Wird eine vom Erblasser hinterzogene Einkommensteuer nach dem Erbfall nicht festgesetzt, kann der Erbe diese nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen. Das gilt selbst dann, wenn er das Finanzamt zeitnah unterrichtet hat.
Hintergrund
A ist der Enkel der 2004 verstorbenen Erblasserin E. E hatte ein Kapitalvermögen von ca. 2,8 Mio. EUR teilweise in Luxemburg angelegt. Kapitalerträge daraus hatte sie in ihren Einkommensteuer-Erklärungen nicht erklärt. Erben waren A und der Bruder B der E zu je 1/2.
Ende 2004 offenbarte A das Vermögen der E. Im Januar 2006 erklärte er gegenüber dem zuständigen Finanzamt die nicht versteuerten Zinseinkünfte nach. Im Rahmen der Festsetzung sah das Finanzamt Beträge ohne Währungsangabe fälschlicherweise als DM-Beträge an und rechnete sie bei der Änderung der Einkommensteuer-Bescheide zugunsten der Erben in EUR-Beträge um. Die Einkommensteuer wurde dementsprechend zu niedrig festgesetzt. Insgesamt ergaben sich Nachzahlungen inklusive Zinsen von ca. 150.000 EUR.
A erklärte dagegen in seiner Erbschaftsteuer-Erklärung Nachlassverbindlichkeiten von 370.000 EUR. Denn die materiell-rechtlich zutreffende Steuerverbindlichkeit sei als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch lediglich die sich aus den Einkommensteuer-Bescheiden ergebenden Beträge.
Vor dem Finanzgericht hatte A mit seiner Klage Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat dagegen die Klage abgewiesen.
Der Abzug als Nachlassverbindlichkeit setzt voraus, dass die Steuerschulden im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits entstanden waren oder der Erblasser den einkommensteuerrechtlichen Tatbestand verwirklicht hatte und die Steuerschulden auch eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben.
An der wirtschaftlichen Belastung im Todeszeitpunkt fehlt es, wenn bei objektiver Betrachtung in diesem Zeitpunkt angenommen werden kann, dass der Steuergläubiger seine Forderung nicht geltend machen werde. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Erblasser die Einkünfte verschwiegen hatte und das Finanzamt von den entsprechenden Steueransprüchen nichts erfahren konnte.
Nach der bisherigen Auffassung des Bundesfinanzhofs war bei einer Steuerhinterziehung eine wirtschaftliche Belastung gegeben, wenn der Erbe das zuständige Finanzamt so zeitnah über die Steuerangelegenheit unterrichtet hatte, dass eine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer möglich war. An dieser Auffassung hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest. Eine wirtschaftliche Belastung liegt nur dann vor, wenn die hinterzogene Steuer später auch tatsächlich festgesetzt wird.
Die Steuern auf die Erträge der E aus dem ausländischen Vermögen stellten beim Eintritt des Erbfalls keine wirtschaftliche Belastung dar. Soweit sie auch später nicht festgesetzt wurden, können sie nicht als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.