Zur Feststellung einer Mitunternehmerschaft anhand der Gesamtumstände

Bleibt das Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück, kann trotzdem eine atypisch stille Gesellschaft vorliegen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist.

Hintergrund

X beteiligte sich als stiller Gesellschafter an der A-GmbH. Deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war A, der Vater des X. X war zu 20 % am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft oblag allein A. X war neben dem familienfremden Dritten B leitender Angestellter der GmbH.

Das Finanzamt erfasste die Einnahmen des X aus der stillen Beteiligung nicht mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, sondern mit dem tariflichen Steuersatz.

Die Klage des X vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts bestand kein Näheverhältnis zwischen X und A i. S. v. § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die Aufhebung erfolgte aus verfahrensrechtlichen Gründen. Denn das Finanzgericht hätte das Klageverfahren gegen die Einkommensteuer-Bescheide aussetzen müssen, um den Abschluss der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte abzuwarten. X war nämlich möglicherweise als atypisch stiller Gesellschafter im Rahmen einer Mitunternehmerschaft beteiligt mit der Folge, dass das Finanzamt seine Einnahmen im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung hätte erfassen müssen.

Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn es zweifelhaft oder nur möglich ist, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere Personen beteiligt sind. Das ergibt der Zweck des Feststellungsverfahrens, eine gleiche Sachbehandlung gegenüber allen potenziell betroffenen Personen sicherzustellen. Unterbleibt in diesem Fall ein Feststellungsverfahren, liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, der auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten ist. Ein Feststellungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn das dafür zuständige Finanzamt zugleich für die Festsetzung der Einkommensteuer aller möglicherweise an den Einkünften beteiligter Personen zuständig ist. Es kann nur unterbleiben, wenn offensichtlich ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt.

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter, es sei denn, dass der Gesellschafter als Mitunternehmer, d.h. atypisch still Beteiligter, anzusehen ist. Mitunternehmer ist derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Merkmale müssen vorliegen, können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt.

Nach dem Gesellschaftsvertrag war X zu 20 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, ohne dass betragsmäßige Obergrenzen vereinbart waren. Er war jedoch weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt. Sein mitunternehmerisches Risiko war damit nur gering ausgeprägt. Denn es blieb hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück.

Zwar lag nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft allein bei A, während X lediglich gewisse Kontrollrechte zustanden. Jedoch war X auch leitender Angestellter und Prokurist der GmbH. Er könnte damit auch gewichtige Geschäftsführungsaufgaben mit entsprechender Unternehmerinitiative wahrgenommen haben.

Im Rahmen des Feststellungsverfahrens ist die Frage des Bestehens einer Mitunternehmerschaft und der Mitunternehmerstellung des X zu klären. Dabei ist ggf. auch zu prüfen, ob der weitere stille Beteiligte B ebenfalls als Mitunternehmer anzusehen ist.

Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Arbeitslohn

Wird aus dem Verkauf einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft ein Erlös erzielt, handelt es sich hierbei nicht um eine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbstständige Tätigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

Hintergrund

X war in den Jahren 2014 und 2015 als Manager bei der zu der D-Group gehörenden B-GmbH angestellt. Die B-GmbH gehörte zu der B-Unternehmensgruppe. Im Juni 2010 wurden Aktien der C-Holding, die an der B-Unternehmensgruppe beteiligt war, den Mitarbeitern des Managements der B-Gruppe zum Kauf angeboten. X erwarb 160 Anteile zum Kaufpreis von insgesamt 10 USD.

Im Oktober 2010 veräußerte die D-Group ihre Anteile an der C-Holding an die F-Holding. Die Anteile des X wurden am 1.11.2011 übertragen. Zwischen den Anteilseignern und der F-Holding wurde der Kaufpreis je Anteil mit 1.752 USD vereinbart. X wurde in beiden Jahren jeweils rund 90.000 USD ausbezahlt.

X erklärte die Gewinne aus der Veräußerung der Aktien als der Abgeltungsteuer unterliegende Kapitaleinkünfte. Das Finanzamt nahm dagegen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit an.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da seiner Ansicht nach der Veräußerungsgewinn seine Ursache in der Kapitalbeteiligung hatte, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig von dem Anstellungsverhältnis entstanden war und dieses überlagerte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Die X zugeflossenen Veräußerungserlöse sind den Einkünften aus Kapitalvermögen und nicht den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen.

Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Vorteile, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass damit in Zusammenhang stehende Einnahmen und Aufwendungen in keinem steuerlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt dann sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage. Dafür spricht insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbstständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.

Im vorliegenden Fall sprechen für diese Zuordnung die Gesichtspunkte: Das Beteiligungsangebot nur an die leitenden Angestellten schließt einen nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Vorteil nicht aus. X hat seine Beteiligung an der C zu marktüblichen Konditionen erworben und veräußert. Die Möglichkeit einer erhöhten Gewinnchance spricht nicht gegen Einkünfte aus Kapitalvermögen, da eine solche Chance grundsätzlich bei jeder Kapitalbeteiligung besteht. X stand der Veräußerungsgewinn unabhängig davon zu, ob er weiterhin als Angestellter für die B-GmbH tätig wurde. Der Anstellungsvertrag des X sah keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen Veräußerungserlös vor. Der Erwerb der Beteiligung erfolgte losgelöst vom Anstellungsverhältnis. Unerheblich ist auch das geringe Verlustrisiko des X, da dieses mit den marktüblichen Anschaffungskosten korrelierte.

Altersversorgung im Ehegattenarbeitsverhältnis: Besondere Kriterien bei der Fremdvergleichsprüfung

Sprunghafte Gehaltsanhebungen vor der Entgeltumwandlung, eine „Nur-Pension“ oder eine mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundene Zusage sprechen dafür, dass ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten unangemessen umgestaltet wurde.

Hintergrund

Ehefrau F ist seit dem Jahr 2005 im Betrieb des Ehemanns M angestellt. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug 3.100 EUR und wurde im Jahr 2006 auf 4.100 EUR erhöht. Im Jahr 2005 führten die Eheleute ein Zeitwertkonto-Modell ein, nach dem ein Teil des Monatsgehalts der F (2.050 EUR) nicht ausbezahlt, sondern einer Rückstellung zugeführt wurde.

Wegen Zweifeln an der Zulässigkeit des Zeitwertkonto-Modells wurde die Altersvorsorge der F (2.050 EUR/Monat) im Jahr 2009 umgestellt. Von ihrem Gehalt wurden monatlich 1.830 EUR umgewandelt und als Mitgliedsbeitrag des M an die X-Unterstützungskasse gezahlt. Die restlichen 220 EUR zahlte M in eine private Rentenversicherung für F ein.

Das Finanzamt erkannte die Zuwendungen an die Unterstützungskasse nur teilweise i. H. v. 110 EUR pro Monat als abzugsfähig an, da sie nach dem Fremdvergleichs-Maßstab unangemessen waren.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da seiner Ansicht nach private Gründe für die Entgeltumwandlung maßgeblich waren. Indizien dafür waren das hohe Risiko, die Gesamtleistung (bis zu 800.000 EUR) vor bzw. bei Erreichen der Altersrente zu verlieren. Außerdem betrug die Altersversorgung der F mit 63.000 EUR rund das 2,5-Fache ihres Arbeitseinkommens.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass Entgeltumwandlungen im Rahmen von Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich einem Fremdvergleich unterliegen. Dabei sind allerdings besondere Maßstäbe zu beachten, die das Finanzgericht jedoch fehlerhaft bestimmt hat. Die Sache wurde daher zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Für Direktversicherungen im Rahmen steuerrechtlich anzuerkennender Ehegatten-Arbeitsverhältnisse hatte der Bundesfinanzhof bereits in einem früheren Fall entschieden, dass in einer teilweisen Umwandlung des angemessenen Arbeitslohns in Direktversicherungsbeiträge keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses gesehen werden kann. Da der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten betragsmäßig unverändert bleibt, ist die echte Barlohnumwandlung im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses steuerlich anzuerkennen. Das gilt für die Beiträge in eine rückgedeckte Unterstützungskasse entsprechend.

Aus den Grundsätzen zu Direktversicherungsbeiträgen folgt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinn, dass solche Entgeltumwandlungen grundsätzlich anzuerkennen sind. Sie können nicht als unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses angesehen werden und sind nicht am Maßstab der Erdienbarkeit zu prüfen. Dabei betrachtet der BFH (nur) den gegenwärtigen unmittelbaren Veranlassungszusammenhang und sieht als entscheidend an, dass im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten betragsmäßig unverändert bleibt bzw. der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen disponiert.

Nach dem vom Bundesfinanzhof bejahten Regel-Ausnahme-Verhältnis müssen für die Annahme, dass durch die Entgeltumwandlung das Arbeitsverhältnis ausnahmsweise ungewöhnlich oder unangemessen umgestaltet wird, besondere Umstände vorliegen. Das kommt in Betracht bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei Vollumwandlung des Barlohns mit der Folge einer sog. „Nur-Pension“ und bei mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundenen Zusagen.

Derartige besondere Umstände als Hinweise auf die Unangemessenheit liegen im Streitfall jedoch nicht vor. Denn bei der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung disponiert der Arbeitnehmer (wirtschaftlich betrachtet) über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Er kann frei entscheiden, in welchem Umfang er sein Bruttogehalt durch Entgeltumwandlung für eine Altersrente zurücklegt und hierbei eine risikoreiche Versicherung wählt. Unerheblich ist daher auch, ob und aus welchen Gründen er das Risiko des Totalausfalls eingeht.

Zur Anrechnung von nicht im Ausland beantragten Familienleistungen

Wer Anspruch auf Familienleistungen im EU-Ausland hat, die dem deutschen Kindergeld vergleichbar sind, muss damit rechnen, dass das Kindergeld nach deutschem Recht gekürzt wird. Das gilt auch dann, wenn der im Ausland erwerbstätige Kindergeldberechtige die dort vorgesehenen Leistungen nicht beantragt und bezogen hat.

Hintergrund

Der Kläger lebt mit seiner Familie in Deutschland. Er bezog für seine beiden Kinder seit 1998 Kindergeld. Im Dezember 2000 nahm er eine nichtselbstständige Tätigkeit in den Niederlanden auf, ohne die ihm dort zustehenden Familienleistungen zu beantragen. Der Familienkasse machte er keine Mitteilung. Dementsprechend wurde ihm das Kindergeld von der Familienkasse weiterhin ungemindert ausgezahlt. Die Ehefrau war nicht erwerbstätig.

Im Jahr 2016 erfuhr die Familienkasse von der Erwerbstätigkeit des Klägers in den Niederlanden. Sie hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung rückwirkend für mehrere Jahre zum Teil auf, indem sie den Anspruch des Klägers auf niederländische Familienleistungen anrechnete.

Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage überwiegend statt und entschied, dass die Familienkasse fiktives, in den Niederlanden tatsächlich nicht gezahltes Kindergeld nicht anrechnen durfte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam dagegen zu dem Ergebnis, dass wegen des Anspruchs des Klägers auf Familienleistungen nach niederländischem Recht sein deutscher Kindergeldanspruch auf den Betrag begrenzt wird, der sich bei Anrechnung des Anspruchs auf niederländische Familienleistungen ergibt.

Bestehen Ansprüche nach dem Recht mehrerer Mitgliedstaaten, sind die Ansprüche, die durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden, vorrangig (Niederlande). Der nachrangig verpflichtete Staat (Deutschland), in dem der Kindergeldberechtigte wohnt, aber nicht erwerbstätig ist, ist nur zu Leistungen verpflichtet, wenn diese höher sind als die im Beschäftigungsstaat, und zwar in Höhe des Unterschiedsbetrags (Differenzkindergeld).

Der bei einem nachrangigen Träger gestellte Kindergeldantrag ist von diesem an den vorrangig zuständigen weiterzuleiten. Diese Regelung geht davon aus, dass der nachrangig verpflichtete Träger die möglichen Ansprüche nach dem Recht des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats kennt. Der Träger des vorrangig zuständigen Mitgliedstaats bearbeitet den Antrag so, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre. Der im nachrangig verpflichteten Staat gestellte Antrag gilt als Antrag nach dem Recht des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats (Fiktion der europaweiten Antragstellung).

Diese Koordinierungsregelung ist im Streitfall anwendbar, obwohl das Verfahren zur Weiterleitung des im nachrangig zuständigen Staat gestellten Kindergeldantrags an den vorrangig zuständigen nicht eingehalten wurde. Ein in einem nachrangig zuständigen EU-Mitgliedstaat gestellter Antrag löst somit die Fiktionswirkung, wonach er zugleich als im vorrangig zuständigen Staat gestellt gilt, auch dann aus, wenn der Träger, bei dem der Antrag gestellt wird, keine Kenntnis davon hat, dass ein Sachverhalt mit Auslandsbezug vorliegt, z.B. weil der Kindergeldberechtigte – wie im vorliegenden – eine Auslandstätigkeit aufgenommen hat, ohne die Familienkasse davon zu unterrichten. Die Wirkung tritt somit auch dann ein, wenn zu dem Zeitpunkt, als der Kindergeldantrag gestellt wurde, noch gar kein Anlass bestand, ihn an einen ausländischen Träger weiterzuleiten. Diese Koordinierung der Ansprüche führt im Streitfall dazu, dass der Anspruch auf Familienleistungen nach niederländischem Recht auf den Kindergeldanspruch nach deutschem Recht anzurechnen ist.

Die Familienkasse war somit berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes zum Teil aufzuheben. Sie muss nur die Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und dem Anspruch auf die (niedrigeren) niederländischen Familienleistungen zahlen.

Wenn die Anlage AV fehlt: Muss das Finanzamt den Sonderausgabenabzug gewähren?

Wer den Sonderausgabenabzug für seine Beiträge zur Altersvorsorge in Form der Riester-Rente in Anspruch nehmen möchte, muss einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser setzt zwingend voraus, dass er in Form der Anlage AV gestellt wird.

Hintergrund

Die Kläger beantragten die Änderung des Einkommensteuer-Bescheids für das Jahr 2012, da das Finanzamt für das Jahr 2012 weder die Beiträge für den Riester-Vertrag berücksichtigt noch die staatliche Altersvorsorgezulage gewährt hatte. Die für die Berücksichtigung erforderlichen Daten waren von der Versicherung an das Finanzamt gemeldet worden.

Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab, da keine Anlage AV vorlag und der Bescheid bereits bestandskräftig war. Dagegen erhoben die Kläger Klage. Ihrer Ansicht nach lag eine offenbare Unrichtigkeit vor und das Finanzamt machte sich einen Fehler der Kläger zu Eigen. Aus § 10a EStG ergab sich auch nicht, dass eine Anlage AV hätte abgegeben werden müssen.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es bestand keine zwingende Verpflichtung der Finanzbehörde, allein aufgrund der Datenübermittlung den Sonderausgabenabzug zu gewähren. Die an die Finanzbehörde übermittelten Daten zur Riester-Rente stellen keinen Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO für Zwecke des Vorsorgeabzugs dar.

Das Finanzamt hatte die von den Klägern begehrte Berichtigung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit zu Recht abgelehnt, da es bereits an der Unrichtigkeit des Veranlagungsverhaltens des Finanzamts fehlte. Zwar können Altersvorsorgebeiträge zur Riester-Rente als Sonderausgaben abgezogen werden. Ohne Antrag muss das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung jedoch keinen Sonderausgabenabzug gewähren.

Selbst wenn die Nichtbeantragung des Abzuges des Vorsorgeaufwands durch die Kläger auf einem vom Finanzamt übernommenen Versehen der Kläger beruhen sollte, so kann nicht unterstellt werden, dass das Finanzamt dieses Versehen als eigenen Fehler übernommen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Finanzamt die Einkommensteuerveranlagung bewusst ohne Sonderausgabenabzug für die Altersvorsorgebeiträge vorgenommen hat, weil keine Anlage AV der Kläger vorlag. Auch insoweit fehlt es demnach an einem mechanischen Fehler seitens des Finanzamts. Eine Änderung wegen einer neuen Tatsache scheidet ebenfalls aus, da dem Finanzamt der Antrag erst durch grobes Verschulden der Kläger nachträglich bekannt geworden ist.

Haushaltsnahe Aufwendungen kontra zumutbare Belastung: Was ist wann abziehbar?

Für haushaltsnahe Dienstleistungen kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für Dienstleistungen im Rahmen einer krankheitsbedingten Heimunterbringung, die eigentlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar wären, wegen der zumutbaren Belastung aber nicht berücksichtigt werden.

Hintergrund

Die Klägerin war gesundheitlich schwer beeinträchtigt und bewohnte im Jahr 2015 ein Apartment in einer Seniorenresidenz.

Das Finanzamt ging davon aus, dass der Aufenthalt der Klägerin alters- und nicht krankheitsbedingt war. Es lehnte daher den Abzug der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung ab und berücksichtigte lediglich haushaltsnahe Dienstleistungen im Rahmen der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG.

Das Finanzgericht beurteilte die Unterbringung der Klägerin zwar als krankheitsbedingt. Es sah die Aufwendungen jedoch der Höhe nach nur insoweit als berücksichtigungsfähig an, als sie auf eine übliche und angemessene Wohnfläche von 30 qm entfielen. Die danach als außergewöhnliche Belastung anerkannten anteiligen Unterbringungskosten kürzte es um eine geschätzte Haushaltsersparnis in Höhe des Unterhaltshöchstbetrags sowie um die zumutbare Belastung. Zudem entschied das Finanzgericht, dass für den Teil der haushaltsnahe Dienstleistungen, der im Rahmen der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wird sowie für den Teil, der aufgrund der Haushaltsersparnis nicht zum Abzug zugelassen wird, der Abzug nach § 35a Abs. 2 EStG zu gewähren ist.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab der Klage zum Teil statt. Er bestätigt zunächst die Berechnung des Abzugsbetrags als außergewöhnliche Belastung durch das Finanzgericht. Der Bundesfinanzhof teilt auch die Auffassung des Finanzgerichts, dass haushaltsnahe Dienstleistungen, die wegen der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, nach § 35a Abs. 2 EStG abziehbar sind. Im Gegensatz dazu sind jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs in der Haushaltsersparnis keine Aufwendungen enthalten, die eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG rechtfertigen.

Aufwendungen, die durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, sind nicht i. S. v. § 35a Abs. 5 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden. Deshalb ist für diese Aufwendungen eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG möglich.

Der Klägerin steht deshalb die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG zu. In den Unterbringungskosten sind Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten, die durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind.

Anders ist es bei der Kürzung der als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Unterbringungskosten um die Haushaltsersparnis. Aufgrund der Kürzung der dem Grunde nach anerkannten Unterbringungskosten um die Haushaltsersparnis wirken sich Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, die möglicherweise in der Haushaltsersparnis enthalten sind, zwar nicht aus. Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG setzt allerdings voraus, dass in dem Betrag überhaupt Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten sind. Da die Haushaltsersparnis Fixkosten (Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten) abdecken soll, ist davon auszugehen, dass darin keine Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in einer nennenswerten Größenordnung enthalten sind.

Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge: Wann liegt eine Doppelbesteuerung vor?

Nimmt ein Steuerpflichtiger die Möglichkeit, seine Beiträge zum Versorgungswerk als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, nicht in Anspruch, kann er sich nicht darauf berufen, dass eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen vorliegt.

Hintergrund

Im Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2015 berücksichtigte das Finanzamt u. a. die aus der Rentenbezugsmitteilung des berufsständischen Versorgungswerks ersichtliche Altersrente mit einem Betrag i. H. v. 522,50 EUR. Nach Abzug eines mit 157 EUR angesetzten steuerfreien Anteils ermittelte das Finanzamt einen steuerpflichtigen Rentenanteil i. H. v. 232 EUR. Im Einspruchsverfahren wiesen die Kläger daraufhin, dass die im Jahr 2005 an das Versorgungswerk entrichteten Beiträge des Klägers i. H. v. 3.650,40 EUR bei ihrer Einkommensteuer-Veranlagung für 2005 nicht steuermindernd berücksichtigt wurden, mit der Folge, dass wegen der gleichzeitigen Erfassung der Rentenauszahlungen im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2015 im Ergebnis eine Doppelbesteuerung vorlag. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, da der Kläger die Beitragszahlungen des Jahres 2005 nicht als Sonderausgaben geltend gemacht hatte. Mit der Klage berufen sich die Kläger weiter auf die nach ihrer Ansicht vorliegende Doppelbesteuerung.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts kann es für die Annahme einer unzulässigen Doppelbesteuerung dahingestellt bleiben, ob der im Jahr 2005 unterbliebene Abzug der Beitragszahlungen als Sonderausgaben bei gleichzeitiger Erfassung der Rentenzahlung als Einnahmen im Jahr 2015 tatsächlich zu einer Doppelbelastung des Klägers geführt hat. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte eine etwaige Doppelbelastung nicht in der von den Klägern begehrten Art und Weise durch eine Änderung ihrer Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2015 beseitigt werden. Das Gesetz sieht diese mit der Klage beantragte Rechtsfolge nämlich gar nicht vor.

Der Grundsatz, dass es „in keinem Fall“ zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen darf, gilt allein dann, wenn eine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen auf einem „Webfehler“ des Gesetzes bzw. dessen mangelnder Ausdifferenzierung beruht. Verfassungsgemäß ist eine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, wenn sie darauf beruht, dass der Steuerpflichtige die im Gesetz – zur Vermeidung von Doppelbelastungen – vorgesehene Möglichkeit, Beiträge zum Versorgungswerk in der Beitragsphase als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, tatsächlich nicht in Anspruch nimmt.

Im vorliegenden Fall beruhte die bei den Klägern geltend gemachte Doppelbelastung jedoch nicht auf einem „Webfehler“ des Gesetzes. Ursächlich für eine etwaige doppelte Besteuerung war vielmehr der Umstand, dass die Kläger die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, die Beiträge zum Versorgungswerk als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, im Jahr 2005 tatsächlich nicht in Anspruch genommen haben.

Pauschale Kilometersätze: Nur für Fahrten mit dem Pkw

Wer für seine Dienstreisen mit der Bahn fährt oder das Flugzeug nutzt, kann nur die tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten ansetzen. Ein Ansatz der pauschalen Kilometersätze kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht.

 Hintergrund

X war im Jahr 2014 als Bundesbetriebsprüfer bundesweit im Einsatz. Er setzte für seine Dienstreisen die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz an, d.h. für die Reisen mit Bahn oder Flugzeug 0,20 EUR/km und für eine Reise mit dem Pkw 0,30 EUR/km. Hiervon setzte er die jeweilige Erstattung durch den Dienstherrn ab. Die Kosten für die Reisen mit Bahn oder Flugzeug wurden in Höhe der tatsächlichen Kosten und für die Reise mit dem Pkw i. H. v. 0,20 EUR/km erstattet. Die Differenz zwischen den ausgezahlten Erstattungen und den pauschalen Kilometersätzen (Wegstreckenentschädigungen) machte X mit rund 3.000 EUR als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab und berücksichtigte lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Wegstreckenentschädigungen nach dem Bundesreisekostengesetz betrifft seiner Ansicht nach nur die dort genannten Fahrzeuge (insbesondere Pkw). Für regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel können die pauschalen Kilometersätze nicht angesetzt werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgt der Beurteilung des Finanzamts und des Finanzgerichts und entschied, dass für die mit Bahn bzw. Flugzeug durchgeführten Reisen nicht die pauschalen Kilometersätze, sondern die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sind.

Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen können wahlweise die pauschalen Kilometersätze angesetzt werden, die im Bundesreisekostengesetz für das jeweils benutzte Beförderungsmittel als höchste Wegstreckenentschädigung festgesetzt sind. Die Wegstreckenentschädigung betrifft Fahrten mit Kraftfahrzeugen oder mit nicht regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln.

Eine Wegstreckenentschädigung für Fahrten mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln (Bahn, Flugzeug, Straßenbahn) wird dagegen nicht gewährt. Vielmehr werden anstelle der Wegstreckenentschädigung die tatsächlich entstandenen Fahrt- oder Flugkosten (teilweise begrenzt auf die niedrigste Beförderungsklasse) erstattet. Regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel in diesem Sinn sind insbesondere die dem allgemeinen Personenverkehr dienenden Verkehrsmittel (Bahn, Flugzeug). Das Bundesreisekostengesetz unterscheidet damit einerseits zwischen der Fahrt- und Flugkostenerstattung bei der Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel und andererseits der Wegstreckenentschädigung bei Benutzung von Kraftfahrzeugen oder anderen motorbetriebenen Fahrzeugen.

Hiervon ausgehend steht X nur für die mit dem Pkw durchgeführten Dienstreisen der Werbungskostenabzug in Höhe der Differenz zwischen der gewährten Erstattung und dem Ansatz von 0,30 EUR als höchster Wegstreckenentschädigung zu. Der Betrag von 51 EUR wirkt sich aufgrund des höheren Arbeitnehmer-Pauschbetrags (1.000 EUR) jedoch nicht aus.

Arbeitnehmerentsendung: Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte?

Wird ein Arbeitnehmer in das Ausland entsendet, befindet sich die erste Tätigkeitsstätte an der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens, der der Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung zugeordnet ist.

Hintergrund

Der Ehemann A war im Management bei einem Automobilhersteller in Wolfsburg angestellt (Heimatgesellschaft). Im Jahr 2013 schloss er mit der Heimatgesellschaft einen Entsendevertrag, nach dem er – vorbehaltlich einer Verlängerung – für 3 Jahre eine Tätigkeit in den USA (Gastgesellschaft) übernehmen wird. Das Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft wurde für diese Zeit „ruhend gestellt“. Der Entsendevertrag sah vor, dass A mit der Gastgesellschaft einen lokalen Arbeitsvertrag schließt. Am Arbeitsplatz unterlag er den Regeln der Gastgesellschaft.

Nach dem lokalen Arbeitsvertrag erhielt A Zuschüsse für die Wohnungskosten in den USA, für Heimflüge (Flugbudget) und für Möbelmiete.

A trat die Stelle in den USA im Sommer 2013 an. Seine Ehefrau B begleitete ihn dabei. Die Wohnung in Deutschland behielten sie bei.

Das Finanzamt ging davon aus, dass der Arbeitslohn des A aus den USA in voller Höhe in die Berechnung des Steuersatzes nach dem Progressionsvorbehalt einzubeziehen ist. Die erste Tätigkeitsstätte des A habe sich in den USA befunden, sodass keine auswärtige Tätigkeit vorlag. Dorthin hatte sich der Lebensmittelpunkt der Eheleute verlagert. Der Arbeitslohn kann nicht um die Zuschüsse gemindert werden. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied ebenfalls, dass sich die erste Tätigkeitsstätte des A im Werk der Gastgesellschaft in den USA befand. Dementsprechend war A in den USA nicht auswärtig tätig. Somit sind keine abziehbaren Reisekosten entstanden und der Arbeitslohn ist nicht um steuerfreie Werbungskostenerstattungen zu mindern.

Die Einnahmen des A aus seiner Tätigkeit in den USA konnten nicht in Deutschland, sondern nur in den USA besteuert werden. Sie unterlagen jedoch in Deutschland dem Progressionsvorbehalt. Der Progressions-Steuersatz ermittelt sich nach dem zu versteuernden Einkommen, das sich ergäbe, wenn die ausländischen Einkünfte der deutschen Besteuerung unterlägen. Diese Einkünfte sind daher nach deutschem Steuerrecht zu bestimmen. Danach liegen wegen der ersten Tätigkeitsstätte in den USA keine als Werbungskosten abziehbare Reisekosten vor.

Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Diese Voraussetzungen sind bei dem Werk der Gastgesellschaft in den USA erfüllt. Das Werk ist eine ortsfeste Einrichtung. Es liegt eine Einrichtung des Arbeitgebers des A vor, denn A war mit der Gastgesellschaft ein (befristetes) Arbeitsverhältnis eingegangen. A war in den Betrieb der Gastgesellschaft eingegliedert, erbrachte ihr gegenüber Arbeitsleistungen und bezog von ihr Arbeitslohn. A war aufgrund des mit der Gastgesellschaft vereinbarten lokalen Arbeitsvertrags deren Werk zugeordnet.

Die Zuordnung erfolgte dauerhaft. Sie sollte für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Bestand haben.

Das Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft war ruhend gestellt. Daraus ergaben sich keine arbeitsrechtlichen Weisungen in Bezug auf eine erste Tätigkeitsstätte mehr. Die Arbeitgeberstellung der Heimatgesellschaft war nur subsidiär.

Grunderwerbsteuer bei Wechsel im Gesellschafterbestand und geplanter Bebauung

Im Rahmen der Grunderwerbsteuer ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend. Bei einer Änderung des Gesellschafterbestands muss sich die Gesellschaft auf die Bebauung festgelegt und die Neugesellschafter müssen die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

Hintergrund

An der K-GmbH & Co. KG. (K-KG) waren die K-GmbH und 4 Kommanditisten beteiligt. Die K-GmbH hatte mit einem Mieter einen Mietvertrag über einen noch zu errichtenden Lebensmittelmarkt geschlossen. Später trat die K-KG an Stelle der K-GmbH als Vermieterin in den Mietvertrag ein.

Im September 2004 erwarb die K-KG das Grundstück von der Stadt mit der Verpflichtung, bis 2007 einen Lebensmittelmarkt zu errichten. Im November 2004 wurde die Baugenehmigung erteilt.

Im Mai 2005 veräußerten die K-GmbH ihre Komplementärbeteiligung an der K-KG an die M-GmbH und die 4 Kommanditisten ihre Kommanditbeteiligungen an die M-KG. Der Vertrag nahm auf die Baugenehmigung und den Mietvertrag Bezug. Die Kommanditisten hatten bereits Honoraransprüche für verschiedene Leistungen erworben, die sie für die Projektierung erbracht hatten. Nach der Anteilsveräußerung wurden die Bauverträge geschlossen. Das Objekt wurde 2006 fertiggestellt.

Das Finanzamt nahm die K-KG auf Grunderwerbsteuer in Anspruch. Die K-KG ging davon aus, dass Bemessungsgrundlage der Wert des unbebauten Grundstücks war (695.000 EUR). Das Finanzamt setzte dagegen im Hinblick auf die geplante Bebauung den Wert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes an (6,7 Mio. EUR).

Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage der K-KG ab, da die neuen Gesellschafter in die Bebauung eingebunden gewesen waren.

Entscheidung

Für die Grunderwerbsteuer ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend, wenn die Änderung des Gesellschafterbestands auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht.

Das Gesetz verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

In zeitlicher Hinsicht muss der Plan vor der Änderung des Gesellschafterbestands und damit unter der Herrschaft der Altgesellschafter gefasst worden sein. Andernfalls wäre er nicht „vorgefasst“ und könnte die Änderung des Gesellschafterbestands auch nicht veranlassen. In sachlicher Hinsicht muss sich der Plan auf eine im Wesentlichen feststehende Bebauung beziehen. Der Plan muss nur die Bebauung, nicht auch die Änderung des Gesellschafterbestands zum Gegenstand haben. Somit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass aus Sicht der Gesellschaft die geplante Bebauung im Wesentlichen feststeht.

Die Änderung des Gesellschafterbestands muss auf dem vorgefassten Plan zur Bebauung „beruhen“. Der Plan muss Grund des Gesellschafterwechsels gewesen sein. Dafür reicht es aus, dass der Gesellschafterwechsel aus Sicht der Neugesellschafter wegen des Plans stattfindet. Dazu ist es erforderlich, dass sie beim Erwerb der Anteile Kenntnis von dem vorgefassten Plan hatten und beabsichtigten, den vorgefassten Plan umzusetzen. Der Plan muss somit nur die Bebauung, nicht auch den Gesellschafterwechsel umfassen.

Hiervon ausgehend hat das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zutreffend nach dem gesondert festgestellten Grundstückswert von 6,7 Mio. EUR im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes bemessen. Die K-KG hatte einen vorgefassten Plan zur Bebauung, von dem sie sich nur unter Schwierigkeiten hätte lösen können. Sie hatte sich gegenüber der Stadt und dem Mieter auf die Bebauung festgelegt und die Neugesellschafter haben die Gesellschaftsanteile wegen dieses Plans erworben.