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Antrag auf Realsplitting ist nicht immer ein rückwirkendes Ereignis

Wird der Antrag auf Abzug von Unterhaltsleistungen im Wege des Realsplittings erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides gestellt, lag die Zustimmungserklärung des Unterhaltsempfängers aber bereits vor Eintritt der Bestandskraft vor, ist kein rückwirkendes Ereignis gegeben.

Hintergrund

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten können als Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Die Zustimmung verlangt das Gesetz, weil der Unterhaltsempfänger im Fall des Sonderausgabenabzugs die Unterhaltsleistungen versteuern muss. Dieses einvernehmliche Wahlrecht kann bis zur Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide ausgeübt werden. Gehen Antrag und Zustimmung erst nach der Bestandskraft der Bescheide beim Finanzamt ein, können die Steuerfestsetzungen geändert werden, weil ein rückwirkendes Ereignis eingetreten ist, also ein Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Die gegebene Zustimmung bindet den Unterhaltsempfänger auf Dauer; sie kann jedoch vor Beginn des Kalenderjahres, für das sie erstmals nicht mehr gelten soll, widerrufen werden.

Der Fall

Der Ehemann lebte seit mehreren Jahren getrennt und leistete an seine Ehefrau monatlichen Barunterhalt. Diesen hatte das Finanzamt in den Jahren 2003 bis 2006 antragsgemäß und mit Zustimmung der Ehefrau als Sonderausgaben des Ehemanns berücksichtigt. Für das Jahr 2007 ließ der Ehemann die Einkommensteuererklärung von seinem Steuerberater vorbereiten. Dabei wurden weder in den elektronisch übermittelten Daten noch in den von S übersandten Anlagen zur Einkommensteuererklärung in Papierform Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben geltend gemacht. Das Finanzamt führte die Veranlagung erklärungsgemäß durch. Der Bescheid wurde nicht angefochten. Nach Bestandskraft des Bescheids beantragte der Steuerberater für den Ehemann die Änderung des Bescheids, um die Unterhaltsleistungen doch noch geltend machen zu können. Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab. Die Klage beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht und entschied, dass hier eine Änderung des bestandskräftigen Bescheids wegen eines rückwirkenden Ereignisses nicht möglich ist.

Die Begründung: Zwar kann ein Steuerbescheid geändert werden, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Es muss jedoch ein Bedürfnis bestehen, eine schon bestandskräftig getroffene Regelung an die nachträgliche Sachverhaltsänderung anzupassen. Ein solches Bedürfnis für eine Rückwirkung, die die Bestandskraft durchbricht, lag im Streitfall nicht vor. Da die dauerhaft wirkende Zustimmung der Ehefrau als Unterhaltsempfängerin bereits vor der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids vorlag, hatte es allein der Ehemann als Unterhaltsleistender in der Hand, den Antrag auf Realsplitting rechtzeitig vor Eintritt der Bestandskraft zu stellen.