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Verkauf von Gesellschaftsanteilen: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?

Existiert eine typisierende spezielle Missbrauchsregelung, kommt normalerweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO nicht zur Anwendung. Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird.

Hintergrund

Der Übernahme der D-GmbH und dem damit zusammenhängenden Erwerb von Gesellschaftsanteilen lag ein sehr umfangreiches Regel- und Vertragswerk zugrunde. Dadurch war es gelungen, dass faktisch eine nur mit 5 % zu besteuernde Dividende vereinnahmt wurde. Das Finanzamt ging jedoch von einem höheren Kaufpreis für die GmbH-Anteile aus. Die vorgenommenen Gestaltungen waren seiner Ansicht nach nur erfolgt, um den Kaufpreis in steuerlicher Hinsicht zu minimieren. Dies war als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO steuerlich nicht anzuerkennen. Die Klägerin geht dagegen von notwendigen und angemessenen Umstrukturierungsmaßnahmen aus.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Selbst wenn eine typisierende Missbrauchsregelung vorliegt, kann ausnahmsweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO angewendet werden – und zwar, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird. § 42 AO enthält keinen normativen Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit. Die Angemessenheit ist stattdessen dem umgangenen Gesetz und den speziellen Missbrauchsvorschriften zu entnehmen.

Nach Ansicht der Finanzrichter dienten die rechtlichen Gestaltungen im vorliegenden Fall gezielt dazu, die Spezialvorschriften zu umgehen und ihre Wirkung zu minimieren. Somit führt die Anwendung des § 42 AO nicht zu einer Erweiterung der Rechtsfolge. Die gewählte rechtliche Gestaltung, den Kaufpreis für den Anteilserwerb zu entrichten, diente erkennbar keinem wirtschaftlichen Zweck.