Beendigung einer Gemeinschaftspraxis durch Realteilung: Sperrfristen beachten

Wird eine Gemeinschaftspraxis durch Realteilung aufgeteilt und veräußert ein Gesellschafter seine Einzelpraxis innerhalb der 3-jährigen Sperrfrist, ist der Übertragungsgewinn als laufender Gewinn allen Gesellschaftern zuzurechnen und nicht nur demjenigen, der seine Praxis veräußert hat.

Hintergrund

Die Klägerin K betrieb mit ihrer Kollegin B eine Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR. Im Jahr 2012 wurde die GbR durch eine Realteilung beendet. Im Jahr 2013 veräußerte B ihre aus der Realteilung hervorgegangene Arztpraxis. Regelungen zu einer Veräußerung oder Entnahme des Gesamthandsvermögens innerhalb der Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG enthielt die Vereinbarung nicht.

B beantragte, dass der Gewinn aus der Realteilung im Jahr 2012 mit dem gemeinen Wert angesetzt wird. Ihrer Meinung nach handelte es sich hier um laufenden Gewinn, der nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel verteilt wird, soweit dieser auf das Gesamthandsvermögen entfällt. Ein weiterer Teil betraf das Sonderbetriebsvermögen von B. Das Finanzamt veranlagte entsprechend. K wollte mit der Klage erreichen, dass der Veräußerungsgewinn vollständig B zugerechnet wird.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Werden Wirtschaftsgüter, die wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, im Wege der Realteilung in das Betriebsvermögen des Einzelbetriebes übernommen und innerhalb der Sperrfrist veräußert, ist für diese rückwirkend der gemeine Wert statt des Buchwerts anzusetzen.

Die Zurechnung des Übertragungsgewinns auf die einzelnen Gesellschafter bei einer Sperrfristverletzung ist gesetzlich nicht geregelt und in der Literatur umstritten. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist der durch die Sperrfristverletzung entstandene Gewinn allen Gesellschaftern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen. Ein Gewinn aus einer Realteilung entsteht auf der Ebene der Gesellschaft und ist den einzelnen Realteilern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsquote zuzurechnen. Dieser Meinung folgte das Finanzgericht im vorliegenden Fall.

Die Veräußerung aus dem Sonderbetriebsvermögen stellt keine Sperrfristverletzung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG dar. Denn auch im Rahmen einer Realteilung erfolgt die buchwertneutrale Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen nicht nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, sondern nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG. Dieser sieht keine Sperrfrist vor, bei deren Verletzung rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen wäre.

So berechnen sich beschränkt abziehbare Sonderausgaben bei einer Einzelveranlagung von Ehegatten

Die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen werden zusammengerechnet und hälftig verteilt, wenn die Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben beantragen. Erst danach wird getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung durchgeführt.

Hintergrund

Die Ehefrau A beantragte für das Jahr 2013 die Einzelveranlagung. Übereinstimmend mit ihrem Ehemann B beantragte sie außerdem, die Sonderausgaben hälftig aufzuteilen.

Das Finanzamt berücksichtigte den Höchstbetrag der Vorsorgeaufwendungen nach der für A günstigeren Regelung zuzüglich des Erhöhungsbetrags (Günstigerprüfung mit Erhöhungsbetrag). Hierzu ermittelte das Finanzamt Vorwegabzug, Grundhöchstbetrag, hälftigen Höchstbetrag und Erhöhungsbetrag, indem es bei beiden Ehegatten zunächst die Vorsorgeaufwendungen ansetzte, welche A und B jeweils getragen hatten. Anschließend berechnete es die Summe der beiden Abzugsbeträge und verteilte diese hälftig auf die Ehegatten. Abgezogen wurde bei A letztlich die Hälfte aus dem Ergebnis ihrer Höchstbetragsberechnung zuzüglich der Hälfte der Höchstbetragsberechnung des B (2.981 EUR).

A war dagegen der Ansicht, dass die Aufwendungen und nicht die Abzugsbeträge hälftig aufzuteilen sind. Zunächst sind die Aufwendungen zu addieren und den Ehegatten zur Hälfte zuzuordnen. Erst im Anschluss daran ist bei jedem Ehegatten die Günstigerprüfung durchzuführen. Mit den so auf beide Ehegatten hälftig aufgeteilten Sonderausgaben kam A auf einen abziehbaren Betrag von 4.557 EUR.

Das Finanzgericht sah das genauso wie die Kläger und gab der Klage statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen werden demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen. Der Bundesfinanzhof kam wie das Finanzgericht zu dem Ergebnis, dass die Vorsorgeaufwendungen beider Ehegatten vor der Günstigerprüfung den jeweiligen Ehegatten hälftig zuzurechnen sind und dass erst im Anschluss daran die Günstigerprüfung bei jedem Ehegatten getrennt durchzuführen ist. Das gilt unabhängig davon, wer die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat.

Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift. Denn das Wort „sie“ in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG bezieht sich auf die in Satz 1 genannten Aufwendungen und nicht auf die Sonderausgaben oder Abzugsbeträge. Bestätigt wird dies auch durch die ebenfalls in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG in Bezug genommenen außergewöhnlichen Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Denn auch hier ist eine Aufteilung der Aufwendungen vorzunehmen. Wenn § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG den hälftigen Abzug von außergewöhnlichen Belastungen regelt, bedeutet das, dass die Aufwendungen, die ein Ehegatte getragen hat, beim anderen zur Hälfte anzusetzen sind. Erst nach der Aufteilung wird unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung der abziehbare Betrag ermittelt.

Entsprechendes gilt für die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG. Abziehbar sind hier die Aufwendungen, die zur Steuerermäßigung führen. Sie sind bei Antragstellung hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen.

Durch die hälftige Aufteilung der Aufwendungen erübrigt sich die Prüfung, wer von beiden Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen hat.

Gehört die Einlagerung eingefrorener Ei- und Samenzellen zu den umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen?

Die sog. Kryokonservierung stellt eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung dar, wenn eine organisch bedingte Sterilität vorliegt. Grund für die Lagerung von befruchteten Eizellen muss demnach eine Krankheit sein, es darf also kein Fall eines sog. „social freezing“ vorliegen.

Hintergrund

Die Klägerin war eine GbR, an der mehrere Frauenärzte beteiligt waren. Sie betrieb auch eine Partnerschaftsgesellschaft, die Kinderwunschbehandlungen anbot. Im Fall der Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen wurde die Einlagerung von der Klägerin auf Grundlage eines von dieser mit den Patienten gesondert abgeschlossenen Vertrags vorgenommen.

Das Finanzamt sah die Umsätze der GbR nicht als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung an. Insbesondere fehlte der Nachweis, dass in allen Fällen eine Einlagerung aus medizinischem Anlass erfolgte. Auch ist nach Ansicht des Finanzamts eine Lagerung nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie vom selben Unternehmer erbracht wird, der auch die Heilbehandlung durchgeführt hat.

 Entscheidung

Das Finanzgericht sah dies anders und gab der Klage statt. Nach Ansicht der Richter ist eine Kryokonservierung von Eizellen und Spermien nur bei einer organisch bedingten Sterilität als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung anzusehen. Dies setzt allerdings eine Krankheit voraus, zu deren Linderung die Lagerung von befruchteten Eizellen medizinisch möglich und geboten ist. Dies gilt auch, wenn aufgrund einer ärztlich festgestellten organisch bedingten Sterilität Spermien eingefroren werden.

Dagegen ist die Einlagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass umsatzsteuerpflichtig. Unter diesem sog. „social freezing“ versteht man das vorsorgliche Einfrieren von unbefruchteten Eizellen ohne medizinischen Grund, um sich später den Kinderwunsch erfüllen zu können.

Im vorliegenden Fall lag jedoch aufgrund der vorgelegten anonymisierten Patientenunterlagen kein „social freezing“ vor. Denn die Patienten waren entweder für eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) oder eine In-Vitro-Fertilisation (IVF) in Behandlung. Ursache war hier stets das Vorliegen einer Sterilität.

Der Steuerfreiheit stand nicht entgegen, dass die Einlagerungsleistung von einem anderen Unternehmer erbracht wurde als die Fruchtbarkeitsbehandlung. Maßgeblich war, dass das gesamte Verfahren einem therapeutischen Zweck diente. Dies war hier der Fall, denn die Einlagerung stellte einen unerlässlichen Bestandteil des Gesamtverfahrens der künstlichen Befruchtung dar.

Welche Informationen muss die Finanzverwaltung an den Steuerpflichtigen herausgeben?

Nach der Datenschutz-Grundverordnung besteht ein Anspruch auf Auskunft über die im Rahmen einer Betriebsprüfung erhobenen personenbezogenen Daten. Das gilt jedoch nicht für Daten, die die Finanzverwaltung selbst generiert hat.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH. Das Finanzamt führte bei ihr für die Jahre 2011 bis 2013 eine steuerliche Außenprüfung durch. Nachdem diese abgeschlossen war, ordnete das Finanzamt eine weitere Außenprüfung für die anschließenden Veranlagungszeiträume an. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch. Zudem beantragte sie Einsicht in die Akten, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Schließlich beantragte die Klägerin aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung und der Regelungen in der Abgabenordnung Auskunft über alle Daten, die im Rahmen der vorherigen Betriebsprüfung erhoben und anderweitig durch die Finanzverwaltung generiert wurden. Dies bezog sich vor allem auf Daten, die die Finanzverwaltung geschätzt hatte.

Das Finanzamt lehnte dies ebenfalls ab und verweigerte auch die Übersendung der Unterlagen.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte nur zum Teil Erfolg. Die Richter entschieden, dass ein Anspruch darauf besteht, Kopien der personenbezogenen Daten, die in der Betriebsprüfung erhoben worden sind, zur Verfügung zu stellen. Dieser Anspruch auf Übersendung der Kopien ergab sich aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO, der direkte Geltung in den Mitgliedsstaaten der EU habe und auch für juristische Personen anzuwenden ist. Nach dieser Bestimmung war der Anspruch nur dann ausgeschlossen, wenn die berechtigten Interessen Dritter durch die Auskunft betroffen waren. Dies war hier aber hinsichtlich der personenbezogenen Daten der GmbH nicht einschlägig. Auch würden sich aus der Abgabenordnung keine Einschränkungen ergeben. Insbesondere gefährdete die Übersendung nicht die Arbeit der Finanzbehörden.

Hingegen bestand kein Anspruch auf Übersendung solcher Unterlagen und Daten, die die Finanzverwaltung selbst geschaffen hatte. Schlussfolgerungen aus vorhandenen Daten stellten keine Verarbeitung dar und unterfielen deshalb nicht dem Auskunftsrecht.

Krankentransport und Notfallrettung durch einen Verein: Was gilt hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht?

Übernimmt ein im Rettungsdienst tätiger gemeinnütziger Verein die Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung für fremde Leistungserbringer, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Die Umsätze daraus unterliegen der Umsatzsteuer.

Hintergrund

Der Kläger ist als Verband der freien Wohlfahrtspflege und Mitglied eines Wohlfahrtsverbandes als gemeinnützig und mildtätig anerkannt. Mit seinen Einkünften unterliegt er grundsätzlich nicht der Besteuerung. Aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen ihm und dem Landkreis ist er auch als Leistungserbringer im öffentlichen Rettungsdienst tätig. Neben der Abrechnung der eigenen Einsätze führte der Kläger auch die Abrechnungen der Einsätze für 4 andere Leistungserbringer in den Bereichen Rettungsdienst und Krankentransport gegenüber den Kostenträgern durch.

Das Finanzamt wertete den Betrieb der Abrechnungsstelle als eine gesondert zu beurteilende, selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit – mit Ausnahme der Abrechnung eigener Rettungsdienstleistungen. Diese erfüllte die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und war kein Zweckbetrieb. Eine Umsatzsteuerbefreiung für die Leistungen der Abrechnungsstelle für die anderen Leistungserbringer kam deshalb nicht in Betracht.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Es entschied, dass das Finanzamt die vom Kläger aus den Abrechnungsleistungen erzielten Einkünfte bzw. Umsätze zu Recht dem Bereich seiner steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zugeordnet und die „Abrechnungsstelle für fremde Leistungserbringer“ nicht als Zweckbetrieb gewertet hatte.

Mit der Durchführung der Abrechnungsleistungen wurde der Kläger selbstständig, d. h. abgrenzbar von seinen übrigen Tätigkeiten tätig. Ein Zusammenhang mit anderen begünstigten Betätigungen des Klägers war nicht erkennbar. Die „Abrechnungsstelle“ stellte also keinen Zweckbetrieb dar. Denn die Abrechnungsleistungen erfolgten nicht unmittelbar zugunsten der Notfallpatienten. Vielmehr wurden sie für dritte Leistungserbringer erbracht.

Die Abrechnungsleistungen gegenüber dritten Leistungserbringern waren nicht umsatzsteuerfrei. Die Steuerbefreiung umfasst nur die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind. Nur die Abrechnung der eigenen Rettungsdienstleistungen als unselbstständige Nebenleistung war demnach umsatzsteuerfrei.

Auch kamen die Abrechnungsleistungen an andere Leistungserbringer nicht unmittelbar dem begünstigten Personenkreis zugute. Nach der Rechtsprechung ist das Merkmal der Unmittelbarkeit leistungsbezogen, d. h. die Leistung selbst muss demnach dem in der Satzung bezeichneten begünstigten Personenkreis unmittelbar und nicht nur mittelbar zugutekommen. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die Abrechnungsleistungen nicht den Kranken bzw. den Unfallopfern unmittelbar zugutekamen. Insbesondere liegt keine steuerfreie Leistung vor, wenn ein Unternehmer Verwaltungsleistungen für Mitgliedsvereine ausführt.

Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags: Wann eine Betriebsvorrichtung als mitvermietet gilt

Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen steht der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegen. Das gilt auch dann, wenn diese einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dienen.

Hintergrund

Die A-GmbH vermietete im Jahr 2008 aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags ein Selbstbedienungs-Warenhaus und eine Tankstelle an die X-GmbH. Die X betrieb das Warenhaus selbst und vermietete einige Shops sowie die Tankstelle unter.

A beantragte die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen. Das Finanzamt gewährte unter Hinweis auf die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen (Tankstelle) nur eine einfache Kürzung. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der A als unbegründet zurück und entschied, dass die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen (Tankstellenanlage) der erweiterten Kürzung entgegenstand. Es lag keine von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme vom Ausschluss einer erweiterten Kürzung vor.

Der in § 9 Nr. 1 GewStG verwendete Begriff des Grundbesitzes ist im bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen. Danach gehören zum Grundvermögen u. a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nicht dazu gehören Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Gebäudebestandteile und Betriebsvorrichtungen sind danach abzugrenzen, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient.

Hiervon ausgehend handelte es sich bei der Tankstellenanlage (Zapfsäulen, Rohrleitungen, Tanks, Bodenbefestigung) um Betriebsvorrichtungen. Unerheblich war aus Sicht des Bundesfinanzhofs, dass durch sie das Gewerbe „Warenhaus“ nicht betrieben wurde. Dient ein Gegenstand nur einer von mehreren auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten, folgt daraus nicht, dass er im Übrigen dem Gebäude dient und keine Betriebsvorrichtung ist.

Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen ist ausnahmsweise unschädlich, wenn sie in qualitativer Hinsicht zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung eigenen Grundbesitzes ist. Hierzu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, z. B. die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen u. Ä. Diese Ausnahme lag hier nicht vor. Es war nicht üblich oder notwendig, neben einem Selbstbedienungs-Warenhaus eine Tankstelle zu betreiben. Die Mitvermietung einer Tankstelle war nicht zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung und -nutzung.

Wie die Zugangsvermutung eines Steuerbescheids widerlegt werden kann

Die bloße Behauptung eines Steuerberaters, dass er einen Steuerbescheid nicht erhalten hat, reicht nicht aus. Das gilt insbesondere dann, wenn bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheids darauf hindeuten, dass der Steuerbescheid zugegangen ist.

Hintergrund

Der Kläger reichte keine Steuererklärung ein, weshalb das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2011 schätzte. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In der Folge wurde der Bescheid mehrmals geändert und der Vorbehalt der Nachprüfung schließlich am 16.2.2015 aufgehoben. Am 28.7.2016 erließ das Finanzamt einen wegen eines Grundlagenbescheids geänderten Steuerbescheid zuungunsten des Klägers. Hiergegen legte er Einspruch ein, reichte die noch ausstehende Steuererklärung nach und beantragte, die Steuer wie vorher festzusetzen.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Bescheid v. 16.2.2015 bestandskräftig geworden war und deshalb nur die letzte Änderung rückgängig gemacht werden konnte. Dem erst wesentlich später vorgebrachten Einwand des Klägers, dass er bzw. sein Bevollmächtigter diesen Bescheid nicht bekommen hatte und der Vorbehalt der Nachprüfung deshalb noch bestand, folgte das Finanzamt nicht.

Entscheidung

Das Finanzgericht ging ebenfalls davon aus, dass der Bescheid v. 16.2.2015 zugegangen war. Zur Begründung führten die Richter aus: Wird der Erhalt eines Steuerbescheids bestritten, kann der Nachweis des Zugangs vom Finanzamt nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises geführt werden. Es gelten vielmehr die allgemeinen Beweisregeln, insbesondere die des Indizienbeweises. Demnach können bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheids im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung vom Finanzgericht im Wege einer freien Beweiswürdigung dahingehend gewürdigt werden, dass entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen von einem Zugang des Steuerbescheids ausgegangen wird.

Im vorliegenden Fall wurde der Bescheid ausweislich der Finanzamtsakten zur Post gegeben. Hinweise auf einen Rücklauf des Bescheids waren nicht ersichtlich. Zudem legte der Bevollmächtigte trotz gerichtlicher Aufforderung dem Gericht keine Kopien aus seinem Fristenkontrollbuch bzw. Fristenkalender für die streitigen Zeiträume des mutmaßlichen Zugangs vor. Deshalb war das Finanzgericht davon überzeugt, dass der Prozessbevollmächtigte den Bescheid vom 16.2.2015 erhalten hat.

Warum ein Heimbüro umsatzsteuerlich zeitnah zugeordnet werden muss

Wird ein Raum im Bauplan mit dem Begriff „Arbeiten“ bezeichnet, kann dadurch keine umsatzsteuerrelevante Zuordnung erfolgen. Erfolgt die Mitteilung der Zuordnungsentscheidung an das zuständige Finanzamt erst nach Ablauf der maßgebenden Steuererklärungsfrist, ist dies nicht mehr zeitnah.

Hintergrund

Der Kläger war Einzelunternehmer und betrieb einen Baubetrieb mit 13 Mitarbeitern. Im Jahr 2014 plante er die Errichtung eines Einfamilienhauses. In diesem sollte gemäß dem Grundriss im Erdgeschoss ein Zimmer mit 16,57 qm für das „Arbeiten“ errichtet werden. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 machte er für die Errichtung dieses Zimmers erstmals anteilige Vorsteuern geltend. In den zuvor eingereichten Voranmeldungen war ein anteiliger Vorsteuerabzug unterblieben.

Da nach Ansicht der Finanzverwaltung in solchen Fällen eine zeitnahe Zuordnung zu erfolgen hat, und zwar bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen ohne Berücksichtigung von Fristverlängerungen, wurde der Vorsteuerabzug nicht anerkannt.

Entscheidung

Bei gemischt genutzten Gegenständen hat der Unternehmer grundsätzlich ein Zuordnungswahlrecht. Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands. Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz dafür, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso wichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Die Zuordnung muss allerdings zeitnah erfolgen, d. h. bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen. Für die Abgabe von Steuererklärungen gewährte Fristverlängerungen haben nicht zur Folge, dass auch die Frist zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung verlängert wird.

 

 

Für den vorliegenden Fall bedeutete dies, dass in der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2015 im September 2016 keine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung zu sehen war. Die zuvor erstellten Planungsunterlagen sind keine hinreichende Dokumentation in diesem Sinn. Die Bezeichnung eines Zimmers in dem Grundriss des Erdgeschosses mit „Arbeiten 16,57 qm“ bedeutete nicht automatisch, dass es sich um ein dem Unternehmen zugeordnetes Zimmer handelte. Es könnte sich auch um ein häusliches Arbeitszimmer handeln, das dem privaten Bereich zugeordnet wird.

Warum ein selbstständiger Buchhalter keine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben darf

Bestimmte Tätigkeiten dürfen von einem selbstständigen Buchhalter nicht übernommen werden. Deshalb leistet er unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen, wenn er Umsatzsteuer-Voranmeldungen erstellt.

Hintergrund

Der Kläger war als selbstständiger Buchhalter tätig. Er buchte für den Mandanten M die laufenden Geschäftsvorfälle. Zugleich nutzte er das Buchhaltungsprogramm zur Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen auf der Grundlage der gebuchten Geschäftsvorfälle. Die so erstellten Umsatzsteuer-Voranmeldungen übermittelte er nach Zustimmung des M an das Finanzamt.

Das Finanzamt wies den Kläger als Bevollmächtigten zurück, weil er unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet hatte. Dagegen machte der Kläger geltend, dass die Regelung im Steuerberatungsgesetz, die den dort genannten Personen das Erstellen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verbietet, in ungerechtfertigter Weise in seine Berufsfreiheit eingriff.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Hilfeleistung bei der Anfertigung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen nach § 6 Nr. 4 StBerG nicht erlaubt ist.

Zwar ist das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen durch den dort bezeichneten Personenkreis erlaubt. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die vorliegend streitige Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen kommt jedoch nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung des Klägers war eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht nicht geboten, denn die Regelung des § 6 Nr. 4 StBerG war nach Ansicht des Finanzgerichts verfassungsgemäß. Die Vorschrift verstößt auch nicht gegen Europarecht, weshalb keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Betracht kam.

Bis zu welchem Zeitpunkt der Verzicht auf die Umsatzsteuer-Befreiung erklärt werden kann

Wer auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG verzichtet hat und diesen Verzicht rückgängig machen möchte, kann dies bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft (Unabänderbarkeit) der Umsatzsteuerfestsetzung tun.

Hintergrund

Die Klägerin, die A-GmbH, erwarb mit Kaufvertrag v. 18.5.2009 ein bebautes Grundstück von der B-GmbH, die auf die Steuerbefreiung wirksam verzichtet hatte. Da die A-GmbH das auf dem Grundstück gelegene Objekt sanieren und steuerpflichtig weiterverkaufen wollte, meldete sie im Jahr 2009 eine Umsatzsteuerschuld an und zog diese wiederum als Vorsteuer ab.

Jedoch verkaufte die A-GmbH im Jahr 2011 einen Teil des Grundstücks und das nicht sanierte Gebäude steuerfrei. Am 23.4.2012 vereinbarte sie mit der B-GmbH zudem eine Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Dies wurde notariell beglaubigt.

Das Finanzamt sah die Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung als unwirksam an. Seiner Meinung nach war dies nur im erstmaligen Vertrag möglich. Deshalb berichtigte es die Vorsteuer zu Lasten der Klägerin.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass die B-GmbH den Verzicht auf die Steuerbefreiung wirksam rückgängig machte. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG stand dem nicht entgegen. Zur Begründung führten die Richter weiter aus: Unter das Grunderwerbsteuergesetz fallende Umsätze sind steuerfrei. Der Unternehmer kann einen solchen Umsatz als steuerpflichtig behandeln. Dies kann nach § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur in dem notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erfolgen.

Der Verzicht auf eine Steuerbefreiung kann auch rückgängig gemacht werden, obwohl dies in § 9 UStG nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Der Rückgängigmachung eines solchen Verzichts steht § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nicht entgegen. Denn danach ist nur der Verzicht auf die Steuerbefreiung formal und zeitlich begrenzt. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die Rückgängigmachung dem Verzicht zeitlich nachfolgt und nicht zugleich im erstmaligen Grundstückskaufvertrag beurkundet sein kann. Sonst wäre die Rückgängigmachung des Verzichts faktisch ausgeschlossen.