Unterricht in der Fahrschule ist nicht von der Umsatzsteuer befreit

Fahrunterricht, der im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird, fällt nicht unter den Begriff des “Schul- und Hochschulunterrichts”. Deshalb kommt eine Befreiung von der Umsatzsteuer nicht infrage.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr erklärte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze. Im Dezember 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer auf 0 EUR herabzusetzen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Das Finanzgericht hatte entschieden, dass eine Steuerbefreiung nicht in Betracht kommt, weil bei den Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht kam. Die Befreiung scheiterte bereits daran, dass die Klägerin ihre Leistungen unmittelbar an ihre Schüler und nicht an die genannten Einrichtungen erbrachte. Bei der theoretischen Schulung und dem praktischen Fahrunterricht handelte es sich nicht um Schul- oder Hochschulunterricht.

Der Bundesfinanzhof neigte zu der Ansicht, dass die Fahrschulleistung als Schulunterricht gelten kann und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vor.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts nicht Fahrunterricht umfasst, der im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.

Der Begriff “Schul- und Hochschulunterricht” beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Er schließt vielmehr auch andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, soweit diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Davon ausgehend können Tätigkeiten, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, vom Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts erfasst werden, wenn die Unterweisung in Schulen oder Hochschulen erfolgt.

Für die Zwecke der Mehrwertsteuer verweist der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts daher allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen. Vor diesem Hintergrund bleibt der Fahrunterricht in einer Fahrschule, auch wenn er sich auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art bezieht, gleichwohl ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Steuerliche Geltendmachung wertloser Aktien

Werden endgültig wertlos gewordene Aktien aus einem Depot ausgebucht, kann der Vermögensverlust steuerlich geltend gemacht werden – sagt zumindest das Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Der Kläger erwarb im Januar 2010 insgesamt 10.000 Aktien zu einem Kaufpreis von 5.400 EUR. Diese hielt er im Privatvermögen. Im Juni 2011 teilte die depotführende Bank dem Kläger mit, dass seine Aktien als wertlos eingestuft wurden. Die Anteile wurden daher ersatzlos aus dem Depot ausgebucht. Das Finanzamt erkannte den entsprechenden Verlust nicht als Verlust aus Kapitalvermögen an. Seiner Meinung nach handelte es sich bei einem Forderungsausfall oder einer Kapitalgesellschaftsliquidation nicht um eine Veräußerung im Sinne des Gesetzes.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht bekam der Kläger Recht. Dieses erkannte den Verlust aus der Ausbuchung der wertlos gewordenen Aktien an. Denn auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft galt als Veräußerung. Und nach Meinung des Finanzgerichts war der Ausfall eines Aktionärs bei Untergang einer Kapitalgesellschaft als (ausbleibende) “Rückzahlung” in diesem Sinne zu verstehen.

Das Finanzgericht verwies auf die neuere Rechtsprechung des BFH, wonach der endgültige Ausfall einer privaten Darlehensforderung im System der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Daraus ergab sich, dass auch die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust führt und es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied macht, ob eine Forderung kurz vor dem Ausfall “zu Null” verkauft oder mangels Käufer behalten wird. Nach Auffassung des Finanzgerichts gab es keinen Anlass dafür, den Untergang einer Aktie steuerlich anders zu behandeln als den Untergang einer Darlehensforderung.

 

 

 

Auch bargeldintensiver Geschäftsbetriebe müssen alles versteuern

Ein Gaststätten- und Hotelbetreiber wollte seine Bareinnahmen nur teilweise versteuern und verwies dazu auf ein strukturelles Erhebungsdefizit bei der Besteuerung bargeldintensiver Geschäftsbetriebe – ohne Erfolg.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb als oHG bargeldintensive Gaststätten und Hotelbetriebe. Das Finanzamt veranlagte die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erklärungsgemäß. Dagegen klagte die Klägerin im Rahmen einer Sprungklage. Sie war der Ansicht, dass bei bargeldintensiven Betrieben in der Erfassung von Bareinnahmen ein strukturelles Vollzugsdefizit vorlag. Deshalb verstieß die Besteuerung der erzielten Bareinnahmen in vollem Umfang gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung. Der Gesetzgeber hatte aus politischen Gründen keine Neuregelung geschaffen und würde eine Steuerhinterziehung bewusst in Kauf nehmen. Die Klägerin schätzte den Anteil der von ihr erklärten Einnahmen, die ihrer Meinung nach verfassungswidrig besteuert würden und beantragte, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb verfassungsgemäß war. Bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestand bei bargeldintensiven Betrieben kein strukturelles Vollzugsdefizit. Zudem gab es keine “Gleichheit im Unrecht” und damit keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung. Zwar stellten die Möglichkeiten zur Manipulation von Kassenaufzeichnungen ein Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug dar. Die bestehenden Gesetze zielten aber auf die Durchsetzung der Steuernormen hin. Außerdem bestand immer auch ein erhebliches Entdeckungsrisiko der Manipulationen. Das vorhandene Vollzugsdefizit lag im Tatsächlichen begründet und ließ sich nicht dem Gesetzgeber zurechnen.

 

Auswirkung von Rückstellungen für Steuerschulden

Hat eine Organgesellschaft Aufwendungen, die aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme für Körperschaftsteuerschulden des Organträgers entstehen, gilt für diese nicht das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG.

Hintergrund

Zwischen der Klägerin A (Organgesellschaft) und der Organträgerin B bestand bis zum 31.12.2000 eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Über das Vermögen der B wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin wollte das Finanzamt A für die rückständige Körperschaftsteuer der B in Anspruch nehmen. A bildete deshalb wegen der drohenden Haftungsinanspruchnahme eine Rückstellung. Sie war der Ansicht, dass sie die Haftungsschulden abziehen kann, da es sich nicht um Steuern i. S. d. § 10 Nr. 2 KStG handelte. Das Finanzamt dagegen rechnete den zurückgestellten Betrag außerbilanziell dem Gewinn der A hinzu.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die einkommensmindernde Rückstellung für eine drohende Haftungsinanspruchnahme durch eine außerbilanzielle Gewinnerhöhung neutralisiert werden muss. Eine Hinzurechnung kam zwar nicht nach § 10 Nr. 2 KStG infrage, war aber nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorzunehmen.

Nach dem gesetzlichen Wortlaut greift das Abzugsverbot für “Steuern” vom Einkommen oder andere Personen-“steuern”. Dazu zählt grundsätzlich auch die Körperschaftsteuer. Nicht erfasst werden jedoch Haftungsschulden.

Denn das Gesetz unterscheidet eindeutig zwischen Steueransprüchen (Steuerschulden) einerseits und Haftungsansprüchen (Haftungsschulden) andererseits.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, also eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.

Im vorliegenden Fall gab es eine Vermögensminderung der A durch die Passivierung der Rückstellung. Diese wirkte sich auf das Ergebnis der A aus. Außerdem stand sie in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung. Schließlich war die Vermögensminderung auch durch das Gesellschaftsverhältnis zur Organträgerin veranlasst. Es waren daher alle Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung gegeben.

Der Beurteilung als verdeckter Gewinnausschüttung stand nicht entgegen, dass das Organschaftsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Vermögensminderung nicht mehr bestanden hat. Der Umstand, dass die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Übernahme des Haftungsrisikos sich zeitlich erst nach Beendigung der Organschaft realisierte, änderte am Ergebnis nichts.

Tätigkeit eines Heileurythmisten ist nicht gewerblich

Wurde zwischen dem Berufsverband der Heileurythmisten und einer gesetzlichen Krankenkasse ein Integrierter Versorgungsvertrag nach § 140a ff. SGB V abgeschlossen, spricht dies dafür, dass die Tätigkeit des Heileurythmisten freiberuflich und nicht gewerblich ist.

Hintergrund

Die Klägerin K war als Heileurythmistin selbstständig tätig und Mitglied des Berufsverbandes Heileurythmie e.V. Anfang 2006 schlossen 12 gesetzliche Krankenkassen mit den Berufsverbänden der anthroposophischen Heilkunst, zu denen der Berufsverband der K gehört, Verträge zur Durchführung Integrierter Versorgung mit Anthroposophischer Medizin auf der Grundlage der §§ 140a ff. SGB V (sog. IV-Verträge).

Danach übernehmen die Kassen die Kosten für ärztlich verordnete und durch anerkannte Therapeuten erbrachte Leistungen der Heileurythmie nach bestimmten Gebührensätzen.

Das Finanzamt sah die Tätigkeit der K als gewerblich an. Da K keine Gewerbesteuererklärung abgegeben hatte, erließ das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbescheid auf der Grundlage einer Schätzung. Die Klage der K vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

 Entscheidung

Vor dem Bundesfinanzhof hatte K jedoch Erfolg. Dieser entschied, dass die Tätigkeit als Heileurythmistin der Tätigkeit des Katalogberufs des Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten ähnlich war und sie deshalb eine freiberufliche Tätigkeit ausübte.

Ein ähnlicher Beruf liegt vor, wenn er in wesentlichen Punkten mit einem der Katalogberufe vergleichbar ist. Dazu gehört die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Erfordert der Katalogberuf eine Erlaubnis, muss für die Ausübung des ähnlichen Berufs ebenfalls eine solche erforderlich sein.

Die Heileurythmie gehört zu den Versorgungsinhalten der anthroposophischen Medizin, fällt also unter den Begriff der Heilkunst. Deshalb ist die Tätigkeit eines Heileurythmisten mit der eines Krankengymnasten vergleichbar. Die Ausbildung zum Heileurythmisten ist zwar nicht staatlich geregelt. Dem Ziel, eine fachgerechte Berufsausübung zu gewährleisten, dienen jedoch auch die Regelungen in den sog. IV-Verträgen. Diese stellen hohe Anforderungen an die Qualifikation des Erbringers der Heilleistung. Die Ausbildung und Eignung des Therapeuten müssen durch den Berufsverband überprüft und anerkannt sein. Aufgrund dessen kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Zulassung der K durch den Berufsverband zur Erbringung von Leistungen der Anthroposophischen Medizin auf der Grundlage sog. IV-Verträge für das Vorliegen einer dem Katalogberuf ähnlichen Tätigkeit sprach.

Überwiegende Steuerklasse zählt bei Elterngeld

Wie viel Elterngeld ausgezahlt wird, richtet sich nach dem Einkommen der vergangenen 12 Monate vor Geburt des Kindes. Eine wichtige Rolle spielt die Steuerklasse bei der Berechnung. Fraglich ist jedoch, welche Steuerklasse bei der Berechnung zu berücksichtigen ist, wenn die Steuerklasse in diesem Zeitraum mehrfach gewechselt wurde.

Hintergrund

Vor der Geburt ihres Sohnes bezog die Klägerin Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Von Dezember 2014 bis Mai 2015 hatte sie für 6 Monate die Steuerklasse 1, im Juni und Juli 2015 die Steuerklasse 4 und von August bis November 2015 für 4 Monate die Steuerklasse 3.

Die Klägerin erhielt Basiselterngeld sowie Elterngeld Plus ab dem 4. Lebensmonat. Dabei legte die Beklagte als Bemessungsentgelt das Einkommen in der Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 zugrunde. Die Abzüge für Lohnsteuer berechnete sie nach der Steuerklasse 1, da diese im Bemessungszeitraum 6 Monate und damit relativ gesehen am längsten gegolten hatte. Dagegen wehrte sich die Klägerin mit ihrer Klage, weil sie dadurch finanzielle Nachteile hatte.

Entscheidung

Das Bundessozialgericht entschied, dass diese Berechnung korrekt war. Deshalb wies es die Revision der Klägerin zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Bei einem mehrmaligen Wechsel der Steuerklasse überwiegt die Steuerklasse, die in mehr Monaten gegolten hat als jede andere Steuerklasse. Es gilt die relative Betrachtung.

Die maßgebliche Steuerklasse musste also nicht mindestens in 7 Monaten des Bemessungszeitraums gegolten haben. Das gilt auch dann, wenn diese absolute Betrachtung für den Elterngeldberechtigten im Einzelfall finanziell günstiger wäre.

Bau einer Gartenanlage unterliegt dem ermäßigten Steuersatz

Wird ein Garten im Rahmen eines Gesamtkonzepts angelegt, fällt diese Leistung umsatzsteuerlich insgesamt unter den Regelsteuersatz. Das gilt auch für die in diesem Zusammenhang gelieferten Pflanzen. Denn die Lieferung der Pflanzen bildet zusammen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung.

Hintergrund

Eine GmbH, die den Garten- und Landschaftsbau betreibt, vereinbarte mit der Kundin F im Juni 2009 den Bau einer Gartenanlage gegen eine Pauschalvergütung. Die Lieferung der einzusetzenden Pflanzen war in diesem Vertrag jedoch nicht enthalten. Für die Beschaffung der Pflanzen wollte F eigentlich die Firma L beauftragen, es kam aber kein Vertrag zustande. Stattdessen übernahm die GmbH die Pflanzenlieferung aufgrund einer “Vertragsergänzung” über das “Liefern und Einsetzen der Pflanzen, inkl. Anwachsgarantie”.

In ihrer Umsatzsteuererklärung setzte die GmbH die Pflanzenlieferung mit dem ermäßigten Steuersatz an. Das Finanzamt sah hingegen die Pflanzenlieferungen als Bestandteil einer einheitlichen Leistung, nämlich der Erstellung einer Gartenanlage, an und wendete insgesamt den Regelsteuersatz an.

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH Erfolg.

Entscheidung

Dagegen gab der Bundesfinanzhof dem Finanzamt Recht. Er entschied, dass die Lieferung der Pflanzen zusammen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung darstellte. Denn durch die Kombination der Pflanzenlieferungen (Büsche, Sträucher, Bäume, Rasen) mit den Gartenbauarbeiten wurde eine Gartenanlage und damit etwas Eigenständiges Drittes geschaffen, hinter das die Pflanzenlieferungen und die Gartenbauarbeiten zurücktraten. Bei dieser Anlage waren die einzelnen Liefer- und Leistungselemente so eng miteinander verknüpft, dass etwas Neues entstand, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Für den untrennbaren Zusammenhang sprach darüber hinaus, dass die GmbH die Gewährleistung für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen übernahm.

 

Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kann ständiger Vertreter sein

Der Bundesfinanzhof hatte die Frage zu klären, ob der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft zugleich ständiger Vertreter i.S.v. § 13 AO sein kann. Bejaht man diese Frage, führt dies zur beschränkten Körperschaftsteuerpflicht des ausländischen Unternehmens, selbst wenn dieses im Inland keine Betriebsstätte unterhält.

Hintergrund

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts, betrieb in den Jahren 2001 bis 2007 u. a. den Handel mit Dental-Altgold. Sie erwarb von zumeist deutschen Kunden (Zahnlabore u. Ä.) oder Zwischenhändlern Gold und veräußerte dieses sodann an Scheideanstalten.

In den Büroräumen der Klägerin in Luxemburg befanden sich u. a. ihre Geschäftsunterlagen und ein Tresor für das Gold. Von dort aus wurden auch die Geschäfte durch den damaligen Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer M geleitet. M hatte unter der Büroanschrift der Klägerin auch eine Wohnung, die er ständig benutzte. Eine weitere Wohnung befand sich nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt in einem Haus in der deutschen Grenzgemeinde X. Die deutsche Wohnung nutzte er zusammen mit seiner Ehefrau.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die AG in den Streitjahren beschränkt körperschaftsteuerpflichtig gewesen war. Denn M war durch seine regelmäßigen geschäftlichen Aktivitäten für die AG, die er in Deutschland, u.a. auch in der Wohnung in X ausgeübt hatte, ständiger Vertreter i. S. d. § 13 AO gewesen. Dadurch wurde die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht ausgelöst.

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass M als Organ einer Kapitalgesellschaft in dieser Eigenschaft nicht ständiger Vertreter sein konnte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und urteilte, dass das Finanzgericht rechtsfehlerhaft entschieden hat, dass das Organ einer Kapitalgesellschaft nicht Vertreter i. S. d. § 13 AO sein kann.

Ständiger Vertreter ist danach eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Diese Voraussetzungen können auch von Personen erfüllt werden, die in ihrer Eigenschaft als Organ einer juristischen Person tätig sind.

 

  • 13 Satz 1 AO setzt ein Unternehmen und einen Vertreter voraus. Der Inhaber des dort genannten Unternehmens kann jedoch nicht zugleich sein eigener Vertreter sein. Wenn ein Vertreter anstelle des Unternehmers Handlungen vornehmen soll, die in dessen Betrieb anfallen, ist eine Personenverschiedenheit von Unternehmer und Vertreter erforderlich. Aus diesen Grundsätzen kann jedoch nicht gefolgert werden, dass es im Falle der Tätigkeit des Organs einer juristischen Person an dieser Personenverschiedenheit fehlt. Vielmehr erfasst die von § 13 Satz 1 AO vorausgesetzte Geschäftsbesorgung begrifflich auch die geschäftsführenden Tätigkeiten eines Organs.

 

Verbleibender Spendenvortrag muss vom Finanzamt gesondert festgestellt werden

Hat das Finanzamt einen verbleibenden Spendenvortrag für eine Vermögensstockspende noch nicht gesondert festgestellt, muss das Finanzgericht ein Klageverfahren gegen die nachfolgenden Einkommensteuerbescheide aussetzen.

Hintergrund

Die verheirateten Kläger errichteten mit 2 weiteren Gründungsstiftern im Jahr 2001 eine privatrechtliche Stiftung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke. Dieser wandten sie ein im Miteigentum aller Stifter stehendes Grundstück zu. Stiftungsgeschäft und Grundstücksübertragung waren zunächst nur in schriftlicher Form erfolgt. Erst am 21.11.2003 erklärten die Stifter die Auflassung vor dem Notar. Die notarielle Urkunde enthielt den Hinweis, dass das Grundstück mit Wirkung zum 11.7.2001 übertragen wurde und dass Besitz, Nutzungen und Gefahr des zufälligen Untergangs sowie alle öffentlichen und privaten Lasten bereits durch den privatschriftlichen Einbringungsvertrag vom 11.7.2001 übergegangen waren. Im Jahr 2004 wurde die Stiftung als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Die Kläger machten für 2005 eine Zuwendung in den Vermögensstock der Stiftung anlässlich deren Neugründung geltend und beantragten, entsprechende Zuwendungen auch in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 als Sonderausgaben abzuziehen.

Das Finanzamt lehnte den Sonderausgabenabzug ab und begründete dies damit, dass das Grundstück der Stiftung nicht im Jahr ihrer Gründung zugewandt worden war.

Das Finanzgericht gab den Klägern Recht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bemängelte, dass das Finanzgericht die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens hätte anordnen müssen. Denn die erforderliche gesonderte Feststellung des Spendenvortrags war nicht durchgeführt worden. Deshalb hob der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Zuwendungen, die anlässlich der Neugründung in den Vermögensstock einer Stiftung geleistet werden, können im Jahr der Zuwendung und in den folgenden 9 Jahren bis zu einem Betrag von 307.000 EUR als Sonderausgaben abgezogen werden. Dabei ist ein noch nicht verbrauchter Spendenvortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen. Dieser Feststellungsbescheid entfaltet als Grundlagenbescheid Bindungswirkung hinsichtlich des Grundes und der Höhe der steuerlichen Berücksichtigung einer Vermögensstockspende als Sonderausgabe im Rahmen späterer Einkommensteuerfestsetzungen innerhalb eines Verteilungszeitraums von maximal 10 Jahren.

Das Finanzgericht muss nun das Verfahren aussetzen, damit das Finanzamt den verbleibenden Spendenvortrag gesondert feststellen kann.

Masterstudium neben Vollzeitarbeit stellt eine berufliche Weiterbildung dar

Liegt noch eine einheitliche Erstausbildung vor, wenn das Kind in Vollzeit arbeitet und es die weiteren Ausbildungsmaßnahmen lediglich nebenher als Weiterbildung absolviert? Nein, urteilte der Bundesfinanzhof, und präzisiert die Voraussetzungen, unter denen noch eine einheitliche Ausbildung angenommen werden kann.

Hintergrund

Die Tochter T schloss ihr Studium mit der Bachelorprüfung im September 2015 ab. Bereits im August 2015 vereinbarte sie mit ihrem Ausbildungsbetrieb ein Vollarbeitsverhältnis ab Oktober 2015. Im September begann sie ein 5-semestriges Masterstudium. Die Vorlesungen fanden abends und samstags statt. Die Zulassung setzt u.a. eine aktuelle Berufstätigkeit voraus.

Die Familienkasse lehnte die weitere Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 mit der Begründung ab, dass T mit dem Bachelor bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen hatte und während des Masterstudiums einer für den Kindergeldanspruch schädlichen Erwerbstätigkeit nachgegangen war.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es sah das Masterstudium noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sodass es auf den Umfang der daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht ankam.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam dagegen zu dem Ergebnis, dass die Erstausbildung mit dem Bachelor-Studium abgeschlossen war.

Zur Begründung führte er aus: Für volljährige Kinder, die sich noch in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums ein Kindergeldanspruch nur dann, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regemäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. Die einzelnen Ausbildungsabschnitte müssen sich als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Dementsprechend fehlt es jedenfalls an einer Ausbildungseinheit, wenn der zweite Ausbildungsabschnitt eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder wenn das Kind nach dem ersten Abschnitt eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum Beginn des weiteren Abschnitts dient.

In Fortentwicklung dieser Grundsätze kann es nach der Erlangung eines ersten Abschlusses an einer einheitlichen Erstausbildung fehlen, wenn das Kind eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Für eine lediglich berufsbegleitende Weiterbildung, d.h. für den Abschluss der Erstausbildung, kann insbesondere sprechen:

  • vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung
  • das Arbeitsverhältnis setzt den ersten Berufsabschluss voraus
  • die Berufstätigkeit passt sich nicht dem jeweiligen Ausbildungsplan an, sondern die Ausbildung findet neben der Berufstätigkeit statt
  • die Ausbildungsmaßnahmen und die Berufstätigkeit sind zeitlich und inhaltlich nicht aufeinander abgestimmt

Im vorliegenden Fall war nicht klar, ob die Ausbildung oder die Berufstätigkeit im Vordergrund stand. Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob die von T aufgenommene Beschäftigung den erworbenen Bachelorabschluss voraussetzte. Sollte das der Fall sein, wäre dies ein Indiz dafür, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund gerückt ist und weitere Ausbildungsmaßnahmen lediglich der beruflichen Weiterbildung dienten. Für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit spricht hier auch, dass das Masterstudium nicht auf das Arbeitsverhältnis abgestimmt, sondern am Abend und am Wochenende stattfand. Der Bundesfinanzhof verwies den Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Finanzgericht zurück.