Pauschale Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten: Keine Minderung der Sonderausgaben

Zahlt eine gesetzliche Krankenkasse eine pauschale Prämie für gesundheitsbewusstes Verhalten aus, wird dadurch der Sonderausgabenabzug nicht gemindert. Das gilt zumindest dann, wenn durch den Bonus der einer Gesundheitsmaßnahme zuzuordnende finanzielle Aufwand des Versicherten ganz oder teilweise ausgeglichen wird.

Hintergrund

Kläger X ist gesetzlich krankenversichert. Nach dem Bonusprogramm seiner Krankenkasse erhalten die Versicherten Geldprämien für bestimmte gesundheitsfördernde Maßnahmen. Die entsprechenden Ausgaben müssen sie nicht nachweisen. X erhielt im Jahr 2015 einen Bonus von 230 EUR u. a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts.

Das Finanzamt behandelte den Bonus als Beitragserstattung und berücksichtigte als abzugsfähige Sonderausgaben nur die um den Bonus geminderten Krankenversicherungsbeiträge.

Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht hatte X Erfolg. Dieses sah den Bonus nicht als Beitragserstattung an, sondern als Leistungen der Krankenkasse ohne Auswirkung auf den Sonderausgabenabzug.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge mindert, soweit hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt auch dann, wenn der Bonus pauschal ermittelt wird.

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof die Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenversicherung nicht als Beitragserstattung qualifiziert, wenn der Bonus den Nachweis vorherigen Aufwands des Mitglieds für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen voraussetzt. Der Bonus steht dann nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Versicherungsbeiträgen. Er mindert nicht die Versicherungsbeiträge des Mitglieds, sondern lediglich dessen zusätzliche Gesundheitsaufwendungen.

Von der Minderung des Sonderausgabenabzugs sind jedoch nicht nur Boni ausgenommen, die den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands durch den Steuerpflichtigen erfordern. Darüber hinaus wirken sich auch pauschal gewährte Boni nicht sonderausgabenmindernd aus, selbst wenn sie im Einzelfall die Aufwendungen überkompensieren. Sie müssen sich lediglich bei überschlägiger Betrachtung als zumindest realitätsgerechte Pauschale erweisen. Unerheblich ist auch der Zeitpunkt des Abflusses der eigenen Kosten. Entsprechendes gilt, wenn der Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten (z. B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Fitness-Studio) gewährt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings ebenfalls, dass der Versicherte finanzielle Aufwendungen trägt, die konkret auf die Inanspruchnahme der jeweils geförderten Gesundheitsmaßnahme zurückzuführen sind.

 

Anders ist es dagegen bei der Inanspruchnahme von Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z. B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge, Krebsvorsorge). Die wirtschaftliche Entlastung durch einen Bonus stellt sich hier für den Steuerpflichtigen als nachträgliche Herabsetzung seiner Gegenleistung für den Versicherungsschutz und damit als Beitragserstattung dar. Die insoweit gezahlten Boni sind mit den Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen.

Gleiches gilt für Boni, die aufgrund des Nachweises eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (z. B. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden. Auch insoweit ist ein Bonus nicht geeignet, eigenen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen auszugleichen.

Warum die Gebühr für eine Promotionsvermittlung steuerlich nicht anerkannt wird

Der Erwerb eines Doktor-Titels kann auch dann beruflich veranlasst sein, wenn das Promotionsverfahren im Ausland stattfindet. Die Kosten einer Promotionsvermittlung, mit der ein Titel quasi gekauft wird, werden dagegen steuerlich nicht anerkannt.

Hintergrund

Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als angestellter Steuerberater bei einer Steuerberatungsgesellschaft und aus freiberuflicher Tätigkeit als Steuerberater. Er machte Aufwendungen für ein Promotionsverfahren in Tschechien als Werbungskosten geltend. Die Kosten umfassten u. a. ein Beraterhonorar in Höhe von 8.500 EUR für die Vermittlung des Promotionsthemas. Das Finanzamt lehnte einen Abzug dieser Kosten komplett ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar kann der Erwerb eines ausländischen universitären Titels ausschließlich beruflich veranlasst sein. Allerdings waren das Beraterhonorar und die Einschreibegebühr vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen.

Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen dürfen als Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Diese Vorschrift gilt für Werbungskosten entsprechend.

Im vorliegenden Fall war die vom Kläger an den Vermittler bezahlte Vermittlungsgebühr von 8.500 EUR deshalb vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen. Das hier einschlägige Bayerische Hochschulgesetz stellt u. a. die Vermittlung eines ausländischen akademischen Grades unter Strafe. Damit stellte die Zuwendung des Beraterhonorars einen Vorteil dar, der für den Vermittler den Tatbestand einer Strafnorm erfüllte. Entsprechendes galt für die Einschreibegebühr, die de facto ebenfalls eine Vermittlungsleistung war.

Wenn das Finanzamt dem Insolvenzverwalter die Auskunft verweigert: Welches Gericht ist zuständig?

Verlangt der Insolvenzverwalter Auskunft über Bewegungen auf den Steuerkonten des Insolvenzschuldners und stützt er seinen Anspruch auf ein Informationsfreiheitsgesetz, ist nur der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Finanzgerichte sind in diesem Fall nicht zuständig.

Hintergrund

Ein gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter begehrte beim Finanzamt verschiedene Auskünfte. Er wollte insbesondere wissen, wann das Finanzamt gegen den Insolvenzschuldner erstmals Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hatte, die nicht zur sofortigen Befriedigung der zu vollstreckenden Forderungen geführt hatten, und ob und wenn ja wann der Insolvenzschuldner um Stundung, Aussetzung der Vollstreckung oder Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung gebeten hatte. Weiterhin bat er darum, sämtliche Zahlungen, die das Finanzamt seit den erfolglosen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bzw. Anträgen auf Stundung, Aussetzung der Vollstreckung bzw. Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung von dem Schuldner erhalten hatte, aufzulisten. Der Insolvenzverwalter stützte seinen Auskunftsanspruch ausschließlich auf ein Informationsfreiheitsgesetz (hier des Landes Mecklenburg-Vorpommern).

Das Finanzamt lehnte den Auskunftsantrag ab. Daraufhin erhob der Insolvenzverwalter Klage vor dem Finanzgericht. Zugleich beantragte er, den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Das Finanzgericht kam diesem Begehren nach. Dagegen erhob das Finanzamt Beschwerde und beantragte, den Verweisungsbeschluss aufzuheben, da zulässiger Rechtsweg der Finanzrechtsweg sei.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Entscheidung des Finanzgerichts, den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen, beanstandeten die Richter nicht.

Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über eine Abgabenangelegenheit eröffnet. Für sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art ist dagegen der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen worden ist. Ob in einem Streitfall der Rechtsweg zu den Finanzgerichten oder zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet ist, richtet sich nach dem jeweiligen Klagebegehren.

Stützt ein Kläger einen Auskunftsanspruch nicht auf die AO, sondern ausschließlich auf die Vorschriften eines Informationsfreiheitsgesetzes, ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nicht eröffnet.

Nach § 32i Abs. 2 AO ist zwar für Klagen der betroffenen Person hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten gegen Finanzbehörden oder gegen deren Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen der Finanzrechtsweg gegeben. § 32i Abs. 2 AO ist jedoch nicht über seinen Wortlaut hinaus auch auf solche Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, in denen der Kläger seinen Auskunftsanspruch auf Vorschriften eines Informationsfreiheitsgesetzes stützt. Aus § 32e AO lässt sich ebenfalls nicht herleiten, dass der Finanzrechtsweg auch für solche Rechtsstreitigkeiten eröffnet ist, in denen der Kläger seinen Auskunftsanspruch auf Vorschriften eines Informationsfreiheitsgesetzes stützt.

Kfz-Steuer: Dürfen Erben die Steuervergünstigung wegen einer Schwerbehinderung des Erblassers beantragen?

Die Steuerbefreiung für Schwerbehinderte kann auch rückwirkend nach dem Tod des Fahrzeughalters durch die Erben beantragt werden.

Hintergrund

Der Erblasser war Halter eines Kfz. Da er schwerbehindert war, hätte er die Kfz-Steuervergünstigung für Schwerbehinderte in Anspruch nehmen können, wenn er den Antrag gestellt hätte. Nach dem Tod des Halters beantragten die Erben die Steuervergünstigung rückwirkend ab dem Datum der Feststellung der Schwerbehinderung des Erblassers bis zum Ende der Kraftfahrzeugsteuerpflicht durch seinen Tod.

Aus Sicht der Zollverwaltung, die für die Festsetzung und Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer zuständig ist, kann der Zweck der Begünstigung, die Mobilität behinderter Menschen zu fördern, nach dem Tod des Fahrzeughalters nicht mehr erreicht werden. Der Antrag der Erben wurde deshalb abgelehnt.

Entscheidung

Die Erben treten als Gesamtrechtsnachfolger materiell- und verfahrensrechtlich in die abgabenrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein. Die dem Erblasser zur Verfügung stehenden steuerrechtlichen Gestaltungsrechte und -möglichkeiten gehen auf die Erben über. Ausgenommen hiervon sind lediglich höchstpersönliche Rechte, die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpft sind.

Das Finanzgericht entschied, dass im vorliegenden Fall eine solche Verknüpfung nicht vorliegt. Vielmehr wurde eher zufällig der Grundlagenbescheid zur Feststellung der Schwerbehinderung des Halters erst nach Abmeldung des Kraftfahrzeugs erstellt. Auf diesen Zeitpunkt hat der Halter keinen Einfluss, mithin kann dieser nicht für die Gewährung der Steuerbefreiung entscheidend sein. Zur Frage, ob der Zweck der Vorschrift, die Mobilität schwerbehinderter Menschen zu fördern, durch eine rückwirkende Vergünstigung noch erzielt werden kann, vergleicht das Gericht die rechtliche Folge für den Fall, dass der ursprüngliche Halter nicht verstorben sei. In diesem Falle wäre die Vergünstigung ebenfalls rückwirkend gewährt und die Mobilität rückwirkend gefördert worden. Im Ergebnis war deshalb das Antragsrecht kein höchstpersönliches Recht des Halters und konnte entsprechend auch auf Erben übergehen.

Grunderwerb bei Umstrukturierung kann steuerbegünstigt sein

Wie ist das herrschende Unternehmen in einer Beteiligungskette zu bestimmen? Mit dieser Frage setzte sich das Finanzgericht Düsseldorf auseinander. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Die Klägerin, eine aktiv tätige GmbH u. a. im Bereich Erwerb, Entwicklung und Vermarktung von Immobilien etc., war bis zum 15.8.2011 zu 100 %an der D-GmbH beteiligt. In deren Eigentum befand sich ein Grundstück. Gesellschafterin der Klägerin war zu 100 %die E-GmbH, deren Anteile wiederum vollständig durch die F-AG gehalten wurden.

Aufgrund eines Vertrags v. 5.8.2011 wurde zum 15.8.2011 mit der Eintragung ins Handelsregister die D-GmbH als übertragende Gesellschaft auf die Klägerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Zum Zeitpunkt der Verschmelzung bestand die Beteiligungskette mehr als 5 Jahre ununterbrochen. Alle Gesellschaften waren Organgesellschaften desselben umsatzsteuerlichen Organkreises mit der F-AG als Organträgerin. Bis zum Jahr 2008 war die G-Stiftung umsatzsteuerliche Organträgerin gewesen, die im Jahr 2008 25,01 %ihrer Beteiligung an die F-AG verkaufte.

Nachdem die F-AG ab dem 5.7.2013 die Anteile an der E-GmbH nach und nach verkauft hatte, versagte das Finanzamt die Steuerbegünstigung für die Grunderwerbsteuer. Diese sei mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen. Die Nachbehaltensfrist von 5 Jahren sei nicht eingehalten worden, da die F-AG als herrschendes Unternehmen nicht länger mittelbar über die E-GmbH zu mindestens 95 %an der Klägerin beteiligt war.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass zwar der im Bescheid erfasste Grunderwerb der Klägerin im Rahmen der Grunderwerbsteuer steuerbar, jedoch in voller Höhe steuerbegünstigt war, da die Verschmelzung der D-GmbH auf die Klägerin vom Begünstigungsbereich des § 6a GrEStG umfasst ist.

Die Steuer wird nach § 6a GrEStG nicht erhoben, wenn an einem steuerbaren Umwandlungsvorgang im Sinne des Umwandlungsgesetzes ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital das herrschende Unternehmen innerhalb von 5 Jahren vor dem Rechtsvorgang und 5 Jahre nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 %ununterbrochen beteiligt ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Als herrschendes Unternehmen ist aber nicht die F-AG anzusehen. Unerheblich ist, dass weder die E-GmbH noch die Klägerin Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind. An den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn das herrschende Unternehmen über die Beteiligung am abhängigen Unternehmen am Markt teilnimmt. Sowohl die Klägerin als auch die E-GmbH nehmen unstreitig am Markt teil. Das herrschende Unternehmen muss jedoch nicht stets der oberste Rechtsträger in der Beteiligungskette sein. Vielmehr kann herrschendes Unternehmen auch eine weitere Gesellschaft in Bezug auf nachfolgende Gesellschaften sein, wenn diese abhängige Gesellschaft ihrerseits die weiteren Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt. Dies war hier der Fall.

Erbschaftsteuer: Was gehört zum „jungen Verwaltungsvermögen“?

Nicht begünstigtes „junges Verwaltungsvermögen“ liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut sich weniger als 2 Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Keine Rolle spielen die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder die zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel.

Hintergrund

X ist Miterbin der im Jahr 2020 verstorbenen A. Im Nachlass befand sich eine Beteiligung an einer KG, zu deren Betriebsvermögen verschiedene Geldanlagen gehörten. Innerhalb der letzten 2 Jahre vor dem Stichtag hatte die KG Umschichtungen vorgenommen, insbesondere die Erlöse endfälliger Geldanlagen erneut angelegt und aus aktuell nicht benötigter Liquidität zusätzliche Erwerbe vorgenommen.

Das Finanzamt wertete die innerhalb des 2-Jahreszeitraums angeschafften Wertpapieren als nicht begünstigtes junges Verwaltungsvermögen i. S. v. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F.

Das Finanzgericht sah dies ebenso und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. ist wirtschaftsgutbezogen zu verstehen. Daraus folgt: Ein Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als 2 Jahre im Betriebsvermögen des Betriebs befand, der unmittelbar (oder vermittelt durch einen Gesellschaftsanteil) Gegenstand des Erwerbs ist, ist junges Verwaltungsvermögen und als solches nicht begünstigt.

Die Vorschrift ist nicht auf Fälle der Einlage von Verwaltungsvermögen aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen innerhalb der 2-Jahresfrist beschränkt.

Zum einen ist die Einlage nicht gesetzliches Tatbestandsmerkmal geworden. Zum anderen könnte der Zweck der Vorschrift, Missbräuche durch kurzfristige Einlagen aus dem Privatvermögen zu verhindern, so nicht erreicht werden. Eine derartige Eingrenzung wäre ohne Weiteres durch Einlage eines nicht zum Verwaltungsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts und Erwerb von Verwaltungsvermögen aus der so erlangten Liquidität zu umgehen.

Im vorliegenden Fall wäre dies sogar noch durch Einlage von Finanzmitteln möglich gewesen. Denn Geldforderungen rechneten seinerzeit noch nicht zum jungen Verwaltungsvermögen.

Die Entstehungsgeschichte lässt ebenfalls nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. auf die Fälle der innerhalb der 2-Jahresfrist getätigten Einlage aus dem Privatvermögen hätte beschränken wollen. Die Bestrebungen des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren, Verwaltungsvermögen nur im Falle der Einlage als nicht begünstigt anzusehen, waren weder 2008 noch später Gesetz geworden. Sie zeigen vielmehr, dass alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a. F. nicht auf Einlagefälle beschränkt sahen.

Nachzahlungszinsen: Kein Erlass bei verzögerter Bearbeitung eines Steuer-falls

Allein wegen einer verzögerten Bearbeitung eines Steuerfalls besteht für den Steuerpflichtigen kein Anspruch auf Erlass von Nachzahlungszinsen. Insoweit liegt keine Unbilligkeit vor.

Hintergrund

Der Kläger erzielte im Jahr 2011 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung. Ende 2014 erließ das Finanzamt eine Prüfungsanordnung für die Jahre 2011 bis 2013. Der Prüfungsbeginn war im März 2015. Aus Krankheitsgründen erging der Prüfungsbericht erst Ende 2016. In diesem stellte die Prüferin fest, dass im Jahr 2011 ein Veräußerungsgewinn zu versteuern war. Der geänderte Bescheid für 2011 wurde im Februar 2017 erlassen. Zudem wurden Nachzahlungszinsen festgesetzt.

Der Kläger stellte einen Antrag auf Teilerlass der Zinsen, da durch die Krankheit der Prüferin eine erhebliche Verzögerung der Bearbeitung eingetreten war. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Seiner Ansicht nach hatte das Finanzamt den Teilerlass von Nachzahlungszinsen ermessensfehlerfrei abgelehnt. Ein Erlass ist nur dann möglich, wenn die Einziehung nach der Situation im jeweiligen Einzelfall unbillig ist.

Die Einziehung der Zinsen war hier aber nicht unbillig. Zweck der Regelung des § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass Steuern zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei den Steuerpflichtigen festgesetzt werden. Die Vollverzinsung soll dabei typisierend die Zins- und Liquiditätsvorteile beim Steuerpflichtigen ausgleichen. Ob er diese im Einzelfall tatsächlich hatte, ist ohne Belang. Eine verzögerte Bearbeitung eines Steuerfalls durch das Finanzamt führt hierbei regelmäßig nicht dazu, dass die Festsetzung von Nachzahlungszinsen unbillig ist. Ein Verschulden des Finanzamts an einer langen Bearbeitungsdauer ist im Regelfall irrelevant. Ein Teilerlass kam im vorliegenden Fall deshalb nicht infrage.

Zur Zurechnung des Vorabgewinns einer Komplementär-GmbH für die Geschäftsführung bei einer KG

Ein Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung der KG, die von einem Kommanditisten der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erbracht wird, ist nicht der Komplementär-GmbH, sondern dem die Geschäfte führenden Kommanditisten zuzurechnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die GmbH dem Kommanditisten ein Entgelt für seine Tätigkeit schuldet.

Hintergrund

Gesellschafter der P-GmbH u. Co. KG sind die A-GmbH als Komplementärin und B und C als Kommanditisten. Beide sind alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Es bestehen keine Geschäftsführeranstellungsverträge.

Die Komplementär-GmbH erhält für die Geschäftsführung und die Übernahme der persönlichen Haftung einen jährlichen Vorabgewinn von 200.000 EUR. B und C entnahmen aus ihren Kapitalkonten monatlich Beträge, die von ihren Gewinnanteilen gedeckt waren. Für die Geschäftsführertätigkeit der B und C zahlte die Komplementär-GmbH keine Vergütung.

Das Finanzamt sah diese Gewinnverteilung als unangemessen an und rechnete den der Komplementär-GmbH zugewiesenen Vorabgewinn zu gleichen Teilen B und C zu. Seiner Ansicht nach wurde die Geschäftsführertätigkeit auf der Ebene der KG bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht von der Komplementär-GmbH, sondern von B und C erbracht.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und erkannte die Gewinnverteilungsabrede an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der von der KG der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung geschuldete Vorabgewinn den Kommanditisten zuzurechnen ist.

Die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG beim Kommanditisten erfasst auch Vergütungen, die der Kommanditist dafür erhält, dass er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäfte der KG führt.

Die Zahlung der Tätigkeitsvergütung an den Gesellschafter-Kommanditisten ist einer Gewinnverteilung vergleichbar und kann deshalb steuerlich nicht anders als jene behandelt werden. Das gilt sowohl für den Fall, dass der Kommanditist die Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unmittelbar von der KG erhält, als auch für den Fall, dass er die Vergütung mittelbar von der Komplementär-GmbH bezieht, die insoweit Ersatz von der KG erhält.

Erhält nicht der Kommanditist selbst ein Entgelt für seine Tätigkeit „im Dienst“ der KG, sondern wird der Komplementär-GmbH ein Vorabgewinn für die Geschäftsführung zugewiesen, wird der auf die Geschäftsführung entfallende Gewinnanteil dem die Geschäfte tatsächlich führenden Kommanditisten zugerechnet. Der Vorabgewinn ist daher auch im vorliegenden Fall dem die Leistung erbringenden Kommanditisten zuzurechnen. Aus Sicht der Komplementär-GmbH handelt es sich insoweit nicht um eine Sondervergütung oder Gewinnzuweisung der KG, die bei ihr – der Komplementär-GmbH – der Körperschaftsteuer unterworfen wird, sondern um eine verdeckte Einlage ihres Gesellschafters, der zugleich Kommanditist der KG ist.

Zu den Folgen einer verspäteten Feststellung des GmbH-Jahresabschlusses

Der Anspruch auf Tantiemen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers wird grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Dies gilt auch dann, wenn der Jahresabschluss verspätet festgestellt wird. Eine fiktive Vorverlegung des Zuflusses darf nicht vorgenommen werden.

Hintergrund

X war im Jahr 2009 beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sowie Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer weiteren GmbH. Die GmbHs gewährten ihren Geschäftsführern neben dem monatlichen Festgehalt Tantiemen. Diese waren jeweils einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig.

Zum 31.12.2008 wurden in den GmbH-Bilanzen für jeden Geschäftsführer Tantiemen passiviert und im Dezember 2009 wurden die Bilanzen festgestellt. Die Tantiemen 2008 wurden weder im Jahr 2009 noch in den Folgejahren ausgezahlt, sondern im Jahr 2011 auf „sonstige Verbindlichkeiten“ umgebucht.

Das Finanzamt erhöhte für das Jahr 2009 den Bruttoarbeitslohn des X hinsichtlich der Tantiemen.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die Tantiemen bei einer fristgerechten Feststellung spätestens am 31.12.2009 fällig gewesen wären und deshalb im Jahr 2009 als zugeflossen gelten.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Zufluss der Tantiemen nicht hätte vorverlegt werden dürfen, und gab damit der Klage des X statt.

Dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses. Das gilt aber nur, soweit nicht im Anstellungsvertrag zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit vereinbart ist. Deshalb waren im vorliegenden Fall die Tantiemen aus dem Jahr 2008 nicht im Jahr 2009 zugeflossen.

Die Feststellung der Abschlüsse der GmbHs erfolgte unter Passivierung der Tantiemen im Dezember 2009. Nach den Anstellungsverträgen waren die Tantiemen einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses fällig, also erst im Januar 2010. Diese Fälligkeitsvereinbarung ist steuerlich anzuerkennen. Ein fremder Geschäftsführer hätte sich ebenso auf diese Vereinbarungen eingelassen. Ein Monat ist keine unangemessen lange Zeitspanne, um die Liquidität für die Auszahlung herzustellen.

Die Gesellschafter müssen spätestens 11 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (d. h. hier am 30.11.2009) über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließen. Die verspätete Feststellung der Jahresabschlüsse für 2008 führt jedoch nicht zur Vorverlegung der Fälligkeit und damit des Zuflusses der Tantiemen in 2009. Denn erst die Feststellung des Jahresabschlusses führt zum Entstehen einer Verbindlichkeit. Das gilt selbst dann, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses nicht fristgerecht erfolgt ist. Der noch nicht existente Jahresabschluss kann keine (fiktive) Fälligkeit bewirken.

Vermögenslose GmbH: Wann eine Löschung möglich ist

Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für eine Vermögenslosigkeit, kann eine GmbH aus dem Handelsregister gelöscht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gesellschaft trotz mehrfacher Aufforderung keine Vermögensnachweise erbringt.

Hintergrund

Gegen die GmbH wurde ein Antrag auf Löschung aus dem Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gestellt. Grund hierfür waren insbesondere ein früherer Insolvenzantrag der Gesellschaft, fehlender Zahlungsfluss in den vergangenen 3 Jahren sowie ausstehende Mitgliedsbeiträge bei der IHK für die vergangenen 10 Jahre.

Gegen den Löschungsantrag legte der Geschäftsführer der GmbH Widerspruch ein. Als Begründung führte er aus, dass die GmbH nicht vermögenslos, sondern Gesellschafterin in anderen Unternehmen wäre. Außerdem hätte sie Vorräte sowie Forderungen, erbrachte jedoch dafür keine Nachweise. Der Geschäftsführer legte lediglich eine 3 Jahre alte Abtretungsvereinbarung über Forderungen einer sich in Liquidation befindlichen GmbH vor.

Das Registergericht erachtete die Begründung für nicht ausreichend und wies den Widerspruch zurück. Das Oberlandesgericht gab dem Geschäftsführer letztmalig Gelegenheit zur Vorlage von Vermögensnachweisen. Dem kam der Geschäftsführer jedoch nicht nach.

Entscheidung

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht sah die Zurückweisung des Widerspruchs als rechtmäßig an. Mangels gegenteiliger Nachweise gingen die Richter von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft aus. Von einer sich gegen eine Löschung verteidigende Gesellschaft darf erwartet werden, dass sie die tatsächlichen Umstände vorträgt, die ihr zufolge gegen eine Löschung sprechen. Insbesondere war auch der Vortrag des Geschäftsführers nicht geeignet, Vermögen nachzuweisen. Weder Aktivvermögen wurde dargelegt noch die Beteiligung an der Gesellschaft konkretisiert. Auch die behauptete Forderungsabtretung belegte keine werthaltige Forderung. Ebenso fehlte es an einer Behauptung oder Glaubhaftmachung irgendeines Zahlungsflusses in den letzten 3 Jahren. Da auch auf Nachfrage keine Nachweise erbracht wurden, musste von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ausgegangen werden, sodass die Löschung letztlich rechtmäßig war.