Zur Umsatzsteuer-Berichtigung nach Scheingeschäften

Macht der Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug geltend, muss der bei einem unberechtigten Steuerausweis geschuldete Steuerbetrag berichtigt werden, und zwar für den Zeitraum, in dem der Rechnungsempfänger die Vorsteuer zurückerstattet. Die Zeitpunkte des Berichtigungsantrags und der Rechnungsberichtigung sind insoweit unerheblich.

 

Hintergrund

X ist Insolvenzverwalter der H. H hatte in den Jahren 2006 bis 2008 der A-KG Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis über einvernehmlich nicht erbrachte Leistungen erteilt. Die A-KG nahm hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch.

Das für die A-KG zuständige Betriebstätten-Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Die sich hieraus ergebende Steuerrückforderung wurde von der A-KG noch im Jahr 2010 beglichen. Im Jahr 2011 berichtigte X die erteilten Rechnungen und beantragte, die Umsatzsteuer 2011 aufgrund der Korrekturbeträge aus den Jahren 2006 und 2007 herabzusetzen.

Das Finanzamt ging von einem bereits im Jahr 2010 entstandenen Berichtigungsanspruch aus und rechnete den Erstattungsbetrag mit anderen Steuerrückständen auf. Im Jahr 2014 beantragte X, den Steuerminderungsanspruch bei der Umsatzsteuer 2011 unter der Massesteuernummer festzusetzen. Das Finanzamt stimmte dem nicht zu.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Steuerbetrag nicht für das Jahr 2011, sondern bereits für das Jahr 2010 zu berichtigen war.

Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Voraussetzung ist, dass der Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt wurde oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt wurde. Ist der unberechtigte Steuerausweis als Vorsteuerabzug in einer für den Rechnungsempfänger ergangenen Steuerfestsetzung berücksichtigt worden, ist die Berichtigung für den Zeitraum der Rückzahlung der Vorsteuer durch den Rechnungsempfänger an sein Finanzamt vorzunehmen.

Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Rechnungsaussteller den Antrag auf Berichtigung stellt. Dies ergibt der eindeutige gesetzliche Wortlaut.

Im vorliegenden Fall ist die Gefährdungslage durch Rückzahlung des Vorsteuerabzugs an das Finanzamt bereits im Jahr 2010 beseitigt worden. Damit kommt eine Berichtigung für das Jahr 2011 nicht in Betracht. Wegen der Anknüpfung an den Zeitraum, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist, konnte offenbleiben, ob an die Steuerberichtigung weitere Voraussetzungen zu stellen sind. Auch auf die Fragen, ob eine Rechnungsberichtigung erforderlich ist oder ob auf eine Rückzahlung durch den Rechnungsempfänger an den Rechnungsaussteller abzustellen ist, kam es daher nicht an.

Zum Ausscheiden eines Gesellschafters und Abfindungsansprüchen Dritter

Entsteht aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer KG ein Abfindungsanspruch und ist dieser höher als der Wert des auf den fortsetzenden Gesellschafter übergegangenen Anteils der KG, wird kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter berücksichtigt, selbst wenn der fortsetzende Gesellschafter zugleich Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters ist.

 

Hintergrund

A war zusammen mit seinen 3 Geschwistern und der Mutter M zu jeweils 20 % Gesellschafter einer KG. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass ein Gesellschafter bei seinem Tod aus der Gesellschaft ausscheidet und die KG ohne seine Erben fortgesetzt wird. Den Erben stand ein Abfindungsanspruch zu.

Dementsprechend erhöhte sich nach dem Tod der M im Jahr 2012 die Anteilsquote der 4 fortsetzenden Gesellschafter auf je 25 %. Den 4 Gesellschaftern stand als Erben nach M gegen die KG eine Abfindung von 2.000.000 EUR zu. Der Wert des Gesellschaftsanteils der M wurde durch Feststellungsbescheid auf 1.200.000 EUR festgesetzt.

A beantragte den Ansatz eines negativen Erwerbs in Höhe von ./. 200.000 EUR (Anteilswert 1.200.000 EUR ./. abzüglich Abfindung 2.000.000 EUR = ./. 800.000 EUR : 4).

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten dies ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Abfindungsanspruch als Erwerb von Todes wegen zu berücksichtigen ist. Ein negativer Erwerb ist nicht anzusetzen.

Bestimmt der Gesellschaftsvertrag, dass die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters unter den übrigen Gesellschaftern mit der Folge einer Anwachsung fortbestehen soll, kann bei den fortsetzenden Gesellschaftern eine Schenkung auf den Todesfall vorliegen. Denn als Schenkung auf den Todesfall gilt auch der auf dem Ausscheiden beruhende Übergang des Anteils auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert des Anteils Abfindungsansprüche Dritter übersteigt.

Der gesetzliche Wortlaut ist insoweit eindeutig. Er erfasst die objektive Bereicherung, wenn der Wert des anwachsenden Anteils den Abfindungsanspruch übersteigt. Ist der Abfindungsanspruch höher als der Wert des Anteils, wird kein negativer Wert berücksichtigt. Das gilt auch für den Fall, dass die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Der Wortlaut bringt mit der Formulierung „übersteigen“ zum Ausdruck, dass nur ein positiver Wert des Erwerbs steuerbar sein soll.

Der BFH lehnt eine erweiternde Auslegung für Fälle ab, in denen die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Auch in diesen Fällen entspräche es nicht der Zielsetzung der Vorschrift, einen negativen Erwerb zu berücksichtigen, der mit anderen positiven Erwerben von Todes wegen zu verrechnen wäre und zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer der Erben führte. Für eine unterschiedliche Behandlung des Erwerbs, je nachdem, ob jemand „nur“ als Gesellschafter erwirbt oder zugleich Erbe des ausscheidenden Gesellschafters ist, besteht keine Grundlage. Dem Gesetzgeber kam es erkennbar nicht auf die Erbenstellung an.

Hiervon ausgehend konnte die negative Differenz konnte beim übrigen Erwerb von Todes wegen des A nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

 

Wann liegt gewerblicher Goldhandel vor?

Ein gewerblicher Goldhandel liegt vor, wenn kurzfristig in erheblichem Umfang Gold umgeschlagen wird. Die Betriebsstätte, der der gesamte Unternehmensgewinn zuzurechnen ist, liegt im Zweifel am Ort der Geschäftsleitung.

 

Hintergrund

Im Jahr 2007 wurde eine Personengesellschaft englischen Rechts in der Rechtsform der General Partnership von einer inländischen OHG mit einer Beteiligung von 98 % gegründet. Beteiligt waren auch die im Inland wohnhaften Eheleuten RB und AB mit einer Beteiligung von jeweils 1 %. RB war Geschäftsführer der Partnership. RB und AB waren die Gesellschafter der OHG. Im Jahr 2017 wurde von der Partnership ein Büroraum in England angemietet. Zur Durchführung der geschäftlichen Aktivitäten hielt sich RB wiederholt in England auf. Die Partnership hat im Jahr 2007 mehrere An- und Verkäufe von Gold vorgenommen und dabei zur Finanzierung mit einer Bank einen Kreditvertrag abgeschlossen. Infolge des im Jahr 2007 getätigten Kaufs von Gold ergab sich ein Verlust, der nach DBA in Deutschland als steuerfrei erklärt wurde. Das Finanzamt folgte dem nicht, da die Partnership nicht gewerblich, sondern vermögensverwaltend tätig gewesen sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Einkünfte aus der Unternehmenstätigkeit der Partnership als gewerblich zu qualifizieren sind. Sie werden nach dem DBA ausschließlich in England besteuert und unterfallen im Inland lediglich dem Progressionsvorbehalt. Die Betätigung der Partnership ist ein Gewerbebetrieb aufgrund der Anzahl der Goldgeschäfte. Gleichzeitig wurden erhebliche Fremdmittel zur Finanzierung eingesetzt. Die gewerblichen Einkünfte der Partnership sind vollumfänglich einer in Großbritannien belegenen Betriebsstätte in Form des angemieteten Büros zuzuordnen. Der Betriebsstättenbegriff des DBA-GB knüpft vor allem an die feste Geschäftseinrichtung an. Der Büroraum wurde auch regelmäßig von RB zu betrieblichen Zwecken aufgesucht, sodass er dem Unternehmen der Partnership diente.

Vermietungsumsätze: Voraussetzungen einer Option zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung

Bei einer Vermietung kann die Option zur Umsatzsteuer auch ausgeübt werden, wenn die Absicht besteht, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt teilweise zur Ausführung steuerfreier Umsätze zu verwenden. Dies gilt zumindest dann, wenn das Grundstück tatsächlich noch zur Ausübung steuerpflichtiger Umsätze verwendet wird.

 

Hintergrund

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen auf einem gemieteten Grundstück. Der Eigentümer des Grundstücks hat bei der Vermietung an die Klägerin auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet.

In den Jahren 2015 und 2016 führte die Klägerin tatsächlich nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus. Am 23.10.2015 hatte sie einen Architekten mit der Planung von 2 Mehrfamilienhäusern mit jeweils 6 Wohneinheiten auf einem anderen Grundstück beauftragt. Insoweit bestand die Absicht, die Häuser selbst zu errichten und anschließend an Privatpersonen zu Wohnzwecken zu veräußern.

Dies nahm das Finanzamt zum Anlass, bereits in den Jahren 2015 und 2016 die Option des Vermieters der Klägerin als unzulässig zu beurteilen und der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Miet- und Pachtrechnungen zu versagen.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Verzicht auf Steuerbefreiung bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken zulässig ist, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Die Absicht der Klägerin, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze zu verwenden, steht der wirksamen Ausübung der Option in den Jahren 2015 und 2016 nicht entgegen. Eine Auslegung dahingehend, dass im Fall der Vermietung der Verzicht auf die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Leistungsempfänger sowohl die Mietsache tatsächlich zur Ausübung vorsteuerunschädlicher Ausgangsumsätze verwendet als auch die Absicht hegt, zukünftig keine vorsteuerschädlichen Umsätze auszuführen, findet weder im Wortlaut noch in der Systematik der Regelung Halt.

Die Regelung des § 9 Abs. 2 UStG knüpft im Fall einer grundsätzlich steuerfreien Vermietung die Behandlung der Umsätze durch den vermietenden Unternehmer als steuerpflichtig an eine weitere Voraussetzung. Entweder muss der Leistungsempfänger die Vermietungsleistung zur Ausführung vorsteuerunschädlicher Umsätze verwenden oder er muss, wenn es an einer tatsächlichen Verwendung für Ausgangsumsätze fehlt, beabsichtigen, die Eingangsleistung für vorsteuerunschädliche Umsätze zu verwenden.

Demnach ist die Ausübung der Option nicht nur im Fall der tatsächlichen Verwendung der Mietsache für vorsteuerunschädliche Umsätze möglich, sondern darüber hinaus auch für den Fall, wenn noch keine tatsächliche Verwendung stattfindet, dass eine solche Verwendung beabsichtigt ist.

Montage von Photovoltaikanlagen: Keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft

Der Einbau von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen als Betriebsvorrichtungen „in“ ein Gebäude und damit „in“ ein Bauwerk ist weder eine Werklieferung noch eine Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient.

 

Hintergrund

Der Kläger vertreibt und montiert Photovoltaikanlagen, thermische Solaranlagen sowie sonstige umweltfreundliche Techniken. Das Finanzamt kürzte ihm gesondert in Rechnung gestellte Vorsteuerbeträge für den Bezug von Auf-Dach- Photovoltaikanlagen, weil es sich nach Ansicht des Finanzamts um „Bauleistungen“ handelte und damit die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG anzuwenden war. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger die den streitgegenständlichen Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsleistungen ausschließlich zur Montage und Installation von Auf-Dach-Photovoltaikanlagen bei seinen Kunden bezogen hat. Zwar schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er Unternehmer ist, der Werklieferungen oder sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, erbringt.

Jedoch wurden vom Kläger keine „Bauleistungen“ an Bauwerken erbracht. Nach Ansicht des Finanzgerichts gehören Betriebsvorrichtungen nicht zu den Bauwerksbestandteilen. Sie dienen einem gegenüber dem Bauwerk eigenständigen Zweck und haben keine Funktion für das Bauwerk, sondern sind dort lediglich angebracht. Die durch den Kläger an seine Kunden gelieferten und montierten Auf-Dach-Photovoltaikanlagen gehören – anders als dachintegrierte Photovoltaikanlagen – auch nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes. Solche Anlagen sind für die Zweckerfüllung des Gebäudes ohne jede Bedeutung.

Deshalb ist der Einbau von Betriebsvorrichtungen in ein Gebäude und damit in ein Bauwerk im Hinblick auf die eigenständige Betriebsfunktion der Betriebsvorrichtungen weder eine Werklieferung noch eine Leistung i. S. v. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient. Deshalb haben die Vorleistenden hier zutreffend die gesetzlich geschuldete Steuer in ihren Rechnungen ausgewiesen, welche der Kläger zu Recht als Vorsteuer abgezogen hat.

Investitionsabzugsbetrag: Was passiert bei Betriebsaufgabe im Folgejahr?

Die Nutzungsvoraussetzungen des Investitionsabzugsbetrags sind auch dann erfüllt, wenn der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird. Das Wirtschaftsgut muss im Aufgabejahr also nicht für ein volles Kalenderjahr, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres betrieblich genutzt werden.

 

Hintergrund

Die X betrieb im Jahr 2014 ein gewerbliches Einzelunternehmen mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung. In ihrer Gewinnermittlung für 2012 hatte sie einen Investitionsabzugsbetrag als Betriebsausgabe für einen Pkw abgezogen. Im Mai 2014 erwarb sie den Pkw. Im Juli 2015 gab sie ihren Betrieb auf.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen ist, weil der Betrieb vor dem Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres aufgegeben wurde. Der Pkw war damit vor Ablauf der Mindestnutzungsdauer aus dem Betrieb ausgeschieden.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Betriebsaufgabe war nicht als Verletzung der Nutzungsfrist anzusehen. Das Wirtschaftsjahr 2015 endete mit der Betriebsaufgabe im Juli 2015 vorzeitig. Bis dahin lag die betriebliche Nutzung vor. Das Rumpfwirtschaftsjahr war ein vollständiges Wirtschaftsjahr.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an. Die Nutzungsvoraussetzung ist in Fällen der Betriebsaufgabe im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung auch dann erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr betrieblich genutzt wird.

Bei Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, ist zwar das Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr. Dieser Grundsatz wird aber durch § 8b EStDV ergänzt. Danach umfasst das Wirtschaftsjahr einen Zeitraum von 12 Monaten. In bestimmten Fällen darf es einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten umfassen (Rumpfwirtschaftsjahr).

Die Heranziehung des § 8b EStDV für den Begriff des Wirtschaftsjahres entspricht der Rechtsprechung zur früheren Ansparabschreibung und zum Gewinnzuschlag nach § 7g EStG a.F. Diese gilt hinsichtlich der Heranziehung des § 8b EStDV unverändert auch für den Investitionsabzugsbetrag fort. Dem Gesetzgeber war die Rechtsprechung zum Begriff des Wirtschaftsjahres im Rahmen des § 7g EStG a.F. bekannt. Er hat aber davon abgesehen, die Nutzung über einen Zeitraum von vollen 12 Monaten vorauszusetzen. Auch der grundsätzliche Normzweck des § 7g EStG ist unverändert geblieben.

Der Bundesfinanzhof musste die Sache an das Finanzgericht zurückverweisen. Denn das Finanzamt hat sich lediglich mit der zeitlichen Komponente der Nutzungsvoraussetzung befasst. Es fehlen Feststellungen dazu, ob X den Pkw im Nutzungszeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt hat.

Gehört Schwimmunterricht zum steuerbefreiten Schulunterricht?

Der Schwimmunterricht in einer Schwimmschule stellt keine von der Umsatzsteuer befreite Schulungsleistung dar. Damit legt der Europäische Gerichtshof die Befreiungsnorm des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL weiterhin eng aus.

 

Hintergrund

Die Steuerbefreiung für Schulungsleistung ist in § 4 Nr. 21 UStG geregelt (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und Buchst. j MwStSystRL). Wann können solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sein? Über diese Frage wird seit längerer Zeit gestritten.

 

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof hat den Schwimmunterricht in einer Schwimmschule nicht als steuerfreie Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eingeordnet. Der Schwimmunterricht in einer Schwimmschule ist ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Nicht entscheidend ist seine Wichtigkeit und das im Allgemeininteresse liegende Ziel des Unterrichts. Das Gericht bleibt daher bei der eher restriktiven Anwendung der Steuerbefreiung für Schulungsleistungen, wobei besonders auf den Gesamtkontext zu achten ist, in dem die Schulungsleistung erfolgt.

Gerichtlicher Vergleich als rückwirkendes Ereignis?

Bestandskräftige Steuerbescheide können nur unter strengen Voraussetzungen geändert werden, z. B. wenn ein rückwirkendes Ereignis vorliegt. Die Erledigung eines Basisrentenvertrags durch einen gerichtlichen Vergleich stellt ein solches dar.

 

Hintergrund

Die Klägerin schloss im Jahr 2010 einen sog. Rürup-Rentenvertrag ab. In den Jahren 2010 bis 2016 machte sie die an die Versicherung gezahlten Beiträge als beschränkt abziehbare Sonderausgaben geltend. Im Jahr 2017 schloss die Klägerin vor dem Zivilgericht mit der Versicherungsgesellschaft einen gerichtlichen Vergleich ab, nach dem sie von der Versicherung einen Betrag von 20.000 EUR erhalten sollte und damit sämtliche weiteren Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis erledigt sind. Die Versicherung teilte dies dem Finanzamt mit. Das Finanzamt änderte hierauf die Steuerfestsetzungen zur Einkommensteuer 2013 bis 2016, da die Versicherungsbeiträge nicht mehr als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben in Betracht kamen. Das Finanzamt war der Ansicht, dass ein rückwirkendes Ereignis vorlag. Gegen diese Änderungen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt berechtigt war, die Änderungsbescheide zu erlassen. Das Finanzamt hat einen Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Dieses war hier der Fall. Denn im Jahr 2018 war mit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs die wirtschaftliche Belastung durch die Beitragszahlungen weggefallen. Damit war klar, dass die Zahlungen nicht zum Aufbau einer Altersversorgung dienen würden. Dieses Ereignis war rückwirkend eingetreten, da sich der Vergleich in der Weise ausgewirkt hat, dass die ursprünglich zutreffende Einkommensteuerfestsetzung nachträglich rechtswidrig geworden war. Der ursprünglich zutreffend gewährte Sonderausgabenabzug für den Basisrentenvertrag war damit rückwirkend weggefallen. Dies rechtfertigte eine Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzungen der Jahre 2013 bis 2016.

Doppelte Besteuerung von Altersrenten: BFH hält an Berechnungsmethode fest

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der bisherigen Berechnungsmethode zur Überprüfung einer doppelten Besteuerung von Altersrenten. Keine geeignete Methode zur Berechnung einer evtl. doppelten Besteuerung stellt der Vergleich des relativen Anteils von aus versteuerten Beiträgen erdienten Renten-Entgeltpunkten und dem gesetzlich angeordneten Steuerfreistellungsanteil der Rente dar.

Hintergrund

Die Angestellte A wurde im April 2018 64 Jahre alt und bezieht seit August 2018 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Finanzamt besteuerte die Rente für 2019 in der Weise, dass er vom Jahresbetrag (31.944 EUR) den steuerfreien Teil der Rente (7.667 EUR = 24 %) und den Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) abzog.

Mit ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gegen den Einkommensteuer-Bescheid 2019 und den Vorauszahlungsbescheid für die Folgejahre machte A die doppelte Besteuerung ihrer Rente geltend. Die von ihr erdienten Renten-Entgeltpunkte beruhten zu 43,17 % auf versteuerten Beiträgen. Dieser Wert übersteigt die gesetzlich angeordnete Steuerfreistellung ihrer Rentenzuflüsse von 24 %. Das Finanzgericht wies den Antrag ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Eine unzulässige doppelte Besteuerung liegt vor, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen.

Die Summe der steuerunbelastet zufließenden (voraussichtlichen) Rentenbezüge ist so zu berechnen, dass der steuerfreie Teil der Rente mit der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung des Steuerpflichtigen nach der im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbaren Sterbetafel multipliziert wird. Legt man dies zugrunde, greifen die rechtlichen Einwendungen der Antragstellerin nicht durch.

Es ist nicht zu beanstanden, reale oder nominelle Wertsteigerungen der Rentenbeiträge erstmals steuerlich zu erfassen. Das gilt nicht nur für die endgültige Ausgestaltung der nachgelagerten Besteuerung, sondern auch für die Übergangsregelung.

Die von der A befürwortete alternative Berechnung der doppelten Besteuerung anhand eines Vergleichs des relativen Anteils von aus versteuerten Beiträgen erdienten Renten-Entgeltpunkten und dem gesetzlichen Steuerfreistellungsanteil der Rente überzeugt nicht.

Dagegen spricht, dass der Sonderausgabenabzug nur an die Beiträge, nicht aber an den Umrechnungswert anknüpft. Die Abhängigkeit des Rentenanspruchs von der Höhe der Beitragsleistungen wird durch die Berechnung der Entgeltpunkte nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Die Berechnung der Antragstellerin geht davon aus, dass jede Rentenzahlung in einen steuerpflichtigen und in einen steuerfreien Anteil zerfällt und daher in dem Umfang doppelt besteuert wird, in dem die steuerfreie Quote unter derjenigen der aus versteuerten Beiträgen erdienten Renten-Entgeltpunkte bleibt (hier: 43,17 %). Durch das Konzept der nachgelagerten Besteuerung werden jedoch dem Grunde nach sämtliche Rentenzuflüsse in der Auszahlungsphase als steuerbar qualifiziert. Die anteilige Steuerbefreiung in der Übergangsphase berücksichtigt lediglich, dass nur ein betragsmäßig begrenzter Sonderausgabenabzug in Anspruch genommen werden konnte.

Gezahlte Kirchensteuer: Wann kommt der Sonderausgabenabzug in Betracht?

Wird der Arbeitgeber für Kirchensteuerbeträge in Haftung genommen und zahlt der Arbeitnehmer diese aufgrund eines Rückgriffsanspruchs an den Arbeitgeber zurück, kann der Arbeitnehmer die entsprechenden Beträge nicht als Sonderausgaben geltend machen.

 

Hintergrund

Der Kläger erzielt als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzamt stellte fest, dass dem Kläger im Jahr 2014 eine Sachzuwendung zugeflossen war. Die daraus resultierende Nacherhebung von Lohnkirchensteuer erfolgte im Rahmen der Arbeitgeberhaftung durch einen an die GmbH gerichteten Haftungsbescheid.

Die GmbH zahlte die nacherhobenen Beträge. Für die Nachzahlung und für die Kirchensteuer nahm sie den Kläger in Regress. Dieser leistete eine entsprechende Zahlung an die GmbH. Der Kläger machte die an die GmbH gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen jedoch nicht als Sonderausgaben. Denn der Abzug setzt voraus, dass der Zahlende als Steuerpflichtiger für die Kirchensteuer in Anspruch genommen wurde.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Kirchensteuern sind nur solche Geldleistungen, die von den Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erhoben werden. Abzugsberechtigt ist nur der Steuerschuldner, soweit er die Kirchensteuer tatsächlich getragen hat. Dementsprechend ist auch nur der gesetzliche Kirchensteuerschuldner zum Abzug der Kirchensteuer berechtigt. Der Steuerpflichtige muss die Kirchensteuer selbst schulden, wenn sie als Sonderausgaben abzugsfähig sein sollen.

Im vorliegenden Fall leistete der Kläger die Zahlung nicht auf seine persönliche Kirchensteuerschuld, sondern aufgrund des Haftungsbescheid an die GmbH. Der Kläger haftet als Geschäftsführer der GmbH und damit als deren gesetzlicher Vertreter auch für nicht abgeführte Lohnkirchensteuer, die auf seinen eigenen Arbeitslohn entfällt. Die Pflicht zur Entrichtung der Lohnsteuer obliegt dem Arbeitgeber, also der vertretenen Gesellschaft. Der Kläger leistete auf die Entrichtungsschuld des Vertretenen, d.h. auf eine fremde Steuerschuld, für deren Entrichtung aus den verwalteten Mitteln der Kläger als Geschäftsführer zu sorgen hat. Eine Zahlung auf seine persönliche Kirchensteuerschuld leistete der Kläger demnach nicht.