Eine einheitliche Erstausbildung liegt nicht mehr vor, wenn die von dem Kind ausgeübte Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig dienen.
Hintergrund
Die volljährige Tochter T befand sich bis Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Von November 2013 bis Juli 2016 absolvierte T einen berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben arbeitete sie bei einer Stadtverwaltung in Vollzeit. Die Familienkasse lehnte die Zahlung des Kindergeldes ab August 2013 ab. Ihrer Meinung nach hatte T bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen. Während der Zweitausbildung war sie einer zu umfangreichen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Das Finanzgericht sah den Lehrgang noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung an und gab der Klage statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof urteilte deutlich strenger. Er hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenzufassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte) zueinanderstehen und in engem zeitlichem Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt jedoch dann nicht mehr vor, wenn die nach Erlangung des ersten Berufsabschlusses aufgenommene Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf dienen.
Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht u. a. eine längerfristige Bindung an einen Arbeitgeber durch ein zeitlich unbefristetes oder auf mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis oder eine annähernde Vollzeittätigkeit und Besuch der Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende. Wird dagegen die Wochenarbeitszeit von 20 Stunden nur geringfügig überschritten oder ist die Teilzeittätigkeit so verteilt, dass sie sich dem Ausbildungsplan anpasst, spricht dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung.
Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob T mit ihrem Vollzeitarbeitsverhältnis bereits in den von ihr angestrebten Beruf eingetreten ist und den Verwaltungslehrgang nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme absolvierte. Darüber hinaus muss geklärt werden, ob das Ausbildungsverhältnis dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis.