Der Bundesfinanzhof äußerte kürzlich in einem Urteil schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe von Nachzahlungszinsen. Das gilt zumindest für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015. Die Finanzverwaltung gewährt nun aufgrund dessen vorläufigen Rechtsschutz.
Hintergrund
Der Zinssatz beträgt 0,5 % für jeden vollen Kalendermonat des Zinslaufs, mithin 6 % per anno.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in seiner neuesten Entscheidung begegnet diese Zinshöhe durch ihre realitätsfremde Bemessung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet angesichts der zu dieser Zeit bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße.
Zur Frage, ob der gesetzliche Zinssatz für Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2009 bzw. 31.12.2011 verfassungsgemäß ist, liegen dem Bundesverfassungsgericht jedoch seit längerer Zeit die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen wegen der Höhe des Zinssatzes von Nachforderungszinsen zur Gewerbesteuer vor.
Verfügung
Obwohl der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume bestätigte, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, den Beschluss des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus in allen Fällen, in denen eine vollziehbare Zinsfestsetzung vorliegt, in der der gesetzliche Zinssatz zugrunde gelegt wird, für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 anzuwenden und insoweit auf Antrag des Zinsschuldners im Einspruchsverfahren Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Für die Zeit bis zu einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage durch das Bundesverfassungsgericht werden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder darüber hinaus mit geeigneten Maßnahmen Vorsorge treffen, dass die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in möglichst allen betroffenen Fällen zur Wirkung gebracht werden kann. Gegen Zinsfestsetzungen, die insoweit nicht vorläufig ergangen sind, bedarf es im Einzelfall allerdings der Einlegung eines Einspruchs, und zwar unabhängig davon, ob die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung beantragt wird.