Bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist ein Unterhaltsbeitrag bei der anzustellenden Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Dieser mindert zudem die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen.
Hintergrund
Der Sohn der Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G schwerbehindert. Nachdem eine Anfrage der Familienkasse bei der Agentur für Arbeit ergeben hatte, dass der Sohn die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach § 76 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 1.7.2015 auf. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Kindergeldantrag für den Monat Januar 2016.
Die Klägerin machte geltend, dass der Sohn aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem waren die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung gegeben. Denn der Sohn absolvierte zunächst eine Ausbildung und wurde anschließend zum 13.6.2015 in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis übernommen. Nach § 76 Abs. 2 Satz 4 SGB IX war im ersten Jahr der Beschäftigung nach Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis kraft Gesetzes eine Mehrfachanrechnung (2 Pflichtarbeitsplätze) gegeben.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Klägerin für Januar 2016 kein Kindergeld zustand.
Ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen geprüft. Das sind einerseits die dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel, andererseits sein existenzieller Lebensbedarf.
Die Frage, ob das behinderte Kind überhaupt außerstande ist sich selbst zu unterhalten, ist grundsätzlich nach dem Monatsprinzip zu prüfen. Ein etwaiger Unterhaltsbeitrag ist bei der Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Er mindert die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen. Dass die Klägerin die objektive Feststellungslast für einen über den Behinderten-Pauschbetrag hinausgehenden individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf ihres Sohnes trug, konnte die von der Klägerin erstrebte Pauschalierung nicht rechtfertigen.