Bonuspunkte: Wann muss eine Rückstellung gebildet werden?

Bei Bonuspunktsystemen kann es geboten sein, dass eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet wird. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Bezahlung ausschließlich durch Bonuspunkte möglich ist.

Hintergrund

Die Klägerin und die A-Partnerunternehmen gaben gemeinsam die A-Card heraus. Systembetreiber war die B-GmbH. Der Karteninhaber erhielt beim Einkauf bei angeschlossenen Unternehmen Bonuspunkte auf den Wert des Einkaufs, die dem Bonuskonto gutgeschrieben wurden. Die Punkte konnten im A-Onlineshop eingelöst werden. Unter bestimmten Voraussetzungen erhielt der Karteninhaber auch einen Bonusgutschein über sein Guthaben. Eine Barauszahlung erfolgte jedoch nicht. Das Finanzamt erkannte die gebildete Rückstellung für am Bilanzstichtag noch nicht eingelöste Punkte nicht an.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied zugunsten der Klägerin und erkannte die Rückstellung dem Grunde nach an. Bei einem Bonussystem, bei dem Bonuspunkte auf Umsätzen der Vergangenheit beruhen, muss eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Ist eine Bezahlung ausschließlich durch Bonuspunktgutscheine möglich, liegen die Voraussetzungen für ein steuerliches Passivierungsverbot für einnahmen- und gewinnabhängige Verpflichtungen nicht vor. Denn die Einlösung dient in einem solchen Fall nur der Entledigung bestehender Verpflichtungen.

Vorliegend war die Klägerin gegenüber dem Kunden verpflichtet, die gewährten Bonuspunkte bzw. Gutscheine als Zahlungsmittel bei der Einlösung zu akzeptieren. Die Verpflichtung zur Einlösung war wirtschaftlich gesehen durch die Umsätze der Vergangenheit veranlasst. Sie hatte ihre Grundlage in der Rabattierung von Umsätzen der Vergangenheit und nicht in der Einnahmeerzielung in der Zukunft. Damit lagen auch die Voraussetzungen für ein steuerliches Passivierungsverbot für einnahmen- und gewinnabhängige Verbindlichkeiten nicht vor.

Offenbare Unrichtigkeit bei vergessener Abschreibung

Wurde in der Steuererklärung eine Eintragung vergessen, ergibt sich diese jedoch aus den bei der Veranlagung vorliegenden Unterlagen ohne Weiteres als Fehler, liegt ein vom Finanzamt übernommenes mechanisches Versehen vor. Dieses kann als offenbare Unrichtigkeit korrigiert werden.

Hintergrund

Die Kläger vergaßen, in der Anlage V die Abschreibung zu erklären. Bei der Veranlagung machte ein Prüfungshinweis darauf aufmerksam, dass die geltend gemachten Absetzungen nicht mit dem Abschreibungsbetrag in den im System hinterlegten festsetzungsnahen Daten übereinstimmten. Trotzdem berücksichtigte das Finanzamt die nicht erklärten Abschreibungsbeträge nicht. Erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids bemerkten die Kläger den Fehler. Sie beantragten eine Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit, was das Finanzamt aber ablehnte. Es handelte sich seiner Meinung nach um einen Ermittlungsfehler, der nicht offenbar war. Die unterlassene oder unvollständige Bearbeitung eines maschinell erzeugten Prüfhinweises war regelmäßig ein Fehler bei der Sachverhaltsaufklärung und somit ein Rechtsfehler, der eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausschloss.

Entscheidung

Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamts nicht und gab der Klage statt. Die Nichtberücksichtigung der Abschreibung stellte eine offenbare Unrichtigkeit dar, sodass das Finanzamt die entsprechenden Beträge steuermindernd berücksichtigen musste.

Eine offenbare Unrichtigkeit liegt auch dann vor, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung enthaltene offenbare, d. h. für es erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt (sog. aktenkundiger Übernahmefehler). Ob noch ein mechanisches Versehen oder bereits ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, der eine Berichtigung ausschließt, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

Die festsetzungsnahen Daten erfüllten vorliegend die Funktion einer Kontrollmitteilung für die Veranlagung und waren präsent. Insoweit konnte nichts anderes gelten wie bei einer aktengeführten Veranlagung, bei der die AfA-Tabelle der Akte vorgeheftet und damit bei jeder Veranlagung präsent war. Daher lag kein Ermittlungsfehler vor, sondern ein pflichtwidriges Übersehen der gespeicherten Daten und somit eine offenbare Unrichtigkeit.

Zuwendung einer ausländischen Stiftung an einen inländischen Empfänger: Steuerliche Folgen

Entspricht eine Zuwendung einer ausländischen Stiftung an einen inländischen Empfänger, der keine Rechte an oder Ansprüche auf Vermögen oder Erträge der Stiftung besitzt, der Satzung, unterliegt diese nicht der Schenkungsteuer.

Hintergrund

Die im Jahr 2008 errichtete X-Familienstiftung hatte ihren Sitz in der Schweiz. Sie verfolgte nach der Stiftungsurkunde und dem Stiftungsreglement keinerlei wirtschaftliche Zwecke, sondern unterstützte Angehörige der Familie Y. Die Unterstützung sollte als Anschubfinanzierung verwendet werden und konnte den Angehörigen der Familie Y einmalig “in jugendlichen Jahren” ausgezahlt werden. Ein Rechtsanspruch darauf bestand aber nicht. Vielmehr entschied der Stiftungsrat nach seinem Ermessen darüber, ob eine Zuwendung erfolgte sowie über den Empfänger, die Höhe und den Zeitpunkt der Unterstützungsleistungen.

Die Stiftung leistete von 2009 bis 2014 Zuwendungen an 40 Empfänger, die im Zuwendungszeitpunkt zwischen 29 und 37 Jahre alt waren, darunter im Jahr 2011 der damals 29-jährige B, ein Nachkomme der Familie Y. Er erhielt von der Stiftung x Mio. EUR.

Die Stiftung vertrat die Ansicht, dass der Vorgang als satzungsgemäße Zuwendung nicht steuerbar war. Das Finanzamt setzte dagegen Schenkungsteuer fest. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da es sich nicht um eine Zuwendung in jugendlichen Jahren und damit um eine satzungswidrige Zuwendung handelte.

Entscheidung

Satzungsgemäße Zuwendungen einer Stiftung an ihre Berechtigten unterliegen nicht der Schenkungsteuer. Bei der Frage, ob eine Zuwendung formell und materiell der Satzung entspricht, ist dem für die Ausrichtung der Zuwendung verantwortlichen Organ der Stiftung ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zuzubilligen. Dieser ist erst verlassen, wenn die Zuwendung den Satzungszweck eindeutig überschreitet. Der Satzungszweck ist erst mit einer schlechterdings unvertretbaren Auslegung eindeutig überschritten.

Im vorliegenden Fall entsprach die Zuwendung an B dem Stiftungszweck. Tatsachen, die auf eine eindeutige Überschreitung des Stiftungszwecks hindeuten, waren nicht erkennbar. Es lag nicht neben der Sache, einem 29-jährigen eine Anschubfinanzierung zu gewähren, und zwar unabhängig von seinen Zukunftsplänen. Es ist auch nicht gänzlich ausgeschlossen, das Alter von 29 Jahren noch als “in jugendlichen Jahren” zu verstehen, wenn dieser Begriff satzungsspezifisch ausgelegt wird.

B war auch nicht “Zwischenberechtigter”. Zwischenberechtigter ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über eine dingliche oder schuldrechtliche Rechtszuständigkeit an dem in der Vermögensmasse gebundenen Vermögen und/oder an den durch die Vermögensmasse erzielten Erträgen verfügt.

Nicht zwischenberechtigt ist, wer über keine Rechte an der Vermögensmasse oder Ansprüche gegenüber der Vermögensmasse verfügt. Wer aber kraft Entscheidung eines Dritten eine Zuwendung erhält, ist nicht Rechtsinhaber in diesem Sinne.

Lohnsteuerpauschalierung: Voraussetzung für “zusätzlich” erbrachte Leistung

Eine vertraglich vereinbarte Gehaltsumwandlung schließt die Lohnsteuerpauschalierung nicht aus. An seiner bisherigen Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof damit nicht mehr fest.

Hintergrund

Arbeitgeber A traf im Jahr 2011 mit einigen Arbeitnehmern neue Lohnvereinbarungen. Infolgedessen wurde der bisherige Bruttolohn herabgesetzt und ein Zuschuss für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb sowie für die Internetnutzung vereinbart. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Pauschalversteuerung der Zusatzleistungen eine steuerschädliche Gehaltsumwandlung darstellte. Dieser Meinung folgte das Finanzgericht und wies die gegen den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid erhobene Klage des A ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage des A statt. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Pauschalierung der Zuschüsse (Fahrtkosten: 15 %; Internetnutzung 25 %) setzt voraus, dass die Zuschüsse “zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” gezahlt werden. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs war das der Fall, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukamen, die arbeitsrechtlich geschuldet waren. Der “ohnehin geschuldete Arbeitslohn” war also der Arbeitslohn, auf den ein verbindlicher Rechtsanspruch bestand. Der zusätzlich hierzu geleistete Lohn war somit derjenige, auf den der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich keinen Anspruch hatte und freiwillig vom Arbeitgeber erbracht wurde.

An diesen bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest. Der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ist nun der Arbeitslohn, den der Arbeitgeber verwendungs- bzw. zweckgebunden leistet und den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung ohnehin erhält. Der hinzutretende verwendungsgebundene zusätzliche Lohn ist demgegenüber durch die Pauschalierungsmöglichkeit bzw. die Steuerfreiheit begünstigt, wenn der besondere Verwendungszweck gewahrt wird. Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer auf den Lohnbestandteil arbeitsrechtlich einen Anspruch hat, kommt es nicht mehr an. Insbesondere zwingt der Gesetzeswortlaut nicht zu der Auslegung, der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn dürfe nicht geschuldet sein.

Das Zusätzlichkeitserfordernis ist auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung zu beziehen. Das folgt aus dem Zuflussprinzip als allgemeinem Grundsatz. Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel ist deshalb nicht begünstigungsschädlich.

Davon ausgehend war die von A geltend gemachte Lohnsteuer-Pauschalierung für die geleisteten Zuschüsse anzuerkennen. A gewährte die Lohnzuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn.

Zur Auslegung einer Abfindungsklausel in einer Pensionszusage

Eine Pensionsrückstellung kann nicht anerkannt werden, wenn sich die zugrundeliegende Abfindungsklausel nicht dahingehend auslegen lässt, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende Sterbetafel und der maßgebende Abzinsungssatz ausreichend sicher bestimmt sind.

Hintergrund

Dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH war eine betriebliche Altersversorgung zugesagt. Die Abfindungsklausel wurde im Jahr 1999 u. a. wie folgt geändert: “Die Kapitalabfindung ist unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen. Gilt für diesen Pensionsvertrag im Zeitpunkt einer Abfindung das Betriebsrentengesetz, so sind die im § 3 Betriebsrentengesetz genannten Abfindungsverbote zu beachten.”

Das Finanzamt erkannte die Abfindungsklausel nicht an und löste die von der GmbH zum 31.12.2007 bilanzierte Pensionsrückstellung auf. Es war der Ansicht, dass das Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot nicht erfüllt war, da weder der Abzinsungssatz noch die konkret anzuwendende Sterbetafel benannt waren.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Verweis auf die “Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen” nicht hinreichend konkret war. Pensionszusagen sind anhand der allgemeinen Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht bereits klar und eindeutig feststeht. Erforderlich ist damit, dass sich der Inhalt der Zusage zweifelsfrei feststellen lässt, wobei allenfalls – wie nach allgemeinen Grundsätzen – bei der Auslegung die Wortlautgrenze von ausdrücklich angeführten Regelungsinhalten zu beachten ist.

Hiervon ausgehend lässt sich – entgegen der Auffassung des Finanzgerichts – aus der Versorgungszusage ein Verweis auf die Berechnungs-Maßgaben des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) nicht entnehmen. Als “Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen” lassen sich auch andere Berechnungs-Maßgaben heranziehen, z. B. für den Diskontierungszinssatz sowohl die handelsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen oder die aufsichtsrechtlichen Rechnungsgrundlagen. Damit besteht eine “Unklarheit der Abfindungsoption”.

Verbindlichkeiten: Abzinsungssatz von 5,5 % war 2010 verfassungsgemäß

Für unverzinsliche Verbindlichkeiten beträgt der Abzinsungssatz 5,5 %. Für das Jahr 2010 bestehen dazu keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hintergrund

A errichtete in den Jahren 2010 und 2011 ein Wohn- und Geschäftshaus. Von ihrem Schwager K erhielt sie dafür 240.000 EUR und von einem Bekannten G 260.000 EUR als zinslose Darlehen. Die Darlehensverträge sahen eine Rückzahlung ab Oktober 2030 innerhalb von 15 Jahren in gleichmäßigen Raten vor. A passivierte die Darlehen zum 31.12.2010 vollumfänglich zum Nennbetrag.

Während einer Außenprüfung legten die Vertragspartner eine ab dem 1.1.2012 beginnende Verzinsung von jährlich 2 % fest. Später hoben sie den ursprünglichen Darlehensvertrag auf und vereinbarten rückwirkend ab 2010 eine Darlehensgewährung zu 1 % Zins.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Darlehen betrieblich veranlasst und als unverzinsliche Verbindlichkeiten zum 31.12.2010 abzuzinsen waren. Daraus ergab sich ein Abzinsungsgewinn.

Entscheidung

Für das Darlehen K fehlten Feststellungen, ob im Hinblick auf den Fremdüblichkeitsvergleich bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen eine betriebliche Verbindlichkeit anzuerkennen war. Der Bundesfinanzhof verwies die Sache insoweit an das Finanzgericht zurück.

Für das Darlehen G stand die betriebliche Veranlassung nicht in Frage, da dieses Darlehen bei G als Nicht-Angehörigem keiner Fremdvergleichskontrolle unterlag. Das Darlehen war als unverzinslich anzusehen, da sich die Zusatzvereinbarung über die Verzinsung ab 2012 zu 2 % nicht auf den Bilanzstichtag 31.12.2010 auswirkte und der nachträglichen Neufassung des Darlehensvertrags mit der Verzinsung zu 1 % ab 2010 steuerlich keine Rückwirkung zukam.

Das Darlehen G stellte somit eine unverzinsliche Verbindlichkeit dar, sodass die Voraussetzungen der Abzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % gegeben waren.

Die Einwendungen gegen die Höhe des Zinssatzes von 5,5 % wies der Bundesfinanzhof für das Jahr 2010 zurück. Insbesondere war seiner Ansicht nach der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt. Das Abzinsungsgebot war sachlich gerechtfertigt. Es berücksichtigte, dass unverzinsliche Verbindlichkeiten bei längerer Laufzeit wirtschaftlich weniger belastend sind als marktüblich verzinsliche. Auch lassen sich durch die Vereinbarung einer nur sehr geringen Verzinsung die Rechtswirkungen des Abzinsungsgebots ausschalten.

Die Einwendungen gegen die Zinssatzhöhe im Hinblick auf die derzeitige Niedrigzinsphase greifen nicht für das Jahr 2010. Der Fremdkapitalmarktzinssatz lag im Dezember 2010 wenig unter 4 % (3,81 % bis 3,86 %). Das Verbot der Übermaßbesteuerung war dadurch nicht berührt. Das Abzinsungsgebot erreichte keine Belastungsobergrenze, die die Eigentumsfreiheit verletzt hätte. Im Übrigen stand der Gewinnerhöhung die aufwandswirksame Aufstockung des Darlehens in den Folgejahren gegenüber, sodass die steuerliche Belastung im Abzinsungsjahr über die Darlehenslaufzeit voll kompensiert wurde.

Kindergeld bei krankheitsbedingtem Abbruch der Ausbildung

Eltern haben auch dann Anspruch auf Kindergeld für ihr volljähriges Kind, wenn dieses sich krankheitsbedingt nicht um einen Ausbildungsplatz bemühen kann.

Hintergrund

Die Familienkasse gewährte für die Tochter der Klägerin Kindergeld, da diese einen Realschulabschluss im Rahmen eines Fernlehrgangs absolvieren wollte. Im November 2017 teilte die Klägerin der Familienkassen mit, dass die Tochter den Fernlehrgang wegen Krankheit abbrechen musste. Dazu legte sie eine Bescheinigung der Klinik vor, wonach bei der Tochter eine schwere psychische Erkrankung gegeben war. Den Lehrgang hatte die Tochter bereits zu Ende Februar 2017 gekündigt. Die Familienkasse hob deshalb die Festsetzung des Kindergelds auf. Die Klägerin machte geltend, dass die Tochter krankheitsbedingt ihre Ausbildung abgebrochen hatte. Im Jahr 2017 war es ihr auch nicht möglich gewesen, eine Ausbildung zu beginnen. Die Tochter beabsichtigte, zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder eine Ausbildung zu beginnen.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Familienkasse das Kindergeld zu Unrecht zurückgefordert hat. Denn die Berücksichtigung eines Kindes ist auch dann möglich, wenn das Kind infolge einer Erkrankung daran gehindert ist, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen. Die Voraussetzungen, wonach ein Kind berücksichtigt wird, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann, waren im vorliegenden Fall erfüllt.

Erforderlich ist nach der Rechtsprechung, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Daneben verlangt die gesetzliche Regelung, dass das Kind ausbildungswillig ist. Ausbildungswillig in diesem Sinne sind Kinder, wenn sie für den frühestmöglichen Zeitpunkt eine Berufsausbildung anstreben. Bis zu ihrer Erkrankung war die Tochter der Klägerin nach Ansicht der Richter “in Ausbildung”, also ausbildungswillig. Darüber hinaus zeigte ihre Erklärung auch ihre fortbestehende Ausbildungswilligkeit.

Grundbesitzverwaltende Kapitalgesellschaft: Wann kommt eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags in Betracht?

Vermietet eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind, ist keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags möglich.

Hintergrund

Die X-GmbH vermietete u. a. eine Hotelimmobilie, und zwar einschließlich Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlage. Wegen dieser mitvermieteten Betriebsvorrichtungen versagte das Finanzamt die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags. Stattdessen gewährte es lediglich die Kürzung mit 1,2 % des Einheitswerts der zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Seiner Ansicht nach fehlte es an der Ausschließlichkeit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes.

Entscheidung

Grundsätzlich wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, können jedoch stattdessen auf Antrag die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die X-GmbH erzielte neben den Erträgen aus Vermögensverwaltung aufgrund der mitvermieteten Gegenstände auch Erträge, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind. Nicht zum Grundvermögen gehören Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen sind demnach Betriebsvorrichtungen. Der Betriebsvorgang der Bewirtung wäre ohne diese Vorrichtungen nicht durchführbar. Durch das Erfordernis der Ausschließlichkeit ist die erweiterte Kürzung 2-fach begrenzt: Zum einen ist die unternehmerische Tätigkeit gegenständlich begrenzt (ausschließlich auf eigenen Grundbesitz oder daneben auch auf eigenes Kapitalvermögen), zum anderen sind Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit begrenzt (ausschließlich Verwaltung und Nutzung des Vermögens). Nebentätigkeiten liegen innerhalb des von diesem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind nicht kürzungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können. Dazu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter und notwendiger Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen usw. Eine darüber hinausgehende Mitvermietung von (nicht fest mit dem Grundstück verbundenen) Betriebsvorrichtungen schließt die Kürzung dagegen regelmäßig aus. Im vorliegenden Fall fehlte es an einer zwingenden Notwendigkeit für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksnutzung. Für die Hotelvermietung war die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen nicht zwingend notwendig. Auch waren die Gegenstände nicht aufgrund der Eigenart der Nutzung durch den Mieter Betriebsvorrichtungen, sondern wurden von Seiten der X-GmbH auf die Erfordernisse des Hotelbetriebs zugeschnitten. Eine Geringfügigkeitsgrenze, nach der die Überlassung von Betriebsvorrichtungen der erweiterten Kürzung nicht entgegensteht, wenn die Betriebsvorrichtungen gegenüber dem Grundvermögen von geringem Wert sind oder auf sie nur ein geringer Teil der Miete oder Pacht entfällt, lehnte der Bundesfinanzhof ab. Dem stand der Gesetzeswortlaut mit dem strengen Ausschließlichkeitsgebotes entgegen.

Pensionszahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter können verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen

Erhält ein beherrschender GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich zu seinem laufenden Gehalt zugesagte Pensionszahlungen, führt dies nicht zwingend zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Hintergrund

A war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die ihm eine Altersversorgung zusagte. Als A im Jahr 2010 das vereinbarte 65. Lebensjahr erreicht hatte, schied er als Geschäftsführer aus und erhielt fortan Pensionszahlungen. Im Jahr 2011 wurde die neue Geschäftsführerin wieder abberufen und A erneut als Geschäftsführer bestellt. Aufgrund des neuen Anstellungsvertrags erhielt er neben seiner Pension laufende Geschäftsführerbezüge. Das Finanzamt wertete die Pensionszahlungen wegen der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung.

Entscheidung

Das Finanzgericht sah die Klage als begründet an. Eine Pensionszahlung an einen beherrschenden GmbH-Gesellschafter, der zugleich als Geschäftsführer tätig ist und hierfür ein Gehalt bezieht, führt zwar grundsätzlich nach der ständigen Rechtsprechung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Doch im vorliegenden Fall war die Wiedereinstellung des Gesellschafters bei Beginn der Pensionszahlung nicht beabsichtigt gewesen. Die erneute Geschäftsführertätigkeit erfolgte allein im Interesse der Gesellschaft. Auch war das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt nicht als vollwertiges Gehalt anzusehen. Die gleichzeitige Zahlung des Geschäftsführergehaltes und der Pension war deshalb nach Ansicht des Gerichts nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten.

Weitere Argumente des Finanzgerichts: Der neue Anstellungsvertrag berührte die frühere Pensionszusage nicht, denn die Voraussetzungen für die Pensionszahlungen waren bereits vor Abschluss des neuen Anstellungsvertrages erfüllt.

Niedrigpreissegment Teil 1: Anforderungen an die Rechnung

Die bloße Angabe einer Gattung in der Rechnung stellt keine handelsübliche Bezeichnung dar. Sie genügt deshalb nicht den Anforderungen an eine zutreffende Leistungsbeschreibung.

Hintergrund

Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen verschiedener Lieferanten für Textillieferungen. Die strittigen Rechnungen enthielten zur Bezeichnung des jeweiligen Liefergegenstandes allgemeine Angaben wie Blusen, Rock, Damenrock, Twinset, Hose und ähnliches. Nach einer Prüfung gelangte das Finanzamt zu der Überzeugung, dass die Rechnungen zum Teil weitere formelle Mängel enthielten, z. B. die fehlende Angabe eines Lieferdatums oder Abweichungen in der Firmenanschrift bzw. die teilweise fehlende Übereinstimmung von Rechnungsausstellern und tatsächlichen Lieferanten.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab und entschied, dass die Rechnungen keine ausreichende Leistungsbeschreibung aufwiesen. Gemäß den unionsrechtskonformen Anforderungen an Rechnungen muss die eindeutige Identifizierung der Leistung möglich sein. Danach genügt die Angabe einer bloßen Gattung nicht, auch wenn es sich um Waren im Niedrigpreissegment handelt. Die Angabe einer abstrakten Warenbezeichnung ist handelsunüblich und begründet zudem die Gefahr der Doppelabrechnung. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergab sich aus Sicht des Finanzgerichts nichts anderes. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass es für den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung zur Identifizierung einer Leistung nicht ausreicht, wenn hochpreisige Uhren und Armbänder mit bloßen Gattungsbezeichnungen „Uhren“ und „Armbänder“ abgerechnet werden. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Handel mit Waren im Niedrigpreissegment grundsätzlich geringere Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind und bloße Gattungsbezeichnungen ausreichen. Außerdem fehlten im vorliegenden Fall sonstige Belege, sodass nicht festgestellt werden konnte, welche Waren konkret geliefert wurden.