Sind medizinische Analysen eines Laborarztes von der Umsatzsteuer befreit, obwohl kein Vertrauensverhältnis zum Patienten besteht? Diese Frage legte der Bundesfinanzhof jetzt dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vor.
Hintergrund
Ein Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik führte in den Jahren 2009 bis 2012 ausschließlich Umsätze an ein Laborunternehmen aus. Dieses erbrachte Laborleistungen an niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Der Laborarzt leistete monatlich vergütete medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten im Rahmen konkreter Behandlungsverhältnisse dienten.
Anders als der Arzt, der davon ausging, dass seine Umsätze gegenüber dem Laborunternehmen als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei sind, behandelte das Finanzamt seine Umsätze als steuerpflichtig. Denn die Leistungen beruhten nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten.
Das Finanzgericht gab dem Arzt recht und entschied, dass begünstigte ärztliche Leistungen für Heilbehandlungen kein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient voraussetzen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof folgt der Entscheidung des Finanzgerichts und vertritt die Auffassung, dass die von einem Laborarzt durchgeführten medizinischen Analysen, die außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden Arztes durchgeführt werden, Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind. Damit erfüllen die Leistungen eines Laborarztes die Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Denn medizinische Analysen ermöglichen die vorbeugende Untersuchung der Patienten und dienen damit dem mit der Steuerbefreiung verfolgten Zweck der Senkung der ärztlichen Kosten.
Fraglich ist jedoch, ob dieser Einschätzung europarechtliche Regelungen entgegenstehen. Dem Europäischen Gerichtshof wird deshalb die Frage zur Klärung vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen Laborleistungen steuerbefreit sind.
Außerdem stellt sich die Frage, ob ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient vorausgesetzt wird. Denn das in früheren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs behandelte Merkmal “im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem” findet sich in neueren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr. Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist. Ein solches Vertrauensverhältnis bildet lediglich einen typischen Anwendungsfall der Befreiungsvorschrift.