Vollständige Anschrift für Vorsteuerabzug

Ein Vorsteuerabzug ist auch dann möglich, wenn die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers nicht unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der Rechnung angegeben ist. Voraussetzung ist aber, dass der leistende Unternehmer unter der von ihm angegebenen Rechnungsanschrift erreichbar ist.

Hintergrund

Eine GmbH handelte mit Kfz. In ihrer Umsatzsteuererklärung erklärte sie u. a. steuerfreie innergemeinschaftliche Kfz-Lieferungen und Vorsteuerbeträge, die 122 Fahrzeuge betraf, die von der D erworben wurden.

Das Finanzamt folgte den Angaben der GmbH jedoch nicht. Die als umsatzsteuerfrei erklärten innergemeinschaftlichen Kfz-Lieferungen nach Spanien an die B waren seiner Ansicht nach steuerpflichtig. Denn die betreffenden Fahrzeuge wurden tatsächlich nicht nach Spanien verbracht, sondern im Inland vermarktet. Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D waren nicht abziehbar, weil es sich dabei um eine „Scheinfirma“ handelte. Denn unter ihrer Rechnungsanschrift hatte sie keinen Sitz gehabt. Der Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso weitestgehend die Klage vor dem Finanzgericht.

Auf die von der Klägerin eingelegte Revision setzte der Bundesfinanzhof das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof 2 Fragen zum Rechnungsmerkmal „vollständige Anschrift“ und zur Berücksichtigung des Gutglaubensschutzes beim Vorsteuerabzug zur Vorabentscheidung vor. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass es für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug durch den Empfänger von Gegenständen oder Dienstleistungen nicht erforderlich ist, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist.

Entscheidung

Die Revision der GmbH ist begründet. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs versagte das Finanzgericht den Abzug der aus den Rechnungen der D geltend gemachten Vorsteuerbeträge zu Unrecht mit der Begründung, dass die fraglichen Rechnungen nicht die gesetzlich erforderliche zutreffende vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthielten. Denn an seiner bisherigen Rechtsprechung, nach der unter der angegebenen Rechnungsadresse eine wirtschaftliche Tätigkeit stattfinden muss, hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest.

Die Feststellungen des Finanzgerichts lassen jedoch keine Beurteilung zu, ob die materiellen Voraussetzungen einer Rechnung, soweit sie vom Gesetz gefordert werden, erfüllt sind. Es steht nicht fest, ob sämtlichen Rechnungen der D tatsächlich Fahrzeuglieferungen zugrunde gelegen haben. Diese Feststellungen wird das Finanzgericht nachholen müssen.

Sachbezug bei Zahlung einer privaten Zusatzkrankenversicherung

Gewährt der Arbeitgeber Krankenversicherungsschutz und können die Arbeitnehmer ausschließlich Versicherungsschutz und keine Geldzahlung verlangen, liegt in Höhe der geleisteten Beiträge ein Sachbezug vor. Für diesen gilt die Freigrenze von 44 EUR pro Monat.

Hintergrund

Der Arbeitgeber schloss als Versicherungsnehmer für die Mietarbeiter seines Unternehmens bei 2 Versicherungsgesellschaften eine Zusatzkrankenversicherung ab. Im Leistungsumfang waren Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen und Zahnersatz enthalten. Für den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers A zahlte der Arbeitgeber monatliche Beiträge von 36,42 EUR.

Obwohl der Beitrag unter der Freigrenze von 44 EUR blieb, berücksichtigte das Finanzamt diese bei der Festsetzung der Einkommensteuer bei den Einkünften des A. Denn seiner Ansicht nach handelte es sich um Barlohn, nicht um Sachlohn. Dem widersprach das Finanzgericht und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück.

Sachbezüge bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt die Grenze von 44 EUR im Monat nicht übersteigen. Dies gilt nicht für Barlohn. Kann der Arbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitsvertrags lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen Sachbezüge vor. Auf diese ist die Freigrenzenregelung anzuwenden.

Unerheblich ist dabei, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber erhält oder ob er sie von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers bezieht. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezieht.

Nach der Auffassung der Verwaltung führt bei Zukunftssicherungsleistungen die Beitragszahlung des Arbeitgebers in der Regel zum Zufluss von Barlohn und damit zur Nichtanwendung der 44-EUR-Freigrenze, wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und versicherte Person der Arbeitnehmer ist. Dem widerspricht der Bundesfinanzhof. Denn A hatte von seinem Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrags, sondern lediglich auf zusätzlichen Versicherungsschutz erhalten. Ihm ist kein Gut in Geld, sondern in Geldeswert (Sachlohn) zugeflossen. Da die Freigrenze von 44 EUR pro Monat nicht überschritten war, blieb die Leistung steuerfrei.

Vorsteuerabzug aus Baurechnungen für Mieter mit steuerfreien Umsätzen

Nutzt ein Mieter die gemieteten Räume für eine Arztpraxis und damit für steuerfreie Umsätze, darf er aus den Baurechnungen keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb in gemieteten Räumen eine augenärztliche Gemeinschaftspraxis und erzielte damit umsatzsteuerfreie Umsätze. Um einen Zustand gemäß Mietvertrag herzustellen, zahlte die Vermieterin einen Baukostenzuschuss i. H. v. 500.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Die Mieterin beauftragte selbst die Bauleistungen, zahlte die Beträge an die Handwerker, machte daraus den Vorsteuerabzug i. H. v. 95.000 EUR geltend und berechnete die Kosten zuzüglich Umsatzsteuer ihrer Vermieterin. Es bestand keine Verpflichtung zum Rückbau bei Beendigung des Vertrags. Eine Entschädigung konnte die Mieterin ebenfalls nicht verlangen, denn die Ausbaumaßnahmen waren mit dem Baukostenzuschuss abgegolten. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung beurteilte das Finanzamt die Baumaßnahmen gegenüber der Vermieterin als ein steuerbefreites Hilfsgeschäft der Gemeinschaftspraxis. Es versagte den Vorsteuerabzug der Mieterin aus den empfangenen Bauleistungen. Umsatzsteuer wurde dennoch festgesetzt, nämlich wegen eines unberechtigten Steuerausweises.

Entscheidung

Die Klage der Mieterin hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass gemäß dem vorliegenden Mietvertrag die Vermieterin nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen verpflichtet war, den Aus- bzw. Umbau der Praxisräume vorzunehmen. Eine der vertraglichen Hauptpflichten besteht nämlich darin, dem Mieter die Sache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen. Mietgegenstand waren Räume zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik und kein Rohbau. Mit dem Durchreichen von Praxiseinbauten an die Vermieterin hatte die Mieterin keine umsatzsteuerbare Leistung erbracht. Da also kein steuerbarer Vorgang vorlag, wurde die Umsatzsteuer von der Mieterin geschuldet. Der Vorsteuerabzug kam nicht in Betracht, weil die Durchreichung der Baukosten als nicht umsatzsteuerbar beurteilt wurde und die übrigen Umsätze der Klägerin grundsätzlich umsatzsteuerfrei waren.

Ehegatten als Mitunternehmer bei Land- und Forstwirtschaft

Ehegatten, die ihre Grundstücke im Sinne einer gemeinsamen Zweckverfolgung bewirtschaften, können konkludent Mitunternehmer werden. Voraussetzung ist jedoch, dass der Anteil des von einem Ehegatten zur Verfügung gestellten Grundbesitzes nicht weniger als 10 % der insgesamt genutzten Flächen beträgt.

Hintergrund

Die Ehegatten waren Miteigentümer von Flächen, die landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt wurden. Im Alleineigentum des Ehemanns M befanden sich landwirtschaftliche Flächen und im Alleineigentum der Ehefrau F forstwirtschaftliche Flächen. Der Anteil der F an dem gemeinsam bewirtschafteten Grundbesitz betrug mehr als 10 % der insgesamt land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass zwischen den Eheleuten eine konkludente Mitunternehmerschaft bestand. Es erließ entsprechende Feststellungsbescheide. Die Eheleute wandten ein, dass die Forstflächen im Alleineigentum der F bei der Ermittlung ihrer Anteile an dem bewirtschafteten Grundbesitz nicht berücksichtigt werden dürften. Dadurch würde ihr Anteil weniger als 10 % der Gesamtfläche betragen, eine landwirtschaftliche Ehegatten-Mitunternehmerschaft bestand deshalb nicht. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die forstwirtschaftlichen Flächen in die Vergleichsrechnung einzubeziehen waren.

Entscheidung

Landwirtsehegatten sind Mitunternehmer, wenn der selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten – soweit die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Liegt kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag oder ein wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vor, geht das Gericht von einem durch schlüssiges Verhalten konkludent zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag aus.

Der Anteil des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, den jeder Ehegatte zur Verfügung gestellt hat, ist in der Regel nicht erheblich. Er ist daher zur Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft nicht geeignet, wenn er weniger als 10 % der insgesamt land- und forstwirtschaftlich genutzten Eigentums- und Pachtflächen beträgt.

Entgegen der Auffassung der Eheleute sind bei der Frage, ob die 10-%-Grenze überschritten ist, auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen einzubeziehen. Deshalb kann eine konkludente Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten bestehen, wenn sie ausschließlich Forstwirtschaft betreibt oder eine Landwirtschaft mit einem forstwirtschaftlichen Teilbetrieb unterhält.

Der Bundesfinanzhof verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Dieses muss nun prüfen, ob die 10-%-Grenze überschritten ist.

Abzugsfähigkeit der Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses bei Schenkung

Die Verpflichtung zur Zahlung eines Erbbauzinses ist nicht als Gegenleistung abziehbar, wenn ein Erbbaurecht im Wege einer Schenkung übertragen wird.

Hintergrund

Ein Ehepaar war hälftig Inhaber eines Erbbaurechts. Das Grundstück war hälftig bebaut. Das Ehepaar musste einen Erbbauzins an den Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks bezahlen.

Das Ehepaar übertrug das hälftige Erbbaurecht an die Schwester der Ehefrau im Wege einer Schenkung. Die Schwester wurde gleichzeitig verpflichtet, den im Grundbuch abgesicherten jährlichen Erbbauzins hälftig zu entrichten. Die Schwester war der Ansicht, dass die Erbbauzinsverpflichtung als Gegenleistung oder Auflage behandelt werden müsste. Dementsprechend wäre sie erwerbsmindernd zu berücksichtigen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Dagegen wehrt sich die Schwester mit ihrer Klage.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Schenkungssteuerbescheide rechtmäßig waren. Sie waren der Ansicht, dass durch die Erbbauzinsverpflichtung keine gemischt freigebige Schenkung vorlag. Vielmehr war das Erbbaurecht zur Bestimmung des Erwerbsgegenstands und der Bereicherung nicht in einzelne Bestandteile, nämlich das Bebauungsrecht und die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses, aufzuspalten, sondern als Ganzes anzusehen. Diese Sichtweise entsprach auch dem Grundgedanken der im Streitfall anzuwendenden Bewertungsregelung, wonach die Erbbauzinsverpflichtung mit der Bewertung des Erbbaurechts abgegolten war.

Ermittlung des niedrigeren gemeinen Wertes eines Grundstücks

Aus dem Wertansatz in der Bilanz der Gesellschaft oder aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil kann grundsätzlich nicht der niedrigere gemeine Wert eines zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Grundstücks abgeleitet werden.

Hintergrund

A war zusammen mit B an einer GbR beteiligt. Im Gesamthandsvermögen befand sich ein vermietetes Gebäudegrundstück. Das Grundstück war einschließlich der Betriebsvorrichtungen mit 2,8 Mio. EUR aktiviert. Es waren u. a. Verbindlichkeiten von 3 Mio. EUR ausgewiesen. Später verkaufte B seine Anteile an der GbR i. H. v. 44 % an A und zu 6 % an eine GmbH. An dieser waren A und B je zur Hälfte beteiligt. Als Kaufpreis für den GbR-Anteil war ein Betrag von 100 EUR vereinbart. Gleichzeitig verpflichtete sich B, seine Anteile an der GmbH an A zu verkaufen.

Das Finanzamt ermittelte den Grundstückswert im Ertragswertverfahren. Für Zwecke der Grunderwerbsteuer stellte es den Wert mit 3,4 Mio. EUR gesondert fest. A machte dagegen geltend, dass der Grundstückswert sich aus dem Bilanzansatz bei der GbR ohne Betriebsvorrichtungen ergab. Denn bei der Bemessung des Kaufpreises für den GbR-Anteil wurden die Bilanzansätze zugrunde gelegt. Dem folgte das Finanzgericht nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg, sondern wurde zurückgewiesen. Die Richter begründeten das wie folgt: Ein Geschäftsgrundstück ist im Ertragswertverfahren zu bewerten. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert niedriger ist, ist dieser Wert anzusetzen. Der Nachweis kann durch ein Sachverständigengutachten geführt werden. Dafür kommt aber regelmäßig nur eine Begutachtung durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen in Betracht.

Eine Alternative besteht darin, dass der Nachweis auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum Bewertungsstichtag erzielten Kaufpreis erbracht werden kann.

Diese anerkannten Nachweismethoden sollen dem Finanzamt weitere Ermittlungen und Beweisaufnahmen ersparen. Auch sollen sie zu einem eindeutigen Bewertungsergebnis bei einem vertretbaren Verwaltungsaufwand führen.

Andere Beweismittel müssen diesen Vorgaben gerecht werden. Der Bilanzwert allein ist dazu nicht geeignet. Er ist weder Indiz noch Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Gerade bei Grundstücken liegen die Bilanzwerte regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert. Der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks kann auch nicht aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet werden. Das gilt insbesondere, wenn das Gesellschaftsvermögen weitere Gegenstände umfasst. Der Erwerb eines Grundstücks kann mit dem Erwerb von Anteilen an einer grundstückbesitzenden Gesellschaft nicht gleichgesetzt werden. Eine Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter ist in der Regel nicht möglich. Im Streitfall konnte daher aus dem Verkauf des GbR-Anteils in Verbindung mit der GbR-Bilanz ein niedriger gemeiner Wert des Grundstücks nicht nachgewiesen werden – zumindest nicht ohne erheblichen Ermittlungsaufwand.

Zuständigkeit für Dienstvertrag eines ehemaligen GmbH-Geschäftsführers

Darf der Geschäftsführer einer GmbH den Dienstvertrag eines bereits abberufenen Geschäftsführers ändern? Nein, sagt der Bundesgerichtshof. Bei Fehlen einer abweichenden Satzungsregelung ist die Gesellschafterversammlung für die Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers zuständig.

Hintergrund

Die Gesellschafter der beklagten GmbH beriefen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer ab, kündigten aber nicht das Anstellungsverhältnis. Erst rund ein halbes Jahr später vereinbarten die Gesellschafter mit dem ehemaligen Geschäftsführer, dass die Vergütungszahlung eingestellt wird. Dieser klagte jedoch trotzdem auf Zahlung von Vergütung aus seinem Dienstvertrag.

In den Vorinstanzen bekam der Kläger recht, da nach Meinung der Gerichte nicht die Gesellschafterversammlung, sondern der amtierende Geschäftsführer für die Vertragsänderung zuständig war. Deshalb war der Dienstvertrag unverändert wirksam. Hiergegen legte die beklagte GmbH Revision ein.

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof hatte der Kläger mit seiner Revision Erfolg. Die Richter entschieden, dass – entsprechend ihrer ständigen Rechtsprechung – bei fehlender abweichender Satzungsbestimmung die Gesellschafterversammlung für die Änderung des Geschäftsführerdienstvertrags zuständig ist. Dies gilt auch bei einer Abberufung für den Dienstvertrag des ausgeschiedenen Geschäftsführers. Eine Änderung des Dienstvertrags fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des amtierenden Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Dienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.

In dem vorliegenden Fall hatten die Parteien den Vertrag nicht von vornherein als gewöhnlichen Anstellungsvertrag geschlossen. Sie vereinbarten vielmehr ausdrücklich die Geschäftsführertätigkeit. Daher war die Gesellschafterversammlung auch 6 Monate nach der Abberufung des Geschäftsführers noch zuständig.

Lieferung von Holzhackschnitzeln unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz

Liefert ein Unternehmer Holzhackschnitzel als Brennstoff, muss er dafür den Regelsteuersatz und nicht den ermäßigten Steuersatz anwenden.

Hintergrund

A stellte aus bei Waldarbeiten angefallenem Holz verschiedene Arten von Holzhackschnitzeln, sog. Waldholzhackschnitzel, her. Sorte 1 umfasste ungetrocknete Hackschnitzel, Sorte 2 getrocknete Hackschnitzel und Sorte 3 getrocknete und gesiebte Hackschnitzel. Die Sorten 2 und 3 lieferte A als Brennstoff für Holzhackschnitzelheizungen und unterwarf diese dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt wandte jedoch den Regelsteuersatz an. Vor dem Finanzgericht hatte A Erfolg mit seiner Klage.

Entscheidung

Beim Bundesfinanzhof scheiterte A dagegen. Dieser hob das Finanzgerichtsurteil auf, wies die Klage ab und entschied, dass die Waldholzhackschnitzel nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Der ermäßigte Steuersatz gilt nur für die Lieferung von Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder ähnlichen Formen. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung sind Holzhackschnitzel nicht davon erfasst.

Die Waldholzhackschnitzel fallen auch nicht unter die begünstigte Lieferung von Industrieholzhackschnitzeln. Das sind Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, die auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst sein können. Dabei handelt es sich um das Abfallprodukt aus zuvor bearbeitetem Holz. Die Waldholzhackschnitzel des A wurden jedoch nicht aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt, sondern aus bei Waldarbeiten angefallenem Schnitt- und Kronenholz. Deshalb handelt es sich dabei um Rohholz.

In der Versagung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Holzhackschnitzeln jeder Art liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor. Denn die hier erwähnten Waren sind nicht gleichartig und dürfen daher umsatzsteuerrechtlich ungleich behandelt werden.

Mindestlohn für Standzeiten bei Taxifahrern

Standzeiten von Taxifahrern, die auf Fahrgäste warten, sind Bereitschaftszeiten. Der Arbeitgeber muss diese deshalb mit dem Mindestlohn vergüten. Keine Rolle spielt dabei, ob der Fahrer eine Signaltaste drückt, um seine Arbeitsbereitschaft zu signalisieren.

Hintergrund

Ein Taxiunternehmen verlangte von seinen Fahrern, dass diese alle 3 Minuten eine im Taxi befindliche Signaltaste drücken, worauf ein akustisches und optisches Signal die Fahrer hinwies. Verpasste ein Fahrer dies, wurde die Zeit als Pausenzeit berechnet und nicht vergütet. Ein Taxifahrer forderte nun von seinem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für Standzeiten, in denen er sich für Fahrgäste bereithielt. Diesen verlangte er auch für die Zeiten, die wegen fehlender Betätigung der Signaltaste als Pausenzeiten erfasst worden waren. Das Betätigen der Signaltaste hielt er für unzumutbar. Auch war es ihm nicht immer möglich gewesen, diese zu drücken. Darüber hinaus gab es die Vorgabe, dass die Signaltaste nur in einem solchen Umfang betätigt werden sollte, dass ein bestimmter Umsatz pro erfasster Arbeitsstunde erzielt wurde.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht gab dem klagenden Taxifahrer recht und entschied, dass auch für die Standzeiten grundsätzlich ein Anspruch auf den Mindestlohn bestand. Dies sei unabhängig davon, ob er die Signaltaste gedrückt habe oder nicht. Bei den Standzeiten handelte es sich um vergütungspflichtige Bereitschaftszeiten.

Das Gericht hielt es für die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für unerheblich, dass der Arbeitnehmer die Signaltaste nicht betätigte. Seiner Meinung nach war die Weisung, alle 3 Minuten einen Signalknopf zur Bestätigung der Arbeitsbereitschaft zu drücken, nicht durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gedeckt, sondern war unverhältnismäßig.

Anhand der Verteilung der Zeiten erkannte das Gericht, dass es sich bei den nicht erfassten Standzeiten nicht um Pausenzeiten handelte. Denn eine Standzeit von 11 Minuten entsprach bei einem Arbeitstag mit knapp 12 Stunden nicht den Arbeitsabläufen im Taxigewerbe.

Zumutbare Belastung: Wer sich über eine Steuererstattung freuen darf

Einige Bundesländer prüfen und ändern in einer Sonderaktion Steuerbescheide. Grund ist das Urteil des Bundesfinanzhofs, nach dem die zumutbare Belastung bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit und Pflege als außergewöhnliche Belastung anders als bisher berechnet werden muss.

Durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird klargestellt, dass bei der Berechnung jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den gesetzlichen Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Steuer-Prozentsatz belastet wird. Dies führt in vielen Fällen zu einer Entlastung für die Steuerpflichtigen.

Um in den Genuss einer Änderung zu kommen, ist kein Antrag der Betroffenen erforderlich. Die Finanzverwaltung wird automatisch tätig, wenn die neue Berechnungsweise zu einer Steuererstattung führen sollte.

Geprüft und geändert wird derzeit in Bayern, die Finanzverwaltung in Rheinland-Pfalz kündigte ebenfalls eine Sonderaktion an. Dabei werden alle Fälle aufgegriffen, bei denen in den Steuererklärungen der Vorjahre außergewöhnliche Belastungen, insbesondere Krankheits- und Pflegeaufwendungen, erklärt wurden, die zumutbare Belastung jedoch noch nach den alten Grenzen berechnet wurde.

Eine Änderung ist jedoch nur möglich, wenn der Bescheid mit dem seit Ende August 2013 versehenen Vorläufigkeitsvermerk zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer zumutbaren Belastung bei Krankheits- und Pflegeaufwendungen bekannt gegeben wurde.

Darüber hinaus sollen auch in Thüringen, Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen Bescheide geprüft und ggf. geändert werden.