Bildungseinrichtung bei einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme als erste Tätigkeitsstätte

Wird eine Bildungseinrichtung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme besucht, ist diese als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Ob dies auch für eine 3-monatige Vollzeit-Bildungsmaßnahme gilt, wurde jetzt geklärt – allerdings steht eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dieser Frage noch aus.

Hintergrund

Der Kläger machte die im Zusammenhang mit einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme entstandenen Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen als Reisekosten geltend. Bei der Fortbildungsmaßnahme handelte es sich um einen auf 3 Monate angelegten Vollzeit-Fortbildungslehrgang außerhalb eines Arbeitsverhältnisses am Ort der Bildungseinrichtung. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Reisekosten ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage größtenteils ab, da es sich um eine vollzeitige Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses handelte. Dass die Ausbildung lediglich 3 Monate dauerte, war nach Auffassung des Finanzgerichts nicht relevant. Denn die gesetzliche Vorschrift schließt auch Umschulungsmaßnahmen ein, die nur wenige Monate dauern.

Eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Arbeitsverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, gilt von Gesetzes wegen als erste Tätigkeitsstätte. Die Geltendmachung von Reisekosten schied damit im vorliegenden Fall aus. Auf die Dauer der Bildungsmaßnahme kam es bisher nicht an.

Die Unterkunftskosten konnten nicht als Kosten einer doppelten Haushaltsführung anerkannt werden. Denn der Kläger hatte keinen ersten Hausstand am Mittelpunkt des Lebensinteresses. Er wohnte dort in den Räumlichkeiten der Mutter, die für den Zeitraum des Lehrgangs auf eine finanzielle Beteiligung des Sohnes verzichtete. Diese wäre aber eine Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines eigenen Hausstands.

Nachträglicher Schuldzinsenabzug bei Verkauf einer Immobilie

Wird eine Immobilie verkauft, unterbricht dies regelmäßig den wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Darlehensverbindlichkeit. Das gilt auch dann, wenn der Kaufpreis gestundet und in Raten bezahlt wird.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Jahr 2001 eine Immobilie erwarb und vermietete. Im Jahr 2014 wurde die Immobilie veräußert. Der Kaufpreis wurde zunächst gestundet, es erfolgte eine Verzinsung von 6 %. Die Zahlung des Kaufpreises sollte in monatlichen Raten bis Dezember 2019 erfolgen. Die Eintragung des Eigentumswechsels war erst nach der vollständigen Zahlung des Kaufpreises vereinbart. In der Feststellungserklärung 2015 erklärte die Klägerin keine Vermietungseinnahmen mehr, machte aber Schuldzinsen aus den Darlehen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Die Zinseinnahmen erklärte sie als Einnahmen aus Kapitalvermögen.

Die Klägerin argumentierte zwar, dass der ursprüngliche Finanzierungszusammenhang zwischen den Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht durch den Verkauf erloschen war. Denn der aus dem Verkauf zugeflossene Teil des gestundeten Kaufpreises reichte nicht aus, um die Darlehensverbindlichkeiten vollständig zu tilgen. Trotzdem erkannte das Finanzamt die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Durch die Veräußerung der Immobilie war nach Ansicht der Richter der Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgelöst worden. Stattdessen wurde ein neuer Zusammenhang zu den Einkünften aus Kapitalvermögen begründet.

Zwar entfällt allein durch einen Verkauf der Immobilie nicht der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang zwischen ihr und einem Darlehen. Die Geltendmachung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach einer Veräußerung ist aber nur dann möglich, wenn und soweit die Verbindlichkeiten aus dem Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Maßgeblich ist insbesondere, was mit dem Veräußerungserlös passiert. Im vorliegenden Fall schaffte der Steuerpflichtige durch die Stundung des Kaufpreises eine neue Quelle an, die durch die Zinsen zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen.

Darüber hinaus ähnelte die hier vorliegende Gestaltung der einer Veräußerung einer Immobilie gegen eine Leibrente. Doch auch dazu hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgelöst wird.

Sozialversicherungsfreiheit für privat finanzierte Leistungen zu Pensionskassen

Aus privat finanzierten Anteilen eines Versorgungsbezugs müssen in bestimmten Fällen keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts macht rückwirkende Korrekturen im Beitrags- und Meldeverfahren erforderlich.

Hintergrund

2 Mitarbeiter zahlten nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf freiwilliger Basis weiter Beiträge in ihre Pensionskasse ein. Im Rentenalter stellten sie fest, dass die Krankenkassen auch aus dem ausschließlich privat finanzierten Anteil der Pension entsprechende Beiträge forderten.

Entscheidung

Diese Vorgehensweise verstößt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts gegen das Gleichheitsgebot im Grundgesetz. Denn vergleichbare Leistungen aus privat finanzierten Lebensversicherungen werden nicht der Beitragspflicht unterworfen.

Aus dieser Entscheidung folgt, dass die Krankenkassen einen verfassungskonformen Zustand herstellen müssen. In der Konsequenz erhalten die versicherungspflichtigen Pensionäre die aus dem privaten Anteil gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurück. Dies gilt allerdings nur für die letzten 4 Kalenderjahre. Der Erstattungsanspruch davor ist verjährt.

Hinweis

Die Pensionskassen werden in den betroffenen Fällen die an die Krankenkassen abgegebenen Meldungen rückwirkend korrigieren. Zu melden ist dann nur noch der beitragspflichtige Anteil der Pension ohne den privat finanzierten Anteil. Auf diese Verfahrensweise haben sich Kranken- und Pensionskassen verständigt.

Soweit die Pensionskasse die rückwirkende Beitragskorrektur und damit die Auszahlung der Beiträge nicht bis zum Jahr 2014 vornehmen kann, erstattet die Krankenkasse auf Antrag den restlichen Erstattungsbetrag. Eine Bescheinigung der Pensionskasse, aus der hervorgeht, für welche Zeiträume bereits eine Erstattung durch die Pensionskasse erfolgt ist, sollte dem Erstattungsantrag beigefügt werden. Damit wird eine doppelte Erstattung von Beiträgen verhindert.

Entsendung ins Ausland: Reisezeiten sind Arbeitszeit

Bei einer Entsendung ins Ausland muss der Arbeitgeber nicht nur die üblichen Arbeitszeiten vergüten, sondern auch die Reisezeiten, die für die Hin- und Rückreise erforderlich sind.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer war bei einem Bauunternehmen als technischer Mitarbeiter beschäftigt. Aufgrund seines Arbeitsvertrags war er verpflichtet, auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland zu arbeiten. Von August bis Oktober 2015 arbeitete er auf einer Baustelle in China. Auf Wunsch des Arbeitnehmers flog er in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai nach China und nicht mit einem Direktflug in der Economy-Class. Die Reisezeit betrug dadurch insgesamt 4 Reisetage. Diese vergütete der Arbeitgeber mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung für jeweils 8 Stunden am Tag.

Nach Auffassung des Arbeitnehmers war jedoch die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle in China und zurück als Arbeitszeit zu werten. Er verlangte deshalb vom Arbeitgeber die Vergütung für weitere 37 Stunden.

Entscheidung

Nach der Rechtsprechung ist für die Qualifizierung als Arbeitszeit entscheidend, ob die Reisezeit durch den Arbeitgeber veranlasst ist und der Arbeitnehmer dienstliche Tätigkeiten beziehungsweise Tätigkeiten, die im Interesse des Arbeitgebers liegen, ausübt. Davon zu trennen ist grundsätzlich die Frage nach der Vergütungspflicht und wie sie im Einzelfall geregelt ist.

Das Bundesarbeitsgericht stellte im vorliegenden Fall klar, dass Reisen eines Arbeitnehmers zu einer auswärtigen Arbeitsstätte, die aufgrund einer vorübergehenden Auslandsentsendung des Mitarbeiters durch den Arbeitgeber erfolgen, ausschließlich “im Interesse des Arbeitgebers” sind. Deshalb müssen sie in der Regel wie Arbeitszeit vergütet werden. Hinsichtlich der genauen Vergütung der Reisezeiten ist aber weiter eine jeweilige Beurteilung im Einzelfall nötig. Vorliegend entschied das Bundesarbeitsgericht, dass nur die Reisezeit des Arbeitnehmers, die bei einem Flug in der Economy-Class angefallen wäre, als erforderlich galt und somit zu vergüten war.

Zweitwohnung darf nicht zum Lebensmittelpunkt bei doppelter Haushaltsführung werden

Eine doppelte Haushaltsführung kann auch dann anerkannt werden, wenn verheiratete Eltern mit dem gemeinsamen Kind zusammen am Beschäftigungsort wohnen. Das gilt jedoch nur, wenn die Hauptwohnung weiterhin der Lebensmittelpunkt ist.

Hintergrund

Die miteinander verheirateten Kläger waren seit Jahren in Westfalen berufstätig. Dort lebten sie mit ihrer Tochter in einer angemieteten 3-Zimmer-Dachgeschosswohnung. In ihrem mehr als 300 km entfernten Heimatdorf war die Klägerin Miteigentümerin eines Hauses, das von der Mutter sowie von den Klägern bewohnt wurde. Darüber hinaus befanden sich die Haus- und Zahnärzte der Kläger und der Tochter in der Umgebung des Heimatdorfes. Dort war der Kläger auch Mitglied im Angelverein. Die Kläger trugen die laufenden Kosten und Instandhaltungsmaßnahmen am Haus.

Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung. Seiner Meinung nach lag der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort und die Kläger unterhielten im Heimatdorf auch keinen eigenen Hausstand.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Richter entschieden, dass die Kläger in ihrem Heimatdorf einen eigenen Hausstand unterhielten und dort nicht nur als Gäste der Mutter anzusehen waren. Dies folgerten sie aus dem Alter der Kläger und den von ihnen übernommenen laufenden Kosten und den durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen.

Der Lebensmittelpunkt der Kläger lag im Heimatdorf, denn dort spielte sich deren gesamtes Privatleben ab. Sie hielten sich sogar getrennt voneinander im Heimatdorf auf. Auch der Vergleich der Wohnsituationen sprach nicht gegen die Annahme eines Lebensmittelpunktes, denn durch die Gartennutzungsmöglichkeit wies das Grundstück im Heimatdorf eine höhere Wohnqualität auf als die Dachgeschosswohnung am Beschäftigungsort.

Steuersatz für eine „Dinner-Show

Besteht eine Leistung sowohl aus Unterhaltung als auch aus kulinarischer Versorgung der Gäste, unterliegt eine solche „Dinner-Show“ dem Regelsteuersatz. Das gilt zumindest dann, wenn es sich um eine einheitliche, komplexe Leistung handelt.

Hintergrund

X führte Veranstaltungen durch, bei denen eine Show und ein Menü angeboten wurden. Show und Menü waren aufeinander abgestimmt und griffen zeitlich ineinander. Die Leistung konnte nur insgesamt in Anspruch genommen werden.

Das Finanzamt nahm für diese Leistung den Regelsteuersatz an. Das Finanzgericht bejahte dagegen den ermäßigten Steuersatz. Es ging von einer einheitlichen Leistung aus, die wegen der höheren Qualität der Show im Vergleich zur Qualität des Essens dem ermäßigten Steuersatz unterlag.

Im Revisionsverfahren ordnete der Bundesfinanzhof das Ruhen des Verfahrens bis zum Ergehen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs an. Nach Vorliegen der Entscheidung wurde das Revisionsverfahren fortgesetzt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt recht, hob dementsprechend das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab.

Nach der Würdigung des Finanzgerichts lag eine einheitliche, komplexe Leistung vor. Ausgehend von dieser einheitlichen, komplexen Leistung unterlag die „Dinner-Show“ dem Regelsteuersatz. Das gilt auch dann, wenn die Qualität der Darbietung höher ist als die der Speisen. Die Steuerermäßigung ist zwar zu gewähren, wenn die begünstigte Vorführung der Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung ist und den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch, wenn sich das Leistungsbündel aus Unterhaltung und kulinarischer Versorgung als einheitlicher komplexer Umsatz darstellt. Die Annahme eines einheitlichen, komplexen Umsatzes aber führt zur Anwendung des Regelsteuersatzes.

Diese Auslegung entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Wenn von den Elementen einer einheitlichen Leistung kein Hauptelement bestimmt werden kann, sind die Elemente als gleichwertig anzusehen. Unterliegt dann nur einer von mehreren gleichwertigen Bestandteilen dem ermäßigten Steuersatz, kann die Steuerermäßigung nicht auf die einheitliche, komplexe Leistung insgesamt angewandt werden.

Hiervon ausgehend schied im Streitfall die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Es handelte sich um ein Leistungsbündel mit gleichwertigen Elementen aus Unterhaltung und kulinarischer Versorgung, bei dem die Vorführung nicht den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht. Der Besucher wollte Show und Menü zusammen erleben und genießen.

Sonderausgabenabzug bei Prämienzahlungen der gesetzlichen Krankenkassen

Gewährt eine gesetzliche Krankenkasse ihren Mitgliedern eine Prämienzahlung, handelt es sich dabei um eine Beitragsrückerstattung. Der Sonderausgabenabzug fällt dementsprechend geringer aus.

Hintergrund

X war als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Mit seiner gesetzlichen Krankenkasse hatte er einen Wahltarif nach § 53 Abs. 1 SGB V vereinbart. Danach konnte X von der Krankenkasse eine Prämie erhalten. Für Behandlungen und Krankenhausaufenthalte wurde eine Eigenbeteiligung (Selbstbehalt) berechnet. Der Unterschiedsbetrag von Prämie und Selbstbehalt wurde jeweils im Folgejahr ermittelt. Fiel die Prämie höher aus, bekam X den Unterschied ausgezahlt, fiel der Selbstbehalt höher aus, musste er nachzahlen.

Im Jahr 2014 erhielt X eine Prämie von 450 EUR. Das Finanzamt ging von einer Beitragsrückerstattung aus und minderte den Sonderausgabenabzug entsprechend. X dagegen war der Ansicht, dass die Prämie seine als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht minderte. Das Finanzgericht schloss sich der Einschätzung des Finanzamts an und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück und bestätigte in seinem Urteil die Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht. Da die wirtschaftliche Belastung des Mitglieds sich im Umfang der Prämie reduzierte, stellte die Prämienzahlung eine Beitragsrückerstattung dar, die den zu tragenden Krankenkassenbeitrag minderte. Entscheidend war, dass die Prämienzahlung im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stand. Denn durch die Prämie änderte sich die Gegenleistung, die von dem Mitglied zu erbringen war, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Der Wahltarif modifizierte insoweit das Versicherungsverhältnis ohne Auswirkung auf die von den Leistungserbringern (Ärzte, Krankenhaus) zu gewährenden Leistungen.

Der Qualifizierung der Prämie nach § 53 Abs. 1 SGB V als Beitragserstattung stand nicht entgegen, dass der Bundesfinanzhof in einem anderen Urteil Zahlungen im Rahmen eines Bonusprogramms als nicht verrechenbar mit den abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen ansah. Die Bonuszahlung stand dort nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Krankenversicherungsschutzes. Damit wurden Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten waren. Demgegenüber beruhte die hier vorliegende Prämienzahlung auf der Übernahme des Risikos, der Krankenkasse weitere, der Höhe nach begrenzte Beitragszahlungen leisten zu müssen.

Berücksichtigung eines Antrags auf schlichte Änderung durch das Finanzamt

Wird vor Ablauf der Klagefrist ein hinreichend konkretisierter Antrag auf eine schlichte Änderung gestellt, muss das Finanzamt grundsätzlich die Änderung durchführen.

Hintergrund

Die Steuerpflichtige kam ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nach. Im Einspruchsverfahren gegen die daraufhin erlassenen Schätzungsbescheide zur Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag erließ das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung, mit der der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde. Noch vor Ablauf der Klagefrist stellte die Steuerpflichtige einen Antrag auf schlichte Änderung. Dazu reichte sie DATEV-Steuerberechnungen zur Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer sowie zur Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags ein. Nach Ablauf der Klagefrist übermittelte sie die jeweiligen Steuererklärungen.

Das Finanzamt lehnte die schlichte Änderung ab. Seiner Meinung nach war diese nicht rechtzeitig durch Abgabe der jeweiligen Steuererklärungen substanziiert worden.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Will der Steuerpflichtige eine Änderung zu seinen Gunsten erreichen, muss er bis zum Ablauf der Einspruchs- bzw. Klagefrist einen bestimmten Antrag auf Änderung stellen. Dabei genügt es nicht, einen allgemein auf Änderung des Steuerbescheids gerichteten Antrag erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zu konkretisieren und zu begründen. Ein solcher, zunächst nicht entsprechend konkretisierter, Antrag ist unwirksam und eine auf ihn gestützte Änderung des Steuerbescheids daher unzulässig.

Im vorliegenden Fall hielt das Finanzgericht jedoch den fristgerecht gestellten Antrag auf schlichte Änderung durch die Einreichung der DATEV-Steuerberechnungen für hinreichend konkretisiert. Denn damit wurden keine willkürlichen Angaben gegenüber dem Finanzamt gemacht, sondern diese deckten sich mit den Angaben in den nachfolgend übermittelten Steuererklärungen.

Da die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Steuer vorlagen, reduzierte sich das Ermessen des Finanzamts auf null. Das hatte zur Folge, dass die von dem Änderungsantrag betroffenen Steuerbescheide zwingend geändert werden mussten.

Auswirkung einer nachträglichen Kaufpreisherabsetzung auf die Grunderwerbsteuer

Wird die im Kaufvertrag vereinbarte Gegenleistung für den Erwerb eines Grundstücks nachträglich herabgesetzt, liegt kein rückwirkendes Ereignis vor. Eine Korrektur des Bescheids zur Grunderwerbsteuer ist nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG möglich.

Hintergrund

Die Steuerpflichtige hatte ein Grundstück erworben und mit dem Veräußerer innerhalb von 2 Jahren nach dem Erwerb nachträglich eine Minderung des Kaufpreises vereinbart. Daraufhin begehrte sie die nachträgliche Herabsetzung der Grunderwerbsteuer. Ihrer Ansicht nach lag aufgrund der Kaufpreisminderung ein nachträglich eingetretenes rückwirkendes Ereignis vor.

Das Finanzamt lehnte die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer jedoch ab. Denn die nachträgliche Änderung des Kaufpreises ließ seiner Meinung nach den ursprünglich entstandenen Steueranspruch unberührt. Es kam nur eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides gem. § 16 Abs. 3 GrEStG in Betracht. Diese Vorschrift kam jedoch nicht zur Anwendung, da der entsprechende Änderungsantrag nicht innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt worden war.

Entscheidung

Das Finanzgericht bestätigte die Entscheidung des Finanzamts und wies die eingelegte Klage ab. Wird eine Gegenleistung durch den Abschluss einer Vergleichsvereinbarung innerhalb von 2 Jahren nach Kaufvertragsschluss herabgesetzt, stellt diese Vereinbarung kein steuerlich rückwirkendes Ereignis dar. Denn die nachträgliche Aufhebung von Grunderwerbsteuerbescheiden setzt voraus, dass das entsprechende Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam war oder nachträglich durch Anfechtung unwirksam geworden ist. Dagegen stellt die Ausübung von vertraglichen oder gesetzlichen Gestaltungsrechten (Rücktritt oder Wandlung) kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit dar.

Dies gilt entsprechend, wenn die nachträgliche Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides wegen einer Kaufpreisminderung begehrt wird. Auch in diesem Fall ist eine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses nicht möglich. Denn die Ausübung des Gestaltungsrechts der Minderung ist kein Ereignis, das auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs zurückwirkt. Deshalb konnte im vorliegenden Fall der Grunderwerbsteuerbescheid nicht geändert und die Grunderwerbsteuer nicht herabgesetzt werden.

Kostenlose Bewirtung durch Raststättenbetreiber für einen Busfahrer

Hält ein Busfahrer an bestimmten Raststätten und führt er dem Betreiber damit potenzielle Kunden zu, fallen Bewirtungsleistungen vom Raststättenbetreiber an den Busfahrer nicht unter das Abzugsverbot für Bewirtungskosten.

Hintergrund

Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb mehrerer Autobahnraststätten. Er bewirtete Busfahrer, die mit einem mit potenziellen Kunden gefüllten Bus bei seinen Raststätten hielten, ohne dass die Busfahrer hierfür bezahlen mussten. Für diese Bewirtungen fielen im Jahr 2003 Aufwendungen in Höhe von 15.995 EUR an. Diese wurden einzeln und getrennt von den übrigen Betriebsausgaben aufgezeichnet.

Das Finanzamt kürzte jedoch die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer um 3.199 EUR (20 %, nach der damals geltenden Rechtslage). Das Finanzgericht entschied, dass das Abladen von Businsassen in der Raststätte des Steuerpflichtigen keine Gegenleistung des Busfahrers für seine Verpflegung darstellte, und gab insoweit dem Finanzamt recht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab jedoch dem Kläger recht und entschied, dass die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer nicht um 20 % gekürzt werden dürfen.

Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass sind nicht abzugsfähig, soweit sie 80 % (aktuell: 70 %) der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Dieses Abzugsverbot gilt nicht, wenn und soweit die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustausches ist.

Die Busfahrer haben im vorliegenden Fall die Speisen und Getränke als Gegenleistung dafür erhalten, dass sie die Raststätten des Steuerpflichtigen mit ihrem Bus angefahren und dem Steuerpflichtigen damit eine Vielzahl von potenziellen Kunden zugeführt haben. Der Steuerpflichtige hat die Busfahrer für diese konkrete Leistung entlohnt. Denn damit haben sie die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass viele der Reisenden Mahlzeiten in der Raststätte zu sich nahmen.

Zwischen den Reiseunternehmen und dem Betrieb des Steuerpflichtigen bestand kein Verhältnis, das den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen zum Gegenstand hatte. Soweit der Steuerpflichtige seine Raststätte offenhält, geschieht das gegenüber jedermann. Bezieher der Waren oder gewerblichen Leistungen des Steuerpflichtigen waren die Busreisenden, nicht hingegen die Reiseunternehmen.