Unverzinsliche Kaufpreisraten: Wann trotzdem ein Zinsanteil versteuert werden muss

Verkaufen die Eltern einem Kind ein Grundstück und erreichen die vereinbarten Kaufpreisraten in der Summe nicht den Verkehrswert des Grundstücks, wird aus diesen Raten ein Zinsanteil heraus gerechnet. Diesen müssen die Eltern als Einnahmen aus Kapitalvermögen versteuern.

Hintergrund

Die Eltern verkauften einem ihrer Kinder ein Grundstück. Als Kaufpreis vereinbarten sie unverzinsliche monatliche Raten von 1.000 EUR. Die Laufzeit betrug mehr als 30 Jahre. Die nicht abgezinste Summe dieser Raten lag knapp unter dem Verkehrswert des Grundstücks. Das Finanzamt rechnete aus den Raten einen Zinsanteil heraus und behandelte diesen als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Entscheidung

Das Finanzgericht bestätigte die Vorgehensweise des Finanzamts. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs enthält jede langfristig gestundete Forderung einen Zinsanteil. Das gilt auch dann, wenn eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen ist. Zwar hat der BFH für den Fall eines Erb- oder Pflichtteilsverzichts eine Ausnahme zugelassen. Im Urteilsfall war jedoch keine Erbregelung zu erkennen.

Weil ein verbilligter Kauf vorliegt, wird nach der sog. Trennungstheorie, die bei Verkauf von Privatvermögen greift, der Vertrag für die steuerliche Beurteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt. Aus dem entgeltlichen Teil wird wie bei einem voll entgeltlichen Verkauf ein Zinsanteil herausgerechnet. Dafür spricht auch, dass der Käufer nur den abgezinsten Barwert der Raten als Anschaffungskosten ansetzen darf.

Wesentliche Änderung im Bauvertrag: Wann liegt noch ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor?

Ändert sich das Angebot des Veräußerers aufgrund geänderter Flächengrößen bzw. höherer Baukosten um mehr als 10 %, kann dies gegen das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands sprechen.

Hintergrund

Die X-GbR kaufte von verschiedenen Grundstückseigentümern mehrere Grundstücke zur Bebauung. Vor dem Abschluss der Kaufverträge holte X das Angebot eines Generalübernehmers auf Abschluss eines Bauerrichtungsvertrags ein, das sich im Wesentlichen auf die Errichtung mehrerer Hallen bezog. Der tatsächlich abgeschlossene Bauerrichtungsvertrag beinhaltete jedoch neben der Errichtung der Hallen zusätzlich den Bau eines Konferenzgebäudes und weiterer Bauwerke, wodurch sich die Baukosten um 12 % erhöhten.

Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass die Grundstücke von der GbR nach den Grundsätzen über den einheitlichen Erwerbsgegenstand in bebautem Zustand erworben worden waren. Der Festsetzung der Grunderwerbsteuer legte es daher den Kaufpreis der Grundstücke und die Kosten für die Errichtung der Gebäude als Bemessungsgrundlage zugrunde. Das Finanzgericht schloss sich dieser Vorgehensweise grundsätzlich an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die GbR die Grundstücke in unbebautem Zustand erworben hatte und bezog die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein.

Zwar gehören zur Gegenleistung als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Ergibt sich jedoch aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskaufvertrag in einem rechtlichen oder objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Abweichungen, die den üblichen Rahmen nicht überschreiten, schließen den objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen den Verträgen nicht aus.

In bestimmten Fällen wird die Grunderwerbsteuer jedoch auf den Kaufpreis für das Grundstück beschränkt. So z. B., wenn nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags das Angebot der Veräußererseite modifiziert wird, sodass sich die Flächengrößen bzw. die Baukosten um mehr als 10 % verändern, oder wenn ein zusätzliches Gebäude abweichend vom ursprünglichen Angebot errichtet wird.

Im vorliegenden Fall fehlt es an einem objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und dem Bauerrichtungsvertrag. Die wesentliche Änderung des Angebots ergibt sich aus der Aufnahme des Konferenzgebäudes und der Erhöhung der Baukosten um rund 12 %. Durch die Errichtung des Konferenzgebäudes wurde die Baumaßnahme entscheidend mitgeprägt. Deshalb sind die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen.

Photovoltaikanlage: Wann können Verluste aus dem Betrieb anerkannt wer-den?

Um festzustellen, ob Liebhaberei vorliegt, muss grundsätzlich die Gewinnerzielungsabsicht geprüft werden. Der Verlust aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage kann aber auch bei negativer Gewinnprognose steuerlich anerkannt werden.

Hintergrund

Der Kläger erwarb einen Anteil an einem Erbbaurecht an Grundstücken. Damit verbunden war das Recht, Teilflächen zur Errichtung einer Photovoltaikanlage zu benutzen. Darüber hinaus kaufte er von einer Personengesellschaft 2 Photovoltaikanlagen. Geplant war laut dem Verkaufsprospekt einen Solarpark aus unabhängigen Einzelanlagen. Im Prospekt fand sich auch eine Ertragsprognose. Die tatsächliche Leistung der Anlagen wich jedoch von dieser Prognose ab. Deshalb erklärte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung entsprechend Verluste aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab und stufte den Betrieb der Photovoltaikanlage als Liebhaberei ein.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Einschätzung des Finanzamts nicht und gab der Klage statt.

Insbesondere muss die Gewinnerzielungsabsicht zweistufig geprüft werden. Im vorliegenden Fall war zwar die Ergebnisprognose negativ. Zu würdigen sind aber auch die Gründe dafür. Da die verlustbringende Tätigkeit nicht auf persönlichen Gründen des Klägers beruhte, erkannte das Finanzgericht die Verluste an.

Doppelte Haushaltsführung: Kosten der Einrichtung sind unbegrenzt abziehbar

Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind zwar die abzugsfähigen Unterkunftskosten auf 1.000 EUR begrenzt. Die Kosten für notwendige Einrichtungsgegenstände der Zweitwohnung sollen nach einem neuen Urteil aber nicht dazu gehören, sondern unbegrenzt abzugsfähig sein.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer unterhielt neben seinem eigenen Hausstand (Lebensmittelpunkt) eine Wohnung am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte. Mit seiner Einkommensteuererklärung begehrte er den Abzug von notwendigen Mehraufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung. Insbesondere machte er die Miete zuzüglich Nebenkosten und Aufwendungen für Möbel und Einrichtungsgegenstände geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte lediglich einen Betrag von 1.000 EUR pro Monat. Mit seiner Klage machte der Arbeitnehmer geltend, dass die Aufwendungen für die Einrichtung der Zweitwohnung keine Unterkunftskosten darstellen und deshalb unbeschränkt abzugsfähig sind.

Entscheidung

Das Finanzgericht sah das genauso, die Klage hatte deshalb Erfolg.

Nach Auffassung der Richter werden Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und notwendigen Hausrat nicht vom Höchstbetrag erfasst. Sie verweisen auch auf die überwiegende Literaturauffassung. Nach dieser können die Aufwendungen für die Möblierung der Wohnung oder Unterkunft sowie für den Hausrat, soweit sie den Rahmen des Notwendigen nicht übersteigen, steuerlich berücksichtigt werden, und zwar zusätzlich zu den Unterkunftskosten. Der Höchstbetrag spielt für Einrichtungskosten also keine Rolle.

Pilot und Flugbegleiter: Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte

Ist im Arbeitsvertrag von Piloten und Flugbegleitern ein bestimmter Flughafen als erste Tätigkeitsstätte festgelegt, können die Fahrten von der Wohnung zu diesem Flughafen nur mit der Entfernungspauschale abgerechnet werden. Eine steuerfreie Arbeitgebererstattung der Fahrtkosten ist nicht möglich.

Hintergrund

Die Eheleute und Kläger waren in der Luftfahrtbranche tätig. Er war als Pilot und sie als Flugbegleiterin angestellt. Zu Beginn eines Arbeitstags suchten sie immer denselben Flughafen auf, von dem aus sie ihre Einsätze begannen. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie die Fahrten zum Flughafen als Dienstreisen geltend. Das Finanzamt erkannte jedoch nur die Entfernungspauschale an.

Entscheidung

Das Finanzgericht lehnte ebenfalls die Anerkennung der Fahrtkosten als Reisekosten ab. Die Richter waren der Ansicht, dass der regelmäßig aufgesuchte Flughafen des Piloten und der Flugbegleiterin deren erste Tätigkeitsstätte darstellt.

Die erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Da laut den Arbeitsverträgen die Kläger diesem Flughafen zugeordnet waren, war er damit die erste Tätigkeitsstätte. Beide Kläger waren jeweils vor und nach dem Streckeneinsatz am Flughafen anwesend. Außerdem fanden dort Lehrgänge, Bürotätigkeiten, Gesundheitsprüfungen und Trainingseinheiten statt. Das genügte dem Gericht für die Annahme der ersten Tätigkeitsstätte.

Wann allgemeine Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer steuerfrei ist

Übernimmt ein Arbeitgeber Kosten zur allgemeinen Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer, können diese bis zu 500 EUR pro Jahr und Arbeitnehmer steuerfrei bleiben. Das gilt aber längst nicht für jede Maßnahme. Die Teilnahme an einer sogenannten Sensibilisierungswoche des Arbeitgebers ist nämlich als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen.

Hintergrund

Ein einwöchiges Seminar sollte als Teil eines vom Arbeitgeber mitentwickelten Gesamtkonzepts dazu dienen, die Beschäftigungsfähigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Motivation der aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend alternden Belegschaft zu erhalten. Insbesondere wurden grundlegende Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil vermittelt.

Das Angebot richtete sich zwar an sämtliche Arbeitnehmer, eine Verpflichtung zur Teilnahme bestand jedoch nicht. Die Kosten für die Teilnahme in Höhe von ca. 1.300 EUR trug der Arbeitgeber. Der teilnehmende Arbeitnehmer musste im Gegenzug für die Teilnahmewoche ein Zeitguthaben oder Urlaubstage aufwenden.

Das Finanzamt sah den Wert der “Sensibilisierungswoche” als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte dieser Einschätzung des Finanzamts und wies die Klage ab.

Nur wenn ein Vorteil im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt wird, liegt kein Arbeitslohn vor. Vor allem bei Maßnahmen zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten wird das regelmäßig der Fall sein.

Im vorliegenden Fall handelte es sich aber bei der Sensibilisierungswoche um eine gesundheitspräventive Maßnahme. Diese hatte keinen Bezug zu berufsspezifisch bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Diese allgemeine Gesundheitsvorsorge liegt zwar auch im Interesse eines Arbeitgebers, aber vor allem im persönlichen Interesse der Mitarbeiter.

Urlaubsentgelt: Zeiten der Rufbereitschaft sind mit zu berücksichtigen

Werden einem Arbeitnehmer die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft vergütet, muss dieses Entgelt bei der Entgeltfortzahlung für Urlaub einbezogen werden.

Hintergrund

Der Kläger ist als Oberarzt beschäftigt. Er leistete regelmäßig Rufbereitschaftsdienste aufgrund eines im Voraus festgesetzten Dienstplans, während dieser er zu mehreren Einsätzen im Krankenhaus gerufen wurde. Die entsprechenden Einsatzzeiten im Krankenhaus und die anlässlich dieser Einsätze zurückgelegten Wegezeiten wurden ihm als Überstunden vergütet.

Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigte der Arbeitgeber allerdings nicht die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der geleisteten Rufbereitschaft. Der Kläger verlangte ein weiteres Urlaubsentgelt von 136,73 EUR brutto je Urlaubstag, weil die für die Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft geleistete Vergütung kein zusätzlich für Überstunden gezahltes Entgelt darstellt. Während des Urlaubs darf er finanziell nicht schlechter gestellt werden, als wenn er regulär gearbeitet hätte.

Der Arbeitgeber ist dagegen der Ansicht, dass Rufbereitschaft und die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft nicht zur regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers zählen.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht urteilte zugunsten des Klägers. Die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft und das dadurch zustehende Entgelt ist bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten einzubeziehen.

Würde man die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten unberücksichtigt lassen, wäre dies mit dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nicht vereinbar. Ansonsten würde der Kläger während seines Jahresurlaubs nicht sein gewöhnliches Entgelt erhalten.

Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, dass es zur Erfüllung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub nicht ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs nicht arbeiten muss. Darüber hinaus muss die Zeit der Freistellung von der Arbeit auch bezahlt sein.

Darf der Abgeltungsteuersatz auch bei mittelbarer Beteiligung angewendet werden?

Ist ein Gläubiger an einer Kapitalgesellschaft mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt, ist damit nicht automatisch bei einer Darlehensgewährung an diese Gesellschaft der Abgeltungsteuersatz von 25 % ausgeschlossen.

Hintergrund

Die Eheleute verkauften ein Grundstück an die L-GmbH, an der sie mittelbar beteiligt waren. Hauptgesellschafterin der L-GmbH war die F-GmbH zu 94 %. An der F-GmbH waren die Eheleute zu jeweils mehr als 10 % beteiligt. Der Kaufpreis wurde in ein unkündbares Darlehen mit einem Jahreszinssatz von 3 % und einer jährlichen Zins- und Tilgungsleistungsrate von 100.000 EUR umgewandelt.

Das Finanzamt unterwarf die Zinszahlungen der tariflichen Einkommensteuer. Die Eheleute beantragten dagegen den Abgeltungsteuersatz von 25 %, da sie an der L-GmbH nicht direkt, sondern lediglich mittelbar über die F-GmbH beteiligt waren.

Das Finanzgericht entschied, dass zumindest die Zinseinnahmen der Ehefrau dem Abgeltungsteuersatz unterliegen. Der Ehemann war dagegen im Verhältnis zur L-GmbH eine “nahestehende Person”. Er konnte wegen seiner Mehrheitsbeteiligung an der F-GmbH gegenüber der L-GmbH einen beherrschenden Einfluss geltend machen. Seine Zinszahlungen unterliegen deshalb der tariflichen Einkommensteuer.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts gegen die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes zurück. Zwar gilt der Abgeltungsteuersatz nicht, wenn Kapitalerträge an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Eine mittelbare Beteiligung ist einer unmittelbaren jedoch nicht gleichzustellen. Mittelbar Beteiligte als Gläubiger der Kapitalerträge können deshalb auch bei Überschreiten der 10-%-Grenze vom Abgeltungsteuersatz profitieren.

Darüber hinaus ist die Ehefrau als Darlehensgeberin keine der Anteilseignerin (F-GmbH) nahestehende Person. Ein Näheverhältnis setzt eine enge Beziehung i. S. e. beherrschenden Einflusses voraus. Ein solches Verhältnis hätte im vorliegenden Fall nur vorgelegen, wenn die Ehefrau eine Beteiligung an der F-GmbH hätte, die es ihr ermöglichen würde, ihren Willen in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Daran fehlt es jedoch bei der Beteiligung der Ehefrau mit zunächst 11 % und später 23 %.

Fristberechnung: Wenn es kompliziert wird, muss der Anwalt selber rechnen

Feiertage gelten nicht in allen Bundesländern gleichermaßen. Vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist der Ablauf einer Frist deshalb oft nicht so einfach zu berechnen. Der Anwalt muss dann die Frist entweder selbst berechnen oder die Fristberechnung seiner Angestellten überprüfen.

Hintergrund

Der Anwalt hatte eine Kanzlei mit Sitz in München. Am 6.1.2016 endete eine Berufungsbegründungsfrist beim Oberlandesgericht Koblenz. Die Berufungsbegründung ging aber erst am 7.1.2016 dort ein. Der 6.1. ist in Bayern ein Feiertag, in Rheinland-Pfalz aber nicht. Die Berufungsbegründung wurde deshalb als verfristet nicht vom Gericht akzeptiert.

Seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der Anwalt mit diesen Argumenten: Seine Rechtsanwaltsfachangestellte hatte das Ende der Berufungsbegründungsfrist fälschlicherweise auf den 7.1. notiert, da der 6.1. in Bayern seit jeher ein gesetzlicher Feiertag ist. Dabei hatte sie übersehen, dass dieser Tag in Rheinland-Pfalz kein Feiertag ist. Außerdem war dem angefochtenen Urteil keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden, aus der sich das Oberlandesgericht Koblenz als Rechtsmittelgericht ergeben hätte.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht Koblenz folgte diesen Argumenten nicht. Insbesondere war eine Rechtsmittelbelehrung nicht nötig, da die Partei anwaltlich vertreten wurde und sie deshalb keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedurfte.

Darüber hinaus war das Versäumen der Rechtsmittelfrist vom Anwalt verschuldet. Die Berechnung der Frist hätte hier nicht auf eine Assistentin übertragen werden dürfen, auch wenn diese sorgfältig ausgesucht und geschult war sowie ordnungsgemäß überwacht wurde. Zumindest hätte der Anwalt das Ergebnis ihrer Berechnung auf jeden Fall noch vor Fristablauf kontrollieren müssen. Denn der Fristablauf war vorliegend wegen der nicht bundeseinheitlich geregelten Feiertage keine einfache und übliche Frist, deren Berechnung Angestellten übertragen werden dürfte. Der Anwalt hätte also selbst rechnen müssen.

Besonderes Kirchgeld: Kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention

Die Erhebung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedenen Ehen verstößt nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Deshalb können konfessionslose Steuerpflichtige weiterhin über ihren Ehepartner an der Kirchensteuer beteiligt werden.

Hintergrund

Das “besondere Kirchgeld” wird als spezielle Form der Kirchensteuer von Ehegatten erhoben, die in einer sog. glaubensverschiedenen Ehe leben. Bei einer glaubensverschiedenen Ehe gehört nur ein Ehegatte einer Kirche an, die Kirchensteuern erhebt. Das besondere Kirchgeld wird insbesondere dann fällig, wenn das Kirchenmitglied kein oder nur geringes Einkommen hat und zusammen mit seinem besser verdienenden, konfessionslosen Ehegatten zur Einkommensteuer veranlagt wird.

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatten 5 Steuerpflichtige Beschwerde gegen das besondere Kirchgeld erhoben. Sie alle lebten in einer Ehe, bei der jeweils ein Ehepartner der Kirche angehört, der andere nicht, und hatten jeweils die Zusammenveranlagung gewählt.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war der Ansicht, dass das besondere Kirchgeld das Recht auf negative Religionsfreiheit nicht verletzt. Den Einwand der Steuerpflichtigen, dass sie Kirchensteuer an eine Kirche zahlen müssten, der sie gar nicht angehören würden, ließ er nicht gelten. Denn nach deutschem Recht besteht die Möglichkeit, sich einzeln veranlagen zu lassen und sich damit gegen eine Zusammenveranlagung mit dem Kirchenmitglied zu entscheiden. Die Einzelveranlagung bewirkt, dass kein besonderes Kirchgeld mehr bezahlt werden muss, damit verzichtet man aber auch u. a. auf den günstigen Splittingtarif.