Wenn erklärter Veräußerungsgewinn nicht in die Steuerfestsetzung übernommen wird: Offenbare Unrichtigkeit?

Lässt sich nicht abschließend klären, ob tatsächlich eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, darf der entsprechende Steuerbescheid nicht berichtigt werden. Die Feststellungslast liegt insoweit beim Finanzamt, das den Bescheid korrigieren will.

Hintergrund

Ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 gaben Eheleute in Papierform ab. In der Anlage G erklärten sie für den Ehemann in Zeile 8 unter „Gewinn als Mitunternehmer“ einen laufenden Beteiligungsverlust von 1.306 EUR und in Zeile 23 sowie auf der Rückseite des Formulars in Zeile 40 unter „Steuerpflichtiger Teil des Veräußerungsgewinns bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften“ einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von 204.464 EUR. Der Anlage G waren eine formlose Berechnung des Veräußerungsgewinns sowie Auszüge aus dem notariellen Veräußerungsvertrag beigefügt.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2011 weder den laufenden Verlust noch den Veräußerungsgewinn. Nachdem der Bescheid bestandskräftig geworden war, änderte das Finanzamt im Januar 2013 den Einkommensteuerbescheid 2011 zunächst wegen eines Grundlagenbescheid und berücksichtigte bei dem Kläger negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von – 1.305 EUR. Im Oktober 2015 berichtigte das Finanzamt schließlich den geänderten Einkommensteuerbescheid 2011 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit und setzte beim Kläger erstmals Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 204.464 EUR an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid für 2011 nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden durfte. Nach Ansicht des Gerichts konnte nicht ausgeschlossen werden, dass ein Denkfehler zu der offenbaren Unrichtigkeit des Bescheids geführt hatte. Dies ging zu Lasten des insoweit feststellungsbelasteten Finanzamts.

Aus der Akte ergaben sich insbesondere keine belastbaren Hinweise darauf, ob die Sachbearbeiterin beim Finanzamt die Eintragung in Zeile 40 der Anlage G lediglich übersehen hat oder ob sie sich bei der Nichtauswertung der Anlage G von fehlerbehafteten Überlegungen hat leiten lassen. Offenbar war nach Aktenlage weder das eine noch das andere.

Deshalb kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis: Lässt sich nicht abschließend klären, wie es zu der Unrichtigkeit im Bescheid gekommen ist und stehen sich 2 nicht nur theoretisch denkbare hypothetische Geschehensabläufe gegenüber, von denen einer eine Berichtigung ausschließt, darf nicht berichtigt werden.

Eine Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ist auch ausgeschlossen, wenn das Finanzamt feststehenden Akteninhalt – hier waren das 6 Seiten Anlagen zur Anlage G – bewusst nicht zur Kenntnis nimmt und wenn sicher anzunehmen ist, dass bei gebotener Kenntnisnahme ein mechanischer Übertragungsfehler bemerkt und/oder vermieden worden wäre.

Zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen wegen wirtschaftlicher Schäden durch das Coronavirus

Bis 31.12.2020 soll die Finanzverwaltung von Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Das Finanzgericht Düsseldorf ist sogar der Ansicht, dass Vollstreckungsmaßnahmen, die vor Ergehen des BMF-Schreibens v. 19.3.2020 erfolgt sind, aufgehoben werden müssen.

Hintergrund

Das Finanzamt verfügte gegenüber den Antragstellern wegen fälliger Steuerforderungen am 19.3.2020 die Pfändung und Einziehung von Bankguthaben bei mehreren Banken. Am 30.3.2020 beantragten die Antragsteller Vollstreckungsaufschub bis 31.12.2020. Sie beriefen sich auf das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 betreffend „Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung des Coronavirus COVID-19/SARS-CoV-2“ (BMF, Schreiben v. 19.3.2020, IV A 3 – S 0336/19/10007 :002, BStBl 2020 I S. 262).

Das Finanzamt lehnte dies ab. Seiner Ansicht nach lagen Fälligkeit und Vollstreckungsmaßnahmen vor dem Zeitpunkt, zu dem von einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung durch das Coronavirus ausgegangen werden kann. Daraufhin beantragten die Antragsteller beim Finanzgericht, das Finanzamt im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Bankkontenpfändungen aufzuheben.

Entscheidung

Der Antrag hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Antragsteller einen Anspruch auf vorläufige Aufhebung der Kontenpfändungen haben. Wegen der Selbstbindung der Verwaltung, ausgedrückt durch das BMF-Schreiben v. 19.3.2020, ist das Ermessen des Finanzamts auf das Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen bis zum 31.12.2020 reduziert. Dies schließt die Aufhebung bereits erfolgter und ohne Weiteres aufhebbarer Vollstreckungsmaßnahmen ein.

Die Vollstreckung in die Bankguthaben ist nach Ansicht der Richter unter Berücksichtigung der durch die Corona-Pandemie erwirkten Einschränkungen für die Antragsteller unbillig. Nach dem BMF-Schreiben v. 19.3.2020 soll bei nicht nur unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen von der Vollstreckung fälliger Steuerforderungen abgesehen werden. Ein „Absehen“ von der Vollstreckung im Sinne des BMF-Schreibens gebietet aber auch die Beendigung noch laufender Vollstreckungsmaßnahmen.

Verpachtung eines Schwimmbads: Vorsteuerabzug nur unter bestimmten Voraussetzungen

Verpachtet eine Gemeinde ein Schwimmbad, kann sie keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn sie gleichzeitig dem pachtenden Verein einen Betriebskostenzuschuss zahlt, der das Verpachtungsentgelt übersteigt. Es liegt dann keine entgeltliche Leistung vor.

Hintergrund

Die Klägerin, eine Gemeinde, betrieb bis zum 15.3.2005 ein Schwimmbad als Betrieb gewerblicher Art. Im April 2005 verpachtete sie das Schwimmbad an einen Förderer- und Betreiberverein (e. V.). Der Pachtzins betrug zunächst jährlich 1 EUR. Außerdem verpflichtete sich die Gemeinde zur Zahlung eines Zuschusses von jährlich 75.000 EUR. Später wurden die Jahrespacht auf 10.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer und der Betriebskostenzuschuss auf 90.000 EUR erhöht. Die Klägerin machte einen Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Verpachtung des Schwimmbads geltend. Das Finanzamt lehnte diesen ab, da die Verpachtung seiner Ansicht nach unentgeltlich erfolgte.

Entscheidung

Die Klage der Gemeinde hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Gemeinde keine Vorsteuer in Zusammenhang mit dem Schwimmbad abziehen kann, da sie insoweit keinen Betrieb gewerblicher Art unterhält. Für die Zeit, in der das Pachtentgelt 1 EUR betrug, entfaltete die Klägerin keine wirtschaftliche Tätigkeit und erbrachte insbesondere keine Leistung gegen Entgelt.

Bei einem lediglich symbolischen jährlichem Pachtentgelt in Höhe von 1 EUR und bei erheblichen Aufwendungen aus dem Pachtgegenstand tritt die Entgeltverpflichtung so sehr in den Hintergrund, dass der Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Entgelt gelöst erscheint. Für den Zeitraum ab der Erhöhung der Jahrespacht auf 10.000 EUR kann zwar nicht mehr von einem symbolischen Pachtentgelt gesprochen werden. Die Umstände der Vertragsänderung lassen den Schluss zu, dass sich objektiv an den Verhältnissen nichts geändert hat. Denn gleichzeitig mit der Vereinbarung einer Jahrespacht in Höhe von netto 10.000 EUR wurde der dem Verein gewährte Zuschuss um 15.000 EUR erhöht.

Auch wenn über die Zuschussgewährung eine formal gesonderte Vereinbarung getroffen wurde, so erfolgte sie dennoch im Zusammenhang mit der Pachterhöhung. Beide Vereinbarungen waren aufeinander bezogen und können nicht isoliert betrachtet werden.

Unter welchen Voraussetzungen ein Bescheid nachträglich geändert werden kann

Will das Finanzamt einen Bescheid wegen einer neuen Tatsache ändern, trägt es grundsätzlich die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen. Dagegen muss der Steuerpflichtige beweisen, dass dem Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.

Hintergrund

Das Finanzamt stellte die Gewerbesteuer-Messbeträge der Jahre 2010 und 2011 für ein Fuhrunternehmen zunächst wie erklärt fest. Bei der Veranlagung für das Jahr 2013 wurde dem Finanzamt bekannt, dass seit 2010 ein neuer Pkw im Betriebsvermögen vorhanden war, für den ein privater Nutzungsanteil in den Vorjahren nicht erklärt worden war. Daraufhin erklärte die Klägerin entsprechende Nutzungsanteile nach, was zu einer Änderung der Gewerbesteuer-Messbescheide wegen einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache führte.

Bei einer anschließenden Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass u. a. Rechnungen nicht vollständig und Bareinzahlungen unzutreffend verbucht sowie Privatanteile für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb für den neuen Pkw nicht angesetzt worden waren. Das Finanzamt korrigierte erneut die Gewerbesteuer-Messbescheide wegen neuer Tatsachen.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Gewerbesteuer-Messbescheide wegen neuer Tatsachen ändern durfte.

Eine Tatsache ist neu, wenn das Finanzamt diese bei Erlass des ursprünglichen oder des im Anschluss daran ergangenen geänderten Bescheids noch nicht kannte. Eine Tatsache gilt allerdings dann nicht als neu, wenn sie dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre, soweit wiederum der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht voll erfüllt hat. Während die objektive Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der neuen Tatsachen grundsätzlich das Finanzamt trägt, obliegt dem Steuerpflichtigen die Beweislast dafür, dass dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren oder nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklärung oder der präsenten Akten als bekannt zuzurechnen sind.

Das Finanzamt durfte deshalb die betroffenen Gewerbesteuer-Messbescheide aufgrund der Prüfungsfeststellungen ändern. Insoweit basierten die Änderungen nach Aktenlage auf erstmals im Rahmen der Außenprüfung bekannt gewordenen Tatsachen. Aus den eingereichten Steuererklärungen sowie den dazugehörigen Einnahmen-Überschussrechnungen konnten diese Tatsachen jedenfalls nicht entnommen werden. Dass diese nicht aktenkundigen Tatsachen dennoch der Veranlagungsdienststelle bekannt gewesen sein könnten, konnte die Klägerin nicht darlegen bzw. beweisen.

Reinvestitionszulage und Veräußerung: Wer ist klagebefugt?

Die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG betrifft die Ebene des veräußernden Betriebs und ist auf dieser zu entscheiden.

Hintergrund

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen und erzielte daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Zum 18.10.2001 veräußerte er Grundvermögen. In der Bilanz des Einzelunternehmens zum 30.6.2002 bildete er eine Rücklage nach § 6b EStG in Höhe von rund 484.000 EUR. Im Mai 2006 trat der Kläger einer KG bei und erklärte in der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der KG für das Jahr 2006 die Übertragung der Rücklage aus seinem Einzelunternehmen in Höhe von 400.000 EUR.

Das Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG für unwirksam, da die Veräußerung in der Zeit zwischen 31.12.1998 und 1.1.2002 stattfand und in dieser Zeit nur eine rechtsträgerbezogene Reinvestition möglich war. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Insbesondere teilten die Richter den Verweis auf die Nichtigkeit des Änderungsbescheids nicht. Vielmehr war dieser hinreichend bestimmt. Darüber hinaus scheiterte die Klage schon daran, dass der Kläger gar nicht klagebefugt war. Die Frage, ob eine gewinnmindernde Rücklage nach § 6b EStG gebildet werden durfte, war nämlich nicht im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der KG zu entscheiden, sondern bei dem veräußernden Betrieb. Das war hier das Einzelunternehmen des Klägers. Dies entsprach auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Rechnungsabgrenzungsposten und Fälle von geringer Bedeutung

Auf die Aktivierung eines Rechnungsabgrenzungspostens kann der Steuerpflichtige verzichten, wenn ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg orientiert sich diesbezüglich an den für geringwertige Wirtschaftsgüter geltenden Betragsgrenzen.

Hintergrund

Der Kläger hatte Aufwendungen, die grundsätzlich abzugrenzen waren. Er behandelte sie jedoch als sofort abzugsfähigen Aufwand. Die Abgrenzungsbeträge lagen jeweils unter 400 EUR und waren deshalb aus seiner Sicht nur von geringer Bedeutung. Das Finanzamt erkannte die Beträge nicht als Betriebsausgaben an und erhöhte die Gewinne aus Gewerbebetrieb entsprechend. Mit Einspruch und anschließender Sprungklage beantragte der Kläger den sofortigen Betriebsausgabenabzug.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Für aktive Rechnungsabgrenzungsposten besteht ein Aktivierungsgebot. Der Steuerpflichtige hat insoweit kein Wahlrecht. Allerdings ermöglicht der Grundsatz der Wesentlichkeit, unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen. In früheren Urteilen hatte auch der Bundesfinanzhof zugelassen, dass beim Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten die Grundsätze einer angemessenen Vereinfachung der Buchführung zu beachten sind. Deshalb kam das Finanzgericht im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass in Fällen von geringer Bedeutung auf eine aktive Rechnungsabgrenzung aus Gründen der Bilanzklarheit verzichtet werden kann. Bei der Frage, wann ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt, orientiert sich das Gericht an der jeweiligen Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter.

Leistungen des Jugendfreiwilligendienstes können umsatzsteuerfrei sein

Ist der Träger eines Jugendfreiwilligendienstes zu Leistungen an die Einsatzstelle der Freiwilligen verpflichtet und werden diese von der Einsatzstelle durch eine monatliche Pauschale vergütet, sind diese Leistungen umsatzsteuerfrei.

Hintergrund

Die X-GmbH, die mit der Förderung der Berufsbildung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt, betreibt ein Zentrum für Freiwilligendienste. In diesem werden die Teilnehmer auf ihren Dienst vorbereitet und betreut. Die Teilnehmer erhalten von X ein Taschengeld und bei Bedarf unentgeltlich Unterkunft, Verpflegung usw.

Die Einsatzstellen, die ebenfalls als gemeinnützig anerkannt sind, zahlten im Jahr 2017 an X für jeden Teilnehmer eine monatliche Pauschale zur Abdeckung der Ausgaben der X.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass zwischen X und der jeweiligen Einsatzstelle eine steuerpflichtige Personalüberlassung vorlag.

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass sich X unmittelbar auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen kann.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei ist. Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen (…), die durch (…) als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“.

Die unternehmensbezogene Anerkennung ergibt sich im vorliegenden Fall aus dem Jugendfreiwilligendienstgesetz. Danach ist X als Träger für die Freiwilligendienste zugelassen.

Aus dem Gesamtkonzept und der gesetzlichen Ausgestaltung des Jugendfreiwilligendienstes ergibt sich, dass auch die leistungsbezogene Voraussetzung – eine eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistung – vorliegt. Die Jugendfreiwilligendienste gehören zu den besonderen Formen des bürgerschaftlichen Engagements. Die Trennung zwischen dem Träger und den Einsatzstellen erfordert vertragliche Regeln. Diese Vereinbarungen ermöglichen einen „kompetenzbasierten Bildungsdienst“, wobei sichergestellt werden soll, dass Träger und Einsatzstellen dem „Gedanken der Arbeitsmarktneutralität“ Rechnung tragen, damit junge Menschen Fähigkeiten erwerben, die „in Bildungs- und Beschäftigungskontexten von Nutzen sind“.

In Streitfall lag eine Vereinbarung zwischen X als Träger des Jugendfreiwilligendienstes und dem Freiwilligen vor, dass X Taschengeld, Unterkunft usw. übernimmt. Daneben war eine weitere Vereinbarung erforderlich, nach der X von der Einsatzstelle eine Pauschale für die Übernahme dieser Kosten erhält. Bei dieser Pauschale handelt es sich um ein Entgelt für eine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung. Denn nach der gesetzlichen Konzeption soll im Endergebnis die Einsatzstelle die Kosten für Taschengeld usw. tragen. Diese zusätzliche Vereinbarung zur Kostentragung mit der Einsatzstelle hebt die enge Verbindung mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit nicht auf. Denn die ergänzende Vereinbarung dient ausschließlich dazu, den Freiwilligen ihre Tätigkeit bei den Einsatzstellen zu ermöglichen.

Zwar sind entgeltliche Personalgestellungen, auch wenn die Tätigkeit im Sozialbereich erbracht wird, nicht steuerbefreit. Die Tätigkeit der X als Trägerin des Jugendfreiwilligendienstes unterscheidet sich jedoch von einer steuerpflichtigen Personalgestellung bereits dadurch, dass sie das freiwillige soziale Jahr pädagogisch mit dem Ziel begleitet, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken. Maßgeblich ist letztlich die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements durch den Freiwilligendienst.

Ausländische Bauleistungen: Wann kommt ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft in Betracht?

Ist ein Ehegatte unternehmerisch tätig, wird er alleiniger Steuerschuldner für die Werklieferung eines ausländischen Unternehmers. Das gilt auch dann, wenn er die Leistung zusammen mit seiner nichtunternehmerisch tätigen Ehefrau empfangen hat.

Hintergrund

Der Kläger betrieb bis zum Jahr 2009 eine Einzelfirma und erwarb im Jahr 2011 ein Grundstück zum Alleineigentum. Auf diesem Grundstück wurde ein Einfamilienhaus errichtet, das er zusammen mit seiner damaligen Ehefrau beauftragt hatte. Die Errichtung erfolgte im Jahre 2012 durch eine in Österreich ansässige Firma.

Im Dezember 2014 reichte er eine Umsatzsteuererklärung für 2012 ein, mit der er zwar keine steuerpflichtigen Umsätze, aber einen abziehbaren Vorsteuerbetrag in Höhe von 45,60 EUR erklärte. Dieser resultierte aus einer Vorbereitungshandlung, die er zur Ausübung seines Weinhandels (ab März 2013) unternommen hatte.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass er für die bezogenen Bauleistungen als Leistungsempfänger i. S. v. § 13b Abs. 5 UStG die Umsatzsteuer schuldet. Der Kläger hingegen wies u. a. darauf hin, dass auch seine damalige Ehefrau Auftraggeber der Bauleistung war. Da die aus den Eheleuten bestehende Gemeinschaft kein Unternehmer war, kommt die Steuerschuldnerschaft nicht in Betracht.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts nahm das Finanzamt den Kläger zu Recht als Steuerschuldner für die Errichtung des Einfamilienhauses in Anspruch. Dass eine Werklieferung durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer vorlag, war unstrittig. Die Voraussetzungen für eine Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG waren erfüllt, weil der Kläger Leistungsempfänger und Unternehmer war. Die Steuerschuldnerschaft greift selbst dann, wenn die bezogene Leistung für den nicht-unternehmerischen Bereich (hier: Einfamilienhaus, das nicht dem Unternehmen zugeordnet worden ist) bezogen wird.

Der alleinigen Inanspruchnahme des Unternehmers als Steuerschuldner stand nicht entgegen, dass sowohl er als auch seine Ehefrau in gleichem Umfang Empfänger der Werklieferung waren, auch wenn die Frau Nicht-Unternehmerin war. Schließlich waren der Kläger und seine Ehefrau hinsichtlich des zu entrichtenden Entgelts auch Gesamtschuldner. Er war deshalb im vorliegenden Fall Leistungsempfänger hinsichtlich der gesamten Werklieferung.

Vermietung einer Ferienwohnung: So wird die Auslastung geprüft

Ob eine Ferienwohnung ausgelastet ist, ermittelt sich anhand eines Vergleichs der individuellen Vermietungszeiten des jeweiligen Objekts mit den Vermietungszeiten, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden. Ein Vergleich mit anderen individuellen Vermietungszeiten genügt nicht.

Hintergrund

Die Eheleute machten für das Jahr 2013 negative Einkünfte aus der Vermietung einer Ferienwohnung in Höhe von 9.100 EUR geltend. Die 65 qm große Wohnung wurde im Jahr 2013 an 75 Tagen und in den Jahren 2005 bis 2015 an 61 bis 124 Tagen vermietet.

Das Finanzamt berücksichtigte die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht, da die ortsübliche Vermietungszeit unterschritten wurde. Die durchschnittliche Vermietung bezogen auf alle Unterkünfte lag in der Stadt A für 2013 nach den Angaben des Statistischen Amtes bei 104 Tagen. Bei den Eheleuten betrug die Auslastung nur 72 %(75 Tage/104 Tage). Eine Prognoserechnung für 2006 bis 2035 ergab einen Überschuss der Werbungskosten von insgesamt 154.000 EUR.

Das Finanzgericht bejahte dagegen die Einkünfteerzielungsabsicht der Eheleute und gab der Klage statt. Ausgehend von den Auslastungszahlen des Statistischen Amtes für Ferienwohnungen und Ferienhäuser in der Stadt A wurde die Auslastungsgrenze von 75 %des ortsüblichen Werts erreicht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und bejahte ebenfalls eine Einkünfteerzielungsabsicht. Bei ausschließlich an Feriengäste vermieteten bzw. dafür bereitgehaltenen Ferienwohnungen ist typisierend von der Überschusserzielungsabsicht auszugehen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen nicht erheblich, d. h. um mindestens 25 %unterschreitet. Solange diese Unterschreitensgrenze von 25 %eingehalten ist, wird angenommen, dass die Vermietung trotz anfallender Werbungskostenüberschüsse letztlich zu positiven Einkünften führt.

Die Prüfung der Auslastung erfordert den Vergleich der Vermietungszeiten mit den an dem Ort im Durchschnitt erzielten Vermietungszeiten. Die Vermietungszeiten müssen möglichst repräsentativ sein, weshalb der Bundesfinanzhof bei Ferienwohnungen auf die ortsübliche Vermietungszeit abstellt. Individuelle Vermietungszeiten einzelner Vermieter am selben „Ort“ genügen nicht.

Im vorliegenden Fall lag die ortsübliche Auslastung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern in der Stadt A in den Jahren 2011 bis 2015 zwischen 92 und 110 Tagen (= durchschnittlich 102 Tage). Die Vermietungstage der Eheleute betrugen in diesem Zeitraum durchschnittlich 92 Tage. Damit war die ortsübliche Auslastung nicht erheblich unterschritten.

Unterhaltsaufwendungen für studierendes Kind: Keine Kürzung wegen Lebenspartner

Unterstützen Eltern ihr studierendes Kind, das mit einem Partner unverheiratet zusammenlebt, und verfügen beide Partner jeweils über ausreichende Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs, wird der Unterhaltshöchstbetrag nicht gekürzt. Denn es ist davon auszugehen, dass jeder für den eigenen Lebensunterhalt selbst aufkommt.

Hintergrund

Die Eltern machten Unterhaltsaufwendungen an ihre über 25-jährige studierende Tochter T als außergewöhnliche Belastungen geltend. T lebte mit ihrem Lebensgefährten N in einer gemeinsamen Wohnung, die N angemietet hatte. T hatte im Streitjahr nur geringe eigene Einkünfte. Über eigenes Vermögen verfügte sie nicht.

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsaufwendungen nur zur Hälfte. Da T in einer Haushaltsgemeinschaft mit N lebte, vermutete das Finanzamt, dass beide aus einem Topf gewirtschaftet haben. Folglich wurde T auch von N aus dessen Einkommen unterhalten. Wird jedoch der Unterhaltsberechtigte von mehreren Steuerpflichtigen unterhalten, kann der Unterhaltshöchstbetrag nur anteilig und damit im vorliegenden Fall nur hälftig gewährt werden.

Die Klage der Eltern vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

Entscheidung

Und auch der Bundesfinanzhof entschied zugunsten der Eltern, dass ihnen der Unterhaltshöchstbetrag in voller Höhe zusteht – lediglich gekürzt um die eigenen Einkünfte der T.

Eine Aufteilung des Unterhaltshöchstbetrags auf mehrere Personen kommt nur in Betracht, wenn jeder von ihnen gegenüber dem Unterhaltsempfänger gesetzlich unterhaltsverpflichtet ist oder der Unterhaltsempfänger einer unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist. Hiervon ausgehend kommt eine anteilige Aufteilung nicht in Betracht. Denn N war der T gegenüber als Nicht-Ehegatte nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet. T war auch nicht eine einer gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellte Person. Zwischen ihr und N bestand offenbar keine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft, die eine der gesetzlichen Unterhaltspflicht gleichzusetzende konkrete Beistandsverpflichtung des N für T hätte begründen können. Denn T war wegen der Unterhaltsleistungen ihrer Eltern und ihrer eigenen geringen Erwerbseinnahmen nicht hilfsbedürftig.

Es liegen auch keine Unterhaltsleistungen des N vor, die als den Unterhaltshöchstbetrag mindernde eigene Bezüge der T angesetzt werden könnten. Denn N hat an T im Streitjahr keine Unterhaltszahlungen geleistet. Vielmehr haben T und N die Kosten des gemeinsamen Haushalts jeweils zur Hälfte getragen. Bei Lebensgefährten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und über auskömmliche Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie sich einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt – durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten – aufkommt.

Woraus die „eigenen“ finanziellen Mittel stammen, insbesondere ob es sich um (steuerbare) Einkünfte, Bezüge oder Unterhaltsleistungen Dritter handelt, ist insoweit unerheblich.