Keine Schenkungsteuer bei Pauschalabfindung für den Scheidungsfall

Vereinbaren Eheleute für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind, liegt in einer solchen Bedarfsabfindung keine freigebige Zuwendung vor. Dieser Vorgang fällt damit nicht unter die Schenkungsteuer.

Hintergrund

Die Ehefrau F schloss anlässlich ihrer Eheschließung im Jahr 1998 mit ihrem Ehemann E einen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung und den Ausschluss des gesetzlichen Versorgungsausgleichs vereinbarten. Für den Fall der Scheidung wurde der F ein indexierter Zahlungsanspruch eingeräumt, der bei 15-jähriger Dauer der Ehe 2 Mio. DM betragen sollte.

Die Ehe wurde im Jahr 2014 nach 15 Jahren geschieden. E zahlte an F den vereinbarten Ausgleichsbetrag.

Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer gegen F erfasste das Finanzamt den Betrag als freigebige Geldzuwendung nach Steuerklasse II mit 30 % unter Berücksichtigung von Vorerwerben und des Freibetrags von 20.000 EUR.

Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage mit der Begründung ab, dass die Zuwendung freigebig gewesen war, da sie nicht mit einer Gegenleistung der F verknüpft worden war. Aus der Vereinbarung konnte kein Verzicht der F auf eine Zugewinnausgleichsforderung abgeleitet werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und hob sowohl Finanzgerichtsurteil als auch Schenkungsteuer-Bescheid auf. Die Leistung des E erfüllt nicht den Besteuerungstatbestand einer freigebigen Zuwendung.

Die Zahlung einer „Pauschalabfindung“ unter Preisgabe eines künftig entstehenden Zugewinnausgleichanspruchs vor Eingehung der Ehe ist eine steuerbare freigebige Zuwendung. Denn die Zahlung wird weder zur Befriedigung eines Forderungsrechts noch als Gegenleistung für einen Verzicht getätigt. Ein Forderungsrecht besteht in diesen Fällen nicht. Denn die Zugewinnausgleichsforderung entsteht erst, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.

Anders ist es jedoch, wenn die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners an den anderen vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind. Bei einer solchen Bedarfsabfindung wird keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich die Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation der familienrechtlichen Ansprüche im Wege einer Pauschalierung neu austariert. Wird ein derartiger Vertrag nach Art eines Gesamtpakets abgeschlossen, mit dem alle Scheidungsfolgen geregelt werden, kann dieses Paket nicht in Einzelleistungen aufgeteilt und eine Einzelleistung der Schenkungsteuer unterworfen werden. Damit würde verkannt, dass ein solcher Vertrag einen umfassenden Ausgleich aller Interessengegensätze anstrebt und insoweit keine der Einzelleistungen ohne Gegenleistung ist. Wird die Ehe dann tatsächlich beendet, erfolgt die Zahlung des vorab vereinbarten Betrages in Erfüllung dieser Vereinbarung.

Die Zahlung des E erfüllt nicht den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn E hat sich nicht zu einer sofortigen Pauschalabfindung ohne Gegenleistung verpflichtet. F sollte erst im Fall einer Scheidung eine Zahlung zur Abgeltung verschiedener familienrechtlicher Ansprüche erhalten. Diese wurden lediglich dem Umfang nach durch die vorherige Vereinbarung modifiziert. Hinzu kommt, dass es sich bei der Abfindungszahlung nicht um eine singuläre Abrede zwischen F und E handelte. Vielmehr ist die Klausel in ein Vertragskonvolut über die Rechtsfolgen der Eheschließung eingebettet. Das verbietet eine isolierte Betrachtung. Außerdem fehlt es am subjektiven Willen zur Freigebigkeit. Aus Sicht des E diente die Abfindungszahlung dem Schutz seines Vermögens vor unwägbaren finanziellen Verpflichtungen infolge einer Scheidung. Mit seiner Leistung wollte er eine in einem kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung erhalten.

Ist eine geerbte vermietete Immobilie in Kanada erbschaftsteuerlich begünstigt?

Das deutsche Erbschaftsteuerrecht begünstigt keinen Erwerb eines bebauten und vermieteten Grundstücks des Privatvermögens in Drittländern. Ob dies mit EU-Recht vereinbar ist, muss nun der EuGH klären.

Hintergrund

Der im Jahr 2016 verstorbene Erblasser A vermachte seinem Sohn durch notariell beurkundeten Erbvertrag seinen hälftigen Anteil am Grundvermögen in Kanada sowie 1/3 eines Gesellschaftsanteils an der „A1 GmbH & Co KG“ mit Sitz in Deutschland. Die in Kanada belegenen Grundstücke sind zu Wohnzwecken vermietet und nicht Teil eines Betriebsvermögens. Der Erblasser hatte zu Lebzeiten seinen Wohnsitz in H in Deutschland, wo auch der Sohn zum Zeitpunkt des Erbfalls wohnte.

Die vermachten Vermögensgegenstände sind jeweils mit lebenslangen Nießbrauchsrechten zugunsten der Ehefrau des Erblassers belastet. Der Sohn nahm das Vermächtnis an. Mit Bescheid vom 17.7.2017 setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Später beantragte der Sohn, dass das Grundvermögen in Kanada gem. § 13c Abs. 1 ErbStG lediglich mit 90 % seines gemeinen Wertes der Besteuerung unterworfen wird. Das aufgrund Vermächtnisses erworbene Grundvermögen in Kanada ist seiner Ansicht nach zu Wohnzwecken vermietet und gehört zum Privatvermögen.

Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab. Dagegen wehrt sich der Sohn mit seiner Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht hat Zweifel, ob es mit Art. 63 ff. AEUV vereinbar ist, dass der Erwerb eines bebauten und vermieteten Grundstücks des Privatvermögens, welches in einem Drittstaat (hier: Kanada) belegen ist, von der Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13c Abs. 3 ErbStG i. V. m. § 13c Abs. 1 ErbStG ausgeschlossen ist.

Wäre der Ausschluss von in Drittstaaten belegenen Grundstücken von der Steuerbefreiung nicht mit EU-Recht vereinbar, hätte die Klage zumindest teilweise Erfolg, weil sowohl die Werte für das Grundvermögen in Kanada als auch die Werte der darauf beruhenden Nießbrauchsbelastungen nur mit 90 % bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer anzusetzen wären.

Das Finanzgericht legt dem EuGH die Frage zur Auslegung der Art. 63, 64, 65 AEUV zur Vorabentscheidung vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

Ist das besondere Kirchgeld in Baden verfassungsgemäß?

In Baden kann ein besonderes Kirchgeld festgesetzt werden. Das wird auch in Zukunft so bleiben, denn nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist dessen Erhebung verfassungsgemäß.

Hintergrund

Die evangelische Klägerin wurde für das Jahr 2015 mit ihrem Ehemann, der keiner Religionsgemeinschaft angehört, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte im Jahr 2015 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Steuerbescheid 2015 enthielt die Festsetzung eines Kirchgelds gegen die Klägerin, das von dem zu versteuernden Einkommen der Eheleute erhoben wurde.

Die Klägerin argumentierte, dass sie über eigenes Einkommen verfügte, das für die Kirchensteuer maßgeblich ist. Bei eigenem Einkommen des Ehegatten einer glaubensverschiedenen Ehe durfte die Kirche deshalb nur dieses Einkommen besteuern.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Festsetzungen eines besonderen Kirchgelds gegen die Klägerin rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzte. Sowohl in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Bundesfinanzhofs ist geklärt, dass die Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehegatten für die Bemessung des besonderen Kirchgelds auch dann am Einkommen beider Ehegatten gemessen werden darf, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein (geringes) eigenes Einkommen verfügt.

Das besondere Kirchgeld verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, nicht gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und auch nicht gegen den Grundsatz der Individualbesteuerung. Die Erhebung eines besonderen Kirchgelds ist nicht nur in den Fällen zulässig, in denen der – mit seinem nichtkirchenangehörigen Ehegatten zusammenveranlagte – kirchenangehörige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfügt, sondern auch dann, wenn beide Ehegatten über ein Einkommen verfügen.

Zur Veräußerung einer niederländischen Beteiligung nach Zuzug aus den Niederlanden

Der Vermögenszuwachs, der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstanden ist, hat nicht i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist.

Hintergrund

X lebte in den Niederlanden und gründete dort in 1998 als Alleingesellschafter eine B. V. (Kapitalgesellschaft) mit einem Stammkapital von 18.000 EUR. Im Jahr 2006 zog er nach Deutschland. Im Jahr 2016 veräußerte er die im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der B. V.

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für 2016 berücksichtigte X als Anschaffungskosten einen Wert von 1,1 Mio. EUR.

Laut X handelte es sich bei diesem Wert um den von den niederländischen Steuerbehörden festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden. Eigentlich hätte nach dem DBA NLD der Besteuerungswert beim Wegzug in einem Steuerbescheid (sog. Konservierungsbescheid) festgestellt und die darauf entfallende Steuer festgesetzt werden müssen. Dann wäre es nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern zu einer Stundung gekommen, und nach 10 Jahren hätte die Steuer erlassen werden können. Allerdings unterblieb dieses Verfahren durch ein Versehen der niederländischen Steuerbehörden. Im Jahr 2016 einigte man sich dahingehend, dass die niederländische Finanzverwaltung den X so behandelte, als ob der Konservierungsbescheid ergangen wäre. Die niederländische Steuerbehörde bescheinigte deshalb, dass die Gesellschaft bei Wegzug mit einem Wert von 1,1 Mio. EUR der Besteuerung unterlegen habe.

Das Finanzamt lehnte dies ab und setzte als Anschaffungskosten lediglich das Stammkapital an. Unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens berücksichtigte es einen Veräußerungsgewinn von 770.000 EUR. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die tatsächliche Steuerzahlung war. Zwar hatte die niederländische Steuerbehörde den Wert der Beteiligung festgestellt. Sie hat auf diesen aber weder Steuern festgesetzt noch erhoben.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück und entschied, dass erhöhte Anschaffungskosten i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG zumindest einen Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer voraussetzen.

Mit § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG wird bei Zuzug eines Anteilsinhabers sichergestellt, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus einer späteren Veräußerung von steuerverstrickten Anteilen nicht die ursprünglichen Anschaffungskosten, sondern der Wert, den der Wegzugsstaat einer § 6 AStG vergleichbaren Wegzugsbesteuerung unterworfen hat, berücksichtigt wird. Durch diese sog. Wertverknüpfung soll verhindert werden, dass der der Wegzugsbesteuerung unterworfene Wertzuwachs nicht nochmals besteuert wird. Dabei besteht keine Bindung der deutschen Finanzbehörde an die Steuerfestsetzung im ausländischen Wegzugsstaat. Das Finanzamt ist zur eigenständigen Prüfung berechtigt.

Der Wortlaut „unterlegen“ in § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG lässt zwar die Auslegung zu, dass es nicht auf die konkret festgesetzte und bezahlte, sondern auf die rechtlich vorgesehene ausländische Steuer ankommen soll. Bei der Rechtsfolge wird jedoch eine „Berechnung“ der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer vorausgesetzt. Das bedeutet, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss.

Dafür spricht auch, dass der Veräußerer nachweisen muss, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs einer entsprechenden Steuer unterlegen hat. Der Nachweis, dass die Steuer auch bezahlt worden ist, ist jedoch nicht erforderlich.

Die niederländische Steuerbehörde hat zwar den Wert der Anteile im Zeitpunkt des Wegzugs festgestellt. Sie hat jedoch für den Wertzuwachs in den Niederlanden weder Steuern berechnet noch festgesetzt. Der Wertzuwachs der Beteiligung hat daher in den Niederlanden keiner Steuer „unterlegen“.

Zur Abspaltung einer 100-prozentigen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen

Die sog. Nachspaltungsveräußerungssperre nach § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG stellt keinen eigenständigen Ausschlussgrund für eine Buchwertfortführung dar. Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG nicht vor, kann die Abspaltung zu Buchwerten durchgeführt werden.

Hintergrund

Im Jahr 2004 gliederte die GmbH 1 ihren Geschäftsbetrieb „X“ in eine KG, deren Kommanditistin sie war, gegen die Gewährung von Anteilen aus. Parallel dazu gründete sie die GmbH 2 und legte die KG-Anteile zum Buchwert gegen die Gewährung von Anteilen in die GmbH 2 ein. Anschließend wuchs das Vermögen der KG ebenfalls zu Buchwerten der GmbH 2 im Wege der Anwachsung zu.

Im Jahr 2007 vereinbarten die GmbH 1 bzw. ihre Anteilseigner mit einem potentiellen Erwerber des X-Geschäfts die Veräußerung sämtlicher Anteile an einer noch zu gründenden Gesellschaft (GmbH 3). Im Jahr 2008 spaltete die GmbH 1 ihre 100-prozentige Beteiligung an der GmbH 2 auf die neu gegründete GmbH 3 gegen Gewährung von Anteilen ab.

Das Finanzamt versagte die Buchwertfortführung. Denn die Abspaltung diente allein dazu, die Veräußerung an eine außenstehende Person vorzubereiten. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dagegen der Klage statt. Er entschied, dass die Buchwertfortführung nicht an der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG scheitert. Da die Voraussetzungen des Satzes 4 nicht vorliegen, konnte die Abspaltung zu Buchwerten durchgeführt werden.

  • 11 Abs. 2 UmwStG (Buchwertansatz) ist nicht anzuwenden, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen wird. Das Gleiche gilt, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Davon ist auszugehen, wenn innerhalb von 5 Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden. Hier stellt sich die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG als eigenständiger Ausschlussgrund zu bewerten ist, der unabhängig von Satz 4 Anwendung finden kann. Der Bundesfinanzhof ist der Ansicht, dass Satz 3 nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 regelt und keinen eigenständigen Anwendungsbereich hat, sodass es sich um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bestehend aus den Sätzen 3 und 4 handelt. § 15 Abs. 2 UmwStG soll missbräuchliche Gestaltungen aufgrund der Buchwertfortführung unterbinden. Die Buchwertfortführung soll in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen die Steuerpflicht der Veräußerung dadurch umgangen wird, dass die Anteile der verbleibenden oder der aufnehmenden Körperschaft nach Abspaltung veräußert werden. Würde man demgegenüber dem Satz 3 einen eigenständigen Anwendungsbereich einräumen, würde dies zu der vom Gesetzgeber missbilligten und auch praktisch nur schwerlich durchführbaren Einbeziehung subjektiver Elemente führen. Unterhalb der Schwelle (5 Jahre, 20 %) soll verlässlich kein Fall des Missbrauchs angenommen werden.

Der vorliegende Sachverhalt fällt nicht unter § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG. Die 20 %-Grenze wird nicht erreicht. Ein Rückgriff auf Satz 3 ist ausgeschlossen.

Ist bei einer Betriebsaufspaltung die erweiterte Kürzung ausgeschlossen?

Eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft ist bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung auch dann zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht. Der Bundesfinanzhof ändert diesbezüglich seine bisherige Rechtsprechung.

Hintergrund

Die X-GmbH & Co. KG (X-KG) vermietete Räumlichkeiten an die mit ihr über die H-GmbH verbundene M-GmbH & Co. KG (M-KG). Diese nutzte die vermietete Immobilie neben weiteren Grundstücken betrieblich.

Die X-KG beantragte die sog erweiterte Kürzung. Das Finanzamt lehnte dies ab. Es ging davon aus, dass wegen der im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten der X-KG gehaltenen Beteiligungen an der H-GmbH keine ausschließliche Verwaltung eigenen Grundbesitzes vorlag. Aus den Beteiligungen würden dem Grunde nach gewerbliche Einkünfte erzielt, die nicht ausschließlich auf die Grundstücksverwaltung entfielen. Darüber hinaus war die erweiterte Kürzung zu versagen, weil das Grundstück der X-KG aufgrund der Unternehmensstruktur zumindest zeitweise oder teilweise einem Gewerbebetrieb diente, an dem die Gesellschafter der X-KG beteiligt waren.

Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt und entschied insbesondere, dass keine der erweiternden Kürzung entgegenstehende mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorlag. Für eine Betriebsaufspaltung fehlte es an der personellen Verflechtung. Die 100-prozentige Beteiligung der H-GmbH an der Komplementär-GmbH der M-KG genügte nicht, weil ein „Durchgriff“ durch die Kapitalgesellschaft nicht zulässig war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der erweiterten Kürzung steht entgegen, dass zwischen der X-KG und der M-KG eine Betriebsaufspaltung vorgelegen hat. Das hat zur Folge, dass die X-KG als Besitzunternehmen originär gewerbliche Einkünfte erzielt hat. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird als gewerbliche Tätigkeit beurteilt und schließt die erweiterte Kürzung aus.

Die sachliche Verflechtung liegt darin, dass die X-KG der M-KG mit dem vermieteten Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage überlassen hat.

Bis zu seinem Tod war A (in der Folgezeit die aus B, C und D bestehende Personengruppe), sowohl unmittelbar als Kommanditist als auch mittelbar über eine jeweils mehrheitliche Beteiligung an der Komplementär-GmbH an der X-KG als Besitzgesellschaft beteiligt. Zugleich waren die gleichen Personen auch mittelbar über eine jeweils mehrheitliche Beteiligung an der alleinigen Kommanditistin (H-GmbH) der M-KG als Betriebsgesellschaft beteiligt. Die H-GmbH wiederum war auch alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH der M-KG. Für die Beurteilung einer personellen Verflechtung zwischen der X-KG und der M-KG sind bei den Gesellschaftern A (bzw. nach dessen Tod B, C und D) auch deren mittelbare Beteiligungen über Kapitalgesellschaften (BV-GmbH bzw. H-GmbH) sowohl an der Betriebsgesellschaft (M-KG) als auch – in Änderung der bisherigen Rechtsprechung – an der X-KG als Besitz-Personengesellschaft zu berücksichtigen.

Nach bisheriger Rechtsprechung kann eine Beteiligung der Betriebsgesellschafter an der Besitzgesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, mangels Mitunternehmerstellung dieser Gesellschafter in der Besitzgesellschaft nicht zu einer personellen Verflechtung führen. Wegen des sog. Durchgriffsverbots kann der Besitzgesellschaft weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden. Andererseits kann jedoch die Herrschaft über das Betriebsunternehmen auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt und damit eine personelle Verflechtung begründet werden. Diese unterschiedliche Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen.

Nach jetziger Auffassung des Bundesfinanzhofs sind für diese Unterscheidung keine sachlichen Gründe ersichtlich. Wenn die Herrschaft über das Betriebsunternehmen nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung beruhen muss, sondern auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft als Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden kann, muss dies auch für eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an dem Besitzunternehmen jedenfalls insoweit gelten, als dieses eine Personengesellschaft ist.

Hiervon ausgehend haben im vorliegenden Fall die Beteiligungsverhältnisse zur Beherrschungsidentität hinsichtlich der X-KG und der M-KG geführt. Die beteiligten Personen konnten über ihre Beteiligungen an der H-GmbH, die ihrerseits an der M-KG und deren Komplementär-GmbH beteiligt war, maßgeblichen Einfluss auf die M-KG (Betriebsgesellschaft) nehmen. Außerdem konnten sie aufgrund ihrer Kommanditbeteiligungen an der X-KG und ihrer Beteiligungen an deren Komplementär-GmbH die X-KG (Besitzgesellschaft) entscheidend beeinflussen.

Gesellschaftsvertrag muss Vermögensbindung bei Wegfall des bisherigen Zwecks regeln

Eine Satzung muss dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung genügen. Insbesondere muss sie auch eine ausdrückliche Regelung für den Wegfall des bisherigen Zwecks der Körperschaft enthalten.

Hintergrund

Streitig war die formelle Satzungsmäßigkeit des Gesellschaftsvertrages der C-GmbH. Im Jahr 2014 teilte das Finanzamt der GmbH mit, dass der Gesellschaftsvertrag aus 2012 nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entsprach. Die gemeinnützigen Zwecke müssten wörtlich benannt werden. Im Jahr 2015 beschlossen die Gesellschafter eine Neufassung, wobei zwar Regelungen zur Vermögensbindung im Fall der Auflösung enthalten waren, nicht aber bei Zweckwegfall. Das Finanzamt beanstandete auch die Neufassung und schlug vor, auch die Regelung zur Auflösung der Gesellschaft an die Mustersatzung anzupassen.

Im Jahr 2016 lehnte das Finanzamt die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen ab, weil der verfolgte Zweck und die Art der Verwirklichung nicht genau bestimmt waren.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Es war der Ansicht, dass der Gesellschaftsvertrag die satzungsmäßigen Voraussetzungen einhielt. Zudem genügt der Gesellschaftsvertrag angesichts der gewollten und zuvor zuerkannten Steuerbegünstigung den Anforderungen der satzungsmäßigen Vermögensbindung.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der Gesellschaftsvertrag in der Fassung aus dem Jahr 2015 genügt nicht den Anforderungen an die satzungsmäßige Vermögensbindung. Vertrauensschutzgesichtspunkte sind nicht zu berücksichtigen.

Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Diesen Anforderungen an die satzungsmäßige Vermögensbindung genügt die Satzung aus 2015 nicht. Denn in dem Vertrag fehlen ausdrückliche Bestimmungen der Vermögensbindung für den Wegfall des bisherigen Zwecks der GmbH.

Ist der Wegfall des bisherigen Zwecks als Voraussetzung des Vermögensanfalls überhaupt nicht erwähnt, ist eine Auslegung der Satzung in der Weise, dass die Regelung zu einer anderen Art des Vermögensanfalls auf den Wegfall des bisherigen Zwecks zu übertragen ist, nicht möglich. Die vorherige Handhabung der Beteiligten kann nicht zur Auslegung der satzungsmäßigen Vermögensbindung herangezogen werden. Denn Regelungen über die Vermögensbindung bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks müssen in der Satzung selbst getroffen werden. Die Berücksichtigung außerhalb der Satzung liegender Begleitumstände oder des nicht in der Satzung manifestierten Willens der Mitglieder würde dem Gebot des Buchnachweises widersprechen. Sinn und Zweck der satzungsmäßigen Vermögensbindung ist, dass ausschließlich aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist und satzungsmäßig die Bindung des steuerbegünstigt gebildeten Vermögens im Dritten Sektor gewährleistet bleibt.

Führen gespaltene Gewinnverwendungen zum Zufluss von Gewinnanteilen?

Beschließen die Gesellschafter, dass die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, aber der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, wenn die zivilrechtliche Vereinbarung wirksam ist.

Hintergrund

X war geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter verschiedener GmbH. Deren jeweilige Satzung sah vor, dass der einem Gesellschafter nicht ausgeschüttete Gewinn auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird und zu einem späteren Zeitpunkt an diesen Gesellschafter ausgeschüttet werden kann.

Für mehrere dieser GmbH stellten die Gesellschafter im Jahr 2012 die Jahresabschlüsse fest und entschieden sodann über die Verwendung und Verteilung der Bilanzgewinne. Hierzu stellten sie zunächst die Höhe der jeweils ausschüttbaren Gewinne fest. Im Weiteren beschlossen sie, dass die der jeweiligen Beteiligungshöhe entsprechenden Gewinnanteile der Minderheitsgesellschafter an diese ausgeschüttet wurden. Die ebenfalls der Beteiligungshöhe entsprechenden Anteile des X am Gewinn wurden hingegen nicht ausgeschüttet und den personenbezogenen Rücklagen zugeführt. In den Jahresabschlüssen wurden diese Rücklagen als Gewinnrücklagen im Eigenkapital der jeweiligen Gesellschaft ausgewiesen.

Das Finanzamt war der Meinung, dass dem X Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen waren, und erhöhte die Kapitalerträge entsprechend.

Dem folgte das Finanzgericht und entschied, dass die Anteile am Gewinn dem X als beherrschendem Gesellschafter bereits mit dem jeweiligen Beschluss über die Einstellung in das persönliche Rücklagenkonto zugeflossen waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders. Seiner Entscheidung nach hat das Finanzgericht fehlerhaft angenommen, dass gesellschaftsrechtlich zulässige und steuerlich anzuerkennende Beschlüsse über gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendungen zum Zufluss von Gewinnanteilen führen. Es hat insbesondere nicht berücksichtigt, dass es aufgrund der Gesellschafterbeschlüsse bereits nicht zu Gewinnausschüttungen an den X gekommen ist, sodass sich die Frage des Zuflusses von Gewinnanteilen gar nicht stellt.

Im Gewinnverwendungsbeschluss entscheiden die Gesellschafter darüber, ob bzw. inwieweit der Gewinn der GmbH thesauriert oder ausgeschüttet wird. Der thesaurierte Gewinn kann in eine Gewinnrücklage eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden. Im Rahmen der Gewinnverteilung bestimmen sie darüber, ob der auszuschüttende Gewinn den Gesellschaftern entsprechend ihren Geschäftsanteilen zusteht oder ob er anteilsabweichend verteilt wird. Für spätere Ausschüttungen aus einer solchen gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage, die als Unterkonto der Gewinnrücklage geführt wird, ist erneut ein Beschluss über die Gewinnverwendung zu fassen.

Im Rahmen der Gewinnverwendung können die Gesellschafter beschließen, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Derart gespaltene Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss fassen. Ein zivilrechtlich wirksamer Beschluss über eine gespaltene Gewinnverwendung, wonach die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter nach seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist steuerlich anzuerkennen.

Hiervon ausgehend führt ein gesellschaftsrechtlich zulässiger und steuerlich anzuerkennender Beschluss über die gespaltene/inkongruente Gewinnverwendung nicht zur Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, dessen Anteil am Gewinn thesauriert wird, und insoweit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils.

Die Revision des X war somit erfolgreich. Soweit eine Thesaurierung im Wege der Einstellung in eine personenbezogene Gewinnrücklage erfolgt ist, ist der Gewinn im Eigenkapital der Gesellschaft verblieben. Die gespaltene Gewinnverwendung führt nicht zur Ausschüttung des thesaurierten Gewinnanteils. Die zivilrechtlich wirksamen Gesellschafterbeschlüsse sind steuerlich anzuerkennen. Dass X beherrschender Gesellschafter war, steht der Anerkennung nicht entgegen.

Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen einer Hygienefachkraft

Alten- und Pflegeheime engagieren häufig selbstständige Hygienefachkräfte. Deren Leistungen sind umsatzsteuerfrei.

Hintergrund

Strittig ist, ob und inwieweit der Kläger als selbstständige „Hygienefachkraft“ an „Alten- bzw. Pflegeheime“ im Jahr 2012 umsatzsteuerfreie Dienstleistungen erbracht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind infektionshygienischen Leistungen des Klägers an Krankenhäuser steuerfrei. Nach Auffassung des Finanzamts sind die infektionshygienischen Leistungen des Klägers an „Alten- bzw. Pflegeheime“ weder steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG noch nach § 4 Nr. 16 UStG.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg.

Zwar sind die Leistungen des Klägers an Alten- und Pflegeheime nicht steuerfrei nach dem deutschen UStG. Jedoch kann sich der Kläger unmittelbar auf die unionsrechtliche Befreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen.

Bei den Leistungen des Klägers an Alten- und Pflegeheime handelt es sich weder um eine „ärztliche Heilbehandlung“ noch um eine infektionshygienische Leistung. Für beide Befreiungsnormen ist ein unmittelbarer Bezug der infektionshygienischen Leistungen zu einer Heilbehandlungstätigkeit in Krankenhäusern oder anderen medizinischen Einrichtungen erforderlich. Die Leistungsempfänger müssen mit den empfangenen Leistungen bei der Ausübung ihrer Heilbehandlungstätigkeit, die hierfür bestehenden medizinisch unerlässlichen und gesetzlich vorgeschriebenen infektionshygienischen Anforderungen im Einzelfall erfüllen. Dass bzw. in welchem Umfang die Alten- und Pflegeheime als Empfänger der Leistungen des Klägers solche Tätigkeiten ausgeübt haben, konnte der Kläger im Einzelfall nicht nachweisen und kann im Einzelfall auch nicht ohne Nachweis zu Gunsten des Klägers unterstellt werden.

Auch hatte der Kläger keine häusliche Krankenpflege durch die Alten-/Pflegeheime erbracht.

Der Kläger kann sich jedoch unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen. Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen …, einschließlich derjenigen, die durch … Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

Fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse im Jahr 2015?

Hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestand im Jahr 2015 kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit – auch nicht bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse.

Hintergrund

Die X-KG betreibt mehrere Gaststätten. Im Rahmen der Veranlagung für 2015 war sie der Ansicht, dass bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten mindestens 15 % der Betriebseinnahmen hinterzogen würden. Damit liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das zu einer ungleichmäßigen Besteuerung führe. Die Besteuerung ihrer Bareinnahmen in vollen Umfang verstoße daher gegen den Gleichheitssatz.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein zur (partiellen) Nichtigkeit der steuerlichen Regelung führendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht besteht.

Trotz bestehender Probleme bei der Erhebung und Verifikation der Besteuerungsgrundlagen im Bereich der bargeldintensiven Geschäftsbetriebe, insbesondere in der Gastronomie, besteht für 2015 kein struktureller, dem Gesetzgeber zuzurechnender Erhebungsmangel.

Bereits im Jahr 2015 galten für bargeldintensive Betriebe (auch in der Gastronomie) umfangreiche Erklärungs-, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Beleg-Aufbewahrungspflichten, die zur Verifikation (z.B. im Rahmen von Außenprüfungen) herangezogen werden können.

Es bestand auch bereits im Jahr 2015 ein erhöhtes Entdeckungsrisiko selbst für bargeldintensive Betriebe mit offener Ladenkasse. Die Finanzverwaltung konnte ohne weiteres bargeldintensive Betriebe verstärkt prüfen und Manipulationen bei Betrieben mit offener Ladenkasse aufzudecken (z.B. Chi-Quadrat-Test, Verprobung anhand der Vorjahre und der Richtsätze, Auswertung von Kontrollmitteilungen, Kassennachschau, Kassensturz).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Streitjahr ein (tatsächliches) Vollzugsdefizit bestanden hat, ist ein solches dem Gesetzgeber jedenfalls nicht zuzurechnen. Denn die im Streitjahr geltenden Normen waren nicht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt. Die Erhebungsregeln waren jedenfalls nicht derart ineffektiv, dass ein Unterlassen weiterer Regelungen bezüglich der Besteuerung von Betrieben mit offener Ladenkasse im Bereich der Gastronomie dem Gesetzgeber bereits für das Streitjahr als strukturelles Vollzugsdefizit angelastet werden könnte.

Es kann dahinstehen, ob jenseits eines normativen Erhebungsdefizits ein verfassungsrechtlich bedeutsames strukturelles Vollzugsdefizit auch darin bestehen kann, dass die Besteuerung aus politischen Gründen nicht vollzogen wird. Denn Anhaltspunkte für ein solches Vollzugsdefizit sind nicht ersichtlich.