Herstellung von Wohnungen teils zur Vermietung, teils zur Veräußerung: Schuldzinsen müssen aufgeteilt werden

Bei der Herstellung eines Gebäudes, das teilweise vermietet und teilweise veräußert werden soll, müssen die Herstellungskosten des vermieteten und des veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden. Darüber hinaus müssen mit den Darlehen tatsächlich die Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Hintergrund

Die Kläger, die Ehegatten E, errichteten ein Gebäude mit 3 Eigentumswohnungen. 2 Wohnungen wollten sie vermieten, eine an die Tochter T veräußern Zur Finanzierung nahmen sie Darlehen auf. Alle Baurechnungen bezahlten die Kläger über ein einheitliches Baukonto. Eine Aufteilung der Herstellungskosten bzw. eine Zurechnung auf die 2 vermieteten Wohnungen und die veräußerte Wohnung nahmen sie nicht vor, sondern beglichen die Rechnungen jeweils in einem Betrag. Auf das Baukonto flossen die Darlehensmittel sowie die Eigenmittel der Kläger und die Kaufpreisraten der T.

Die Kläger rechneten die Darlehen insgesamt den 2 vermieteten Wohnungen zu und behandelten die Zinsen in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt teilte dagegen die Zinsen entsprechend den jeweiligen Miteigentumsanteilen an den Wohnungen auf und berücksichtigte nur die auf die 2 vermieteten Wohnungen entfallenden Zinsen als Werbungskosten. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg, da den Klägern nur ein anteiliger Werbungskostenabzug hinsichtlich der Schuldzinsen zustand.

Dient ein Gebäude nicht nur der Einkünfteerzielung, sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, sind die Zinsen grundsätzlich nur anteilig als Werbungskosten abziehbar. In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn das Darlehen gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zugeordnet wird, indem mit den Darlehensmitteln tatsächlich die Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind. Einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den gesondert zugerechneten Herstellungskosten hat der Bundesfinanzhof bei anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden daher nur dann bejaht, wenn die Herstellungskosten tatsächlich mit den dafür aufgenommenen Darlehensmitteln bezahlt worden sind. Eine gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines später fremdvermieteten Teils hat der Bundesfinanzhof dagegen abgelehnt, wenn die Herstellungskosten des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet werden, ohne die auf den vermieteten Teil entfallenden Herstellungskosten gesondert auszuweisen und zu bezahlen.

Wenn die Darlehensmittel jedoch zusammen mit den Eigenmitteln auf einem einheitlichen Baukonto vorgehalten werden, vermischen sich die Darlehensmittel mit den Eigenmitteln, sodass eine gezielte Zuordnung des Darlehens zu dem zur Vermietung bestimmten Gebäudeteil nicht möglich ist. Werden von einem solchen einheitlichen Baukonto sodann die Herstellungskosten des gesamten Objekts einheitlich beglichen, fehlt es weiterhin an der erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der Kosten und Zahlung entsprechend der Darlehenszuordnung. Deshalb stand den Klägern nur der anteilige Werbungskostenabzug zu.

Tod eines GbR-Gesellschafters: Wie kann das Grundbuch berichtigt werden?

Um das Grundbuch nach dem Tod eines GbR-Gesellschafters berichtigen zu lassen, reicht neben den Nachweisen zur Erbfolge die Vorlage des privatschriftlichen Gesellschaftsvertrags aus.

Hintergrund

Eine GbR war Eigentümerin eines Grundstücks und als solche in das Grundbuch eingetragen, ebenso wie ihre 5 Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag der GbR sah vor, dass beim Tod eines Gesellschafters die GbR fortbestehen sollte. Die Erben bzw. Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters sollten ein Recht zum Eintritt in die GbR haben. Als einer der Gesellschafter starb, sollte das Grundbuch berichtigt werden. Den hierauf gerichteten Antrag eines Erben wies das Grundbuchamt zurück, weil aus seiner Sicht nicht alle erforderlichen Bewilligungen und Nachweise in der grundbuchrechtlich erforderlichen notariellen Form vorlagen.

Entscheidung

Die Beschwerde des Erben gegen die Entscheidung des Grundbuchamts hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied, dass die vorgelegten Unterlagen und insbesondere der GbR-Gesellschaftsvertrag in Schriftform ausreichten.

Ist eine GbR als Eigentümerin eines Grundstücks in das Grundbuch eingetragen, muss das Grundbuch berichtigt werden, wenn sich der Gesellschafterbestand ändert. Die Grundbuchberichtigung kann dabei entweder über die sog. Bewilligungsberichtigung oder über den sog. Unrichtigkeitsnachweis erreicht werden.

Bei der Bewilligungsberichtigung müssen alle verbliebenen Gesellschafter und alle Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil die Umschreibung des Grundbuchs bewilligen – und zwar in notariell beglaubigter Form. Außerdem muss die Unrichtigkeit des Grundbuchs schlüssig dargelegt werden. Hierfür müssen dem Grundbuchamt nicht nur die Sterbeurkunde, der Erbschein und/oder ein öffentliches Testament vorgelegt werden, sondern auch der Gesellschaftsvertrag, wobei für letzteren die Vorlage in einfacher Schriftform ausreicht.

Die Grundbuchberichtigung durch Unrichtigkeitsnachweis erfordert nicht die Mitwirkung aller Gesellschafter. Allerdings muss die Unrichtigkeit des Grundbuchs in diesem Fall nicht nur schlüssig dargelegt, sondern in einem formalisierten Verfahren lückenlos nachgewiesen werden. Alle Tatsachen, die die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachweisen, müssen dazu grundsätzlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Für den Gesellschaftsvertrag gelten jedoch Erleichterungen: die Vorlage des Gesellschaftsvertrags in einfacher Schriftform reicht auch hier aus. Für den Nachweis über die Erbfolge bleibt daneben der Nachweis in öffentlicher Form, d. h. durch Vorlage von Sterbeurkunde, Erbschein bzw. öffentlichem Testament, erforderlich.

Verspätete Anzeige von Schenkungen: Ab wann werden Hinterziehungszinsen fällig?

Wird eine Schenkung verspätet angezeigt, liegt eine Hinterziehung der Schenkungsteuer durch Unterlassen vor. Der Lauf der Hinterziehungszinsen beginnt hier zu dem Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte.

Hintergrund

Die Klägerin A reichte im Jahr 2010 eine Selbstanzeige beim Finanzamt ein. Mit dieser erklärte sie 2 empfangene Schenkungen v. 19.12.2007 und v. 17.7.2008 nach. Im Jahr 2013 erließ das Finanzamt entsprechende Schenkungsteuerbescheide und setzte Hinterziehungszinsen wegen hinterzogener Schenkungsteuer fest. Beginn des Zinslaufs war zunächst 6 Monate nach dem Stichtag der Schenkungen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Im Klageverfahren ermittelte das Finanzamt anhand eines internen Controlling-Berichts eine Bearbeitungsdauer von Schenkungsteuer-Festsetzungen im Jahr 2008 von durchschnittlich 7,1 Monaten. Daraufhin änderte das Finanzamt den Beginn des Zinslaufs auf 11 Monate nach dem jeweiligen Stichtag. Dabei ging es von der Anzeigefrist von 3 Monaten sowie einer auf 8 Monate aufgerundeten Bearbeitungszeit aus. Das Finanzgericht entschied, dass noch die Frist zur Abgabe der Steuererklärung hinzugerechnet werden muss, sodass der Zinslauf einen weiteren Monat später beginnt.

Entscheidung

Mit Eintritt der Verkürzung, also mit der Tatvollendung beginnt der Lauf der Hinterziehungszinsen. Bei einer Steuer, die wie die Schenkungsteuer nicht kontinuierlich abschnittsbezogen nach Veranlagungszeiträumen, sondern anlassbezogen festgesetzt wird, kann nicht festgestellt werden, wann die Bearbeitung der Steuererklärungen und Steuerfestsetzungen im Wesentlichen abgeschlossen ist. Für den Eintritt der Steuerverkürzung ist daher bei der Schenkungsteuer als stichtagsbezogener Steuer der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer im konkreten Einzelfall festgesetzt hätte. Dabei kann der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs unter Berücksichtigung der beim zuständigen Finanzamt durchschnittlichen Bearbeitungszeit für Schenkungsteuer-Erklärungen bestimmt werden.

Auf die tatsächliche Dauer der Festsetzung der hinterzogenen Schenkungsteuer kann bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht abgestellt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Festsetzung durch steuerstrafrechtliche Untersuchungen oder andere hinterziehungsbedingte Umstände verzögert.

Hiervon ausgehend hat das Finanzamt im Anschluss an die Entscheidung des Finanzgerichts den Beginn des Zinslaufs bei beiden Schenkungen jedenfalls nicht auf ein zu frühes Datum festgelegt.

Zugang eines Verwaltungsakts außerhalb des 3-Tageszeitraums muss substantiiert bestritten werden

Erhält ein Steuerpflichtiger einen Verwaltungsakt nicht innerhalb des 3-Tageszeitraums, muss er diesen Umstand substantiiert begründen. Nur dann kann die 3-Tagesvermutung erschüttert werden.

Hintergrund

Das Finanzamt wies den Einspruch der Klägerin gegen den Umsatzsteuer-Bescheid zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde am 26.10.2018, einem Freitag, zwecks Bekanntgabe einem privaten Zustelldienst übergeben. Dieser beförderte die überregional zu versendende Einspruchsentscheidung jedoch nicht selbst, sondern übergab sie der Deutschen Post AG. Am 30.11.2018 erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass ihr die Einspruchsentscheidung erst am 1.11.2018 zugegangen war. Dabei verwies sie auf die erste Seite der Entscheidung mit dem Posteingangsstempel, Ausdrucke aus dem elektronisch geführten Fristenkontrollbuch und dem Dokumentenerfassungssystem von DATEV sowie die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin, die den Eingang der Einspruchsentscheidung bearbeitet hatte.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Klage fristgerecht erhoben wurde. Die 3-Tagesfiktion galt aufgrund der Erschütterung hier nicht. Zur Begründung führten die Richter weiter aus: Um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs zu entkräften, genügt einfaches Bestreiten nicht. Für die Erschütterung der 3-Tagesvermutung reichte es im vorliegenden Fall aus, dass der Empfänger darauf hinwies, dass die Zustellung von einem privaten Zustelldienst unter Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmens erfolgte. Insbesondere bei einem auf einen Freitag fallenden Postaufgabetag erschien die spätere Bekanntgabe plausibel. Zudem machte der Steuerberater den Eingang des Verwaltungsakts erst nach Ablauf des 3-Tageszeitraums durch eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin, durch den Eingangsstempel auf der Einspruchsentscheidung sowie den Eintrag im Fristenkontrollbuch glaubhaft.

Schenkung des biologischen Vaters: Welche Steuerklasse gilt?

Schenkt der leibliche Vater, der nicht auch der rechtliche Vater ist, seinem Kind einen größeren Geldbetrag, gilt im Rahmen der Schenkungsteuer die Steuerklasse III. Der Schutz von Ehe und Familie gebietet nicht die Anwendung der Steuerklasse I.

Hintergrund

Der Kläger ist der leibliche, aber nicht der rechtliche Vater seiner Tochter T. Zum Zeitpunkt der Geburt war deren Mutter mit einem anderen Mann verheiratet. Die rechtliche Vaterschaft des Ehemanns der Mutter wurde nicht angefochten. Im Jahr 2016 schenkte der Kläger der T 30.000 EUR. Die anfallende Schenkungsteuer wollte er übernehmen. Das Finanzamt besteuerte den Erwerb nach der Steuerklasse III.

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Für die Steuerklasseneinteilung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend. Die biologische Abstammung allein führt nicht zur rechtlichen Vaterschaft. Das begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Die Steuerklasse I gilt jedoch nicht im Verhältnis zum biologischen Vater. Die besondere Regelung für die Minderjährigen-Adoption spricht gegen die Berücksichtigung der biologischen Abstammung. Denn der Gesetzgeber beachtet damit nicht die biologische Abstammung, sondern die – durch die Adoption erloschene – rechtliche Abstammung. Zudem bezieht das Gesetz ausdrücklich Stiefkinder in die Steuerklasse I ein. Eine solche ausdrückliche Regelung fehlt jedoch für das Verhältnis eines Kindes zu seinem biologischen Vater.

Die Einordnung von Kindern in die Steuerklasse I dient dem Schutz von Ehe und Familie. Kleine und mittlere Vermögen sollen dadurch möglichst ungeschmälert in der Generationenfolge erhalten bleiben. Es ist daher sachgerecht, den erbschaftsteuerrechtlichen Kindsbegriff im Sinne des Abstammungsrechts zu beschränken. Denn nur die bürgerlich-rechtliche Abstammung begründet Unterhaltspflichten sowie das gesetzliche Erbrecht und den Anspruch auf den Pflichtteil. Diese finanziellen Verpflichtungen, die zur Bildung und Weitergabe von Familienvermögen beitragen, bestehen im Rahmen der biologischen Vaterschaft nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bildet auch der leibliche, aber nicht rechtliche Vater eines Kindes mit diesem eine in den Schutzbereich des Grundgesetzes fallende Familie, wenn eine auf der Übernahme von Verantwortung für das Kind beruhende soziale Beziehung besteht. Das Bundesverfassungsgericht hat für diesen Fall jedoch lediglich ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters abgeleitet. Weitergehende Rechte oder Pflichten, die denen des rechtlichen Vaters entsprechen und eine Privilegierung des Erwerbs vom leiblichen Vater rechtfertigen könnten, wurden ihm nicht auferlegt.

Wann sind Nachzahlungszinsen unbillig?

Auch wenn eine ESt 4 B-Mitteilung verzögert ausgewertet wird und deshalb die Änderung eines Steuerbescheids erst 13 Monate nach Erlass des Grundlagenbescheids erfolgt, ist die Erhebung von Nachforderungszinsen nicht sachlich unbillig.

Hintergrund

Der Kläger erzielte als Gesellschafter mehrerer Partnerschaftsgesellschaften Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die ESt 4 B-Mitteilung des Feststellungs-Finanzamts für das Jahr 2012 ging beim Veranlagungs-Finanzamt am 8.4.2014 ein. Erst nach 13 Monaten erhöhte das Finanzamt mit Änderungsbescheid v. 5.5.2015 aufgrund dieser Mitteilung die Einkommensteuer und setzte Nachzahlungszinsen i. H. v. 305 EUR fest.

Der Kläger beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen i. H. v. 140 EUR. Seiner Ansicht nach durfte sich die Zinsberechnung nicht zu seinem Nachteil auswirken, da der Änderungsbescheid später als nach der üblichen Bearbeitungszeit von 6 Monaten erlassen worden war. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten den Erlass ab.

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte keinen Erfolg. Ein Erlass aus Billigkeitsgründen kam nicht in Betracht.

Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ist anzunehmen, wenn ein Steueranspruch zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Umstände, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, können daher keinen Billigkeitserlass rechtfertigen.

Derjenige, dessen Steuer später festgesetzt wird, hat gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil. Durch die Verzinsung sollen der Liquiditätsvorteil und die damit verbundene erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgeschöpft werden. Gleichzeitig soll der vorhandene Zinsnachteil des Fiskus, der den nicht gezahlten Steuerbetrag nicht anderweitig nutzen kann, ausgeglichen werden. Aus welchem Grund es zu einem Unterschiedsbetrag gekommen ist und ob die möglichen Zins- und Liquiditätsvorteile tatsächlich bestanden und genutzt wurden, ist grundsätzlich unbeachtlich. Deshalb ist eine verzögerte Bearbeitung durch das Finanzamt für sich genommen nicht geeignet, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen.

Hiervon ausgehend rechtfertigt der Hinweis des Klägers auf die Bearbeitungszeit von 13 Monaten für die Auswertung der ESt 4 B-Mitteilung keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Eine Billigkeitskorrektur ist nicht geboten, da der Steuerpflichtige die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen bereits im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung geschätzt angeben und auch vor Erlass des Grundlagenbescheids der Besteuerung zugrunde legen kann.

Außerdem ist anerkannt, dass die Erhebung von Nachzahlungszinsen unabhängig von der Höhe eines konkreten Zinsvorteils oder -nachteils nicht unbillig ist, wenn der Steuerpflichtige die erwartete Nachzahlung durch eine freiwillige vorzeitige Leistung hätte vermeiden können. Der Kläger hätte nach Erlass des Feststellungsbescheids v. 7.4.2014 eine Vorauszahlung leisten können.

Unfall auf dem Heimweg: Krankheitskosten als Werbungskosten abziehbar

Erleidet ein Arbeitnehmer auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, gehören die damit zusammenhängenden Krankheitskosten zu den Werbungskosten. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gilt insoweit nicht.

Hintergrund

Die Klägerin erlitt durch einen Verkehrsunfall auf dem Weg von ihrer Tätigkeitsstätte zu ihrer Wohnung erhebliche Verletzungen. Die dadurch verursachten Krankheitskosten machte sie, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskosten-Abzug ab, da die Aufwendungen mit der Entfernungspauschale abgegolten waren. Die Richter am Finanzgericht sahen das genauso und wiesen die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof dagegen hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Zwar sind grundsätzlich durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Das gilt für Unfallkosten aber nur, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für “die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte”, also um echte Wege- bzw. Fahrtkosten handelt.

Die Abgeltungswirkung erstreckt sich damit nur auf die fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen (z. B. Reparaturkosten). Andere Aufwendungen, insbesondere Krankheitskosten, werden von der Abgeltungswirkung dagegen nicht erfasst. Sie sind neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar. Der Bundesfinanzhof teilt insoweit die Verwaltungsauffassung, nach der Unfallkosten zusätzlich zur Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sind.

Nach dem Sinn und Zweck der Entfernungspauschale sollen damit berufliche Mobilitätskosten begünstigt werden. Das folgt aus der wegstreckenbezogenen Bemessung der Pauschale, die insbesondere aus verkehrspolitischen Gründen eingeführt wurde. Krankheitskosten stellen jedoch keine beruflichen Mobilitätskosten dar. Es handelt sich nicht um Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Das gilt auch dann, wenn die körperliche Beeinträchtigung auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten ist. Denn Aufwendungen zur Beseitigung oder Linderung von Körperschäden sind weder fahrzeug- noch wegstreckenbezogen.

Insolvenzverfahren: Verwalter darf Gesellschaft nicht umfirmieren

Auch wenn der Insolvenzverwalter in Bezug auf den Firmenwert das Verwertungsrecht hat: Er darf keine Mitgliedschaftsrechte ausüben, um den Geschäftsbetrieb leichter verwerten zu können.

Hintergrund

Der Insolvenzverwalter veräußerte im Insolvenzverfahren den Geschäftsbetrieb der insolventen Aktiengesellschaft einschließlich deren Namen (Firma). Mit Verweis auf seine Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis als Insolvenzverwalter nahm er eine Umfirmierung der Aktiengesellschaft vor und meldete diese beim Handelsregister zur Eintragung an. Das Registergericht wies die Anmeldung zurück. Daraufhin legte der Insolvenzverwalter Beschwerde ein, die ebenfalls erfolglos blieb.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies auch die Rechtsbeschwerde zurück und entschied, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht die Ermächtigung umfasst, die Satzung hinsichtlich der Firma zu ändern oder eine Firmenänderung außerhalb der Satzung herbeizuführen. Zwar stand dem Insolvenzverwalter das Recht zu, den Firmenwert und damit die Firma als Teil des Vermögens der insolventen Aktiengesellschaft zu veräußern. Dies konnte auch die Notwendigkeit zur Änderung der Firma begründen. Eine solche Firmenänderung durfte jedoch nur durch Satzungsänderung herbeigeführt werden und eine solche bedurfte eines Beschlusses der Hauptversammlung. Das gilt auch im Insolvenzverfahren.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging zwar die allgemeine Verwertungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über und der Insolvenzverwalter vertritt die insolvente Gesellschaft in sämtlichen Angelegenheiten, die das Vermögen der insolventen Gesellschaft betreffen. Soweit jedoch unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter und damit der innergesellschaftliche Bereich betroffen waren, kam dem Insolvenzverwalter keine Handlungsbefugnis zu.

Kurzzeitige Vermietung vor der Veräußerung einer mehrjährig eigengenutzten Wohnung

Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung verkauft, bleibt dies auch dann steuerfrei, wenn sie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet wird. Das gilt zumindest dann, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung zusammenhängend im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend sowie im 2. Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

Hintergrund

Der Kläger erwarb im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung für 87.000 EUR, die er bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Anschließend vermietete er die Wohnung von Mai bis Dezember 2014. Im Dezember 2014 veräußerte er sie für 130.000 EUR.

Das Finanzamt ermittelte aus der Veräußerung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt, da kein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vorlag. Denn der Kläger nutzte die Wohnung im Jahr der Veräußerung (2014) bis einschließlich April und in den beiden vorangegangenen Jahren durchgängig zu eigenen Wohnzwecken. Die Vermietung ab Mai 2014 war unschädlich.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an und wies die Revision des Finanzamts zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Private Veräußerungsgewinne aus Grundstücksgeschäften, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt, sind steuerlich zu erfassen. Ausgenommen davon sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden oder die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung muss jedoch nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben. Es genügt vielmehr ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über 3 Kalenderjahre erstreckt. Dabei muss die Wohnnutzung die 3 Jahre nicht voll ausfüllen.

Das bedeutet: Ausreichend für die Anwendung der Ausnahmevorschrift ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und 2 Tagen. Dabei muss sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken. Im 2. Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr braucht die Wohnnutzung dagegen nur jeweils einen Tag zu umfassen. Eine “Zwischenvermietung” vor der Veräußerung ist unschädlich, wenn die Wohnung – zusammenhängend – im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend und im 2. Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Der Kläger hat seine Eigentumswohnung zwar innerhalb der 10-Jahresfrist angeschafft und wieder veräußert. Das Veräußerungsgeschäft ist jedoch nicht steuerbar: Der Kläger hat die Wohnung in 2012 (ganzjährig) und 2013 (ganzjährig) sowie in 2014 (Januar bis April) durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die Nutzung erstreckt sich somit über 3 Kalenderjahre. Die “Zwischenvermietung” von Mai 2014 bis Dezember 2014 ist für die Anwendung der Ausnahmevorschrift unschädlich.

Auch ein Taxifahrzeug kann privat genutzt werden

Wird ein Taxi zu mehr als 50 % betrieblich genutzt, ist eine Privatnutzung nach der 1 %-Regelung zu erfassen. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass keine private Nutzung stattfindet, etwa weil ausreichend weitere Pkw für die Privatnutzung zur Verfügung stehen.

Hintergrund

Der Kläger war Betreiber eines Taxiunternehmens. Aus diesem Grunde hatte der Kläger einen ihm gehörenden Pkw in seinem Betriebsvermögen. Das Finanzamt setzte Umsätze für die private Pkw-Nutzung nach der sogenannten 1 %-Methode an. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass eine Versteuerung nach der 1 %-Methode in seinem Fall nicht gegeben war. Er hatte neben seinem betrieblichen Pkw noch 2 weitere Fahrzeuge, die sowohl ihm als auch seiner Lebensgefährtin gehörten und ausschließlich für den privaten Gebrauch genutzt wurden. Demgegenüber verwendete er den betrieblichen Pkw ausschließlich für betriebliche Zwecke. Darüber hinaus handelte es sich bei dem betrieblichen Pkw um einen Kleintransporter, der an die betrieblichen Anforderungen des Klägers angepasst wurde und somit als Großraumtaxi für 8 Personen fungierte und daher ohnehin für den Privatgebrauch des Klägers völlig überdimensioniert sei.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Für Fahrzeuge, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, ist für jeden Kalendermonat grundsätzlich 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, wenn eine private Nutzung stattgefunden hat. Grundsätzlich spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die für private Zwecke allgemein zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden.

Insbesondere bei Taxen ist typischerweise eine private Nutzung möglich. Anderes gilt, wenn entweder das Fahrzeug typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet ist oder der Beweis des ersten Anscheins durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert wurde.

Das Finanzgericht ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall der Beweis des ersten Anscheins ausreichend widerlegt wurde. Zwar stellt ein Taxi grundsätzlich ein Fortbewegungsmittel dar, das durchaus auch für private Zwecke genutzt werden kann. Jedoch legte der Kläger und vor allem die Lebensgefährtin des Klägers glaubhaft und überzeugend die Nutzung der Pkw dar. Daraus ergab sich insbesondere, dass neben dem betrieblichen Pkw noch 3 weitere Pkw zur privaten Benutzung dauerhaft zur Verfügung standen. Darüber hinaus wurden die Urlaube entweder mit dem Wohnmobil oder per Flugreise durchgeführt.

Das Gericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass der Beweis des ersten Anscheins nachhaltig erschüttert wurde.