Nach Sofortabzug besteht kein weiterer Anspruch auf Abschreibung

Werden Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut in einem Veranlagungszeitraum in voller Höhe als Werbungskosten steuerlich berücksichtigt, obwohl sie nur im Wege der Abschreibung hätten geltend gemacht werden dürfen, besteht kein Anspruch auf Werbungskostenabzug von Abschreibungsbeträgen in den Folgejahren.

Hintergrund

Eine GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie erwarb Geräte, die in ihr Vermietungsobjekt eingebaut wurden. In ihrer Feststellungserklärung 2009 machte die Steuerpflichtige die Anschaffungskosten der Geräte als sofort abzugsfähige Aufwendungen geltend. Zusätzlich erklärte sie einen Abschreibungsbetrag von 1/10 der Anschaffungskosten der Geräte als Werbungskosten. In dem Feststellungsbescheid 2012 wurde der Abschreibungsbetrag für die Geräte zunächst erklärungsgemäß berücksichtigt. Später änderte das Finanzamt den Feststellungsbescheid 2012 dahingehend ab, dass es den Abschreibungsbetrag nicht mehr zum Abzug zuließ.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Eine Abschreibung konnte im Jahr 2012 nicht mehr erfolgen, weil kein Abschreibungsvolumen mehr vorhanden war. Die Anschaffungskosten der Geräte waren bereits im Jahr 2009 in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt worden. Entsprechend würde eine zusätzliche Berücksichtigung von Abschreibungsbeträgen zu einem unzulässigen Doppelabzug von betrieblichem Aufwand führen.

Den Einwänden der Klägerin folgte das Finanzgericht nicht. Sie hatten geltend gemacht, dass die fehlerhafte Berücksichtigung der Anschaffungskosten nur im Feststellungsbescheid 2009 hätte korrigiert werden können. Die fehlerhaft unterbliebene Korrektur des Feststellungsbescheids für 2009 konnte ihrer Ansicht nach nicht dazu führen, dass ihr die Abschreibung im Jahr 2012 nicht gewährt wurde. Diesen Argumenten erteilte das Finanzgericht eine klare Absage.

Berufsunfähigkeitsrente aus einem Versorgungswerk

Wer Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsrente aus einem Vertreterversorgungswerk erhält, muss wissen: Bei diesen handelt es sich um nachträgliche gewerbliche Einkünfte und nicht um sonstige Einkünfte.

Hintergrund

Der Kläger war als selbstständiger Ausschließlichkeitsvertreter für eine AG tätig. Er erzielte hieraus gewerbliche Einkünfte. Zur Sicherung seiner Alters-, Berufsunfähigkeits-, und Hinterbliebenenversorgung war er Mitglied im Vertreterversorgungswerk der AG. Aufgrund einer Berufsunfähigkeit gab er seine Tätigkeit für die Versicherungsgesellschaft auf. Ab dem 1.4.2003 bezog der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente. Das Finanzamt besteuerte die Rente zunächst mit dem Ertragsanteil. Später vertrat es die Auffassung, dass es sich um in vollem Umfang steuerpflichtige nachträgliche gewerbliche Einkünfte handelte.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit liegen vor, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit stehen. Die Einnahmen aus dem Vertreterversorgungswerk stellten nachträgliche gewerbliche Einkünfte dar, denn die Zahlungen standen mit der ehemaligen gewerblichen Tätigkeit als Versicherungsvertreter in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang. Kein Ausgleichsanspruch entstand in Höhe des Barwerts einer vom Vertreter zu beanspruchenden Rente. Deshalb bestand nach Auffassung des Finanzgerichts ein Zusammenhang mit der Tätigkeit des Hauptvertreters weiter. Die Einnahmen waren infolgedessen zu den nachträglichen gewerblichen Einkünften zu rechnen.

§ 6b-Rücklage und Reinvestitionsfrist

Die Reinvestitionsfrist verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden von 4 auf 6 Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen wird. Reine Vorbereitungshandlungen in der Entwurfsphase genügen jedoch nicht für eine Fristverlängerung.

Hintergrund

Das Wirtschaftsjahr für den Gewerbebetrieb des X lief bis 30.6. X bildete zum 30.6.2005 eine Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG und behielt diese mit dem Hinweis auf den Herstellungsbeginn im ersten Halbjahr 2009 bei. Im Frühjahr 2009 entschloss er sich zur Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes. Bereits im Mai 2009 erteilte er dem Architekten mündlich den Planungsauftrag erteilt. Den Bauantrag reichte X allerdings erst im Juni 2010 ein. Erst im Juli 2010 beauftragte er einen Statiker. Der Architekt stellte im Juli 2010 insgesamt 66 Stunden für die die Vor- und Entwurfsplanung in der Zeit bis 30.6.2009 in Rechnung.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die § 6b-Rücklage nicht auf das Gebäude übertragen werden konnte. Denn X hatte nicht vor dem 30.6.2009 nach außen erkennbar mit dem Neubau des Gebäudes begonnen. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Klage hatte auch vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg. Die 4-jährige Reinvestitionsfrist verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden nur dann auf 6 Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen wurde. Für den Herstellungsbeginn muss das konkrete Investitionsvorhaben “ins Werk gesetzt” werden. Dieser Zeitpunkt kann schon vor den eigentlichen Bauarbeiten liegen. Indizien für den Herstellungsbeginn sind z. B. die Stellung des Bauantrags, die Aufnahme von Bauarbeiten, die Planung, soweit sie mit einer konkreten und objektiv nachvollziehbaren Investitionsentscheidung verbunden ist.

Im vorliegenden Fall sah der Bundesfinanzhof die im ersten Halbjahr 2009 durchgeführten Planungen des Architekten nicht als so konkret und verbindlich an, dass diese der Ausführungsphase und damit dem Beginn der Herstellung gleichzustellen waren. Es fehlte an den hierfür nötigen konkreten Ausführungshandlungen. Die Reinvestitionsrücklage war somit zum 30.6.2009 gewinnerhöhend aufzulösen.

Die Höhe des Gewinnzuschlags beanstandete der Bundesfinanzhof für den streitigen Zeitraum vom 30.6.2005 bis 30.6.2009 nicht.

Bestehen der Prüfung oder Bekanntgabe der Ergebnisse: Wann endet das Studium?

Wurde die Berufsausbildung beendet und damit das Berufsziel erreicht, besteht grundsätzlich kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Schließt die Berufsausbildung mit einer Prüfung ab, ist das Berufsziel erst mit dem Bestehen der Prüfung, spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erreicht.

Hintergrund

Die Tochter der Klägerin war ab März 2015 an der Hochschule im Masterstudiengang eingeschrieben. Nachdem sie die letzte Teilprüfung des Masterstudiengangs absolviert hatte, wurde sie am 6.10.2016 mündlich und schriftlich über das Bestehen der Prüfung unterrichtet. Am 25.11.2016 holte sie ihre Zeugnisunterlagen ab.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab 1.11.2016 auf und forderte das für den Zeitraum November 2016 bis Februar 2017 gezahlte Kindergeld zurück.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Tochter der Klägerin befand sich von November 2016 bis Februar 2017 in einer länger als 4 Monate dauernden Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten. Die Berufsausbildung endet u. a., wenn ein Kind sein Berufsziel erreicht hat und sich keiner Ausbildungsmaßnahme mehr unterzieht. Ein Universitätsstudium ist regelmäßig erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem eine Prüfungsentscheidung ergeht. Die letzte Prüfungsleistung der Tochter fand am 28.9.2016 statt, das Ergebnis wurde ihr im Anschluss an die mündliche Prüfungsleistung bekannt gegeben.

Durch die mündliche Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endete das Hochschulstudium, da das Kind sich ab diesem Zeitpunkt um die Aufnahme eines seiner akademischen Ausbildung entsprechenden Berufs bemühen kann. Das gilt auch dann, wenn das Kind wie hier sein Prüfungsergebnis schriftlich noch nicht nachweisen kann.

Unterbringung eines schwerbehinderten Kindes im Heim: Besonderheiten beim Kindergeld sind zu beachten

Bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist ein Unterhaltsbeitrag bei der anzustellenden Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Dieser mindert zudem die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen.

Hintergrund

Der Sohn der Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G schwerbehindert. Nachdem eine Anfrage der Familienkasse bei der Agentur für Arbeit ergeben hatte, dass der Sohn die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach § 76 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 1.7.2015 auf. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Kindergeldantrag für den Monat Januar 2016.

Die Klägerin machte geltend, dass der Sohn aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem waren die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung gegeben. Denn der Sohn absolvierte zunächst eine Ausbildung und wurde anschließend zum 13.6.2015 in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis übernommen. Nach § 76 Abs. 2 Satz 4 SGB IX war im ersten Jahr der Beschäftigung nach Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis kraft Gesetzes eine Mehrfachanrechnung (2 Pflichtarbeitsplätze) gegeben.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Klägerin für Januar 2016 kein Kindergeld zustand.

Ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen geprüft. Das sind einerseits die dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel, andererseits sein existenzieller Lebensbedarf.

Die Frage, ob das behinderte Kind überhaupt außerstande ist sich selbst zu unterhalten, ist grundsätzlich nach dem Monatsprinzip zu prüfen. Ein etwaiger Unterhaltsbeitrag ist bei der Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Er mindert die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen. Dass die Klägerin die objektive Feststellungslast für einen über den Behinderten-Pauschbetrag hinausgehenden individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf ihres Sohnes trug, konnte die von der Klägerin erstrebte Pauschalierung nicht rechtfertigen.

Zinsvergünstigung für ein Arbeitgeber-Wohnbaudarlehen

Gewährt eine Handwerkskammer einem Arbeitnehmer ein zinsvergünstigtes Wohnbaudarlehen, kann die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 58 EStG nur gewährt werden, wenn die Einkommensgrenzen des einschlägigen Wohnraumförderungsgesetzes oder des Landesgesetzes zur Wohnraumförderung eingehalten sind.

Hintergrund

A war in den Jahren 2006 bis 2009 bei einer Handwerkskammer beschäftigt. Die Handwerkskammer hatte ihm ein zinsvergünstigtes Arbeitgeber-Wohnbaudarlehen über 18.000 EUR zur Finanzierung des zusammen mit seiner Frau erworbenen Familienheims gewährt.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Zinszuschüsse steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellten. Denn das Darlehen war nicht aus einem öffentlichen Haushalt gewährt worden. Die von A dagegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Seiner Ansicht nach stellte der Haushalt einer Handwerkskammer keinen öffentlichen Haushalt i. S. v. § 3 Nr. 58 EStG dar.

Entscheidung

Nach § 3 Nr. 58 EStG sind u. a. Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung steuerfrei. Voraussetzung ist, dass die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten.

Der Bundesfinanzhof widersprach der Auffassung des Finanzgerichts, dass der Haushalt der Handwerkskammer keinen öffentlichen Haushalt darstellte. Denn bei der Handwerkskammer handelte es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die einen öffentlichen Haushalt führte. Die Satzung musste Bestimmungen über die Aufstellung und Genehmigung eines Haushaltsplans enthalten. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung unterlag der Prüfung durch den Landesrechnungshof. Damit ist die haushaltsmäßige Erfassung der Mittel und die öffentliche Kontrolle ihrer Verwendung gegeben.

Der Steuerbefreiung standen im vorliegenden Fall jedoch die Einkommensgrenzen insbesondere des Wohnraumförderungsgesetzes entgegen. § 3 Nr. 58 EStG bezieht sich nicht lediglich auf die Höhe bestimmter Förderbeträge, sondern spricht allgemein von “Vorteilen”. Damit werden auch die in den genannten Fördergesetzen festgelegten Einkommensgrenzen erfasst. Diese Grenzen waren hier deutlich überschritten. A erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit jeweils von knapp 50.000 EUR. Demgegenüber beträgt die Grenze für einen 2-Personenhaushalt 18.000 EUR pro Jahr, ggf. plus 500 EUR für jedes Kind.

Apothekenrabatt bei grenzüberschreitender Arzneimittellieferung

Ist eine Apotheke, die verschreibungspflichtige Arzneimittel an gesetzliche Krankenkassen liefert, aufgrund einer Rabattgewährung an die gesetzlich krankenversicherte Person umsatzsteuerrechtlich zu einer Steuervergütung für die an die Krankenkasse ausgeführte Lieferung berechtigt? Mit dieser Frage muss sich der Europäische Gerichtshof auseinandersetzen.

Hintergrund

Die Versandhandelsapotheke A war in den Niederlanden ansässig. Sie lieferte verschreibungspflichtige Arzneimittel in das Inland, und zwar an Personen mit gesetzlicher Krankenversicherung und mit privater Krankenversicherung. A zahlte in beiden Fällen an die Versicherten Aufwandsentschädigungen (Rabatte). Die Lieferung an Privatversicherte behandelte A als im Inland steuerpflichtige Versandhandelsumsätze und erstellte demgemäß den Privatpatienten Rechnungen mit Umsatzsteuer-Ausweis. In diesen zog sie die Rabatte als Entgeltminderung ab. Das wurde vom Finanzamt nicht beanstandet. Das Gleiche galt für die Lieferung rezeptfreier Produkte an Kassenversicherte und Privatversicherte.

Weiterhin erbrachte A bei den Medikamentenlieferungen für Kassenversicherte steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an die gesetzliche Krankenversicherung. A ging bei diesen Lieferungen davon aus, dass der Ort der Lieferung in den Niederlanden lag. Sie nahm deshalb dort die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch.

Zudem ging A davon aus, dass die Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtigen Lieferungen an die Privatversicherten nicht nur um die an diese gezahlten Rabatte zu mindern war, sondern auch um die an die Kassenversicherten gezahlten Rabatte.

Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es bestand seiner Ansicht nach keine hinreichende Verknüpfung zwischen den Rabatten an Kassenversicherte und Umsätzen an Privatversicherte.

Entscheidung

Hinsichtlich der Medikamente für die Kassenversicherten lagen 2 Lieferungen vor: Die 1. Lieferung erfolgte von A an die gesetzliche Krankenversicherung. Es handelte sich um innergemeinschaftliche Lieferungen, die für A in den Niederlanden steuerfrei waren. Dementsprechend bestand für die gesetzliche Krankenversicherung eine Verpflichtung zur Erwerbbesteuerung. Anschließend folgte die 2. Lieferung durch die gesetzliche Krankenversicherung an die Kassenversicherten. Denn mit der Abgabe der verordneten Medikamente erfüllt diese ihre im Verhältnis zu den Kassenversicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung. Diese Lieferung fällt nicht in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer, da sie unentgeltlich erfolgt und die gesetzliche Krankenversicherung keine Steuerpflichtige ist.

Der Bundesfinanzhof legt dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen vor:

  1. Ist eine Apotheke, die Arzneimittel an eine gesetzliche Krankenkasse liefert, aufgrund einer Rabattgewährung an den Krankenversicherten zur Minderung der Steuerbemessungsgrundlage berechtigt?
  2. Bei Bejahung: Widerspricht es den Grundsätzen der Neutralität und Gleichbehandlung im Binnenmarkt, wenn eine Apotheke im Inland die Steuerbemessungsgrundlage mindern kann, nicht aber eine Apotheke, die aus einem Mitgliedstaat an die gesetzliche Krankenkasse innergemeinschaftlich steuerfrei liefert?

Klärungsbedürftig ist, ob A für die 1. Lieferung eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend machen konnte, da sie einen Rabatt an den Abnehmer der 2. Lieferung (die versicherte Person) gewährte. Fraglich ist, ob ein solcher Rabatt zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führt, wenn die 2. Lieferung nicht in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer fällt.

Gegen eine Minderung der Bemessungsgrundlage zugunsten der A könnte zum einen sprechen, dass sie hinsichtlich der Lieferungen an die gesetzliche Krankenversicherung im Inland keinen steuerpflichtigen Umsatz ausführt. Denn aufgrund des Beginns der Versendung an die gesetzliche Krankenversicherung in den Niederlanden liegt im Inland kein steuerpflichtiger Umsatz vor, dessen Bemessungsgrundlage im Inland gemindert werden könnte. Zum anderen sind die in den Niederlanden an die gesetzliche Krankenversicherung ausgeführten Umsätze dort als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.

Zur Finanzierung einer KG durch zwischengeschaltete gemeinnützige GmbH

Erlangt eine Körperschaft Vermögensmittel durch Spenden ihrer Gesellschafter und setzt sie diese zur Finanzierung einer von diesen Gesellschaftern beherrschten Personengesellschaft ein, ist diese Körperschaft nicht selbstlos tätig. Eine Gemeinnützigkeitsbescheinigung darf deshalb widerrufen werden.

Hintergrund

Die X-GmbH wurde als gemeinnützige Gesellschaft gegründet, deren Gesellschaftszweck die Förderung des Gesundheitswesens war. Die 4 Gesellschafter sind familiär verbunden und waren daneben zu 98 % an einer KG beteiligt.

Die KG deckte ihren Kapitalbedarf zunächst durch Gesellschafterdarlehen. Nachdem diese Darlehen im Jahr 2010 um 3 Mio. EUR zurückgeführt worden waren, wurde der fortbestehende Kapitalbedarf durch die GmbH gedeckt. Dazu verpflichtete sich die GmbH aufgrund von Darlehensverträgen mit der KG, der KG 3 Mio. EUR als verzinsliches Darlehen für 10 Jahre zu gewähren. Die dafür erforderlichen Mittel erhielt die GmbH durch Zahlungen der 4 Gesellschafter. Die GmbH erteilte ihnen hierfür Spendenquittungen. Das Finanzamt hatte zuvor eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit erteilt. Aufgrund der Darlehensverträge flossen der GmbH Zinsen zu, die sie im Jahr 2013 einer Kinderklinik spendete.

Im gleichen Jahr widerrief das Finanzamt die Gemeinnützigkeitsbescheinigung mangels Selbstlosigkeit. Seiner Ansicht nach war die GmbH vorrangig zur Förderung eigenwirtschaftlicher Interessen der Gesellschafter tätig geworden. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die GmbH durch zu niedrig verzinste Darlehen verdeckte Gewinnausschüttungen an die KG vorgenommen hatte.

Entscheidung

Für die Selbstlosigkeit der Förderung gemeinnütziger Zwecke unterscheidet das Gesetz zwischen dem Verbot der primären Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke und weiteren Vorgaben für die Mittel- und Vermögensverwendung.

“Eigenwirtschaftliche Zwecke” werden nicht nur verfolgt, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen und Vorteile der Körperschaft selbst geht. Eine Körperschaft handelt auch dann nicht selbstlos, wenn sie in erster Linie unmittelbar oder mittelbar die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder oder diesen nahestehenden Personen wahrnimmt. An der Selbstlosigkeit fehlt es nicht nur, wenn der Eigennutz der Mitglieder in den Vordergrund tritt, sondern regelmäßig auch dann, wenn eigenwirtschaftliche Vorteile für alle Beteiligten oder wenigstens für einen wesentlichen Teil der Beteiligten mitentscheidend waren. Eigenwirtschaftliche Zwecke der Mitglieder werden somit “in erster Linie” verfolgt, wenn die bewirkte Förderung der Allgemeinheit im Vergleich zu den eigenwirtschaftlichen Vorteilen der Mitglieder oder ihnen nahestehenden Personen nicht überwiegt.

Hiervon ausgehend verstieß die GmbH mit der Darlehenshingabe an die KG gegen diese gesetzlichen Vorgaben. Die Abwägung des Gemeinwohlnutzens mit den verfolgten eigenwirtschaftlichen Interessen ergab, dass die Förderung der Allgemeinheit die eigenwirtschaftlichen Vorteile der Gesellschafter und der ihnen nahestehenden KG nicht überwiegt, sondern dass die eigenwirtschaftlichen Vorteile zumindest mitentscheidend für die Gründung der GmbH waren. Die GmbH wurde zur mittelbaren Gesellschafterfinanzierung der KG eingesetzt und ermöglichte erst dadurch ihren Gesellschaftern eine erhebliche eigenwirtschaftliche Steuerersparnis. Die von der GmbH durch Spenden erlangten Mittel waren zur Finanzierung der KG von vornherein eingeplant.

Mehrfache Zuwendung von Betriebsvermögen

Bei mehreren Schenkungen innerhalb von 10 Jahren kann die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 2 ErbStG nur einmal berücksichtigt werden. Das gilt auch dann, wenn sich der Abzugsbetrag bei der ersten Schenkung gar nicht ausgewirkt hat.

Hintergrund

Mit einer ersten Zuwendung hatte der Kläger begünstigtes Betriebsvermögen erhalten. Im Rahmen der darauffolgenden Schenkungsteuerfestsetzung war Schenkungsteuer gegenüber dem Kläger festgesetzt worden. Der Abzugsbetrag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG war dabei nicht zum Ansatz gekommen. Denn er hatte sich wegen des Werts des nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG fallenden Teils des übertragenen Betriebsvermögens auf 0 EUR verringert.

Mit einer weiteren Zuwendung trat Frau X von ihrem Kapitalanteil an der Y KG einen Anteil an den Kläger ab. Darüber hinaus trat Frau X einen Anteil von ihrem Guthaben auf den bei der Y KG für sie geführten Fest- sowie Gesellschafterkonto an den Kläger ab.

Das Finanzamt erließ daraufhin einen weiteren Schenkungsteuerbescheid. Die Steuerfestsetzung erfolgte erklärungsgemäß, jedoch berücksichtigte das Finanzamt den Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG nicht. Seiner Ansicht nach war der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG bereits bei der ersten Zuwendung berücksichtigt worden und konnte deshalb im Streitfall nicht mehr angewendet werden. Der Verbrauch des Abzugsbetrages trat unabhängig davon ein, in welcher Höhe sich dieser tatsächlich auswirkte.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Zweck der gesetzlichen Regelung besteht darin, den Finanzbehörden eine Wertermittlung und aufwendige Überwachung von Klein- und Kleinstfällen unterhalb des Grenzwerts zu ersparen. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber zum einen durch den “gleitenden Abzugsbetrag” gezielt nur kleine Betriebe steuerlich fördern. Zum anderen wollte der Gesetzgeber verhindern, dass im Wege der Aufspaltung einer größeren Zuwendung in mehrere Zuwendungen ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil entsteht.

Zwar fehlt eine ausdrückliche Regelung, ob der Steuerpflichtige einen Anspruch darauf hat, dass sich bei mehreren Erwerben von derselben Person, die innerhalb von 10 Jahren erfolgen, der Abzugsbetrag bei einem der Erwerbe bei der Steuerfestsetzung auswirken muss. Aufgrund dieser Rechtsgrundsätze kam das Finanzgericht jedoch zu dem Ergebnis, dass der Bescheid rechtmäßig war, weil das Finanzamt den Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG bei der Steuerfestsetzung zu Recht nicht berücksichtigte. Darüber hinaus stand der Berücksichtigung des Abzugsbetrags der Sinn und Zweck der Regelung des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG entgegen, wonach der Abzugsbetrag innerhalb von 10 Jahren für begünstigtes Vermögen von derselben Person anfallenden Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden kann.

Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung bei der Überlassung von Hotelzimmern an Reiseveranstalter

Das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters ist normalerweise nicht auf eine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter ausgerichtet, die Nutzung ist vielmehr je nach Markterfordernissen zeitlich begrenzt. Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Entgelte scheidet damit aus.

Hintergrund

Die R-GmbH organisierte als Reiseveranstalter Pauschalreisen. Dazu schloss sie mit Hoteliers Verträge ab, durch die ihr Hotelleistungen bezüglich ganzer Hotels oder bestimmte Hotelzimmer bzw. Hotelzimmerkontingente für vereinbarte Zeiträume zur Verfügung gestellt wurden. R bezog die an die Hoteliers gezahlten Entgelte nicht in die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung ein. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass ein Teil des Entgelts auf die “Anmietung” von Hotelzimmern entfiel. Die in den Hotelkosten enthaltenen Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter müssten deshalb bei der Hinzurechnung berücksichtigt werden. Die Entgelte an die Hoteliers teilte das Finanzamt in hinzuzurechnende Mietanteile für Hotelzimmer einerseits und für bewegliche Wirtschaftsgüter (Swimmingpools usw.) andererseits sowie in nicht hinzuzurechnende sonstige Kosten auf. Die Nebenkosten rechnete es anteilig den Mieten für die unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgüter hinzu.

Das Finanzgericht bestätigte zwar grundsätzlich die vom Finanzamt angewandte Aufteilung der Hotelkosten. Allerdings rechnete es reine Betriebskosten (Wasser, Strom, Heizung) und eigenständig zu beurteilende Nebenleistungen (Verpflegung, Beförderung, Unterhaltungsveranstaltungen, Zimmerreinigung) nicht hinzu.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das anders und entschied, dass die Entgelte für die Hotelzimmer und die damit verbundenen Wirtschaftsgüter nicht unter die Hinzurechnung fallen. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb mit dem gesetzlichen Anteil hinzuzurechnen. Das bedeutet, dass die Wirtschaftsgüter, wenn sie im Eigentum des Nutzers stehen würden, dessen Anlagevermögen als sog. fiktives Anlagevermögen zuzurechnen wären.

Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Unternehmers stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts, die subjektiv vom Willen des Unternehmers abhängt und sich an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss. Bei dem Wirtschaftsgut muss es sich der Art nach um Anlagevermögen handeln.

Die Prüfung muss sich am Geschäftsgegenstand des Unternehmens und den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen orientieren. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoll nur ausgeübt werden kann, wenn das Eigentum langfristig erworben wird. Ein Gegenstand kann zwar auch dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird. Das setzt dann aber voraus, dass der Gegenstand ständig für den Gebrauch benötigt und deshalb vorgehalten wird. Deshalb reicht eine kurzfristige anlass- oder auftragsbezogene Anmietung für die Annahme von Anlagevermögen nicht aus.

Davon ausgehend waren vorliegend die Hotelzimmer, Sportanlagen, Swimmingpools usw. nicht dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen. Denn das zeitlich begrenzte fiktive Eigentum an den Zimmern und Einrichtungen diente nicht der dauerhaften Herstellung neuer Produkte. Vielmehr floss es in das Produkt “Pauschalreise” ein und verbrauchte sich mit deren Durchführung.

Das Geschäft des Reiseveranstalters erforderte nicht den langfristigen Erwerb des Eigentums. Vielmehr versuchte der Reiseveranstalter, die Hotelzimmer und Einrichtungen möglichst nur in dem Umfang zu erwerben, in dem er einen Absatzmarkt für sein Produkt “Pauschalreise” sah. Der Reiseveranstalter orientierte sich dabei am geschätzten Bedarf seiner Kunden. Für den Veranstalter wäre ein langfristiger Erwerb des Eigentums wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Insoweit stellte sich auch der wiederholte kurzfristige Erwerb ähnlicher Wirtschaftsgüter nicht als Surrogat einer Entscheidung zur langfristigen Nutzung dar.