Wann kann ein Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht werden?

Wird im Jahr der Investition der Abzug von 40 % der Anschaffungskosten vorgenommen, nicht aber der in einem Vorjahr abgezogene Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzugerechnet, kann der Investitionsabzugsbetrag nachträglich im Jahr seines Abzugs rückgängig gemacht werden.

Hintergrund

X machte in seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2008 einen außerbilanziellen Investitionsabzugsbetrag von 12.491 EUR geltend. Die anzuschaffenden bzw. herzustellenden Wirtschaftsgüter und die voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gab er nicht an.

Im Jahr 2009 erwarb X einen Pkw, ein Aquarium und einen Drucker und minderte die Anschaffungskosten innerbilanziell um jeweils 40 %. Dies entsprach in der Summe dem im Jahr 2008 geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag. Die außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags unterblieb. Das Finanzamt veranlagte jeweils erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Nachdem das Finanzamt den Fehler bemerkt hatte, erließ es geänderte Einkommensteuer- und Gewerbesteuer-Messbescheide, in denen es den Gewinn um 12.491 EUR erhöhte. Die Änderungsbescheide waren auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG bzw. § 35b Abs. 1 GewStG gestützt.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des X zurück und entschied, dass das Finanzamt die Änderung des Einkommensteuer-Bescheids vornehmen durfte. Der Wortlaut war nach Ansicht der Richter erfüllt und es waren keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine einschränkende Auslegung sprechen könnten.

X nahm für das Jahr 2008 einen Investitionsabzugsbetrag vor, den er aber bis zum Ende des Jahres 2011 nicht hinzurechnete. Es war auch ausgeschlossen, dass diese Hinzurechnung künftig noch vorgenommen werden wird. Denn die Einkommensteuer-Veranlagung für das Jahr der Investition (2009) konnte nicht mehr geändert werden kann. Weitere Voraussetzungen für eine Änderung der Veranlagung des Abzugsjahres (2008) sieht der Wortlaut der maßgebenden Vorschriften nicht vor. Festsetzungsverjährung war ebenfalls noch nicht eingetreten.

Weiterhin hätte der Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2008 nicht hätte vorgenommen werden dürfen, weil X die begünstigten Wirtschaftsgüter nicht ihrer Funktion nach benannt hatte.

Wechselkursschwankungen: Auswirkung auf die Ermittlung von Erträgen?

Ein Kapitalanleger erzielt sonstige Einkünfte aus Leistungen, wenn er seine Edelmetallbestände zeitweise auf Banken überträgt und zu einem von vornherein festgelegten Rückkaufpreis zurück erwirbt. Für die Umrechnung gilt der Zeitpunkt der Veräußerung.

Hintergrund

Der Kläger verfügte im Privatvermögen über Edelmetallbestände auf Metallkonten bei Schweizerischen Banken. Die Konten wurden in US-Dollar geführt. In den Jahren 2003 bis 2005 übertrug der Kläger bestimmte Teilmengen seiner Bestände an die Banken und erhielt dafür einen festgelegten Verkaufspreis ausgezahlt. Zeitgleich war vereinbart worden, dass der Kläger die Teilbestände zu einem bestimmten Zeitpunkt, und zwar wenige Monate nach dem Verkauf, zu einem festgelegten Rückkaufpreis zurückerwirbt (Termingeschäft). Verkauf und Rückkauf wurden buchungstechnisch auf den Metallkonten abgewickelt, sodass in US-Dollar abgerechnet wurde. Der Rückkaufpreis lag in den allermeisten Fällen unter dem Verkaufspreis, sodass der Kläger mit seinen Geschäften Erträge erwirtschaftete.

Das Finanzamt war der Meinung, dass zur Ermittlung der Erträge bei jeder Veräußerung und bei jedem Wiederankauf eine Umrechnung von US-Dollar in EUR zu erfolgen hat. So wirkten sich Wechselkursschwankungen auf die Erträge aus.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Erträge aus den Edelmetall-Pensionsgeschäften sonstige Einkünfte aus Leistungen darstellten. Das Entgelt bestand in der positiven Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Rückkaufpreis. Es wurde für eine vom Pensionsgeber, dem Kläger, erbrachte Leistung gezahlt – und zwar für die zeitlich befristete Überlassung der Edelmetallbestände an den Pensionsnehmer, also die Bank. Im Gegensatz zum Finanzamt kam das Finanzgericht jedoch zu dem Ergebnis, dass nicht jeder Verkauf und Rückkauf separat von US-Dollar in EUR umgerechnet werden musste. Vielmehr musste die positive Differenz zwischen Verkaufspreis und Rückkaufpreis allein zum Zeitpunkt der Veräußerung ermittelt und umgerechnet werden.

Unterliegt das Ausfallhonorar eines Architekten der Umsatzsteuer?

Kündigt der Besteller den Werkvertrag nach teilweiser Erbringung der Werkleistung, kann der Unternehmer die vereinbarte Vergütung verlangen. Dieser Anspruch unterliegt der Umsatzsteuer.

Hintergrund

Der Kläger war selbstständiger Landschaftsarchitekt und schloss im Frühjahr 2012 mit dem Kreis XY einen Architektenvertrag über die Gestaltung der Freianlagen an 2 Schulen. Der Auftrag umfasste mehrere Bauabschnitte im Zeitraum 2012 bis 2015.

Im August 2016 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass das Projekt aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert wird. In seiner Schlussrechnung fakturierte der Architekt eine Gesamtvergütung erbrachter und nicht erbrachter Leistungen von rund 310.000 EUR und forderte nach Abzug der bereits geleisteten Abschlagszahlungen einen Betrag von rund 275.000 EUR. Im Anschluss an die Kündigung des Architektenvertrags einigte man sich auf eine Zahlung für tatsächlich bereits erbrachte Planungsleistungen in Höhe von rund 23.000 EUR. Außerdem wurde ein Ausfallhonorar in Höhe von rund 52.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) vereinbart. Damit sollten sämtliche Ansprüche aus dem Architektenvertrag abgegolten sein.

Das Finanzamt behandelte das Ausfallhonorar als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Das Finanzamt hatte die gesamte Zahlung an den Kläger zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen. Der Unternehmer ist im Fall der Kündigung durch den Besteller berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er sich infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Im vorliegenden Fall einigten sich die Vertragsparteien nach Ansicht des Gerichts nach Kündigung des Vertrags nicht auf die Zahlung eines Schadensersatzes anstelle des vertraglich geschuldeten Honorars, sondern konkretisierten das dem Kläger bereits nach dem ursprünglichen Vertrag für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Auftrags zustehende Honorar.

Diese Konkretisierung war erforderlich, weil der Vertrag auch für den Fall der vollständigen Realisierung des Projekts kein betragsmäßig feststehendes Honorar bestimmte, sondern nur die Parameter festlegte, nach denen der Honoraranspruch zu berechnen war. Dieser Honoraranspruch war um die pauschalierten Abschläge für die nicht realisierten Leistungsphasen zu kürzen.

Trotzdem erhielt der Kläger insgesamt ein Entgelt als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Architektenleistungen und damit lag ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor.

EU-Parlament: Abzugsverbot für Wahlkampfkosten eines erfolglosen Bewerbers

Wahlkampfkosten, die im Zusammenhang mit der Bewerbung um ein Mandat im Europäischen Parlament entstehen, können nicht als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn der Wahlkampf ohne Erfolg war.

Hintergrund

A nahm an der Wahl zum Europäischen Parlament teil. Da ihr Listenplatz nach dem Wahlergebnis nicht für ein Mandat ausreichte, erhielt sie die Position eines Nachrückers für den Fall des Ausscheidens eines der gewählten Abgeordneten ihrer Partei.

A machte für 2014 die ihr im Zusammenhang mit der erfolglosen Kandidatur entstandenen Aufwendungen in Höhe von rund 7.000 EUR als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend.

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten den Werbungskosten-Abzug unter Hinweis auf das gesetzliche Abzugsverbot ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Finanzamt und Finanzgericht an und entschied, dass die Wahlkampfkosten für ein Mandat im Europaparlament nicht abziehbar waren.

Die im Zusammenhang mit der Wahl zum Europäischen Parlament sowie zur Erlangung des Nachrücker-Status geltend gemachten Aufwendungen waren Wahlkampfkosten und damit vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen.

Das Gesetz untersagt den Werbungskosten-Abzug von Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder in einem Landesparlament. Das gilt nach dem Wortsinn der Vorschrift unabhängig davon, ob die Kandidatur erfolgreich oder erfolglos war. Für das Abzugsverbot auch bei erfolgloser Kandidatur sprechen außer dem Wortlaut die Regelungsabsicht und die Normvorstellungen des Gesetzgebers. Denn wegen der je nach Einkommenshöhe unterschiedlichen steuerlichen Auswirkung könnte die Berücksichtigung gegen den Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber verstoßen.

Unter Wahlkampfkosten sind sämtliche Aufwendungen zu verstehen, die zur Erlangung oder Wiedererlangung eines Mandats gemacht werden. Da ein Kandidat bereits bei Aufstellung und Einreichung des Wahlvorschlags als möglicher Listennachfolger feststeht, betrifft der Wahlkampf auch den Nachrücker-Status.

Ordnungsgemäße Kassenführung: Mängel können zu Schätzung führen

Für die ordnungsgemäße Kassenführung gelten strenge Anforderungen. Deshalb darf das Finanzamt bei wesentlichen Kassenmängeln eine Schätzung vornehmen.

Hintergrund

Der Kläger betrieb ein Restaurant. Die Preise für die Hauptzutaten der angebotenen Speisen unterlagen starken Schwankungen. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den überwiegenden Teil seiner Einnahmen erzielte er in bar. Der Kläger setzte eine elektronische Registrierkasse älterer Bauart ein. Auf dieser konnte er Fiskaljournaldaten nicht speichern. Die in der Kasse zunächst gespeicherten Daten wurden aufgrund begrenzter Speichermöglichkeiten überschrieben.

Während er die von dieser Kasse am Ende des Geschäftstages ausgedruckten Tagesendsummenbons (sog. Z-Bons) aufbewahrte, vernichtete er die von der Registrierkasse ebenfalls ausgedruckten Warengruppenberichte. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze verfügte er über ein Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, sodass sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Der Kläger erfasste seine Tageseinnahmen in einem Kassenbuch, welches er mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms manuell erstellte.

Das Finanzamt war die Ansicht, dass die vom Kläger eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufwies, weil insbesondere die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht wurden, der Kläger bis auf das Benutzerhandbuch keine Organisationsunterlagen oder eine Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse vorlegen konnte und die Finanzwege nicht getrennt aufgezeichnet wurden. Es schätzte deshalb zusätzliche Betriebseinnahmen hinzu, indem es auf den Wareneinsatz des Klägers einen Rohgewinnaufschlagsatz von 250 % (2010 und 2011) bzw. 270 % (2012) anwandte.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass eine Schätzungsbefugnis gegeben war, und sie beanstandeten auch die Höhe der vorgenommenen Hinzuschätzungen im Ergebnis nicht. Die Schätzungsbefugnis ergab sich hier daraus, dass die Buchführung des Klägers der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte.

Dies ist immer dann der Fall, wenn die Buchführung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht und deshalb ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden ist. Die Buchungen und die übrigen erforderlichen Aufzeichnungen sind insbesondere vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden. Kassenaufzeichnungen müssen hierbei so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen. Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in der Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung. Werden vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen.

Ein gravierender formeller Mangel lag im vorliegenden Fall bereits darin, dass der Kläger seine Aufzeichnungen mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms fertigte. Die Kassenaufzeichnungen durch das vom Kläger eingesetzte Tabellenkalkulationsprogramm genügten den Anforderungen nicht. Derartige Aufzeichnungen bieten nämlich keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen waren veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht wurden. Darüber hinaus fehlte einem solchen Kassenbuch die erforderliche Journalfunktion. Des Weiteren war die sog. Kassensturzfähigkeit im Betrieb des Klägers nicht gewährleistet, was jedoch erforderlich gewesen wäre. Die Höhe der Hinzuschätzung des Beklagten war im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zur Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grundstück

Kann die vom BMF zur Verfügung gestellte “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises für die Bemessung der Abschreibung zugrunde gelegt werden? Das klärt der Bundesfinanzhof gerade in einem Revisionsverfahren, das BMF wurde zum Beitritt aufgefordert.

Hintergrund

Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb im Jahr 2017 eine Eigentumswohnung. Es handelte sich um eine vermietete Einzimmerwohnung im 2. Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Nach dem Kaufvertrag betrug der Kaufpreis 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.002 EUR.

In ihrer Feststellungserklärung für 2017 berücksichtigte G die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung mit 96.547 EUR, ausgehend von der vertraglichen Kaufpreisaufteilung mit einem Gebäudeanteil von 81,81 %.

Das Finanzamt ermittelte dagegen auf der Grundlage der vom BMF im Internet bereitgestellten “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” einen Gebäudeanteil von nur 30,9 %. Dementsprechend wurden die Anschaffungskosten von 118.002 EUR aufgeteilt und i. H. v. 36.463 EUR der Abschreibung unterworfen. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den realen Wertverhältnissen entsprach. Die Arbeitshilfe war eine geeignete Schätzungshilfe. 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof nimmt den vorliegenden Fall zum Anlass, sich grundlegend mit der Frage zu befassen, welche Bedeutung der vom BMF zur Verfügung gestellten Arbeitshilfe bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude nach den realen Verkehrswerten für Zwecke der Bemessung der Abschreibung zukommt.

Der Berechnung der Abschreibung auf das Gebäude ist regelmäßig die vertragliche Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zugrunde zu legen. Das gilt aber dann nicht, wenn die Aufteilung zum einen nur zum Schein getroffen wurde oder einen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen, wenn das Finanzgericht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Vor diesem Hintergrund hält es der Bundesfinanzhof für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern. Weitere Gründe enthielt der Beiladungsbeschluss nicht.

Anschaffungskosten bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung

Bei der Einlage einer Darlehensforderung in eine stille Gesellschaft richten sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts nach dem gemeinen Wert des eingelegten Wirtschaftsguts. Dieser bemisst sich nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre.

Hintergrund

Die A-KG schrieb zum 31.12.1993 ihre Forderungen gegen die in Schwierigkeiten geratene B-GmbH in vollem Umfang ab. Zuvor waren diese Forderungen in Darlehen umgewandelt worden. Wegen fortbestehenden Sanierungsbedarfs vereinbarte die A-KG mit der B-GmbH im Jahr 1995 den Verzicht auf 45 % des Darlehenskapitals. 30 % sollten zurückbezahlt und 25 % sollten in eine stille Beteiligung umgewandelt werden.

Die Einlage der A-KG sollte durch Einbringung der ihr gegen die B-GmbH zustehenden abgeschriebenen Darlehensforderung von nominal 1.438 Mio. DM geleistet werden. Dementsprechend wies die A-KG zum 31.12.1995 eine stille Beteiligung an der B-GmbH i. H. v. 1 DM aus.

Das Finanzamt ging davon aus, dass durch die Umwandlung der Forderung in eine stille Beteiligung ein neues Wirtschaftsgut entstanden war. Die Höhe der Anschaffungskosten richteten sich deshalb nach dem Teilwert der Darlehensforderung im Zeitpunkt der Umwandlung und nicht nach dem Buchwert der ursprünglichen Forderung (Realisationsprinzip bei Tausch).

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Für die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung war der Wert der hingegebenen Forderung entscheidend. Das Finanzgericht muss im zweiten Gang die Teilwertabschreibung der Darlehensforderung überprüfen bzw. feststellen, ob die Forderung zum Zeitpunkt ihrer Hingabe (1995) mit 1 DM, dem Nennwert (1.438 Mio. DM) oder mit einem Zwischenwert zu bewerten war.

Da die Beteiligten im vorliegenden Fall ein Projekt verfolgten, in das beide Beteiligte eingebunden waren, bestätigte der Bundesfinanzhof die Würdigung des Finanzgerichts, dass eine stille Gesellschaft und kein partiarisches Darlehen vereinbart wurde.

Ausgehend von einer typisch stillen Gesellschaft ist für die Beteiligung der A-KG zum 31.12.1995 ein Aktivposten anzusetzen, der mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist. Für die Bewertung dieser Anschaffungskosten ist der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (hier: Darlehensforderung als Einlage) im Zeitpunkt der Einlage maßgebend. Die Forderung wurde durch einen tauschähnlichen Vorgang für die stille Beteiligung hingegeben. Der Vorgang ist vergleichbar mit einer Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

Bei einem Tausch bemessen sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts – hier der Beteiligung – nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Bei dieser Bewertung stützte sich das Finanzgericht fehlerhaft auf die erwartete wirtschaftliche Entwicklung der B-GmbH ab 1995. Ausgehend davon gelangte das Finanzgericht zum Ansatz mit dem Nennwert (1.438 Mio. DM). Richtigerweise bemisst sich jedoch der gemeine Wert nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre. Andernfalls käme es zu einer unzulässigen Rückbeziehung künftiger Verhältnisse auf den Zeitpunkt der Einlage.

Verpachtungsbetrieb: Folgen einer fehlenden Zuordnung zum Betriebsvermögen

Erwirbt ein Verpächter eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ein verpachtetes landwirtschaftliches Grundstück, kann dieses dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zugeordnet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in das bestehende Pachtverhältnis des landwirtschaftlichen Betriebs einbezogen wird.

Hintergrund

A war seit 1996 Inhaberin eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ihr Ehemann E unterhielt einen Gewerbebetrieb. Im Jahr 1996 erwarb A Grundstücke zum Kaufpreis von 31.000 DM. Die Grundstücke waren an den Landwirt B verpachtet. B gab sie nach Kündigung des Pachtverhältnisses im Mai 1996 frei. Sie wurden fortan von E für dessen Betrieb genutzt. A verpachtete die Grundstücke ab Mai 1999 an den benachbarten Landwirt R. Ende 2008 kündigte A das Pachtverhältnis.

Im Jahr 2008 verkaufte A die Grundstücke für 850.000 EUR. Einen Veräußerungsgewinn erfasste sie bei ihren Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nicht, da sie die Grundstücke ihrem Privatvermögen zuordnete.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Grundstücke mit dem Erwerb 1996, spätestens im Mai 1999 mit der Verpachtung an R in das Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs eingelegt worden waren. Es setzte einen Veräußerungsgewinn von 800.361 EUR an.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass die Grundstücke weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs, sondern dem Privatvermögen der A zuzuordnen waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzgerichts an. Der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke war wegen fehlender Zuordnung zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs nicht bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Auch kam wegen Veräußerung außerhalb der 10-Jahresfrist keine Besteuerung als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Betracht. Zur Begründung führten die Richter weiter aus:

Ein Wirtschaftsgut gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn es objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt ist. Das Wirtschaftsgut muss auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen bestimmt sein. Die Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung. Dafür genügt die abschließende Bestimmung, dass das Wirtschaftsgut in Zukunft betrieblich genutzt wird.

Wirtschaftsgüter, die der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs. Eine vom Verpächter hinzugekaufte Nutzfläche wird somit nur dann notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird. Ist sie beim Erwerb noch an einen fremden Landwirt verpachtet, ist notwendiges Betriebsvermögen nur gegeben, wenn das Grundstück geeignet und endgültig dazu bestimmt ist, dem verpachteten Betrieb auf Dauer zu dienen. Außerdem muss eine Bewirtschaftung durch den Pächter des Betriebs in einem überschaubaren Zeitraum – das sind 12 Monate – möglich sein. Für die Zuordnung zum Betriebsvermögen kommt es darauf an, ob der Betriebsinhaber eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat. Davon ist bei einem Verpachtungsbetrieb nur auszugehen, wenn das Grundstück in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird. Im vorliegenden Fall waren die Grundstücke jedoch nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden. Denn die Pächter B und R waren nicht Pächter eines der übrigen landwirtschaftlichen Grundstücke des Verpachtungsbetriebs.

Erwirbt der Verpächter an Dritte verpachtete Grundstücke, die von vornherein nicht zur Verpachtung an den Pächter des Verpachtungsbetriebs vorgesehen sind, kann er die hinzuerworbenen Grundstücke dem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnen, da deren Eignung, den Betrieb dem Grunde nach zu fördern, regelmäßig zu bejahen ist. Für die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ist allerdings die klare und eindeutige Bekundung des Zuordnungswillens erforderlich. Daran fehlte es hier. Denn A wollte die Grundstücke weiterhin für die Erweiterung des Gewerbebetriebs des E nutzen. Sie verkaufte die Grundstücke erst, als eine Nutzung für E nicht mehr in Betracht kam. Schließlich hatte sie die Grundstücke auch nicht in das Anlageverzeichnis des Verpachtungsbetriebs aufgenommen.

Betriebswirtschaftsstudium statt Bankkolleg: Liegt noch eine einheitliche Erstausbildung vor?

Orientiert sich das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts um und setzt es seine Ausbildung anders als ursprünglich geplant fort, kann trotzdem noch eine einheitliche Erstausbildung vorliegen. Das Kindergeld kann dann grundsätzlich weiter gewährt werden.

Hintergrund

Der volljährige Sohn S schloss im Januar 2015 eine Banklehre ab und wurde von der Bank als Vollzeitbeschäftigter übernommen. Bereits im April 2014 hatte er ein Bankkolleg-Studium (Abschluss als Bankfachwirt) beabsichtigt. Nachdem sich die Einrichtung des Studiengangs auf unbestimmte Zeit verzögert hatte, bewarb sich S auf einen Online-Studiengang BWL an einer Hochschule. Das Studium nahm er zum September 2015 auf.

Die Familienkasse hatte Kindergeld bis Januar 2015 gewährt. Im Jahr 2017 beantragte der Vater V wegen des BWL-Studiums erneut Kindergeld, was die Familienkasse ablehnte. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Ein Kind wird bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums gilt das nur dann, wenn das Kind keiner mehr als 20 Wochenstunden umfassenden Erwerbstätigkeit nachgeht. Somit konnte S, da er in Vollzeit beschäftigt war, nur berücksichtigt werden, wenn seine erstmalige Berufsausbildung mit dem Abschluss der Banklehre im Jahr 2015 noch nicht abgeschlossen war bzw. wenn das in 2015 begonnene BWL-Studium noch als Teil einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung angesehen werden kann.

Ausbildungsabschnitte können zu einer Erstausbildung zusammengefasst werden, wenn sie zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und nach dem Ende des ersten Abschnitts aufgrund objektiver Beweisanzeichen feststeht, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll, und wenn das Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

Im vorliegenden Fall lag der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Banklehre und BWL-Studium vor. Denn S hat sich schon vor Beendigung der Banklehre im April 2014 über das Studium am Berufskolleg informiert und dadurch zu erkennen gegeben, dass er seine Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beenden wollte.

Auch der enge sachliche Zusammenhang zwischen der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem BWL-Studium lag vor. Die Umorientierung vom Bankkolleg zum BWL-Studium führte nicht zu einer mehraktigen Ausbildung. Wird der sachliche Zusammenhang gewahrt, ist eine Umorientierung unschädlich.

Eine einheitliche Erstausbildung liegt jedoch nicht mehr vor, wenn das Kind eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Das Finanzgericht muss klären, ob das BWL-Studium dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Studium gegenüber dem Beschäftigungsverhältnis im Vordergrund stand.

Unterliegt der notärztliche Bereitschaftsdienst der Umsatzsteuer?

Eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung liegt nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts auch dann vor, wenn sich ein Arzt zur Sicherstellung der notärztlichen Behandlung jederzeit zum Einsatz bereithält. Ob der Bundesfinanzhof dieser Einschätzung folgt, bleibt abzuwarten.

Hintergrund

Der Kläger war selbstständig als Allgemeinmediziner und Honorarnotarzt tätig. Er erbrachte in den Jahren 2011 bis 2013 gegenüber einem Notarzt sowie gegenüber einer zentralen Notfallpraxis der Ärzteschaft (ZNP) notärztliche Bereitschaftsdienste. Während der Bereitschaftsdienstzeit erhielt er eine Stundenvergütung unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der behandelten Patienten. Das Finanzamt wertete nur die Leistungen des Klägers, die dieser im Rahmen des Bereitschaftsdienstes unmittelbar gegenüber den Patienten erbrachte, als steuerbefreit. Die für die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt erhaltenen Vergütungen hielt es dagegen für umsatzsteuerpflichtig, da in diesem Fall keine unmittelbare Heilbehandlung erfolgte. Insbesondere war die Anwesenheit bei Bereitschaft nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die vom Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste unter die umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen fallen. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden, denn für die Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an. Die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit ist allein für den Leistenden maßgeblich, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein muss. Dies war vorliegend der Fall.

Die von dem Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste gewährleisteten eine zeitnahe Behandlung von Notfallpatienten, waren für deren Versorgung unerlässlich, gehören zum typischen Berufsbild eines Arztes und verfolgten daher einen therapeutischen Zweck. Dass der Kläger diese Leistungen nicht direkt an Patienten oder Krankenkassen erbrachte, war für die Steuerfreiheit unschädlich, da es sich bei dem Kläger um einen Arzt handelte. Dass der Kläger gegenüber den Vertragspartnern nur seine bloße Anwesenheit und Einsatzbereitschaft schuldete und hierzu keine weiteren Leistungselemente (z. B. kontinuierliche Rundgänge zur frühzeitigen Gefahren- und Gesundheitsproblemerkennung) hinzukamen, hielt das Finanzgericht für unschädlich.