Beginnen die Ermittlungen der Steuerfahndung, bevor die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, und beruht die Steuerfestsetzung auf konkreten Ermittlungen der Steuerfahndung, stellt sich die Frage, welche Folgen eine Selbstanzeige des Steuerpflichtigen auf die Ablaufhemmung hat.
Hintergrund
Die Eheleute und Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 im Jahr 1998 ab. Im Jahr 2008 gaben sie für die Jahre 1996, 1997 und für die Jahre 2000 bis 2006 Selbstanzeigen ab. In diesen erklärten sie Kapitalerträge aus Liechtenstein nach. Durch eine sog. Steuer-CD hatte das Finanzamt schon im Jahr 2007 Hinweise auf das Depot der Eheleute in Liechtenstein erhalten. Die Prüferin der Steuerfahndung wertete die übermittelten Unterlagen und die Steuerakten im Jahr 2007 aus. Das Vorermittlungsergebnis für 1996 bis 2006 hielt sie in einem Verdachtsprüfungsvermerk vom September 2007 fest. Im Januar 2008 leitete die Steuerfahndung ein Steuerstrafverfahren wegen unrichtiger Erklärungen für die Jahre 2002 bis 2006 ein. Nachdem im April 2008 ein Prüfungsauftrag der Steuerfahndung für den Zeitraum 1996 bis 2006 ergangen war, forderte die Prüferin von den Eheleuten Unterlagen zu den liechtensteinischen Anlagen an.
Im Juni 2010 erließ das Finanzamt Änderungsbescheide für 1996 und 1997 wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen. Die Eheleute machten Festsetzungsverjährung geltend, da aufgrund der Abgabe der Steuererklärungen im Jahr 1998 die bei Steuerhinterziehung geltende reguläre 10-jährige Verjährungsfrist zum Jahresende 2008 abgelaufen war. Auch die Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Selbstanzeigen um 1 Jahr nach Eingang der Anzeige im Mai 2008 war ihrer Meinung nach im Mai 2009 abgelaufen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass eine Nacherklärung von Besteuerungsgrundlagen eine auf Ermittlungen der Steuerfahndung beruhende Ablaufhemmung hinsichtlich derselben Besteuerungsgrundlagen nicht ausschloss. Das Finanzamt musste damit nach der Abgabe der Nacherklärung nicht abwarten, ob die Kläger zu den hinterzogenen Einkünften bis zum Ablauf der 1-jährigen Hemmungsfrist ausreichende Angaben machten. Vielmehr konnte das Finanzamt vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eigene Ermittlungen anstellen, um selbst eine Hemmung herbeizuführen. Diese Ablaufhemmung endet erst, wenn aufgrund der Prüfung Steuerbescheide ergehen und diese unanfechtbar werden. Voraussetzung für den Eintritt der Hemmung ist jedoch, dass die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht.
Die Ablaufhemmung war deshalb für die Jahre 1996 und 1997 nur eingetreten, wenn die Steuerfahndung noch im Jahr 2008 Ermittlungshandlungen vorgenommen hatte, die der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dieser Jahre dienten. Ob diese Voraussetzung vorlag, ließ sich aus Sicht des Bundesfinanzhofs jedoch nicht klären. Der Geschehensablauf sprach eher dafür, dass die Prüferin der Steuerfahndung erst im Februar 2009 und somit nach Fristablauf eine detaillierte Ermittlungshandlung hinsichtlich der Jahre 1996 und 1997 vornahm. Auf die Aktenauswertung und den Verdachtsprüfungsvermerk vom September 2007 konnte nicht abgestellt werden. Denn insoweit handelte es sich lediglich um Vorbereitungshandlungen für eine durchzuführende Prüfung. Die begonnene Fahndungsprüfung wurde nach Beendigung der Vorbereitungshandlungen zunächst wieder unterbrochen.
Das Finanzgericht muss feststellen, ob vor Jahresende 2008 detailliert Unterlagen zur Prüfung der nacherklärten Erträge für die Jahre 1996 und 1997 angefordert wurden und ob die späteren Steuerfestsetzungen auf dieser Unterlagenanforderung beruhten.