Übertragung eines Zeitwertkonto-Guthabens auf einen neuen Arbeitgeber löst keine Lohnsteuer aus

Wird ein Zeitwertkonto-Guthaben eines Geschäftsführers bei einem Wechsel des Arbeitgebers übertragen, liegt kein Zufluss von Arbeitslohn vor.

Hintergrund

Ein Geschäftsführer schloss mit seiner GmbH im Jahr 2005 eine Vereinbarung zur Einführung eines Zeitwertkontos. So konnten Teile seines Bruttogehalts angespart werden, um ihm später die vorzeitige Freistellung von der Arbeitsleistung zu ermöglichen. Zur Absicherung des Kontos schloss der Arbeitgeber einen Vertrag über die Zeitkontenrückdeckung mit Garantie (Zeitarbeitskonto) bei einer Lebensversicherung ab. Eine Auszahlung vom Zeitarbeitszeitkonto konnte nur durch Antrag des Geschäftsführers bei seinem Arbeitgeber und dessen Abruf bei der Lebensversicherung erfolgen. Nachdem die GmbH dem Geschäftsführer im Jahr 2014 gekündigt hatte, übertrug sie das angesammelte Guthaben des Zeitwertkontos von 39.000 EUR auf den neuen Arbeitgeber. Das Finanzamt forderte Einkommensteuer nach, da es die Übertragung als steuerpflichtigen Arbeitslohn wertete.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied jedoch, dass es durch die Übertragung des Guthabens nicht zu einem Lohnzufluss gekommen ist. Denn der Geschäftsführer hatte das Recht, sein Guthaben bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber übertragen zu lassen. Diese Übertragung ist nicht steuerbar, da der neue Arbeitgeber nur an die Stelle des alten Arbeitgebers getreten ist und dessen Verpflichtungen aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme übernommen hat. Ein Zufluss von Arbeitslohn findet erst statt, wenn der Arbeitnehmer wirtschaftlich über die Einnahme verfügen kann. Einen Anspruch auf Auszahlung hatte der Geschäftsführer jedoch erst in der späteren Freistellungsphase. Infolgedessen musste die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto nicht versteuert werden.

Sanierungserlass darf nicht auf Altfälle angewendet werden

Der eigentlich von der Finanzverwaltung vorgesehenen Anwendung des Sanierungserlasses auf Altfälle hat der Bundesfinanzhof eine Absage erteilt. Denn dies ist nicht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vereinbar.

Hintergrund

Die X-GmbH hatte erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gesellschaftern. 2004 erwarben 2 Mitarbeiter der GmbH sämtliche Geschäftsanteile für 1 EUR. Zuvor hatten die Gesellschafter auf den wesentlichen Teil ihrer Forderungen verzichtet. Im Jahr 2005 wurden weitere Verbindlichkeiten erlassen.

Die GmbH erfasste die Forderungsverzichte als außerordentliche Erträge und beantragte den Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Hinweis auf den Sanierungserlass. Das Finanzamt lehnte dies ab, da es an der Sanierungsabsicht fehlte. Vielmehr waren die Verzichte in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

Der Große Senat hatte in einem Grundsatzverfahren zur Wirkung des Sanierungserlasses entschieden, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Daraufhin ordnete das Bundesfinanzministerium an, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes in Fällen, in denen der Forderungsverzicht bis zum 8.2.2017 endgültig vollzogen wurde, der Sanierungserlass weiterhin uneingeschränkt anzuwenden ist. Darauf berief sich die GmbH.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass auch das Übergangsschreiben des Bundesfinanzministeriums gegen den Gesetzmäßigkeitsgrundsatz verstößt. Zwar kann die Finanzverwaltung, Übergangs- und Anpassungsregelungen erlassen oder entsprechende Einzelmaßnahmen treffen, um den Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage getroffenen Dispositionen nicht zu enttäuschen. Das gilt auch dann, wenn sich die bisherige Rechtsprechung verschärft oder eine höchstrichterliche Entscheidung von einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht. Ein derartiges geschütztes Vertrauen bestand jedoch im Fall des Sanierungserlasses nicht.

Denn dessen Gesetzmäßigkeit wurde in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und im Schrifttum schon frühzeitig infrage gestellt. Deshalb ist eine Übergangsregelung durch die Verwaltung durch Anordnung der Fortgeltung des Sanierungserlasses für alle Altfälle ausgeschlossen. Denn es trifft nicht zu, dass in jedem der Altfälle das Vertrauen auf die steuerliche Begünstigung des Sanierungsgewinns ursächlich für die jeweiligen Forderungsverzichte der Gläubiger war und dass alle Gläubiger bei Kenntnis des Fehlens einer Steuerbegünstigung von ihren Forderungserlassen abgesehen hätten.

Gehaltsverzicht: Zusatzleistungen bleiben trotzdem steuerbegünstigt

Auch wenn auf Gehalt verzichtet wird, können trotzdem gleichzeitig steuerbegünstigte Zusatzleistungen vereinbart werden.

Hintergrund

Die Arbeitgeberin und Klägerin traf mit ihren nicht tarifgebundenen Mitarbeitern sog. “Ergänzende Vereinbarungen zum Einstellungsvertrag”. Ihnen wurden Zuschüsse zu Aufwendungen für die Internetnutzung, zu Fahrtkosten, Kindergartenkosten und Telefonkosten der Mitarbeiter gewährt. Im Gegenzug verzichteten die Mitarbeiter auf Barlohn.

Die Klägerin versteuerte die Zuschüsse zur Internetnutzung mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % und die Zuschüsse zu den Fahrtkosten mit 15 %. Für die gewährten Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten und zu den Telefonkosten führte die Klägerin keine Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die Zuschüsse nicht steuerbegünstigt seien, da sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht worden waren.

Entscheidung

Die Klage der Arbeitgeberin war erfolgreich. Für die Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal “zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erfüllt ist, ist der tatsächliche Rechtsgrund für die Leistungen maßgeblich. Wichtig ist dabei insbesondere, ob der Arbeitgeber diese Leistungen zusätzlich erbringt, ohne dazu verpflichtet zu sein, oder ob er sie auf eine tatsächliche arbeitsrechtliche Verpflichtung hin leistet.

Das Finanzgericht stützt sich hier auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Nach dieser können zusätzliche Leistungen nur noch freiwillige Arbeitgeberleistungen sein, auf die der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat. Abweichend davon sieht die Verwaltung die Zusätzlichkeitsvoraussetzung als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet.

Im vorliegenden Fall war die Arbeitgeberin nicht dazu verpflichtet, die vereinbarten Zuschüsse an die betroffenen Arbeitnehmer zu leisten. Dies ergab sich aus dem Wortlaut der abgeschlossenen ergänzenden Vereinbarungen zu den Arbeitsverträgen, wonach die Leistungen auch bei mehrfacher Gewährung keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründeten. Nach Auffassung des Finanzgerichts war damit das Zusätzlichkeitserfordernis erfüllt.

Verkauf von Gesellschaftsanteilen: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?

Existiert eine typisierende spezielle Missbrauchsregelung, kommt normalerweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO nicht zur Anwendung. Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird.

Hintergrund

Der Übernahme der D-GmbH und dem damit zusammenhängenden Erwerb von Gesellschaftsanteilen lag ein sehr umfangreiches Regel- und Vertragswerk zugrunde. Dadurch war es gelungen, dass faktisch eine nur mit 5 % zu besteuernde Dividende vereinnahmt wurde. Das Finanzamt ging jedoch von einem höheren Kaufpreis für die GmbH-Anteile aus. Die vorgenommenen Gestaltungen waren seiner Ansicht nach nur erfolgt, um den Kaufpreis in steuerlicher Hinsicht zu minimieren. Dies war als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO steuerlich nicht anzuerkennen. Die Klägerin geht dagegen von notwendigen und angemessenen Umstrukturierungsmaßnahmen aus.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Selbst wenn eine typisierende Missbrauchsregelung vorliegt, kann ausnahmsweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO angewendet werden – und zwar, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird. § 42 AO enthält keinen normativen Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit. Die Angemessenheit ist stattdessen dem umgangenen Gesetz und den speziellen Missbrauchsvorschriften zu entnehmen.

Nach Ansicht der Finanzrichter dienten die rechtlichen Gestaltungen im vorliegenden Fall gezielt dazu, die Spezialvorschriften zu umgehen und ihre Wirkung zu minimieren. Somit führt die Anwendung des § 42 AO nicht zu einer Erweiterung der Rechtsfolge. Die gewählte rechtliche Gestaltung, den Kaufpreis für den Anteilserwerb zu entrichten, diente erkennbar keinem wirtschaftlichen Zweck.

Welche Bindungswirkung entfaltet eine Billigkeitsentscheidung?

Wird eine Billigkeitsmaßnahme im Rahmen der Gewinnfeststellung getroffen, wirkt diese auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.

Hintergrund

Die GbR unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb und vermietete daneben landwirtschaftliche Maschinen. Den Gewinn aus der gesamten Tätigkeit ermittelte die GbR durch Betriebsvermögensvergleich. Dabei sah sie von der Aktivierung der auf den Feldern vorhandenen Pflanzenbestände (Feldinventar) ab.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die GbR aus der Maschinenvermietung gewerbliche Einkünfte bezogen hatte. Damit sind auch die landwirtschaftlichen Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Der GbR stand deshalb das Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar nicht zu, sondern es musste gewinnwirksam aktiviert werden. Dementsprechend erließ das Finanzamt Gewinnfeststellungsbescheide und erstmalige Gewerbesteuer-Messbescheide. Nachdem sich die Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide durch stattgebende Änderungsbescheide erledigt hatte, musste der Bundesfinanzhof nur noch über die vom Finanzgericht abgewiesene Klage gegen die Gewerbesteuer-Messbescheide entscheiden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies den Fall an dieses zurück.

Durch konkludente, selbstständige Billigkeitsentscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren wurde der GbR wirksam zugestanden, von der Aktivierung des Feldinventars abzusehen. Diese Billigkeitsmaßnahme, die im Rahmen der Gewinnfeststellung getroffen wurde, entfaltete eine Wirkung auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags.

Die Billigkeitsentscheidung im vorliegenden Fall führt zu einer Verschiebung in eine zurückliegende oder spätere Periode. Die Besteuerungsgrundlagen bleiben daher nicht dauerhaft unberücksichtigt. Die Verschiebung hat nur stundungsähnlichen Charakter. Mit dem Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar wird also die Möglichkeit eingeräumt, die Gewinnermittlung insoweit nicht nach dem Betriebsvermögensvergleich, sondern nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln. Der Totalgewinn wird dadurch nicht beeinflusst. Die Besteuerungsfolgen werden lediglich in einen anderen Besteuerungszeitraum verschoben.

Diese Billigkeitsmaßnahme wirkt auch für den Gewerbeertrag.

Mieter beschädigt Wohnung: Sofortabzug oder Abschreibung?

Verursacht der Mieter nach Anschaffung der vermieteten Immobilie schuldhaft einen Schaden, können die Aufwendungen für die Beseitigung als Werbungskosten sofort abziehbar sein und müssen nicht mit 2 % jährlich abgeschrieben werden.

Hintergrund

Die Klägerin hatte eine vermietete, mangelfreie Eigentumswohnung gekauft und war als Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten. Nach Unstimmigkeiten mit der Mieterin kam es zur Kündigung des Mietverhältnisses. Bei der Rückgabe der Wohnung stellte die Klägerin fest, dass die Mieterin umfangreiche Schäden an der Wohnung verursacht hatte. Insbesondere waren Scheiben an Türen eingeschlagen, Bodenfliesen zerstört und Wände mit Schimmel befallen. Insgesamt beliefen sich die Schäden auf 20.000 EUR.

Da sie diesen Betrag bei der Mieterin wegen deren Zahlungsunfähigkeit nicht beitreiben konnte, machte die Vermieterin die Kosten für die Beseitigung der Schäden als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten handelte und ein Sofortabzug nicht möglich war. Die Kosten könnten nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung anteilig mit 2 % über einen Zeitraum von 50 Jahren geltend gemacht werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied zugunsten der Vermieterin.

Zu den Herstellungskosten, die der Absetzungen für Abnutzung unterliegen, gehören nach dem gesetzlichen Wortlaut sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die für eine Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes anfallen, wie Schönheitsreparaturen oder die Herstellung der Betriebsbereitschaft.

Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der bei der Anschaffung nicht vorhanden war, sondern nachweislich erst später durch das schuldhafte Handeln des Mieters am Gebäude verursacht worden ist, werden jedoch nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zugeordnet. Solche Aufwendungen können als Erhaltungsaufwand und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.

Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags: Gilt eine betriebsbezogene oder unternehmerbezogene Auslegung?

Bei der Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags entschied sich der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil für die betriebsbezogene Ermittlung.

Hintergrund

X war mittelbar an mehreren Personengesellschaften beteiligt. Er war alleiniger Kommanditist der A KG. Diese war zu 65 % als Kommanditistin an der B KG beteiligt. Die B war Kommanditistin der C KG. Sowohl B als auch C mussten Gewerbesteuer zahlen.

Bei der Berechnung der Steuerermäßigung nahm das Finanzamt die Begrenzung für jede der beiden Gesellschaften gesondert vor. X war dagegen der Meinung, dass die Begrenzung auf der Ebene des Mitunternehmers berechnet werden muss.

Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts und ging auch von der betriebsbezogenen Auslegung aus.

Entscheidung

Dem schloss sich der Bundesfinanzhof an. Zwar lässt sich dem Gesetzeswortlaut kein Hinweis auf eine bestimmte Methode entnehmen. Nach Ansicht der Richter verlangt jedoch die Gesetzessystematik eine betriebsbezogene Betrachtung. Die betriebsbezogenen Elemente prägen den Charakter der Vorschrift. Das gilt auch für mehrstöckige Beteiligungen. Ein Grund, insoweit zu differenzieren, besteht nicht. Die betriebsbezogene Grundstruktur wird durch die Gesetzgebungshistorie bestätigt. Für mehrstöckige Gesellschaften (Mitunternehmerschaften) bestimmt das Gesetz, dass bei der Feststellung anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen sind. Es sind sämtliche bei den Gesellschaften festgestellten Messbeträge beim „Schlussgesellschafter“ anteilig zu berücksichtigen. Der Gewerbesteuer-Messbetrag ist zusammengefasst als einheitlicher Betrag festzustellen. Das gilt auch dann, wenn er seinen Ursprung in verschiedenen Untergesellschaften hat.

Wann dürfen vergebliche Aufwendungen geltend gemacht werden?

Auch wenn der Erwerb einer Beteiligung Voraussetzung dafür ist, dass ein Anstellungsvertrag überhaupt erst geschlossen wird, liegen keine Werbungskosten vor. Das gilt auch dann, wenn die angestrebte Anstellung nicht zustande kommt.

Hintergrund

R vereinbarte mit den Mehrheitsgesellschaftern der A-Unternehmensgruppe, dass er in der zu gründenden A-AG eine Vorstandsposition übernehmen sollte. Voraussetzung dafür war die Hinterlegung von 75.000 EUR, die dem Erwerb einer 10-%-Beteiligung des R an der A-AG dienen sollte. Wenige Monate, nachdem R den Betrag gezahlt hatte, wurde ihm bekannt, dass der hinterlegte Betrag abredewidrig verwendet worden war. Er erklärte daraufhin seinen Rücktritt und forderte die Rückzahlung des Betrags von 75.000 EUR. Die Rückforderung blieb erfolglos.

Im Klageverfahren beantragte R die Berücksichtigung des Betrags als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Denn nach Ansicht der Richter war die Zahlung durch die angestrebte Anstellung als Vorstand in der A-AG veranlasst gewesen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das jedoch anders. Deshalb hob er das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab.

Zwar können vorab entstandene Aufwendungen als vergeblicher Aufwand auch dann steuerlich zu berücksichtigen sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt. Voraussetzung ist eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften. Bei Bürgschafts- oder Darlehensverlusten, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, kann die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis im Vordergrund stehen, wenn der Arbeitnehmer dadurch ausschließlich seine Lohneinkünfte zu sichern oder zu erhalten versucht.

Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb einer Beteiligung am Arbeitgeber stehen jedoch im Allgemeinen nicht unmittelbar mit den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern mit Einkünften aus Kapitalvermögen in Zusammenhang. Das gilt selbst dann, wenn damit auch die Arbeitnehmertätigkeit gefördert wird. Mit dem Erwerb der Beteiligung werden vor allem die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Rechte angestrebt. Bei einem Darlehen oder einer Bürgschaft nimmt der Arbeitnehmer das einseitige Risiko eines wirtschaftlichen Verlustes auf sich. Demgegenüber besteht bei einer Beteiligung nicht nur die Gefahr eines Wertverlustes, sondern auch die Chance einer Wertsteigerung.

Im Streitfall bestand zwar ein Zusammenhang mit den beabsichtigten Einkünften des R aus nichtselbstständiger Arbeit, da die beabsichtigte Beteiligung Voraussetzung für die Bestellung zum Vorstand war. Der Zweck des Anteilserwerbs überlagert jedoch diesen Zusammenhang als eigenständige Einkunftsquelle.

Luftsicherheitskontrollkraft: Erste Tätigkeitsstätte ist das Flughafengelände

Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber auf einem Flughafengelände an täglich wechselnden Kontrollstellen zur Durchführung von Sicherheitskontrollen eingesetzt, stellt dieses eine erste Tätigkeitsstätte dar.

Hintergrund

Der Kläger wurde auf einem Flughafengelände beschäftigt. Bei den täglich wechselnden Einsatzorten handelte es sich um von seinem Arbeitgeber betreute Kontrollstellen auf dem Gelände des Flughafens. Der Kläger fuhr die jeweiligen Einsatzstellen mit seinem eigenen privaten Pkw an. Diese rechnete er als Reisekosten ab. Das Finanzamt erkannte lediglich Fahrtkosten in Höhe der Entfernungspauschale an und sah in dem Flughafen die erste Tätigkeitsstätte des Klägers.

Der Kläger ist dagegen der Ansicht, dass es sich bei den verschiedenen Kontrollstellen nicht um ortsfeste Einrichtungen seines Arbeitgebers, sondern um Einrichtungen der Kunden des Arbeitgebers des Klägers handelte. Deshalb war der Flughafen nicht die erste Tätigkeitsstätte des Klägers.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass das Gelände des Flughafens die erste Tätigkeitsstätte des Klägers darstellt. Der Kläger war durch die den Arbeitsvertrag ausfüllenden Weisungen dem Flughafen als ortsfester betrieblicher Einrichtung dauerhaft zugeordnet. Denn die Zuordnung wurde durch die dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Der Kläger fuhr seine Einsatzorte im Gebiet des Flughafens nach vorheriger Weisung durch den Einsatzplan seines Arbeitgebers an. Da der Kläger nicht außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte und seinem Wohnort tätig wurde, können weder Verpflegungsmehraufwendungen noch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden.

Sollbesteuerung: Ist eine mehrjährige Vorfinanzierung rechtmäßig?

Ist ein Unternehmer verpflichtet, die geschuldete Umsatzsteuer vorzufinanzieren, auch wenn er die Vergütung erst 2 Jahre nach Leistungserbringung erhalten kann.

Hintergrund

X war als Spielervermittlerin im Profifußball tätig. Sie versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Von den Vereinen erhielt sie bei erfolgreicher Vermittlung eines Spielers Provisionszahlungen. Voraussetzung für den Vergütungsanspruch war u. a., dass der Spieler beim neuen Verein einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Die Provisionen wurden dann in Raten verteilt auf die Laufzeit des Arbeitsvertrags gezahlt.

Das Finanzamt ging davon aus, dass X ihre im Jahr 2012 erbrachten Vermittlungsleistungen für 3 Spieler bereits in 2012 versteuern musste, auch wenn sie Teile des Entgelts für diese Vermittlungen erst im Jahr 2015 beanspruchen konnte. Das Finanzamt verlangte dementsprechend bereits im Jahr 2012 die Umsatzsteuer für die erst 2015 fälligen Provisionen. Dagegen wehrte sich X mit ihrer Klage.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof setzte das Revisionsverfahren aus und leitete ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof ein.

Nach dem gesetzlichen Wortlaut ist nur entscheidend, ob die Lieferung oder die Leistung erbracht wurde. Ob das Entgelt vereinnahmt werden kann, spielt keine Rolle. Der Bundesfinanzhof zweifelt daran, ob diese unbedingte Entstehung des Steueranspruchs gerechtfertigt ist. Denn als Folge muss der Unternehmer die von ihm für den Zeitraum der Leistungserbringung geschuldete Steuer über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorfinanzieren. Dabei stellt der Bundesfinanzhof auch die Frage der Vereinbarkeit der unterschiedlichen Behandlung vereinnahmter Entgelte bei der Soll-Versteuerung und bei der Ist-Versteuerung mit dem Gleichheitsgrundsatz. Schließlich möchte der Bundesfinanzhof auch geklärt haben, ob die Mitgliedstaaten befugt sind, bereits für den Besteuerungszeitraum der Steuerentstehung von einer Berichtigung der Steuerbemessungsgrundlage auszugehen, wenn der Unternehmer den zu vereinnahmenden Betrag mangels Fälligkeit erst nach über 2 Jahren vereinnahmen kann.