Wie bei Kleinunternehmern der Gesamtumsatz bei der Differenzbesteuerung ermittelt wird

Unternehmer können die Kleinunternehmerregelung nur in Anspruch nehmen, wenn der Gesamtumsatz eine bestimmte Grenze nicht übersteigt. Fraglich war bisher, wie dieser Umsatz zu berechnen ist, wenn der Unternehmer die sog. Differenzbesteuerung anwendet. Der Europäische Gerichtshof hat das jetzt geklärt.

Hintergrund

Der Kläger führte steuerbare, der Differenzbesteuerung unterliegende Umsätze im Rahmen eines Gebrauchtwagenhandels aus. Die in den Jahren 2009 und 2010 erzielten Umsätze betrugen bei einer Berechnung nach vereinnahmten Entgelten 27.358 EUR bzw. 25.115 EUR. Die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Umsätze ermittelte der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und 2010 nach dem Differenzbetrag (Handelsspanne) mit 17.328 EUR und 17.470 EUR. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer war.

Für das Jahr 2009 stellte die Finanzverwaltung in den Umsatzsteuerrichtlinien hinsichtlich der Ermittlung des für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Gesamtumsatzes in Fällen der Differenzbesteuerung ebenfalls auf die Handelsspanne ab. Seit dem Jahr 2010 wird jedoch auf die vereinnahmten Entgelte abgestellt.

Deshalb lehnte das Finanzamt die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010 ab, da der Gesamtumsatz des Klägers im vorangehenden Kalenderjahr 2009 gemessen an den vereinnahmten Entgelten über der Grenze von 17.500 EUR lag.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass für die Bestimmung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung bei einem differenzbesteuernden Unternehmer von dem Gesamtbetrag der von einem Wiederverkäufer ausgeführten Lieferungen auszugehen ist und nicht von der Handelsspanne der Umsätze.

Die Sonderregelungen für Kleinunternehmen und für die Differenzbesteuerung sind 2 voneinander unabhängige autonome Sonderregelungen. Wird in einer von ihnen nicht auf die Tatbestandsmerkmale und Begriffe der anderen Regelung Bezug genommen, ist der Inhalt der einen grundsätzlich zu beurteilen, ohne dass der Inhalt der anderen berücksichtigt werden muss.

Auch die Entstehungsgeschichte der Kleinunternehmerregelung bestätigt nach dem Urteil, dass der Begriff der “von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielten Differenz (Handelsspanne)” (BFH, Beschluss v. 7.2.2018, XI R 7/16, Rz. 30.) keinen Einfluss darauf haben kann, wie der Begriff “Umsatz” im Rahmen der Sonderregelung für Kleinunternehmen auszulegen ist. Die Kleinunternehmerregelung gab es bereits, als die Differenzbesteuerung eingeführt wurde.

Würden die über die Handelsspanne hinausgehenden vereinnahmten Entgelte bei der Ermittlung des Umsatzes für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht berücksichtigt, könnten nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs Unternehmen, die einen hohen Umsatz erzielen und eine geringe Handelsspanne haben, unter die Kleinunternehmerregelung fallen und dadurch einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil erhalten.

1 %-Regelung bei Dienstwagen: Kosten einer Garage mindern nicht den geldwerten Vorteil

Arbeitnehmer dürfen die anteiligen Kosten für ihre heimische Garage nicht im Rahmen der 1 %-Regelung bei der privaten Dienstwagennutzung abziehen. Das gilt zumindest dann, wenn das Fahrzeug freiwillig und ohne Verpflichtung durch den Arbeitgeber in der Garage abgestellt wird.

Hintergrund

Der Kläger versteuerte die private Nutzung seines Dienstwagens nach der 1 %-Methode. In seiner Einkommensteuererklärung minderte er seinen zu versteuernden geldwerten Vorteil um die Kosten seiner privaten Garage. Er berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der vom Arbeitnehmer selbst getragene Kfz-Kosten mindernd beim geldwerten Vorteil berücksichtigt werden können. Darüber hinaus wandte er ein, dass er durch den Arbeitgeber verpflichtet war, den Dienstwagen sicher unterzustellen. Diesbezüglich legte er 2 Arbeitgeberbescheinigungen vor, aus denen sich eine entsprechende Vereinbarung ergab. Das Finanzamt lehnte eine Minderung des geldwerten Vorteils um die Garagenkosten ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab. Nur solche Aufwendungen des Arbeitnehmers dürfen den geldwerten Vorteil mindern, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen und damit zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Klauseln oder zur Inbetriebnahme des Fahrzeugs notwendig sind.

Im vorliegenden Fall erfüllten die Garagenkosten diese Voraussetzungen nicht. Insbesondere war die Unterbringung des Dienstwagens in einer Garage zur Inbetriebnahme und zum laufenden Betrieb des Fahrzeugs nicht notwendig. Darüber hinaus war das Abstellen in einer Garage nicht zwingende Voraussetzung dafür, dass dem Arbeitnehmer das Fahrzeug überhaupt erst überlassen wurde. Aus den vorgelegten Bescheinigungen des Arbeitgebers ergab sich nur, dass die Unterstellung in der Garage vereinbart, nicht jedoch, dass sie vertragliche Pflicht war.

Bekanntgabe des Einspruchs bei privaten Postdienstleistern

Bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten wird normalerweise von einer 3-Tagesfiktion ausgegangen. Diese gilt jedoch nicht bei Übersendung einer Einspruchsentscheidung durch einen privaten Postdienstleister, der wiederum einen Subunternehmer einschaltet.

Hintergrund

Die Familienkasse lehnte für die beiden Töchter des Klägers die Gewährung von Kindergeld ab. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Die Einspruchsentscheidung fertigte die Sachbearbeiterin am 5.11.2015 an und gab diese am 6.11.2015 zur Post. Der Postausgang wurde im November 2015 durch ein Subunternehmen eines regionalen Postdienstleisters abgeholt. Am 10.12.2015 erhob der Kläger Klage. Die Familienkasse ging von einer verspäteten Klageerhebung aus und verwies auf die Zugangsfiktion. Der Kläger bestritt, dass ihm die Einspruchsentscheidung tatsächlich innerhalb von 3 Tagen zugegangen war. Das Finanzgericht wies die Klage zunächst wegen Versäumnis der Klagefrist ab, musste sich aber erneut mit dem Fall beschäftigen, nachdem der Bundesfinanzhof die Entscheidung aufgehoben hatte.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Klage zulässig war. Es konnte insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass tatsächlich am 5.11.2015 die Aufgabe zur Post erfolgte. So konnte nicht nachgewiesen werden, dass an diesem Tag tatsächlich eine Abholung durch den Subunternehmer erfolgte. Außerdem war bei einer solchen Gestaltung, bei der die Abholung unter Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmens erfolgte, fraglich, ob die Post tatsächlich innerhalb von 3 Tagen zugegangen war.

Dass das private Postunternehmen die gleiche Zuverlässigkeit in der Zustellung aufweist, wie ein Postuniversaldienstleister, muss die Behörde nachweisen. Hieran ergaben sich Zweifel, die die Behörde nicht ausräumen konnte. Der zugrundeliegende Dienstleistungsvertrag über die Postzustellung beinhaltete nämlich lediglich die Zustellung von Montag bis Freitag. Auch war kein Zustellungsziel von 95 % auf den zweiten Werktag nach Abholung vereinbart worden. Das Finanzgericht ging deshalb davon aus, dass die Bekanntgabe erst am 10.11.2015 erfolgte, sodass die Klage fristgerecht erhoben worden war.

Gewerbliche Beteiligungseinkünfte und Abfärbewirkung

Für Beteiligungseinkünfte einer Personengesellschaft gibt es bei der Abfärberegelung keine Bagatellgrenze. Jedoch unterliegen umqualifizierte gewerbliche Einkünfte nicht der Gewerbesteuer.

Hintergrund

Die X-KG erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Im Jahr 2008 übertrug ein Komplementär seine Beteiligungen an 2 Flugzeugleasingfonds (GmbH u. Co. KGs) unentgeltlich auf die X-KG. Das Vermögen der Fonds bestand jeweils aus einem Flugzeug, das 2008 verkauft wurde. Aufgrund der gewerblichen Beteiligungseinkünfte stellte das Finanzamt ab 2008 sämtliche Einkünfte der X-KG entsprechend der sog. Abfärberegelung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest.

Das Finanzamt vertrat weiterhin die Auffassung, dass die Einkünfte aus der vermögensverwaltenden Tätigkeit der X-KG durch die gewerblichen Beteiligungseinkünfte infiziert waren und stellte dementsprechend für 2011 ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Die X-KG wandte ein, dass angesichts des geringen Anteils der zugerechneten Beteiligungseinkünfte die Anwendung der Abfärberegelung unverhältnismäßig war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hielt die Abfärberegelung in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Bagatellgrenze für verfassungsgemäß. Zwar können die Gesellschafter einer Personengesellschaft, die sich an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligen, in dieser Personengesellschaft keine weiteren Einkunftsarten verwirklichen, da die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft als solche als Gewerbebetrieb gilt. Diese Ungleichbehandlung gegenüber Einzelpersonen ist in einkommensteuerlicher Sicht jedoch sachlich gerechtfertigt. Es handelt sich um eine grundsätzlich zulässige Typisierung zwecks Erleichterung der Einkünfteermittlung durch Konzentration auf nur eine Einkunftsart. Im Hinblick auf den verfolgten Zweck ist die Regelung auch verhältnismäßig. Insbesondere besteht die Möglichkeit, der Abfärbung durch entsprechende Gestaltungen, z. B. durch die Gründung einer zweiten personenidentischen Gesellschaft, zu entgehen.

Im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar sind. Nur so wird eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern vermieden.

Der Arbeitgeber übernimmt als Arbeitslohn Steuerberatungskosten

Liegt eine Nettolohnvereinbarung mit Abtretung der Steuererstattungsansprüche vor und übernimmt der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten für den Arbeitnehmer, liegt insoweit kein Arbeitslohn vor. Seine anderslautende bisherige Rechtsprechung gibt der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil auf.

Hintergrund

T war die Tochtergesellschaft eines international tätigen Konzerns, der den weltweiten Austausch von Mitarbeitern förderte. Mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns schloss T Nettolohnvereinbarungen ab und übernahm die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuer-Erklärungen durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberater-Gesellschaft. Diese erhielt pro Arbeitnehmer eine pauschale Vergütung. Die Arbeitnehmer traten im Gegenzug ihre Steuererstattungsansprüche an den inländischen Arbeitgeber ab. Beauftragte ein Arbeitnehmer andere Steuerberater, leistete der Konzern weder Unterstützung noch erstattete er entsprechende Beratungskosten.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber T pauschale Lohnsteuer fest. Das Finanzgericht gab der Klage statt, da seiner Ansicht nach T die Kosten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getragen hatte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte der Würdigung des Finanzgerichts und entschied, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten in ganz überwiegend betrieblichem Interesse erfolgte und deshalb kein Arbeitslohn vorlag.

Als Arbeitslohn sind Leistungen zu erfassen, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft darstellen. Nicht zu erfassen sind dagegen Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen und damit ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.

Von diesen Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausgehend stellte die Übernahme der Steuerberatungskosten durch T keinen Arbeitslohn der ins Inland entsandten Arbeitnehmer dar. T wandte diesen Vorteil nicht als Entlohnung, sondern in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zu. Denn T wollte mit der Gestellung der Steuerberatung über die Erstattungen eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten erzielen, da ihr allein die Steuererstattungen zustanden. T wollte möglichst hohe Steuererstattungen und damit Vorteile für sich erlangen. Dafür sprach auch die besondere Eignung der Übernahme der Steuerberatungskosten zur Erreichung des damit verfolgten wirtschaftlichen Zwecks, nämlich innerhalb des Konzerns sicherzustellen, dass die steuerlichen Arbeitgeberpflichten durch die international erfahrene Steuerberater-Gesellschaft erfüllt wurden.

Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide: Wenn vom Arbeitgeber gestellte Mahlzeiten verschwiegen werden

Wird nachträglich bekannt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kostenlos verpflegt hat, kann eine bestandskräftige Steuerfestsetzung wegen neuer Tatsachen geändert werden.

Hintergrund

Der Kläger war als Kapitän an Bord eines Schiffes angestellt. Während seiner Einsätze erhielt er kostenlose Verpflegung. Die Lohnsteuerbescheinigungen enthielten keine Eintragung des Großbuchstabens M. Diese wäre jedoch erforderlich gewesen, um die Verpflegung zu belegen. In seinen Steuererklärungen machte der Kläger Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten geltend, diesen kürzte er nicht um die kostenlosen Mahlzeiten. Das Finanzamt erkannte die entsprechenden Beträge zunächst an. Nachdem es aber durch eine Kontrollmitteilung von der unentgeltlichen Verpflegung sowie der Übernahme von Fahrtkosten durch den Arbeitgeber erfahren hatte, änderte es die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide wegen neuer Tatsachen.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Seiner Ansicht nach waren die Änderungen der Einkommensteuerfestsetzungen rechtmäßig, das Finanzamt durfte eine Änderung wegen des nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen vornehmen. Dass dem Kläger von seinem Arbeitgeber für seine Tätigkeit an Bord Mahlzeiten zur Verfügung gestellt wurden und dieser die Fahrtkosten zu und von den Häfen getragen hat, stellte eine neue Tatsache dar. Diese Tatsache war nachträglich, nämlich erst durch eine Kontrollmitteilung nach Durchführung der Veranlagung bekannt geworden. Aufgrund der Kostenübernahme und der Mahlzeitengestellung kam für den Kläger ein Ansatz von Werbungskosten für Verpflegungsmehraufwand nicht infrage. Ein Mitverschulden des Finanzamts, das einer Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids entgegensteht, lag nach Meinung des Finanzgerichts nicht vor. Vielmehr verletzte der Kläger seine Mitwirkungspflicht dadurch, dass er in der Anlage N keine Angaben zur Mahlzeitengestellung gemacht hatte.

Exakte Formulierung kann dem Einspruch zum Erfolg verhelfen

Wer gegen einen Sammelbescheid, der Umsatzsteuer und Zinsen umfasst, Einspruch einlegt, sollte wissen: Damit legt man nicht zwingend auch Einspruch gegen die Zinsfestsetzung ein.

Hintergrund

Der Antragsteller betrieb ein Hotel mit Gastwirtschaft. Gegen die nach einer Außenprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheide legte sein steuerlicher Vertreter Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Später wies er darauf hin, dass sich der Einspruch auch auf die Festsetzung der Nachzahlungszinsen bezog.

Das Finanzamt wies den Einspruch gegen die Zinsfestsetzung zurück, da der Schriftsatz erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eingegangen war. Der Antragsteller vertrat die Ansicht, dass der erste Einspruch auch einen Einspruch gegen die Zinsfestsetzung umfasste.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet ab. Es konnte keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts erkennen. Die von einem Rechtsanwalt stammende Formulierung ließ insbesondere nicht erkennen, dass neben der Umsatzsteuerfestsetzung auch die Festsetzung der Zinsen angefochten wurde. Die Erklärung war insoweit eindeutig und nicht auslegungsbedürftig.

Trotz Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Unternehmens in die Selbstständigkeit

Obwohl eine Lohnbuchhalterin Arbeiten in der Lohn- und Finanzbuchhaltung für verschiedene Auftraggeber selbstständig ausführte, lag eine Scheinselbstständigkeit vor. Denn die Buchhalterin war in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert.

Hintergrund

Die Lohnbuchhalterin war seit dem Jahr 2008 für das klagende Unternehmen auf der Grundlage von 35 Arbeitsstunden pro Monat bei einem monatlichen Pauschalbetrag von aktuell 2.000 EUR beschäftigt. Die Tätigkeit führte die Lohnbuchhalterin hauptsächlich persönlich in den Räumen des Unternehmens aus und nutzte auch dessen Lohnprogramm. Sie zahlte keine Miete und war nicht an Arbeitszeiten gebunden.

Der Rentenversicherungsträger stellte die Versicherungspflicht der Lohnbuchhalterin in der gesetzlichen Sozialversicherung fest. Hiergegen wandte sich das Unternehmen mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Sozialgerichts lag keine selbstständige Tätigkeit der Lohnbuchhalterin vor. Vielmehr übte sie die Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis aus. Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung war die Eingliederung der Lohnbuchhalterin in die Arbeitsorganisation des Unternehmens.

Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation ergab sich daraus, dass die Lohnbuchhalterin das Computersystem sowie weitere Arbeitsmittel des Unternehmens nutzte. Darüber hinaus arbeitete sie im Rahmen der Aufgabenerledigung mit Mitarbeitern des Unternehmens zusammen. Auch erbrachte die Lohnbuchhalterin die Arbeitsleistung im Wesentlichen in eigener Person und war von Weisungen der Klägerin abhängig. Ferner sprach für eine abhängige Beschäftigung, dass die Lohnbuchhalterin kein eigenes Kapital einsetzte. Schließlich trug sie auch aufgrund der Zahlung eines Festgehaltes kein Unternehmerrisiko.

Dass die Lohnbuchhalterin die Tätigkeit für das Unternehmen nur in Teilzeit ausübte und darüber hinaus noch weiteren Teilzeittätigkeiten nachging, war für die Richter ohne Bedeutung.

Wer vom Homeoffice zur Toilette geht, ist nicht unfallversichert

Wer im Homeoffice arbeitet und auf dem Weg zur Toilette einen Unfall erleidet, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine hieraus resultierende Verletzung gilt deshalb nicht als Arbeitsunfall.

Hintergrund

Der Kläger war mit Einverständnis seines Arbeitgebers während seiner gesamten Arbeitszeit im Homeoffice beschäftigt. Dieses befand sich in einem Büro im Keller seines Hauses, wo regelmäßig Besprechungen mit Kollegen stattfanden. Der Arbeitgeber übernahm zudem die Kosten für die PC-Ausstattung. Auf dem Rückweg von der Toilette stürzte der Kläger auf der Treppe und zog sich dabei eine Fraktur des Fußes zu. Diese führte aufgrund von Komplikationen zu einer 6-monatigen Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger machte den Sturz als Arbeitsunfall geltend.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Zwar ist der Gang zur Toilette im Betrieb nach geltender Rechtslage unfallversichert. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn wie im vorliegenden

Fall der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeitet. Denn dort hat der Arbeitgeber keinen Einfluss auf die Ausgestaltung und Sicherheit der Einrichtung. Das Homeoffice war auch nicht als Teil der Betriebsstätte des Arbeitgebers anzusehen. Damit galt hierfür auch nicht der Unfallversicherungsschutz.

Wann eine Ingenieur-GbR gewerblich tätig ist

Auch wenn ein Prüfingenieur auf die Hilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte setzt, steht dies einer Freiberuflichkeit seiner Tätigkeit nicht unbedingt entgegen. Allerdings muss er selbst weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Eine stichprobenartige Überwachung genügt dafür nicht.

Hintergrund

Die Klägerin war eine GbR, bestehend aus dem Diplom-Ingenieur (FH) und Prüfingenieur A und B. Sie führte u. a. Haupt- und Abgasuntersuchungen an Kfz durch. Den überwiegenden Teil der Prüfungen führten jedoch nicht die Gesellschafter A und B selbst, sondern 3 angestellte Prüfingenieure durch. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass es insoweit an einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte und wertete die Einkünfte der GbR insgesamt als gewerblich. Dieser Argumentation folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass es für die von den Angestellten der GbR durchgeführten Prüfungen an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte.

Der freiberuflichen Tätigkeit eines Berufsträgers steht zwar die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen. Allerdings ist diese nur unschädlich, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Leistung muss den “Stempel der Persönlichkeit” des Berufsträgers tragen, die Tätigkeit der Mitarbeiter muss als solche des Berufsträgers erkennbar und damit ihm persönlich zurechenbar sein. Dementsprechend ist ein selbstständig tätiger Ingenieur nur eigenverantwortlich tätig, wenn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags ihm selbst – und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter – zuzurechnen bzw. als seine erkennbar ist.

Im vorliegenden Fall waren die Gesellschafter A und B zwar freiberuflich tätig, soweit sie selbst Untersuchungen durchgeführt haben. Soweit der überwiegende Teil jedoch von den angestellten Ingenieuren durchgeführt wurde, fehlte es an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der GbR. A und B nahmen an den von den Angestellten durchgeführten Untersuchungen regelmäßig nicht persönlich teil, sondern überwachten diese lediglich stichprobenartig. Nur in seltenen Zweifelsfällen wurden sie hinzugezogen. Die Verantwortung verblieb jedoch beim angestellten Ingenieur, der die Prüfung durchführte. Die somit nur geringe Einbindung der Gesellschafter in die eigenständige Prüfungstätigkeit der angestellten Ingenieure genügte nicht, um deren Tätigkeit als solche der Gesellschafter erkennbar zu machen.

Da die Gesellschafter ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise mangels Eigenverantwortlichkeit gewerblich erbrachten, war ihre Tätigkeit nach der sog. Abfärbewirkung in vollem Umfang als gewerblich zu qualifizieren. Dementsprechend führte der Bereich, in dem die Gesellschafter nicht eigenverantwortlich tätig waren, zu insgesamt gewerblichen Einkünften der GbR.