Keine Berücksichtigung des aufgrund der Ausschlussfrist nicht ausgezahlten Kindergelds

Wird das Kindergeld wegen der 6-monatigen Ausschlussfrist nicht ausgezahlt, erfolgt auch keine Hinzurechnung im Rahmen der Günstigerprüfung. Das nicht ausgezahlte Kindergeld ist vielmehr nur in Höhe von 0 EUR zu berücksichtigen.

Hintergrund

Die Kläger sind die Eltern des volljährigen Sohnes S, der im Jahr 2017 ein Studium absolvierte und damit für das gesamte Kalenderjahr die kindergeldrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllte.

Am 23.5.2018 beantragte der Vater V rückwirkend ab Januar 2017 Kindergeld für S. Die Familienkasse setzte mit Bescheid vom 2.7.2018 unter Hinweis auf die 6-monatige Ausschlussfrist jedoch nur Kindergeld ab November 2017 fest und zahlte entsprechend auch nur das Kindergeld für November und Dezember 2017 in Höhe von 384 EUR an V aus.

In ihrer Einkommensteuer-Erklärung für 2017 beantragten die Eheleute, den Kindergeldanspruch nur in Höhe von 384 EUR zu berücksichtigen. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern berücksichtigte im Einkommensteuer-Bescheid die kindbedingten Freibeträge in Höhe von 7.356 EUR und rechnete den vollen Kindergeldanspruch in Höhe von 2.304 EUR der tariflichen Einkommensteuer hinzu.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und setzte die Einkommensteuer auf den Betrag herab, der sich bei einer Hinzurechnung des Kindergeldanspruchs von nur 384 EUR ergab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und entschied, dass ein aufgrund der Ausschlussfrist ausgeschlossener Kindergeldanspruch bei der Günstigerprüfung in Höhe von 0 EUR zu berücksichtigen ist.

Zwar ist auch in den Fällen der Ausschlussfrist bei der Günstigerprüfung dem Grunde nach auf den Kindergeldanspruch und nicht auf das gezahlte Kindergeld abzustellen. Für die Höhe des anzusetzenden Anspruchs ist jedoch bei verfassungskonformer Auslegung die materiell-rechtliche Wirkung der Ausschlussfrist zu berücksichtigen und ein derart ausgeschlossener Kindergeldanspruch bei der Vergleichsrechnung und bei der Hinzurechnung nur in Höhe von 0 EUR anzusetzen.

Auch wenn nach dem Gesetzeswortlaut auf den „Anspruch auf Kindergeld“ abzustellen ist, gebieten es Sinn und Zweck der Regelung, den durch Frist ausgeschlossenen Kindergeldanspruch mit 0 EUR zu berücksichtigen. Der mit der Norm verfolgte Vereinfachungszweck stellt ein strukturelles – dem Gesetzgeber zuzurechnendes – Hindernis bei der Durchsetzung des Anspruchs dar, wenn der Anspruch innerhalb des 6-monatigen Zeitraums geltend gemacht werden muss. Daher erfordert es das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums, dass durch die Ausschlussfrist betroffene Kindergeldansprüche mit 0 EUR berücksichtigt werden, wenn sich bei der Einkommensteuer-Festsetzung herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der kindbedingten Freibeträge vorliegen.

Hinzuerwerb einer angrenzenden Doppelhaushälfte: Gilt die Steuerbefreiung für ein Familienheim?

Der Erwerb einer Wohnung von Todes wegen kann steuerbegünstigt sein. Aber gilt diese Steuerbegünstigung für ein Familienheim auch für eine Wohnung, die an die selbst genutzte Wohnung des Steuerpflichtigen angrenzt? Ja, und zwar dann, wenn die hinzuerworbene Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt ist.

Hintergrund

A ist Alleinerbe seines im Oktober 2013 verstorbenen Vaters V. Zum Nachlass gehörte eine von V bis zu seinem Tod selbst genutzte Doppelhaushälfte. A bewohnt die hieran direkt angrenzende andere Doppelhaushälfte.

Nachdem A Renovierungs- und Sanierungsarbeiten durchgeführt hatte, nutzte er ab August 2016 die verbundenen Doppelhaushälften selbst als eine einheitliche Wohnung.

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten für den Erwerb der Doppelhaushälfte des V die Steuerbefreiung für ein Familienheim ab. Ihrer Ansicht nach fehlte es an der unverzüglichen Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken.

Entscheidung

Die Absicht des Erwerbers zur Selbstnutzung lässt sich als eine innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände feststellen. Der Erwerber muss tatsächlich in die Wohnung einziehen. Der Begriff des Familienheims erfordert zudem, dass der Erwerber dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Dafür bedarf es einer Nutzung zu eigentlichen Wohnzwecken. Die Nutzung für gelegentliche Aufenthalte oder als Lagerraum genügt nicht.

Der Erwerber muss die Wohnung „unverzüglich“, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Erwerber i. d. R. prüfen, ob er einziehen will, entsprechende Renovierungsarbeiten vornehmen und den Umzug durchführen. Nach Ablauf dieser Frist kann eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung nur vorliegen, wenn der Erwerber darlegt, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände im Einflussbereich des Erwerbers, die nach Ablauf des 6-Monatszeitraums zu einer Verzögerung führen (wie z. B. eine Renovierung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten.

Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber auch dann nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, z. B. wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen können oder weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss. Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der Wohnung.

Das Finanzgericht ging davon aus, dass die Steuerbefreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil A nicht alles technisch Denkbare (Einsatz von Trocknungsgeräten) unternommen hat, um so schnell wie möglich in die Selbstnutzung einzutreten. Dieser Maßstab ist zu streng. Vom Erwerber kann lediglich der Aufwand gefordert werden, der nach der Verkehrsanschauung als angemessene Förderung des Baufortschritts zu qualifizieren ist. Das Finanzgericht hat die Verhältnisse des Streitfalls nach diesem Kriterium erneut zu würdigen.

Ausländische Betriebsstätten: Regelungen durch DBA und Außensteuergesetz sind zu beachten

Für den Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nach § 20 Abs. 2 AStG bedarf es einer sich originär aus dem DBA ergebenden Freistellung. Sieht ein DBA eigene Aktivitätsklauseln für Betriebsstätteneinkünfte vor, greift § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG nicht.

Hintergrund

Die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige A GmbH wurde in Russland und Rumänien über angemietete oder zur Nutzung überlassene Geschäftsräume unter Einsatz von eigenem Personal, dazu gehörte auch der zu 95 % beteiligte Anteilseigner, tätig. Die A GmbH erklärte zu den Betriebsstätten jeweils nach DBA steuerfreie Einkünfte, was sich nach Ansicht der GmbH aus § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG ergab. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Einkünfte nach der Anrechnungsmethode zu erfassen sind. Denn die Anrechnungsmethode ergab sich aus den jeweiligen DBA und nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG, sodass die Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG nicht greifen kann.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab und entschied, dass das Finanzamt zu Recht das Anrechnungsverfahren angewendet hat, auch wenn die jeweiligen DBA für ausländische Betriebsstätteneinkünfte grundsätzlich die Freistellungsmethode vorsehen. Beide DBA bestimmen aber als Ausnahme von diesem Grundsatz, dass gewerbliche Einkünfte nur dann in Deutschland freigestellt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Betriebsstätte ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten bezieht, die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallen.

Diese Voraussetzungen liegen jedoch in beiden Fällen nicht vor: Unter § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG fallen Dienstleistungen, soweit sich die ausländische Betriebsstätte nicht für die Dienstleistung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen bedient, der an ihr beteiligt ist. Hier war jedoch der zu 95 % beteiligte Anteilseigner tätig geworden. Darüber hinaus bedarf es für den Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode einer sich originär aus dem maßgebenden DBA ergebenden Freistellung. Sieht ein DBA dagegen eigene Aktivitätsklauseln für Betriebsstätteneinkünfte vor, geht § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG ins Leere.

Keine Durchschnittssatzbesteuerung bei Überschreitung der erlaubten Tierbestände

Bei Überschreiten der Vieheinheiten-Obergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe wird die Regelbesteuerung und nicht mehr die Besteuerung nach Durchschnittssätzen angewendet. Diese Obergrenze ist einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln.

Hintergrund

X ist Schweinemäster. Neben der bisher von ihm betriebenen Schweinemast pachtete er im Jahr 2007 einen benachbarten Mastbetrieb hinzu.

Das Finanzamt behandelte die beiden Betriebe als einheitlichen Betrieb. Aufgrund der Pacht des Nachbarbetriebs lag ein sofortiger Strukturwandel von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem Gewerbebetrieb vor, da der Tierbestand die zulässigen Vieheinheiten überstieg. Die Umsätze des einheitlichen gewerblichen Mastbetriebs unterlagen damit nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern der Regelbesteuerung. Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.

Entscheidung

Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Umsätze des X aus seinen beiden Tierhaltungsbetrieben nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen, sondern der Regelbesteuerung unterlagen.

Als Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung gelten „Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung“. Der Begriff der Landwirtschaft ist im Bereich der Tierzucht und Tierhaltung an die eigenbewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen gebunden, die die Futtergrundlage für das gehaltene Vieh bereithalten können. Tierzucht und Tierhaltung sind nur in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung begünstigt. Vorgesehen ist darüber hinaus eine degressive Festsetzung von Vieheinheiten im Verhältnis zur Ackerfläche.

Bei der Ermittlung der Vieheinheiten-Obergrenze sind alle Betriebe eines Landwirts zusammenzufassen. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln, wenn der Unternehmer auch andere Umsätze ausführt. Dies soll die Abgrenzung der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber gewerblichen und anderen Betrieben ermöglichen. § 24 Abs. 3 UStG wäre zudem überflüssig, wenn jeder land- und forstwirtschaftliche Betrieb ohnehin gesondert zu betrachten wäre.

Außerdem folgt aus § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass mit den „im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätzen“ alle Umsätze gemeint sind, die ein Unternehmer aus der Landwirtschaft erzielt, unabhängig davon, wie viele Teilbetriebe er ertragsteuerrechtlich hat. Es wäre widersprüchlich, innerhalb derselben Regelung für die Option zur Regelbesteuerung auf alle landwirtschaftlichen Umsätze, also auf die Umsätze aller landwirtschaftlichen Betriebe abzustellen, für Zwecke der Vieheinheiten-Obergrenze aber die einzelnen Betriebe als Maßstab heranzuziehen.

Würde man auf eine Zusammenrechnung aller Betriebe eines Landwirtes verzichten, könnten industrielle Großbetriebe durch eine Aufteilung in eine Vielzahl von Betrieben unterhalb der Vieheinheiten-Obergrenze die landwirtschaftliche Sonderregelung nutzen. Industrielle Großbetriebe sollen aber nicht von der landwirtschaftlichen Sonderregelung profitieren können.

Überlassen eines Mandantenstamms an eine GmbH: Nutzungsüberlassung oder verdeckte Einlage?

Wird ein Mandantenstamm an eine Kapitalgesellschaft überlassen, muss dies steuerlich eingeordnet werden. In Betracht kommt eine bloße Nutzungsüberlassung, aber auch eine verdeckte Einlage ist möglich.

Hintergrund

Der Gesellschafter einer GmbH überließ dieser einen Mandantenstamm aus seiner bisherigen selbstständigen Tätigkeit. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Übergang der Mandate keine bloße Nutzungsüberlassung darstelle, sondern eine verdeckte Einlage in die GmbH.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Verdeckte Einlagen sind – im Gegensatz zu offenen Einlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – Zuwendungen einlagefähiger Vermögensvorteile seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahestehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Der Mandantenstamm kann daher als bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut Gegenstand einer verdeckten Einlage sein.

Voraussetzung für einen einlagefähigen Vermögensvorteil ist jedoch, dass Gegenstand einer Einlage ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut ist. Als verdeckte Einlagen sind demnach nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens mehren. Maßgebend ist das Bilanzrecht. Entscheidend ist, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen.

Im vorliegenden Fall mangelte es an einer für die Annahme einer Einlage erforderlichen endgültigen Übertragung des Mandantenstamms und damit an einer durch Ansatz eines Aktivpostens in der Bilanz herbeigeführten Vermögensmehrung bei der GmbH. Denn hierfür wäre die Übertragung des zivilrechtlichen oder jedenfalls des wirtschaftlichen Eigentums an dem Mandantenstamm erforderlich gewesen. Hier lagen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor.

Die Vereinbarung über die Überlassung des Mandantenstamms ordnete das Finanzgericht zivilrechtlich als Pachtverhältnis ein.

 

Spende wertvoller Kunstwerke an eine Stiftung: Liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor?

Im Verhältnis zu einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft kann eine gemeinnützige Stiftung eine nahestehende Person sein. Bei den Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die Stiftung kann es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handeln.

Hintergrund

Am Stammkapital der X-GmbH waren die Eheleute B und C (neben einem Dritten) beteiligt. Im Jahr 2009 gründeten B und C als einzige Stifter eine gemeinnützige Stiftung. Deren Zweck, die Förderung von Kunst und Kultur, sollte u. a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den B und C eingebrachte Kunstsammlung gepflegt und als Dauerleihgabe einer Galerie bzw. einem Museum zur Verfügung gestellt wird.

Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist D. Weitere Vorstandsmitglieder sind die Eheleute B und C sowie die Vertreter der Museen.

Seit 2009 spendeten B und C wertvolle Kunstwerke an die Stiftung und machten diese Spenden bei ihrer Einkommensteuer-Veranlagung als Sonderausgaben geltend.

Die GmbH spendete ebenfalls Kunstwerke an die Stiftung und machte diese Sachspenden im Rahmen ihrer Körperschaftsteuer-Erklärung geltend.

Das Finanzamt beurteilte diese Sachspenden der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen an die Eheleute und setzte für das Jahr 2012 entsprechend Körperschaftsteuer fest. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage der GmbH ab und entschied, dass die Stiftung eine den Gesellschaftern (Eheleuten) nahestehende Person ist.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Sachspenden der GmbH an die Stiftung verdeckte Gewinnausschüttungen und deshalb nicht steuermindernd abziehbar sind.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch dann vorliegen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Ein entsprechendes Näheverhältnis wird bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.

Diese Maßstäbe gelten auch für Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) einer Kapitalgesellschaft an eine gemeinnützige Organisation. Eine Spende ist jedenfalls dann als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist.

Ein zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führendes Näheverhältnis kann auch zu einer gemeinnützigen Stiftung bestehen. Dabei ist ein Näheverhältnis nicht erst dann zu bejahen, wenn die Stiftung (auch) die Unterstützung der Gesellschafter der zuwendenden Gesellschaft bezweckt. Entscheidend ist vielmehr auch hier, ob die Gesellschaft den Vorteil ebenso einem fremden Dritten zugewendet hätte. Im Übrigen ist eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung, das Gemeinnützigkeitsrecht oder die staatliche Aufsicht gebunden ist.

Im vorliegenden Fall ist auch die sog. Vorteilseignung gegeben. Entscheidend ist, dass den Eheleuten B und C als Gesellschaftern durch die Zuwendung der GmbH an die Stiftung ein Vorteil verschafft wurde. Der Vorteil besteht darin, dass die Stiftung die gewünschte (zusätzliche) Förderung erhielt, ohne dass B oder C selbst dafür Mittel aufwenden mussten. Im Verhältnis zu Dritten reicht es aus, wenn ein entsprechender Vorteil bei der nahestehenden Person eintritt, der auf Grund des Näheverhältnisses dem Gesellschafter zuzurechnen ist. Davon ist bereits dann auszugehen, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das liegt hier vor, unabhängig davon, ob die Stiftung wirtschaftliches Eigentum erlangt hat. Denn, indem die GmbH der Stiftung die Kunstwerke zugewendet hat, und diese die Werke dann zur Verwirklichung ihrer Satzungszwecke für eine Dauerleihgabe verwendet hat, wurde die Stiftung jedenfalls in die Lage versetzt, ihrem Satzungszweck nachzugehen.

Liquidation einer GmbH: Laufender Zivilprozess steht Löschung entgegen

Solange eine in Liquidation befindliche GmbH Partei eines Rechtsstreits ist, kann die Abwicklung noch nicht beendet werden.

Hintergrund

Das Liquidationsverfahren einer GmbH, also deren Abwicklung, war bereits weitgehend abgeschlossen. Obwohl die GmbH noch Beklagte und Widerklägerin in einem Klageverfahren vor dem Landgericht war, wurde die Löschung der GmbH aus dem Handelsregister wegen Beendigung des Liquidationsverfahrens beantragt. Das Registergericht lehnte dies mit der Begründung ab, dass der anhängige Passivprozess der Löschung entgegenstand und bis zur Beendigung des Rechtsstreits die Löschung zurückgestellt werden musste. Dagegen erhob die GmbH Beschwerde.

Entscheidung

Das Kammergericht entschied, dass die Löschung einer GmbH aus dem Handelsregister im Rahmen eines Liquidationsverfahrens nicht in Betracht kommt, wenn noch Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Das ist auch dann der Fall, wenn die Gesellschaft noch Verfahrensbeteiligte in einem Passivprozess ist.

Solange eine in Liquidation befindliche Gesellschaft noch Partei eines Rechtsstreits ist, ist die Abwicklung der Gesellschaft noch nicht beendet. Das gilt vor allem dann, wenn die Gesellschaft selbst (Wider-)Klägerin ist. Dann hat sie in Form des eingeklagten Anspruchs ggf. sogar Vermögen, das zur Erfüllung von Verbindlichkeiten bzw. zur Verteilung an die Gesellschafter zu verwenden ist, um die Liquidation abzuschließen.

Darüber hinaus steht aber auch eine Beteiligung an einem Gerichtsverfahren als Beklagte wegen des fortbestehenden Abwicklungsbedarf dem Abschluss der Liquidation entgegen. Erst muss das Gerichtsverfahren beendet sein, bevor der Abschluss des Liquidationsverfahrens beim Handelsregister angemeldet werden kann.

Aufspaltung einer Organgesellschaft: Wem ist der Übertragungsgewinn zuzurechnen?

Fällt bei der Aufspaltung einer Organgesellschaft ein Übertragungsgewinn an, ist dieser Teil des der Organträgerin zuzurechnenden Einkommens.

Hintergrund

Die A-GmbH betrieb im Jahr 2008 mehrere Einzelhandelsfilialen. Alleingesellschafterin der A-GmbH war die B-GmbH. Konzernobergesellschaft war die O-GmbH im Rahmen des C-Konzerns. Zwischen der B-GmbH und der A-GmbH bestand 2008 sowohl ein körperschaftsteuerrechtliches als auch ein gewerbesteuerrechtliches Organschaftsverhältnis, ebenso wie zwischen der B-GmbH und der O-GmbH.

Im Jahr 2009 wurde die B-GmbH mit Rückwirkung zum 31.12.2008 zur Übernahme auf mehrere Nachfolge-GmbHs aufgespalten. Eine dieser Nachfolge-GmbHs ist die N-GmbH, die die Verwaltungsaufgaben (Zentralfunktionen) für alle Nachfolge-GmbHs wahrnimmt. Alleingesellschafterin aller Nachfolge-GmbHs war fortan die B-GmbH.

Die B-GmbH schloss mit den meisten Nachfolge-GmbHs der A-GmbH Ergebnisabführungsverträge für die Dauer von mindestens 5 Jahren ab.

Im Anschluss an die Aufspaltung wurden die Anteile an einem Teil der Nachfolge-GmbHs überwiegend an selbstständige Einzelhändler des C-Verbunds veräußert. Diese GmbHs verkörpern insgesamt weniger als 20 % des ursprünglichen Vermögens der A-GmbH.

Das Finanzamt ging davon aus, dass wegen der anschließenden Veräußerung eines maßgeblichen Teils der Gesellschaftsanteile an den Nachfolge-GmbHs die beantragte Buchwertfortführung nicht möglich war. Es erließ gegenüber allen Nachfolge-GmbHs gleichlautende Gewerbesteuer-Messbescheide.

Der dagegen von der N-GmbH erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Da die 20 %-Grenze nicht überschritten war, war die Buchwertfortführung möglich gewesen. Im Übrigen wäre ein Übertragungsgewinn nicht von den Nachfolge-GmbHs, sondern von der O-GmbH als (über die B-GmbH) mittelbare Organträgerin zu versteuern.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und entschied, dass der Übertragungsgewinn von der Organträgerin zu versteuern ist.

Die Finanzverwaltung und Teile der Literatur gehen davon aus, dass bei Verschmelzung oder Aufspaltung ein steuerrechtlicher Übertragungsgewinn von der Organgesellschaft selbst zu versteuern ist. Die Organgesellschaft hatte einen Liquidationsgewinn selbst zu versteuern, weil sie keine Erwerbstätigkeit mehr ausübe.

Dem wird in der überwiegenden Literatur entgegengehalten, dass der umwandlungssteuerrechtliche Übertragungsgewinn gerade nicht nach einer Zweckänderung der Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft entsteht. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass ein Übertragungsergebnis handelsrechtlich abzuführen ist. Dies ist nach Verschmelzung oder Aufspaltung der Fall, weil der Übertragungsgewinn in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der Gewinnabführungsvertrag letztmalig abgerechnet wird. Deshalb ist steuerrechtlich eine Zurechnung an den Organträger vorzunehmen.

Der Bundesfinanzhof schließt sich der überwiegend vertretenen Literatur-Auffassung an. Der Ergebnisabführungsvertrag endet im Fall der Aufspaltung der Organgesellschaft handelsrechtlich erst mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister, sodass ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft aus einem über dem Buchwert liegenden Wertansatz der Gewinnabführungsverpflichtung nach dem Ergebnisabführungsvertrag unterliegt. Steuerrechtlich endet der Ergebnisabführungsvertrag mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, welcher dem Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz entspricht. Wegen der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz ist folglich ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft dem Organträger in vollem Umfang steuerrechtlich zuzurechnen.

Anteilstausch: Veräußerungsverlust oder Gestaltungsmissbrauch?

Tauschen Mitgeschäftsführer ihre Anteile an einer GmbH, stellt sich die Frage, ob ein dabei entstehender Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist oder es sich um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung handelt, wenn der Kaufpreis weit unter dem ermittelten Wert liegt.

Hintergrund

Der Kläger und sein Mitgeschäftsführer waren je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt und verkauften im Jahr 2017 wechselseitig ihre Anteile. Der Veräußerungspreis sollte 12.500 EUR betragen, während die Anschaffungskosten bei 500.000 EUR lagen. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung 2017 einen Verlust aus dem Verkauf geltend, deren Ansatz das Finanzamt jedoch ablehnte. Es war der Ansicht, dass hier ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorlag. Es ermittelte den Wert der Anteile nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren mit 1.494.845 EUR. Dagegen richtet sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der geltend gemachte Veräußerungsverlust nicht anzusetzen war, da die von den Parteien gewählte, zivilrechtliche Gestaltung zu einem nicht vorgesehenen Steuervorteil kommt, da der Verkaufspreis der Geschäftsanteile erheblich unter ihrem Wert lag. Zwar stellen wechselseitige Veräußerungen von Geschäftsanteilen für sich genommen keinen Gestaltungsmissbrauch dar, jedoch erfolgte hier die Veräußerung der Geschäftsanteile zu einem Preis weit unter dem gemeinen Wert.

Zu Teilwertabschreibungen auf unbesicherte Konzerndarlehen

§ 1 AStG verlangt keine Gewinnverlagerung ins Ausland. Es genügt, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat bei fremdunüblichen Bedingungen eine Einkünftekorrektur vornimmt.

 

Hintergrund

Die A, eine inländische Kapitalgesellschaft, war an in- und ausländischen Gesellschaften beteiligt. Die A und mit ihr verbundene Organgesellschaften gewährte verschiedenen nachgeordneten, in Frankreich und den USA ansässigen Gesellschaften unbesicherte Darlehen. Diese Darlehen schrieb A gewinnmindernd ab.

Außerdem übertrug die A Wirtschaftsgüter zu Buchwerten auf eine maltesische Tochterkapitalgesellschaft und brachte die Anteile an dieser Gesellschaft ebenfalls zu Buchwerten im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine weitere in Malta ansässige Kapitalgesellschaft ein.

Das Finanzamt rechnete die Gewinnminderungen aufgrund der Teilwertabschreibungen außerbilanziell wieder hinzu und erhöhte den Bilanzansatz für die übertragenen Wirtschaftsgüter. Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof verwies die Sache zurück an das Finanzgericht. Die Teilwertabschreibungen der Darlehen und der Buchwertansatz der auf die maltesische Tochtergesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter sind außerbilanziell zu korrigieren.

A machte gegen die Gewinnkorrektur geltend, dass die Wertminderung der Darlehen nicht zu einer Gewinnverlagerung ins Ausland führt, da ihr keine korrespondierende Gewinnerhöhung bei den ausländischen Tochtergesellschaften gegenüber steht. Dem widerspricht der Bundesfinanzhof. Denn § 1 AStG verlangt keine Gewinnverlagerung ins Ausland. Es genügt, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat bei fremdunüblichen Bedingungen eine Einkünftekorrektur vornimmt (unabhängig von einem rechtsgeschäftlichen Verzicht auf die uneinbringliche Forderung).

 

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist für die gewinnmindernde Forderungsausbuchung nicht auf die Zahlungsunfähigkeit der ausländischen Tochtergesellschaften, sondern vorrangig auf den Sicherungsverzicht abzustellen. Durch diesen Verzicht hat A ihren Rückzahlungsanspruch an die wirtschaftliche Entwicklung der Tochtergesellschaften geknüpft. Eine solche „Vermischung der Vermögensrisiken“ wäre im Falle der Einräumung werthaltiger Sicherungsrechte nicht eingetreten.

Die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG wird durch die DBA USA bzw. Frankreich nicht ausgeschlossen. Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur Sperrwirkung der dem Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk nachgebildeten abkommensrechtlichen Vorschriften inzwischen aufgegeben. Das Tatbestandsmerkmal der „vereinbarten Bedingungen“ im Falle der Darlehensgewährung ist nicht allein auf den vereinbarten Zinssatz (im Sinne einer Preiskorrektur) beschränkt. Der Fremdvergleichsgrundsatz gestattet vielmehr (allgemein) eine Einkünftekorrektur bei fremdunüblichen Vereinbarungen oder Bedingungen.

Die Prüfung anhand des Fremdvergleichs ist bei verbundenen Gesellschaften nicht bereits aufgrund des sog. Rückhalts im Konzern entbehrlich. Der „Konzernrückhalt“ beschreibt lediglich den Rahmen der Unternehmensverflechtung und die Üblichkeit, innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Fremden abzusichern. Eine fremdübliche (werthaltige) Besicherung des Rückzahlungsanspruchs (Einstandsverpflichtung) kann allein in den Einflussnahmemöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters auf den Darlehensnehmer nicht gesehen werden. Die Fremdüblichkeit hängt damit davon ab, ob auch ein fremder Dritter das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte. Entsprechend darf das Fehlen einer einzelnen „Bedingung“, hier die fehlende Besicherung, nicht unmittelbar dazu führen, dass eine hierdurch veranlasste Einkünfteminderung unter § 1 AStG fällt.

Geschäftsbeziehung ist jede schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist. Entscheidend ist daher, ob der Übertragung der Wirtschaftsgüter von A auf die maltesische Tochtergesellschaft eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt. Dazu ist das für die maltesische Tochtergesellschaft geltende maltesische Recht heranzuziehen. Das Finanzgericht hat jedoch zur Änderung der materiellen Gesellschafterstellung der Tochtergesellschaft keine Feststellungen getroffen.