die Überlassung der Vieheinheiten den Leistungsempfänger nicht dabei, Tiere zu halten. Sie dient daher nicht landwirtschaftlichen, sondern steuerlichen Zwecken.

Kapitalerträge können mit Erbschaft- und Einkommensteuer belastet sein

Wird Kapitalvermögen geerbt und anschließend veräußert, kann es zu einer Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer kommen. Dies führt nicht zwingend zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung.

Hintergrund

Der Kläger erbte Investmentanteile an einem Geldmarktfonds und entrichtete darauf Erbschaftsteuer. Bei der anschließenden Veräußerung behielt seine Bank entsprechend Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen der Abgeltungsteuer ein.

Der Kläger beantragte eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, da die Stückzinsen sowohl der Erbschaftsteuer (30 %) als auch der Kapitalertragsteuer (25 %) unterlagen. Die Steuerbelastung lag damit über dem Spitzensteuersatz.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage keinen Erfolg, sondern wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen hatte. Die Vorschrift des § 35b EStG zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer findet im vorliegenden Fall keine Anwendung, da sie lediglich die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer vorsieht. Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, sind dabei nicht einzubeziehen.

Das Finanzgericht ist nicht der Ansicht, dass der Gesetzgeber die Steuerermäßigung lediglich versehentlich nicht auf Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, erstreckt hat. Auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ergab sich keine sachliche Unbilligkeit, da es um unterschiedliche steuerauslösende Tatbestände ging. Persönliche Billigkeitsgründe hatte der Kläger weder vorgetragen noch waren sie ersichtlich.

Ausländische Kapitalerträge und Anrechnung auf die inländische Gewerbesteuer

Wird ausländische Quellensteuer einbehalten, kann diese auf die inländische Gewerbesteuer angerechnet werden. Das gilt zumindest dann, wenn das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen deren Anrechnung auf inländische Steuern vom Einkommen vorsieht.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftszweck die Kapitalanlage ist. Die GmbH ist an 2 kanadischen Kapitalgesellschaften mit 0,22 % und 9,99 % beteiligt und erhielt von diesen Gewinnausschüttungen. Von diesen wurden kanadische Quellensteuern auf Kapitalerträge einbehalten. Die Klägerin begehrte die Anrechnung dieser Quellensteuern auf die Gewerbesteuer. Das Finanzamt lehnte vorliegend die Anrechnung ab, da es im Gewerbesteuerrecht keine Norm gibt, die die Anrechnung regelt. Auch handelt es sich bei der ausländischen Steuer um eine der Gewerbesteuer entsprechende Steuer.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Klägerin einen Anspruch auf Anrechnung der einbehaltenen kanadischen Quellensteuer auf die Gewerbesteuer hat.

Dividenden sind grundsätzlich steuerfrei, die außer Ansatz bleibenden Dividenden sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb jedoch wieder hinzuzurechnen, soweit diese nicht die Voraussetzung der Mindestbeteiligung von 15 % erfüllen.

Dies ist bei den hier vorliegenden Beteiligungen mit 0,22 % und 9,99 % der Fall, sodass die steuerfreien Dividenden für gewerbesteuerliche Zwecke wieder hinzuzurechnen und folglich im Gewerbeertrag enthalten sind. Somit liegt eine Doppelbesteuerung im rechtlichen Sinne vor, denn Deutschland und Kanada erheben von demselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand und denselben Zeitraum eine gleichartige Steuer.

Die Vermeidung dieser Doppelbesteuerung erfolgt nach Ansicht des Finanzgerichts dadurch, dass auf die deutsche Steuer vom Einkommen die kanadische Steuer auf Dividenden angerechnet wird.

Wann haftet ein GmbH-Geschäftsführer für nicht abgeführte Lohnsteuer?

Ein GmbH-Geschäftsführer muss dafür sorgen, dass die Lohnsteuer ordnungsgemäß entrichtet wird. Auch bei schwerer Erkrankung bleibt diese Pflicht des Geschäftsführers bestehen.

Hintergrund

Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH und zusammen mit einem Gesellschafter einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH. Das Finanzamt nahm beide Geschäftsführer wegen nicht ordnungsgemäßer Abführung der Lohnsteuer bei Vollauszahlung der Löhne in Haftung. Hiergegen machte der Kläger geltend, dass er im Haftungszeitraum aufgrund einer Verletzung nicht arbeitsfähig gewesen war. Außerdem oblag die finanzielle Leitung der Gesellschaft einschließlich der Überwachung der steuerlichen Pflichten nach der internen Aufgabenverteilung, dem anderen Geschäftsführer. Dies war jedoch nicht schriftlich festgehalten worden.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Kläger war im Haftungszeitraum Geschäftsführer der GmbH. Er hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet. Durch die Nichtabführung der fälligen Lohnsteuer zuzüglich Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag hatte er seine Pflichten als Geschäftsführer der GmbH verletzt, was eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers darstellt.

Der Hinweis auf eine interne Aufgabenverteilung hinsichtlich der Geschäftsführung konnte die Haftungsinanspruchnahme nicht verhindern. Zwar kann grundsätzlich bei einer Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH begrenzt werden. Dies erfordert aber eine vorweg getroffene eindeutige, d. h. schriftliche, Vereinbarung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist. Fehlt es an einer solchen schriftlichen Vereinbarung, hat jeder Geschäftsführer nach dem Grundsatz der Gesamtverantwortung sämtliche steuerlichen Pflichten zu erfüllen.

Die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit des Klägers ließ das Finanzgericht nicht gelten. Denn selbst bei einer schweren Erkrankung bleibt der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten steuerlichen Pflichten übertragen hatte, laufend und sorgfältig zu überwachen und sich so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfts rechnen kann. Ein mangelhaftes Überwachen stellt regelmäßig eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Diese Grundsätze sind auch auf die Überwachung eines Mitgeschäftsführers anzuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben waren, dass dieser nicht ausreichend für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft Sorge trägt.

 

 

Bestellung eines GmbH-Notgeschäftsführers: Welche Voraussetzungen gel-ten?

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Ein solch extremer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter ist insbesondere zulässig, wenn ansonsten die Gesellschaft handlungsunfähig wäre, z. B. auf Grund von Auseinandersetzungen zwischen an der GmbH beteiligten Familienstämmen.

Hintergrund

An einer Komplementär-GmbH („Gesellschaft“) einer KG waren ursprünglich 2 Familienstämme beteiligt. Der Vertreter eines Stammes stellte den Geschäftsführer.

Auf Antrag des anderen Stammes wurde dem Geschäftsführer jedoch gerichtlich durch einstweilige Verfügung untersagt, seine Befugnisse als Geschäftsführer auszuüben. Denn das Gericht war der Auffassung, dass er sich über mehrere Jahre trotz wesentlicher Beteiligung des anderen Stammes als Alleininhaber der Gesellschaft gerierte und den anderen Familienstamm bewusst benachteiligte. So hatte er z. B. unzulässigerweise Entnahmen zur Zahlung von Steuern verweigert oder Streichungen aus der Gesellschafterliste der Gesellschaft vorgenommen, um den anderen Familienstamm zu benachteiligen und aus der Gesellschaft zu drängen.

Auf Antrag dieses Stammes bestellte das zuständige Registergericht einen Notgeschäftsführer der Gesellschaft. Dagegen legte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Geschäftsführer Beschwerde ein.

Entscheidung

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, da die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführerbestellung vorlagen.

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers für eine GmbH setzt voraus, dass ein für die organschaftliche Vertretung der GmbH unentbehrlicher Geschäftsführer fehlt oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführerbestellung gehindert ist.

Überdies muss die Bestellung eines Notgeschäftsführers dringlich sein. Durch den damit verbundenen wesentlichen Eingriff in das gewährleistete Recht der Gesellschafter zur Geschäftsführerbestellung sind die Anforderungen aber eng auszulegen.

Aufgrund der unbefristeten einstweiligen gerichtlichen Verfügung fehlte es vorliegend an einer organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft. Es ging auch nicht allein um eine Gesellschafterstreitigkeit über die Person des Geschäftsführers. Vielmehr handelte es sich um umfassende rechtliche und wirtschaftliche Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familienstämmen unter den Gesellschaftern. Eine solche Lagerbildung ist vergleichbar mit einem Streit zwischen Gesellschaftergeschäftsführern in einer 2-Personen-GmbH mit wechselseitigen Abberufungs- und Ausschließungsbeschlüssen, und in solch einer Konstellation ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch zulässig. Darüber hinaus war vorliegend die Notbestellung auch dringlich, weil die Gesellschaft stets gegenüber staatlichen Stellen auftreten und auch handelsrechtliche Pflichten erfüllen musste.

Zur Schlussbesprechung in Zeiten von Corona

In Corona-Zeiten finden Schlussbesprechungen nach einer Betriebsprüfung häufig telefonisch statt. Lehnt jedoch der Steuerpflichtige das Angebot des Außenprüfers ab, eine telefonische Schlussbesprechung abzuhalten, darf der Außenprüfer von einem Verzicht des Steuerpflichtigen auf deren Durchführung ausgehen. Denn es besteht kein Anspruch auf Durchführung einer Schlussbesprechung unter Anwesenheit der Teilnehmer.

Hintergrund

Die Steuerpflichtige wollte, dass zum Abschluss einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung eine Schlussbesprechung stattfindet. Aufgrund der Corona-Pandemie schlug das Finanzamt eine telefonische Schlussbesprechung vor, was die Steuerpflichtige jedoch ablehnte. Das Finanzamt ging aus diesem Grund in seinem endgültigen Betriebsprüfungsbericht davon aus, dass an einer Schlussbesprechung kein Interesse bestand.

Die Steuerpflichtige wollte daraufhin im Wege einer einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Schlussbesprechung unter Anwesenheit der Beteiligten erreichen. Ihrer Ansicht nach durften vor der von ihrer begehrten Schlussbesprechung keine Änderungsbescheide aufgrund der Betriebsprüfung ergehen.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Das Finanzgericht lehnte den Antrag ab, weil es keinen Anspruch für die von der Steuerpflichtigen beantragte Anordnung sah. Zwar ist über das Ergebnis einer Außenprüfung grundsätzlich eine Schlussbesprechung abzuhalten. Diese müsse jedoch nicht unter Anwesenheit erfolgen. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO macht insoweit keine Vorgaben zum Ort sowie der Art und Weise der Durchführung einer Schlussbesprechung. Die Prüfungsfeststellungen könnten auch in einem telefonischen Gespräch erörtert werden. Das entsprechende Angebot des Finanzamts zu einer telefonischen Besprechung lehnte die Steuerpflichtige mehrfach ab. Das Finanzamt durfte deshalb zu Recht von einem Verzicht auf die Durchführung einer Schlussbesprechung ausgehen.

Wie die betriebliche Nutzung eines Pkw nachgewiesen werden kann

Im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags muss die betriebliche und außerbetriebliche Nutzung eines Pkw nachgewiesen werden. Dies kann durch ein Fahrtenbuch, aber auch durch andere Beweismittel geschehen.

Hintergrund

X erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und hatte im Jahr 2011 für die beabsichtigte Anschaffung eines betrieblichen Pkw einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG gebildet.

Im Jahr 2014 schaffte er den Pkw an und nahm entsprechende Hinzurechnungen und Kürzungen vor. Bei der Gewinnermittlung bewertete er die private Pkw-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode.

Nachdem das Finanzamt die Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß beanstandet hatte, berücksichtigte es den privaten Nutzungsanteil nicht mit nur 10%, sondern mit dem höheren Wert nach der 1 %-Methode und versagte dementsprechend die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbetrag sowie Sonderabschreibung.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es war nicht feststellbar, dass X den Pkw im Jahr 2014 zu mindestens 90 % betrieblich genutzt habe. Eine Schätzung des privaten Nutzungsanteils auf weniger als 10 % sei bei Verwerfung des Fahrtenbuchs ausgeschlossen. Der Ansatz der Privatnutzung nach der 1 %-Regel gelte auch im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn der Umfang einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung von Kfz im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags kann nicht nur mittels ordnungsgemäßer Fahrtenbücher nachgewiesen werden.

Die Voraussetzung der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags erfordert sowohl bei dessen Inanspruchnahme als auch bei der Sonderabschreibung eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 %.

Der Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw kann nicht anhand der 1 %-Regelung geführt werden. Denn ein Durchschnittswert i. H. v. monatlich 1 % des Bruttolistenpreises entspricht in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 % bis 25 %.

Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw ist jedoch nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Der Nachweis kann auch durch andere Beweismittel geführt werden, wobei die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung verpflichtet sind. Die Beschränkung der Beweismittel auf Belege oder ordnungsgemäße Fahrtenbücher zum Nachweis der privaten Nutzung von Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG ist auf den Investitionsabzugsbetrag nicht übertragbar. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG betrifft nur die Bewertung der Entnahmen. § 7g EStG regelt dagegen die Begünstigung der Investitionstätigkeit durch die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial und enthält damit einen grundlegend andersartigen Regelungsgegenstand.

Im zweiten Rechtsgang kann X deshalb im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ergänzend zu den Fahrtenbüchern weitere Belege vorlegen, um die fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Pkw zu dokumentieren.