Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer: Zeitpunkt der Lieferung

Die Einfuhrumsatzsteuer entsteht bei der Einfuhr von Waren aus dem Drittland. Dabei stellt sich die Frage, wonach sich der Zeitpunkt der Lieferung für Zwecke des Vorsteuerabzugs bestimmt. Die Finanzverwaltung hat jetzt Stellung bezogen und den Anwendungserlass entsprechend geändert.

Hintergrund

Der Unternehmer kann Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn der Gegenstand für sein Unternehmen im Inland eingeführt wird. Voraussetzung dafür ist u. a., dass der Unternehmer in dem Zeitpunkt, in dem der Gegenstand zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt wird, die Verfügungsmacht an dem Gegenstand innehat. Dazu muss – soweit eine Lieferung im Zusammenhang mit dem Einfuhrtatbestand erfolgt – darauf abgestellt werden, wann die Lieferung ausgeführt wurde.

Zeitpunkt einer Lieferung

Dabei war fraglich, ob der Zeitpunkt einer Lieferung sich für die Frage des Vorsteuerabzugs bei der Einfuhrumsatzsteuer nach zivilrechtlichen Regelungen oder nach den umsatzsteuerrechtlichen Regelungen zur Ortsbestimmung ergibt.

Zur Frage, wer zum Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht an dem Gegenstand hat, stellt die Finanzverwaltung klar, dass für diesen Zweck auf den Zeitpunkt der Lieferung nach der umsatzsteuerlichen Ortsbestimmung nach § 3 Abs. 6 bis Abs. 8 UStG abzustellen ist. Dies ist nun in Abschn. 15.8 Abs. 4 Satz 3 UStAE neu geregelt. Die der Lieferung zugrunde gelegten Lieferklauseln sind unbeachtlich.

Hinweis

Diese Grundsätze gelten auch bei Reihengeschäften.

Nicht entscheidend ist, wer die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet hat.

Gelangt der Gegenstand bei der Lieferung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, steht in den Fällen des § 3 Abs. 8 UStG der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nur dem Lieferer zu, wenn er den Gegenstand zur eigenen Verfügung im Inland zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt und danach an seinen Abnehmer liefert.

Kindergeld: Wer zu spät beantragt, geht (doch nicht) leer aus

Eltern sollten möglichst zeitnah nach der Geburt den Antrag auf Kindergeld stellen, da dieses nur für 6 Monate rückwirkend ausgezahlt wird. Der § 66 Abs. 3 EStG a. F. war jedoch so ungeschickt verfasst, dass die Familienkassen doch für längere Zeiträume das Kindergeld rückwirkend zahlen mussten.

Hintergrund

Der Vater V beantragte im April 2015 Kindergeld für seine Tochter. Diese sollte im Juli 2015 eine Ausbildung abschließen und ab September 2015 eine 3-jährige Ausbildung zur Erzieherin beginnen.

Die Familienkasse setzte ab März 2015 Kindergeld fest, hob diese Festsetzung später ab August 2015 wieder auf, da trotz Aufforderung die Ausbildung der Tochter nicht nachgewiesen wurde.

Mit Antrag vom 7.10.2017, der erst am 3.4.2018 bei der Familienkasse eingegangen war, beantragte V die Festsetzung von Kindergeld für August 2015 bis August 2019. Die Familienkasse setzte Kindergeld ab August 2015 zwar fest, beschränkte jedoch die Nachzahlung auf den Zeitraum Oktober 2017 bis April 2018 unter Hinweis auf § 66 Abs. 3 EStG. Anträge, die nach dem 31.12.2017 eingehen, könnten rückwirkend nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten
6 Kalendermonate vor dem Eingang des Antrags führen. Da der Antrag erst am 3.4.2018 bei der Familienkasse eingegangen war, bestand ein Zahlungsanspruch erst ab Oktober 2017.

Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und entschied, dass das für August 2015 bis September 2017 festgesetzte Kindergeld an V zu zahlen war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der Familienkasse zurück. Die Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG betraf das Festsetzungsverfahren, nicht das Erhebungsverfahren. Das Kindergeld konnte danach nur für die letzten 6 Monate festgesetzt werden. Der Wortlaut “gezahlt” könnte zwar darauf hindeuten, dass nur die Auszahlung des Kindergeldes geregelt wird und damit das Erhebungsverfahren betroffen ist. Für eine Zuordnung bereits zum Festsetzungsverfahren spricht jedoch die systematische Stellung in § 66 EStG. Die §§ 62 bis 69 EStG befassen sich mit den materiellen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs und Fragen der Festsetzung. In den §§ 70 und 72 EStG erfolgt der Übergang vom Festsetzungs- in das Erhebungsverfahren, während die §§ 74 bis 76 EStG ausschließlich Fragen der Erhebung betreffen.

Die Familienkasse hat somit entgegen § 66 Abs. 3 EStG und damit rechtswidrig das Kindergeld rückwirkend für August 2015 bis September 2017, d. h. über den 6-Monats-Zeitraum hinaus, festgesetzt. Diese Festsetzung wirkt allerdings konstitutiv und ist infolge der eingetretenen Bestandskraft für die Familienkasse bindend. Da die Familienkasse das Kindergeld über den 6-Monats-Zeitraum hinaus rückwirkend bestandskräftig festgesetzt hatte, war sie auch verpflichtet, das Kindergeld in diesem Umfang auszuzahlen.

Wenn Ehegatten gemeinsam eine Photovoltaikanlage betreiben

Wenn Ehegatten eine Photovoltaikanlage auf ihrem eigengenutzten Wohnhaus im Rahmen einer GbR betreiben, müssen sie eine Einkommensteuer-, eine Umsatzsteuer und eine Gewerbesteuererklärung abgeben. Eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte kann jedoch regelmäßig unterbleiben.

Hintergrund

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten bilden eine GbR, die auf einem von ihnen bewohnten Wohngrundstück eine Photovoltaikanlage betreibt. Die erzeugte Energie nutzen sie zum Teil privat, zum Teil wird sie an einen Stromversorger veräußert.

Die Eheleute reichten für 2014 eine Einkommensteuer-Erklärung ein, mit der sie einen Verlust aus dem Betrieb der Anlage erklärten. Für die GbR reichten sie Gewerbesteuer- und Umsatzsteuer-Erklärungen ein, aber keine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte.

Das Finanzamt schätzte darauf die Einkünfte der GbR anhand der Gewinnermittlung und erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid.

Mit der Klage wandten sich die Eheleute gegen die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Feststellung. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Es lag ein Fall von geringer Bedeutung vor und ein Gewinnfeststellungsverfahren war daher nicht durchzuführen.

Die Einkünfte sind nicht gesondert festzustellen, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen. Eine geringe Bedeutung ist z. B. zu bejahen, wenn die Gefahr divergierender Entscheidungen gegenüber den einzelnen Feststellungsbeteiligten nahezu ausgeschlossen ist. Das wird insbesondere angenommen, wenn für die Gewinnfeststellung gegenüber der Gesellschaft und die Ertragsbesteuerung der Gesellschafter dieselbe Behörde zuständig ist und die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach Art und Höhe unstreitig sind.

Davon ausgehend lag vorliegend ein Fall von geringer Bedeutung vor. Denn über die Art, die Höhe und die hälftige Aufteilung der Einkünfte bestand zwischen den Eheleuten kein Streit und das Finanzamt ist nicht nur für die Einkommensteuer-Veranlagung zuständig (Wohnsitz-Finanzamt), sondern wäre auch für die Gewinnfeststellung der GbR zuständig (Betriebs-Finanzamt), wenn eine solche durchzuführen wäre. Eine Gewinnfeststellung war daher nicht durchzuführen. Die Entscheidung darüber steht nicht im Ermessen des Finanzamts, sondern ist eine gebundene Entscheidung.

Recht auf Akteneinsicht beinhaltet keinen Anspruch auf Übersendung der Akten

Ein Anspruch auf Übersendung der Akten des Finanzgerichts besteht nicht. Die Einsicht in die in Papierform geführten Akten muss in den Diensträumen des Finanzgerichts oder einer Behörde erfolgen.

Hintergrund

Die Klägerin begehrte in einem Klageverfahren Akteneinsicht in die Akten des Finanzgerichts durch Übersendung der vollständigen Prozessakten. Eine Einsicht in die Akten im Finanzgericht war ihrer Ansicht nach nicht zumutbar. Zudem war sie der Meinung, dass unter Hinweis auf Art. 15 DSGVO ein solcher Anspruch gegeben war. 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass ein Anspruch auf Akteneinsicht auf der Grundlage der DSGVO nicht gegeben war. Denn diese findet auf das Finanzgerichtsverfahren keine Anwendung. Weiter führten die Richter aus: Die Möglichkeit einer Akteneinsicht ist allein nach § 78 FGO zu beurteilen. Hiernach ist zwar Akteneinsicht zu gewähren und die Beteiligten könnten sich auch auf ihre Kosten Kopien fertigen lassen.

Wenn die Akten, wie im Normalfall, in Papier geführt werden, muss diese Einsicht aber in den Räumen des Gerichts erfolgen. Ein Anspruch auf Übersendung einer vollständigen Kopie besteht nicht. Nach Durchsicht könnte aber eine Kopie bestimmter Aktenseiten erfolgen.

Home-Office an Arbeitgeber vermietet: Ist bei Renovierung ein Vorsteuerabzug möglich?

Wird ein an den Arbeitgeber vermietetes Home-Office renoviert, erfordert ein Vorsteuerabzug einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den Vermietungsumsätzen. Dieser ist bei einer Bürotätigkeit bezüglich einem mit Dusche und Badewanne ausgestatteten Badezimmer nicht gegeben.

Hintergrund

Die Eheleute sind zu je 1/2 Eigentümer eines Wohnhauses, das aus einer von ihnen selbstgenutzten Wohnung im Obergeschoss und einer Einliegerwohnung im Erdgeschoss besteht. Die Einliegerwohnung vermieteten die Eheleute umsatzsteuerpflichtig an den Arbeitgeber des Ehemanns M als Home-Office. Von diesem aus betreibt M seine Tätigkeit als Vertriebsleiter für seinen Arbeitgeber.

Im Jahr 2012 renovierten die Eheleute das Home-Office und machten für die Handwerkerleistungen den Vorsteuerabzug geltend. Von den Renovierungskosten im Gesamtbetrag von 31.000 EUR entfielen 25.000 EUR auf die Renovierung des Badezimmers.

Das Finanzamt ordnete das Badezimmer dem privaten Bereich zu und kürzte die Vorsteuer entsprechend. Das Finanzgericht gab dagegen der Klage teilweise statt und erkannte den Vorsteuerabzug für die auf die Sanitäreinrichtung entfallenden Aufwendungen an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und wies die Revision als unbegründet zurück. Den Eheleuten stand kein weiterer Vorsteuerabzug zu. Zur Begründung führten die Richter aus:

Der Vorsteuerabzug setzt Leistungen für das Unternehmen voraus. Die Zurechnung einer Eingangsleistung zu der unternehmerischen Tätigkeit erfordert einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz. Das bedeutet, dass die Aufwendungen zu den Kostenelementen der Ausgangsumsätze gehören müssen.

Bei Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber vermieteten Home-Office besteht der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang mit den Vermietungsumsätzen nur, soweit das Home-Office beruflich genutzt wird, d. h. den geschäftlichen Bereich der Vermietung betrifft. Bei einer Bürotätigkeit kann sich die berufliche Nutzung des Home-Office zwar auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer. Dementsprechend fehlt es dem noch streitigen Teil der Erhaltungsaufwendungen für das Badezimmer des Home-Office an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den Vermietungsumsätzen der Eheleute.

Die Vorgaben des Arbeitgebers zur Ausstattung umfassten lediglich das Vorhandensein einer Sanitäreinrichtung. Die Miete wurde trotz der umfassenden Renovierung des Badezimmers nicht erhöht. Daraus folgt, dass der über die Toilette-/Waschbeckeneinrichtung hinaus gehende Teil der Renovierungskosten gerade nicht zu den Kostenelementen der Vermietung an den Arbeitgeber gehört. Es bestand also keinerlei Zusammenhang zwischen der Ausstattung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne und der Anmietung des Home-Office durch den Arbeitgeber.

Kindergeld: Wenn das Kind vor Ausbildungsbeginn krank wird

Kann ein ausbildungswilliges Kind sich wegen einer Erkrankung nicht um eine Berufsausbildung bemühen, können die Eltern für dieses Kind weiterhin Kindergeld bekommen. Denn hier gelten die gleichen Maßstäbe wie bei einem Kind, das trotz ernsthafter Bemühungen keinen Ausbildungsplatz findet.

Hintergrund

Die Tochter der Klägerin befand sich vom 1.8.2016 bis 8.6.2017 in einer Ausbildung. Sie unterbrach die Ausbildung krankheitsbedingt für den Zeitraum Juni 2017 bis einschließlich Juli 2018. Die Familienkasse hob hinsichtlich des Zeitraums der Erkrankung die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter bis einschließlich Juli 2018 auf und forderte den überzahlten Betrag von 2.510 EUR zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass eine Berücksichtigung grundsätzlich auch dann möglich ist, wenn ein Kind wegen einer Erkrankung gehindert ist, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Erforderlich ist aber in diesem Fall eine schriftliche Erklärung des Kindes, dass es sich unmittelbar nach Genesung um eine Ausbildung bemühen will. Eine solche Erklärung kann aber nach Ansicht der Familienkasse keine Rückwirkung entfalten, sondern wirkt erst ab Eingang bei der Familienkasse. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied zugunsten der Klägerin. Seiner Ansicht nach waren Anhaltspunkte dafür, dass in einzelnen Monaten die Ausbildungswilligkeit gefehlt haben soll, im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Soweit die Familienkasse die rechtzeitige Vorlage einer Erklärung über die Ausbildungswilligkeit in ihrer Dienstanweisung als Voraussetzung für die Annahme der Ausbildungswilligkeit vorsieht, sah sich das Gericht an diese Auffassung der Verwaltung nicht gebunden. Auch unter Einbeziehung des Umstands, dass die Erklärung erst im Oktober 2018 vorgelegt wurde, ist das Gericht von einer Ausbildungswilligkeit im gesamten Krankheitszeitraum überzeugt.

Ärztliche Notfallpraxis unterliegt nicht der Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer

Ist ein Zimmer in einem privaten Wohnhaus als Behandlungsraum eingerichtet und wird er auch als solcher genutzt, findet die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer keine Anwendung. Das gilt selbst dann, wenn die Patienten den Raum nur über einen privaten Flur erreichen können.

Hintergrund

Die Augenärztin A betrieb zusammen mit anderen Ärzten eine Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR. Daneben unterhielt sie im Keller ihres privaten Wohnhauses einen ausschließlich für die Behandlung von Patienten in Notfällen genutzten und entsprechend eingerichteten Raum. Im Kellergeschoß befanden sich außerdem privat genutzte Räume (Heizraum, Hauswirtschaftsraum usw.). Zu dem Behandlungsraum gelangten die Patienten über die vom Erdgeschossflur abgehende Kellertreppe. Der Flur im Erdgeschoss führte auch zu den Wohnräumen. Der Keller war nicht über einen gesonderten Kellereingang erreichbar.

A machte ihre Aufwendungen für den Notbehandlungsraum als Sonderbetriebsausgaben im Rahmen der Feststellungerklärung der GbR geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht verweigerten den Betriebsausgabenabzug. Sie waren der Ansicht, dass es sich mangels einer leichten Zugänglichkeit nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum handelte. Die Aufwendungen seien auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines häuslichen Arbeitszimmers abziehbar. Denn A ständen die Behandlungsräume in der Praxis zur Verfügung. Daher greife das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Aufwendungen für den Notbehandlungsraum nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG unterliegen. Denn es handelte sich um einen betriebsstättenähnlichen Raum und nicht um ein häusliches Arbeitszimmer. Die Aufwendungen sind daher in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar.

Aufwendungen für Räume innerhalb des privaten Wohnbereichs, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechen, können unbeschränkt als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar sein, wenn sie betrieblich/beruflich genutzt werden und sich der betriebliche/berufliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objektiver Kriterien feststellen lassen.

Ob ein Behandlungsraum als betriebsstättenähnlich anzusehen ist, bestimmt sich sowohl nach der Ausstattung des Raums als auch dessen leichter Zugänglichkeit für Dritte. Die Anforderungen an eine leichte Zugänglichkeit des Raums für Dritte können nicht völlig losgelöst von dessen Ausstattung bestimmt werden. Jedenfalls dann, wenn bei einem Raum aufgrund seiner Einrichtung und Nutzung eine private (Mit-)Nutzung ausgeschlossen ist, begründet allein der Umstand, dass ihn die Patienten nur über einen dem privaten Bereich zuzuordnenden Flur erreichen können, keine Abzugsbeschränkung.

Hiervon ausgehend ist der im Keller gelegene Behandlungsraum aufgrund seiner Ausstattung und Nutzung als betriebsstättenähnlicher Raum zu qualifizieren. Eine private Mitbenutzung durch A war praktisch ausgeschlossen. Die Patienten mussten zwar die dem privaten Bereich zuzuordnende Flure durchqueren, um in den Behandlungsraum zu gelangen. Die dadurch gegebene räumliche Verbindung zu den Privaträumen bzw. eingeschränkte Zugänglichkeit für Dritte ist jedoch gering ausgeprägt. Sie fällt angesichts der Ausstattung des Raums und der tatsächlichen beruflichen Nutzung nicht entscheidend ins Gewicht.

Betriebs-Pkw: Private Nutzung darf nicht einfach unterstellt werden

Wird ein Pkw ausschließlich betrieblich genutzt, darf das Finanzamt nicht einfach unterstellen, dass dieses Fahrzeug auch privat genutzt wird. Das gilt insbesondere dann, wenn für private Fahrten ein vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung steht.

Hintergrund

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Form einer GmbH & Co. KG. X war der alleinige Kommanditist. Ihm wurde eine Mercedes C-Klasse zur alleinigen Nutzung überlassen. Im Anlagevermögen der Klägerin befand sich weiterhin ein Fiat Kastenwagen. Dieses Fahrzeug wurde im Jahr 2012 erworben. Einen privaten Nutzungsanteil machte die Klägerin hierfür nicht geltend.

Nach Angaben der Klägerin wurde der Fiat zu allgemeinen Fahrten des X verwendet, insbesondere für Fahrten zu den Betriebsstätten der Klägerin. Das Finanzamt war der Ansicht, dass dafür ein privater Nutzungsanteil zu versteuern ist. Da die Klägerin kein Fahrtenbuch geführt hatte, wurde die Privatnutzung der 1 %-Methode unterworfen.

Das Finanzamt stellte dabei auf den Anscheinsbeweis ab. Zwar stand X ein Mercedes zur Verfügung, dieser war jedoch weder in Bezug auf den Gebrauchswert noch im Hinblick mit dem Status des im Anlagevermögen befindlichen Fiat vergleichbar, da der Fiat insbesondere ein variables Sitzkonzept als auch ein größeres Kofferraumvolumen besitze. Zudem war der Mercedes aufgrund der hohen Laufleistung, der veralteten Technologie und den daraus resultierenden Wiederbeschaffungskosten nicht vergleichbar.

Die Klägerin argumentierte, dass sich in dem Fiat ständig ein großer Werkzeugkoffer befand, X auf den Fahrten morgens und abends von einem Mitarbeiter begleitet wurde und der Mercedes außerdem eine wesentlich bessere Ausstattung als der Fiat besaß.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass das Finanzamt zu Unrecht eine private Nutzung des Fiats unterstellt hat. Eine Privatnutzung sieht das Gesetz dann nicht vor, wenn keine Privatnutzung stattgefunden hat. Um den Anscheinsbeweis zu widerlegen, genügt jedoch nicht die Behauptung, dass der Fiat nicht für Privatfahrten genutzt wird. Ob der Anscheinsbeweis widerlegt wird, ist vielmehr unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Im vorliegenden Fall wurde der Anscheinsbeweis dadurch erschüttert, dass mit dem Mercedes Benz ein in Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug zur alleinigen Verfügung des Kommanditisten stand.

Nach Ansicht der Finanzrichter wies der Mercedes deutlich höhere Leistungsmerkmale auf, lag im hohen Luxuspreisniveau und stellte daher einen höheren Statuswert dar. Unter dem Strich waren jedoch die beiden Pkw vergleichbar.

Erhaltungsaufwand versus AfA: Entweder oder

Werden Anschaffungskosten als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand geltend gemacht, können dieselben Aufwendungen nicht zusätzlich im Rahmen der AfA angesetzt werden. Die Kosten dürfen nur einmal berücksichtigt werden.

Hintergrund

Die A-GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Januar 2009 kaufte sie Klimageräte für ein Vermietungsobjekt zu einem Kaufpreis i. H. v. 42.455 EUR.

Die GbR behandelte für das Jahr 2009 die Anschaffungskosten als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand und machte den Betrag von 42.455 EUR als Werbungskosten geltend. Zudem nahm sie AfA von den Anschaffungskosten in Anspruch und verteilte sie auf 10 Jahre.

Das Finanzamt berücksichtigte für 2009 zunächst sowohl den Werbungskosten-Sofortabzug als auch den AfA-Abzug. Nachdem Feststellungsverjährung eingetreten war, konnte das Finanzamt den Sofortabzug nicht mehr rückgängig machen.

Für das Jahr 2012 machte die GbR wiederum einen AfA-Betrag von 4.246 EUR geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab, da durch den vollen Abzug der Anschaffungskosten im Jahr 2009 kein Restbuchwert mehr vorhanden war. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der GbR zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bilden die Bemessungsgrundlage der AfA. In welcher Höhe AfA vorgenommen werden kann, richtet sich nach dem AfA-Volumen. Dieses ist durch die Bemessungsgrundlage der Höhe nach begrenzt. Auch eine zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA führt demnach nicht zu einer Erhöhung des AfA-Volumens.

Bei anderen Wirtschaftsgütern als Gebäuden bestimmt sich die AfA nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer. Das AfA-Volumen ist verbraucht und eine weitere AfA daher nicht zulässig, soweit die Bemessungsgrundlage bereits abgesetzt worden ist. Damit wird gewährleistet, dass die Bemessungsgrundlage nur einmalig Berücksichtigung findet.

Davon ausgehend konnte die GbR im Jahr 2012 keine AfA mehr für die Klimageräte in Anspruch nehmen. Die Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage und Obergrenze des AfA-Volumens waren durch die Berücksichtigung der vollständigen Anschaffungskosten als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) bereits vollständig verbraucht.

Unerheblich ist, ob die Anschaffungskosten jährlich abgesetzt oder irrtümlich als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen behandelt wurden. Wurde ein Wirtschaftsgut in der Vergangenheit bereits komplett abgesetzt und damit der mit seiner Anschaffung oder Herstellung einhergehende Aufwand vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt, kommt folglich eine weitere AfA nicht mehr in Betracht.

Kosten eines Erststudiums sind keine Werbungskosten

Wer ein Erststudium absolviert, das z. B. zu einem Bachelor-Abschluss führt, kann die Aufwendungen nicht als Werbungskosten geltend machen. Im Gegensatz dazu sind die Kosten eines Master-Studiums, das ein Zweitstudium darstellt, abziehbar.

Hintergrund

Die Studentin S begann nach dem Abitur 2003 ein Universitätsstudium der Psychologie, das sie im Juli 2006 mit dem Abschluss “Bachelor of applied science” beendete. Im Oktober 2006 nahm sie ein Masterstudium der Neuro- und Verhaltenswissenschaften auf.

S machte für 2006 ihre Aufwendungen für das Bachelor- und das Master-Studium im Hinblick auf ihre angestrebte spätere Tätigkeit als Psychologin als vorab entstandene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass kein verbleibender Verlustvortrag bestand.

Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, nicht nur die Aufwendungen für das Master-Studium, sondern bereits die Aufwendungen für das Bachelor-Studium waren als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen.

Dagegen legte das Finanzamt Revision ein. Der Bundesfinanzhof beabsichtigte, die Revision zurückzuweisen und der Klage stattzugeben. An dieser Entscheidung sah sich der Bundesfinanzhof jedoch durch § 9 Abs. 6 EStG gehindert. Nach dieser rückwirkend ab 2004 eingefügten Neuregelung sind die Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als Werbungskosten abziehbar. Da der Bundesfinanzhof § 9 Abs. 6 EStG für verfassungswidrig hielt, legte er die Problematik in verschiedenen Parallelfällen dem Bundesverfassungsgebricht vor und setzte das Revisionsverfahren aus. Nachdem das BVerfG entschieden hat, dass der Ausschluss des Werbungskosten-Abzugs für die Kosten einer Erstausbildung verfassungsgemäß ist, konnte der Bundesfinanzhof das Revisionsverfahren der S wieder aufnehmen und nunmehr über die Revision entscheiden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und entschied, dass die Aufwendungen für das Bachelor-Studium nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Lediglich die Aufwendungen für das Master-Studium sind als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen.

Nach § 9 Abs. 6 EStG sind Aufwendungen für die Berufsausbildung oder für ein Studium u. a. nur dann Werbungskosten, wenn zuvor bereits eine Erstausbildung in Form einer Berufsausbildung oder eines Studiums abgeschlossen wurde. Da S mit dem Abitur noch keinen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hatte, stellt das anschließende Bachelor-Studium für sie eine Erstausbildung i. S. d. § 9 Abs. 6 EStG dar.

Mit dem Bestehen der Bachelor-Prüfung hat S eine Berufsausbildung abgeschlossen. Dementsprechend sind ihre Aufwendungen für das anschließende Master-Studium nach allgemeinen Grundsätzen als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen. Denn die Aufwendungen für das Studium der Neuro- und Verhaltenswissenschaften stehen in hinreichendem Zusammenhang mit der von ihr angestrebten Tätigkeit als Psychologin.