Abzinsung von Darlehensverbindlichkeiten: Ist der Zinssatz von 5,5 % verfassungsgemäß?

Ja, urteilte das Finanzgericht Münster. Es hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. des Abzinsungssatzes von 5,5 % – auch nicht angesichts der derzeitigen Niedrigzinspolitik.

Hintergrund

Die Bilanzen des Klägers, der ein Autohaus führt, weisen seit 1996 bzw. 1998 zwei Darlehen von Geschäftspartnern aus. Zur Verzinsung und zu Rückzahlungsmodalitäten der Darlehen wurde nichts vereinbart. Das Finanzamt behandelte die Darlehensverbindlichkeiten als unverzinsliche Darlehen mit unbestimmter Laufzeit und zinste sie mit 5,5 % ab. Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten kam das Finanzamt auf einen Vervielfältiger von 0,503. Den Differenzbetrag zur valutierten Darlehensverbindlichkeit erfasste es gewinnwirksam. Der Kläger machte geltend, dass es sich hier um langfristige Darlehen handelte, die auch dem Grunde nach dem Abzinsungsgebot unterliegen. Jedoch sind nach Auffassung des Klägers durch die wirtschaftliche Entwicklung und die seit 2012 herrschende Niedrigzinsphase auf dem freien Markt die Abzinsungssätze überholt, da sie eben diese Entwicklung nicht widerspiegeln. Nach Ansicht des Klägers ist deshalb keine Abzinsung zu berücksichtigen.

Entscheidung

Die Klage blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts bestehen keine Zweifel gegen die Verfassungsmäßigkeit hinsichtlich des Abzinsungssatzes von 5,5 %. Der Abzinsungssatz ist eine interne Rechengröße der Bewertung einer langfristigen und unverzinslichen Verbindlichkeit. Dementsprechend geht es um die zutreffende wirtschaftliche Belastung eines Unternehmens. Der Minderaufwand infolge der Zinslosigkeit wird dabei kapitalisierend als Ertrag vorweggenommen. Darüber hinaus wirtschaftet das Unternehmen mit den nicht gezahlten Zinsen, wodurch ein weiterer positiver Effekt entstehe. Eine Abstellung allein auf vergleichbare Zinssätze ist daher nicht geboten. Mit dem Abzinsungssatz wird daher vielmehr die Rendite, die durch das verbilligte Darlehen erwirtschaftet werden kann, ausgeglichen.

Bauträgerfälle: Wann wird die Verjährung gehemmt?

Ist in sog. Bauträgerfällen bereits Festsetzungsverjährung beim Bauleistenden eingetreten, führt ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers, also des Bauträgers, nicht zu einer Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden.

Hintergrund

Die Tischlerei-KG T erbrachte im Jahr 2009 Bauleistungen an einen Bauträger, die Firma X. Die Vertragspartner gingen entsprechend der damaligen Regelung davon aus, dass die X als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer schuldet. Die T wies daher keine Umsatzsteuer aus und erfasste diesen Umsatz auch nicht in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2009. Nach Zustimmung des Finanzamts stand die Umsatzsteuer-Jahreserklärung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Im Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs v. 22.8.2013 (V R 37/10 (BStBl 2014 II S. 128) beantragte die X als Leistungsempfängerin die Erstattung der von ihr als Steuerschuldnerin nach § 13b UStG a.F. an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer.

Das Finanzamt forderte die T auf, eine berichtigte Umsatzsteuer-Erklärung für 2009 unter Berücksichtigung des Umsatzes an die Firma X einzureichen. Dem kam die T nicht nach, weil sie davon ausging, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war und die Umsatzsteuer-Festsetzung 2009 daher vom Finanzamt nicht mehr geändert werden konnte. Aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung erließ das Finanzamt einen geänderten Umsatzsteuer-Bescheid 2009 und erhöhte unter Hinweis auf eine Hemmung der Verjährung die Umsätze zum Regelsteuersatz um das Nettoentgelt für die Bauleistung der T an die X.

Das Finanzgericht gab der Klage der T statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Festsetzungsfrist für den Erlass des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids 2009 nicht gehemmt war.

Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige seine Jahressteuererklärung beim Finanzamt eingereicht hat. T hatte ihre Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2009 am 30.12.2010 beim Finanzamt eingereicht. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2010 und endete mit Ablauf des 31.12.2014. Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Änderungsbescheids vom 26.3.2018 war die reguläre Festsetzungsfrist somit bereits seit mehreren Jahren abgelaufen.

  • 171 AO hemmt nur den Ablauf einer offenen Festsetzungsfrist, kann diese aber nach einmal eingetretener Festsetzungsverjährung nicht erneut anlaufen lassen. Denn Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen durch Verjährung. Das Erlöschen ist endgültig, sodass ein erloschener Anspruch nicht wieder aufleben kann. Ereignisse, die eine Hemmung der Verjährung bewirken könnten, gehen daher nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ins Leere. Auch bei § 171 Abs. 14 AO kommt es somit darauf an, dass dieser Erstattungsanspruch bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden ist.

Die Voraussetzungen für die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 14 AO, wonach die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht endet, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, liegen nicht vor. Denn der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch gegenüber der Firma X als Leistungsempfängerin entstand erst nach Ablauf der für die T geltenden Festsetzungsfrist. Die Leistungsempfängerin (Firma X) beantragte die Erstattung der seinerzeit als Steuerschuldnerin zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer am 30.12.2014. Der entsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2009 konnte daher frühestens im Jahr 2015 ergangen sein. Da der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Leistungsempfängerin erst mit der Änderung des Umsatzsteuer-Bescheids 2009 gegenüber der Firma X frühestens im Jahr 2015 entstanden sein kann, ist eine Hemmung nach § 171 Abs. 14 AO ausgeschlossen. Denn die reguläre Festsetzungsverjährung trat bereits mit Ablauf des 31.12.2014 ein.

Ist entgeltliche individuelle Verbraucherberatung steuerlich begünstigt?

Der steuerbegünstigte Zweck der Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz kann auch bei einer Einzelberatung vorliegen, bei der die individuelle Situation des Verbrauchers berücksichtigt und über Versicherungen aufgeklärt und informiert wird.

Hintergrund

Der eingetragene Verein V fördert den Verbraucherschutz durch Produktvergleiche. Im Jahr 2014 führte V vergleichende Untersuchungen zu Versicherungen durch und veröffentlichte die Ergebnisse. Da wegen der vielen Tarife ein verwertbarer Vergleich nur anhand individueller Faktoren erstellt werden konnte, bot V eine Vergleichsanalyse mit individuellen Daten an, sog. „Finanzanalysen“. Mit den Analysen erwirtschaftete V bei Umsätzen von ca. 100.000 EUR einen Verlust von ca. 70.000 EUR.

Das Finanzamt ordnete die Einnahmen aus den Analysen dem steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb des V zu, erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuer-Messbescheide und unterwarf die Umsätze dem Regelsteuersatz.

Das Finanzgericht gab der Klage des V statt. Seiner Meinung nach handelte sich um einen begünstigten Zweckbetrieb.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass V als Zweckbetrieb von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit ist, jedoch bei der Umsatzsteuer nicht dem ermäßigten Steuersatz, sondern dem Regelsteuersatz unterliegt.

Auch wenn sich die individuelle Aufklärung an einen zahlenmäßig nicht begrenzten Personenkreis richtet, steht dem das Erfordernis der Förderung der „Allgemeinheit“ nicht entgegen. Denn V bot allen ihren Lesern und damit einem unbegrenzten Kreis von Verbrauchern die Möglichkeit, Computerauswertungen zu Versicherungen auf der Basis ihrer individuellen Merkmale zu erwerben.

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb „Finanzanalysen“ diente in seiner Gesamtrichtung der Verwirklichung des steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks der Verbraucherberatung. Es lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erhebung des Entgelts lediglich zur Mittelbeschaffung erfolgte. Die Finanzanalysen waren für die Zweckerreichung erforderlich. Denn die veröffentlichten Musteranalysen waren lediglich für einen generellen Marktüberblick geeignet. Ein konkreter Versicherungsschutz setzt dagegen eine individuelle Versicherungsanalyse voraus.

V tritt mit ihren Analysen zu nicht begünstigten Betrieben nur insoweit in Wettbewerb, als dies zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Zum einen besteht nur ein „eingeschränktes“ Wettbewerbsverhältnis zu Versicherungsportalen, Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern. Denn diese Konkurrenten bieten keine vergleichbaren Leistungen an, da ihre Analysen auf einen Vertragsabschluss gerichtet sind. Zum anderen überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks. Die Finanzanalysen gewährleisten einen unabhängigen Marktüberblick. V hat kein wirtschaftliches Interesse am Abschluss eines Versicherungsvertrags.

Der ermäßigte Steuersatz gilt nur dann für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Damit folgt der Bundesfinanzhof nicht der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach der ermäßigte Steuersatz auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar ist.

Denn bei V fehlt es an einer Tätigkeit auch „für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit“. Damit erfüllt V nicht die neben der Zweckbetriebseigenschaft für die Steuersatzermäßigung erforderlichen weiteren Voraussetzungen.

Zum Umfang der Gewerbesteuerbefreiung für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen

Die Gewerbesteuerbefreiung für Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime und andere Einrichtungen gilt nur für die Gewinne, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Dagegen unterliegt der Gewinn aus Nebentätigkeiten, die nicht vom Zweck der Steuerprivilegierung gedeckt sind, der Gewerbesteuer.

Hintergrund

Die Pflege-GmbH erbringt Pflegeleistungen gegenüber kranken Personen im Rahmen einer sog. mobilen Hauskrankenpflege.

Im Jahr 2009 erwarb Frau X die Geschäftsanteile an der GmbH von Frau Y. Zur Finanzierung der Übernahme nahm die GmbH im Jahr 2010 ein Bankdarlehen auf. Die GmbH vereinbarte mit X ebenfalls ein entsprechendes Darlehen. X stellte der finanzierenden Bank Sicherheiten in Form einer Bürgschaft und Abtretung einer Lebensversicherung. Das Darlehen wurde im Jahr 2011 ausgezahlt und X bezahlte damit anteilig den Kaufpreis für die GmbH-Anteile an Y.

In den Jahren 2009 bis 2011 erzielte die GmbH saldierte Zinserträge. Zudem erhielt sie Provisionen für die Vermittlung einer Vereinsmitgliedschaft in einem gemeinnützigen Verein und für die Vermittlung des Kaufs von Heilhilfsmitteln.

In Höhe der Zins- und Provisionserträge nahm das Finanzamt eine partielle Gewerbesteuerpflicht an, da die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG insoweit nicht greift. Das Finanzgericht gab dagegen der von der GmbH erhobenen Klage statt, da die GmbH neben dem begünstigten Pflegebetrieb keinen weiteren nicht begünstigten Betrieb unterhalten hatte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die GmbH für die von ihr erzielten Gewinne aus Darlehens- und Provisionsgeschäften die Befreiungsvorschrift nicht in Anspruch nehmen kann.

Der Träger der in § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG genannten Einrichtungen wird nicht mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit. Begünstigt werden nur die aus dem Betrieb der Einrichtung resultierenden Erträge. Erzielt der Träger außerhalb der Einrichtung Erträge, unterliegen diese der Gewerbesteuer. Für die Befreiung auch dieser Erträge ist kein Grund ersichtlich. Denn der Zweck der Steuerbefreiung liegt darin, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Daraus folgt, dass nur die Erträge begünstigt sein können, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Denn nur insoweit entstehen für die Sozialversicherungsträger Kosten.

Der Bundesfinanzhof widerspricht der Auffassung, dass eine begünstigte Einrichtung nur dann eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit ausübt, wenn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. Die gemeinnützigkeitsrechtliche Unterscheidung zwischen ideeller Sphäre und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb lässt sich auf § 3 Nr. 20 GewStG nicht übertragen.

Eine trennbare, partiell gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn dieser Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können. Das ist bei den Zins- und Provisionserträgen der GmbH der Fall. Diese resultieren aus einer Tätigkeit, die vom eigentlichen Betrieb der Einrichtung getrennt werden kann und vom Zweck der Steuerbefreiung nicht gedeckt ist. Die GmbH ist daher insoweit partiell gewerbesteuerpflichtig. Die Trennbarkeit der Tätigkeit ergibt sich daraus, dass der Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können.

Wo liegt der mehrwertsteuerliche Ort bei Einfuhr von Transportmitteln?

Unklar ist bislang, wo der mehrwertsteuerrechtliche Ort der Einfuhr eines Kfz liegt, das in einem Drittland zugelassen ist und unter Verstoß gegen zollrechtliche Vorschriften in die Union verbracht und dort genutzt wird. Dazu muss sich nun der Europäische Gerichtshof äußern.

Hintergrund

Der in Deutschland seit mehreren Jahren ansässige und gemeldete Kläger mit georgischer Staatsangehörigkeit erwarb im Januar 2019 in Georgien einen in Georgien auf seinen Namen zugelassenen Pkw. Im März 2019 fuhr er mit dem Fahrzeug von Georgien über die Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland, ohne das Fahrzeug in der Union zu einer Einfuhrzollstelle zu befördern und zu gestellen.

In Deutschland benutzte er das Fahrzeug für private und geschäftliche Fahrten. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 13.5.2019 setzte das Hauptzollamt rund 4.000 EUR Zoll und rund 8.500 EUR Einfuhrumsatzsteuer gegen den Kläger fest. Zur Begründung gab es an, dass der Kläger das Fahrzeug entgegen seiner Pflicht nicht an der ersten Zollstelle im Unionsgebiet gestellt habe. Daher sei das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht worden, sodass eine Einfuhrzollschuld entstanden sei.

Entscheidung

Transportmittel gehen in dem Mitgliedstaat in den Wirtschaftskreislauf der Union ein, in dem sie erstmals tatsächlich als Transportmittel verwendet werden. Für den vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass das Fahrzeug des Klägers in Bulgarien in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist, weil es dort erstmals innerhalb der Union als Transportmittel benutzt wurde. Daher wäre dort der Ort der Einfuhr.

Das Finanzgericht hat an diesem Ergebnis jedoch Zweifel. Deshalb ersucht das Finanzgericht den Europäischen Gerichtshof um Klarstellung, ob die Nutzung eines Fahrzeugs als Transportmittel für die Zwecke der Durchfahrt durch einen Mitgliedstaat nicht bereits in diesem Mitgliedstaat, sondern erst im Wohnsitzmitgliedstaat des Fahrzeugführers zum Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union führt.

Das Finanzgericht selbst ist der Ansicht, dass im Ausgangsverfahren das Fahrzeug bereits in Bulgarien benutzt wurde und dadurch erstmalig dort in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist. Denn der Kläger hat das Fahrzeug tatsächlich für die Durchfahrt durch Bulgarien benutzt.

 

Spielhallen: Bewirtungskosten teilweise steuerlich absetzen

Bei Snacks und Getränken, die eine Spielhalle ihren Besuchern kostenlos zur Verfügung stellt, handelt es sich um eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass. Die Folge: Die entsprechenden Aufwendungen sind nur zu 70 % abziehbar.

Hintergrund

Die Kläger betreibt mehrere Spielhallen. Den Besuchern werden dort kostenlos 1 bis 2 Getränke sowie geschnittenes Baguette, Pizzaecken und Kuchen angeboten. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 30.000 EUR im Jahr, die der Kläger in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzog. Dagegen vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Abzugsbegrenzung auf 70 % für Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass Anwendung findet.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr durch Kunden stets eine Bewirtung ist, die zum eingeschränkten Betriebsausgabenabzug führt. Es kommt nicht darauf an, ob die Beköstigung im Vordergrund steht oder ob diese aus der Sicht des Bewirtenden in erster Linie der Werbung oder Repräsentation dient. Auch lag vorliegend keine bloße Aufmerksamkeit gegenüber den Besuchern vor. Es handelte sich auch nicht nur um eine Geste der Höflichkeit. Vielmehr sollte sich der Spielgast möglichst lange in der Spielhalle aufhalten, um höhere Einnahmen zu erzielen.

Die Klassifizierung von Bewirtungsaufwendungen als Aufmerksamkeiten kommt nur dann in Betracht, wenn den Speisen und Getränken objektiv kein eigenständiges Gewicht neben der Veranstaltung, in der sie ausgegeben werden, zukommt. Genau diese Voraussetzung lag jedoch vorliegend nicht vor, da dem Angebot des Klägers ein eigenständiges Gewicht zukommt.

 

Hinterziehungszinsen für verkürzte Vorauszahlungen: Keine unzulässige Doppelverzinsung

Werden für verkürzte Einkommensteuervorauszahlungen Hinterziehungszinsen festgesetzt und gleichzeitig Hinterziehungszinsen für verkürzte Jahreseinkommensteuer für das Kalenderjahr, für das die Vorauszahlungen hätten geleistet werden müssen, liegt keine Doppelverzinsung desselben Steueranspruchs vor. Das gilt zumindest dann, wenn sich die Zinsläufe nicht überschneiden.

Hintergrund

Die Eheleute erstatteten für die Jahre 2003 bis 2013 Selbstanzeigen und erklärten nicht versteuerte Auslandseinkünfte nach. Das Finanzamt änderte die Einkommensteuer-Bescheide und setzte für die hinterzogenen Steuern Hinterziehungszinsen fest. Daneben setzte das Finanzamt auch Hinterziehungszinsen zu hinterzogenen Einkommensteuer-Vorauszahlungen fest.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Zinsfestsetzung zu Recht erfolgte.

Auch hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind hinterzogene Steuern und können Gegenstand einer eigenständigen Verzinsung sein. Das gilt auch, wenn Einkommensteuer-Vorauszahlungen und die Jahressteuer des Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, in gleicher Weise hinterzogen werden. Eine systemwidrige Doppelbelastung desselben Steueranspruchs mit Hinterziehungszinsen kann durch die Abgrenzung der Zinsläufe vermieden werden.

Die verkürzte Jahreseinkommensteuer umfasst zwar der Höhe nach auch hinterzogene Vorauszahlungsbeträge des Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären. Denn die hinterzogene Jahressteuer ist nur um die Vorauszahlungen zu mindern, die tatsächlich geleistet wurden. Auch die Bemessungsgrundlage der zu verzinsenden hinterzogenen Jahressteuer umfasst daher betragsmäßig auch die Vorauszahlungen. Trotz dieser betragsmäßigen Überschneidung der Bemessungsgrundlagen kann eine unzulässige Doppelverzinsung desselben hinterzogenen Einkommensteuer-Teilbetrags vermieden werden, wenn die den Festsetzungen zugrunde liegenden Zinsläufe voneinander abgegrenzt werden.

Der Zinslauf für die Hinterziehungszinsen zu den Vorauszahlungen beginnt zum jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstag und endet in dem Zeitpunkt, in dem der Zinslauf für die Hinterziehungszinsen zur verkürzten Jahressteuer beginnt.

Für die hinterzogene Jahressteuer beginnt der Zinslauf dagegen entweder mit der Bekanntgabe des unzutreffenden Jahressteuerbescheids oder bei Festsetzung einer Abschlusszahlung darin mit deren Fälligkeit.

Von einem Beginn der Verzinsung des Jahressteueranspruchs und damit Ende des Zinslaufs für die Hinterziehungszinsen zu den Vorauszahlungen ist jedoch auch aus teleologischen Gründen auszugehen, wenn der Karenzzeitraum für die hinterzogene Jahressteuer endet und die Vollverzinsung des Jahressteueranspruchs beginnt.

Eine strafrechtliche Verurteilung wegen der Hinterziehung ist für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen im Übrigen nicht erforderlich.

Abgabe von Speisen in einem Food-Court: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?

Bei der Nutzung eines Food-Courts in einem Einkaufszentrum unterliegt die Abgabe der Speisen dem Regelsteuersatz, wenn die Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten in dem Gemeinschaftsbereich als überwiegendes Dienstleistungselement eine sonstige Leistung darstellt. Die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit ist aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dem Speisenanbieter zuzurechnen.

Hintergrund

Die X eröffnete eine Filiale ihrer Fast-Food-Restaurants in einem Einkaufszentrum. Die vorgefertigten Speisen werden über eine Verkaufstheke in Einwegverpackungen abgegeben und können in dem sog. „Food-Court“, das ist ein für die Kunden des Einkaufszentrums eingerichteter gemeinsamer Sitz- und Verzehrbereich, eingenommen werden. Die Kosten für den Food-Court werden von den Mietern des Zentrums anteilig getragen.

X ging davon aus, dass ihre Umsätze dem ermäßigten Steuersatz für Lieferungen (Speisen zum Mitnehmen) unterliegen. Das Finanzamt nahm dagegen sonstige Leistungen zum Regelsteuersatz an. Denn X erbrachte mit der Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten in dem Gemeinschaftsbereich eine Dienstleistung.

Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar hat das Finanzgericht zutreffend entschieden, dass es für die Annahme einer sonstigen Leistung bei der Abgabe von Speisen auf zusätzliche Dienstleistungselemente ankommt (z. B. die Nutzung von Tischen und Sitzgelegenheiten). Ebenso zutreffend hat das Finanzgericht entschieden, dass die X an der Verschaffung derartiger Dienstleistungselemente mitgewirkt hat. Allerdings hat das Finanzgericht dabei nicht hinreichend auf die maßgebliche Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers abgestellt.

Das bloße Vorhandensein von Mobiliar genügt nicht für die Annahme einer Dienstleistung. Zu berücksichtigen sind nur Verzehrvorrichtungen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt sind, den Verzehr zu erleichtern. Geringfügige Dienstleistungsanteile genügen dafür nicht. Die Abgabe von Speisen fällt unter den Begriff „Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen“, wenn sie mit Dienstleistungen einhergeht, die deren sofortigen Verzehr durch den Endkunden ermöglichen sollen.

Die Nutzung eines Food-Courts kann als überwiegendes Dienstleistungselement zu einer sonstigen Leistung führen, wenn die Einräumung dieser Nutzungsmöglichkeit dem Speisenanbieter zuzurechnen ist. Das ist vorliegend der Fall. Die X muss sich die durch die Nutzung des Food-Courts ergebenden Dienstleistungselemente zurechnen lassen. Denn X hatte aufgrund ihres Mietvertrags einen Anspruch auf die Benutzung des Food-Courts durch ihre Kunden. Damit wirkt sie an der Verschaffung dieser Dienstleistungselemente zugunsten ihrer Kunden mit.

Für die Zurechnung des Food-Courts zum leistenden Unternehmer genügt es, dass der Durchschnittsverbraucher davon ausgehen kann, dass er als Kunde der X zur Nutzung des Food-Courts berechtigt ist. Dazu kann die Ausgabe der Speisen mit einem Tablett ausreichen, da dieses typischerweise dazu dient, die Speisen zu dem Food-Court zu bringen und dort an einem Tisch zu verzehren. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers bezieht sich die Leistung dann nicht auf die bloße Abgabe am Verkaufstresen, sondern schließt als weitergehenden Vorgang den Verzehr in unmittelbarer Nähe zur Ausgabestelle mit ein.

Aus Sicht des Durchschnittsverbrauches ist die Möglichkeit der Mitnahme der Speisen auf einem Tablett zum Verzehrbereich ein Indiz dafür, dass die X daran mitwirkte, den Kunden die Nutzung des Food-Courts einzuräumen. Das Finanzgericht hat allerdings zu den Umständen im Zusammenhang mit der Tablett-Nutzung keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Möglicherweise ergab sich aus Sicht der Kunden nicht, dass ihnen die Nutzungsmöglichkeit am Food-Court durch X eingeräumt wurde. Bei Speisenabgaben außerhalb der Öffnungszeiten des Food-Courts kann jedenfalls keine sonstige Leistung vorliegen.

Kindergeldverfahren: Keine Kostenerstattung bei Einspruch gegen Hinterziehungszinsen

Es besteht keine Kostenerstattungspflicht im Kindergeldverfahren bei erfolgreichem Einspruch gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen. § 77 EStG ist in diesem Fall weder unmittelbar noch analog anwendbar.

Hintergrund

Die Klägerin X hatte zu Unrecht Kindergeld in Höhe von 16.800 EUR bezogen. Die Familienkasse setzte deshalb gegen sie Hinterziehungszinsen von rund 2.100 EUR fest. Der gegen die Zinsfestsetzung gerichtete Einspruch war erfolgreich. Die Familienkasse hob die Zinsfestsetzung auf und entschied, dass die der X im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nicht zu erstatten sind. Nach Ansicht der Familienkasse ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG eine Kostenerstattung nur im Einspruchsverfahren gegen die Kindergeldfestsetzung selbst vorgesehen, nicht aber gegen die damit zusammenhängende Zinsfestsetzung.

Das Finanzgericht verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen, da seiner Meinung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG analog anzuwenden ist.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass kein Anspruch auf Kostenerstattung analog § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht.

  • 77 Abs. 1 Satz 1 EStG ist seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Denn im vorliegenden Fall fehlt es an einem erfolgreichen Einspruch „gegen die Kindergeldfestsetzung“. Voraussetzung für die Kostenerstattung ist ein erfolgreicher Einspruch in einem das Kindergeld (nicht die Zinsentscheidung) betreffenden Festsetzungsverfahren. Bei der Frage, ob Hinterziehungszinsen festzusetzen sind, wird nicht zusätzlich über die Kindergeldfestsetzung entschieden. Denn für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist allein maßgebend, ob der subjektive und objektive Tatbestand der Strafrechtsnorm sowie die Rechtswidrigkeit und die Schuld zu bejahen sind.
  • 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sieht also die Erstattungspflicht nicht allgemein für Einspruchsverfahren in Kindergeldangelegenheiten vor, sondern nur für den Fall des erfolgreichen Einspruchs gegen eine Kindergeldfestsetzung. Die Kostenerstattungspflicht bei Kindergeldsachen kann daher nicht extensiv ausgelegt werden. Es kann auch nicht mit Gewissheit festgestellt werden, dass es der Gesetzgeber planwidrig unterlassen hat, die Kostenerstattungspflicht auf Fälle auszudehnen, die mit der Kindergeldfestsetzung an sich nichts zu tun haben. Ein Versehen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Eine analoge Anwendung des § 77 EStG auf das Einspruchsverfahren gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen scheidet daher aus.

Schenkung: Keine Abzinsung für die Zeit zwischen Rechtsgeschäft und Bedingungseintritt

Die Bewertung einer aufschiebend bedingten Last erfolgt auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet keine Abzinsung statt.

Hintergrund

A war die Ehefrau des im Jahr 2016 verstorbenen O und ist dessen Gesamtrechtsnachfolgerin. O übertrug im Jahr 2004 seinen Anteil an einer KG im Wege der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auf die gemeinsame Tochter T. Nach seinem Tod war T verpflichtet, an A zu Lasten des KG-Anteils monatlich 4.000 EUR zu zahlen. O übernahm die Schenkungsteuer.

Das Finanzamt setzte im Jahr 2010 gegenüber O Schenkungsteuer fest. Die Rentenverpflichtung der T gegenüber der A wurde dabei nicht mindernd berücksichtigt.

Nach dem Tod des O beantragte die A als Gesamtrechtsnachfolgerin, die Schenkungsteuer-Festsetzung aus 2010 anzupassen und die von der T an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr auf den Todestag des O im Jahr 2016 zu kapitalisieren und in dieser Höhe (385.632 EUR) als Verbindlichkeit steuermindernd zu berücksichtigen.

Das Finanzamt berücksichtigte die Rentenlast dagegen lediglich mit 213.100 EUR. Es vertrat die Auffassung, dass die zum Todestag des O bestehende Verpflichtung (385.632 EUR) auf den Tag der Schenkung im Jahr 2004 abzuzinsen war. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Wert der Rentenverbindlichkeit der T mit dem zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts, also 2016, geltenden Vervielfältiger zu ermitteln ist. Eine Abzinsung kommt nicht in Betracht.

Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt. Tritt die Bedingung ein, ist die Festsetzung der Schenkungsteuer auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Die abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind mit ihrem Wert abzuziehen. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist dabei mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Der Vervielfältiger ist nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln. Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten. Zugrunde zu legen ist der bei Bedingungseintritt geltende Vervielfältiger. Hiervon ausgehend hat das Finanzamt zutreffend den Wert mit 385.642 EUR angesetzt.

Der Kapitalwert ist für den Zeitraum des Schwebezustands, also von der Schenkung im Jahr 2004 bis zum Todestag im Jahr 2016 nicht abzuzinsen. Durch die Abzinsung soll berücksichtigt werden, dass eine Verpflichtung nicht zeitnah, sondern erst in fernerer Zukunft zu erfüllen ist und damit der zu ihrer Erfüllung erforderliche Aufwand zeitversetzt anfällt. Allerdings sind noch nicht fällige Forderungen nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt eintritt. Ist ein bestimmter Fälligkeitszeitpunkt nicht festgelegt, fehlt es dementsprechend auch an einer Berechnungs- oder Schätzungsgrundlage für eine Abzinsung oder für den Ansatz eines niedrigeren Werts als des Nennwerts.

Während des Schwebezustands zwischen der Schenkung (2004) und dem Eintritt der Bedingung (2016) fehlt es an einer Forderung, die abgezinst werden könnte. Mit Eintritt der Bedingung ist die Forderung erstmals zu berücksichtigen. Sie ist gleichzeitig aber auch fällig und nicht mehr gestundet. Das bedeutet, dass weder im Zeitpunkt der gemischten Schenkung (mangels bestimmten Fälligkeitszeitpunkts einer noch nicht existenten Verpflichtung) noch im Zeitpunkt des Bedingungseintritts (mangels mehr als 1-jähriger Laufzeit einer zinslos gestundeten Forderung) die Tatbestandsvoraussetzungen einer Abzinsung erfüllt sind.