Umsatzsteuerfreiheit des notärztlichen Bereitschaftsdienstes

Übernimmt ein Arzt bei Veranstaltungen die notärztliche Betreuung, mit der gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig erkannt werden sollen, um sofort geeignete Maßnahmen einleiten zu können, handelt es sich hierbei um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Hintergrund

Der Arzt A übernahm den Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen. Seine Aufgaben bestanden in der Kontrolle des Veranstaltungsbereichs im Vorfeld und der Beratung der Verantwortlichen hinsichtlich möglicher Gesundheitsgefährdungen. Weiterhin sollte A bei Rundgängen während der Veranstaltungen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen erkennen. Bei Bedarf führte er ärztliche Untersuchungen und Behandlungen von Patienten durch.

Diese gegenüber dem Veranstalter erbrachten Leistungen unterwarf das Finanzamt der Umsatzsteuer. Die Klage des A vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter waren der Meinung, dass die bloße Anwesenheit und Leistungsbereitschaft des A keine ärztliche Leistung darstellte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der notärztliche Bereitschaftsdienst als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung zu werten war. Der notärztliche Bereitschaftsdienst fällt unter den Begriff der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin i. S. d. Umsatzsteuergesetzes. Der Begriff der „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ ist nicht eng auszulegen. Er umfasst die Diagnose, die Behandlung und die Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Heilbehandlungen müssen einen therapeutischen Zweck haben. Dazu gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden. Die Steuerbefreiung kommt auch ärztlichen Leistungen zugute, die den Schutz, die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit bezwecken.

Hiervon ausgehend handelte es sich bei dem von A ausgeführten Notfalldienst um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Der Dienst diente unmittelbar dem Schutz und der Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit. A leistete nicht lediglich Anwesenheit und Einsatzbereitschaft. Denn seine Notfalldienste zielten darauf ab, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort entsprechende Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können. Das ist eine unmittelbar ärztliche Tätigkeit, die nur von einem Arzt geleistet werden kann.

Bewertung einer Sachausschüttung einer Kapitalgesellschaft

Mit dieser Frage beschäftigte sich der Bundesfinanzhof und entschied, dass der Gegenstand einer Sachausschüttung einer Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Auf den Wertansatz im Gewinnverwendungsbeschluss kommt es nicht an.

Hintergrund

Mit dem Tod der Frau B im Jahr 1988 gingen Aktien der A-AG auf die gemeinnützige BA-Stiftung als Erbin über. Im Jahr 2002 erwarb die Stiftung alle Anteile an der GmbH und übertrug die Aktien (74 %) auf die GmbH. Im Jahr 2005 übertrug die GmbH die Aktien zum Buchwert wieder auf die Stiftung zurück.

Das Finanzamt wertete den Vorgang als Einlage der Stiftung in die GmbH, die sie mit dem Teilwert bewertete. Die Rückübertragung der Aktien im Jahr 2005 behandelte das Finanzamt als Sachausschüttung zum gemeinen Wert und nahm eine steuerbefreite verdeckte Gewinnausschüttung an. 5 % dieser verdeckten Gewinnausschüttung berücksichtigte es als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe. Dementsprechend erhöhte sich das zu versteuernde Einkommen der GmbH.

Das Finanzgericht gab der Klage gegen die geänderten Steuer- und Feststellungsbescheide überwiegend statt. Die Begründung: Wegen des Rückwirkungsverbots war der Hinzurechnungsbetrag von 5 % dieses „Gewinns“ auf die Wertsteigerungen der Aktien zu begrenzen, die sich zwischen dem 22.12.2003 (Gesetzesbeschluss zum sog. Korb-II-Gesetz) und dem Zeitpunkt der Rückübertragung ergaben.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Die Rückübertragung des Aktienpakets auf die Stiftung erhöhte das Einkommen der GmbH. Die Aktien sind zum gemeinen Wert anzusetzen und die Differenz zum Buchwert dem Einkommen der GmbH außerbilanziell hinzuzurechnen.

Zur Begründung führen die obersten Finanzrichter aus: In der Rückübertragung lag keine verdeckte Gewinnausschüttung, sondern eine offene Gewinnausschüttung, da die Ausschüttung an die Stiftung auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss beruhte. Die Bewertung der offenen Gewinnausschüttung richtete sich nach dem gemeinen Wert. Das Buchwertprivileg fand keine Anwendung, da hier kein Entnahmetatbestand vorlag. Im Ergebnis erhöhte sich damit durch die Rückübertragung der Aktien im Wege einer offenen Gewinnausschüttung das Einkommen der GmbH. Dieser Betrag war zwar steuerfrei, unterlag jedoch der Schachtelstrafe.

Einen Verstoß der Schachtelstrafe gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot konnte der Bundesfinanzhof im Gegensatz zum Finanzgericht nicht erkennen. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden, liegt zwar eine „unechte“ Rückwirkung vor, dieser Fall war hier jedoch gar nicht gegeben. Die Regelung, nach der typisierend 5 % der Veräußerungsgewinne als nichtabziehbare Betriebsausgaben gelten und einkommenserhöhend berücksichtigt werden, ohne dass der Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben gestattet ist, bedeutet keine unechte Rückwirkung. Die Erhöhung des Einkommens der GmbH trat mit belastender Wirkung im Zeitpunkt der Entstehung der Körperschaftsteuer für das Jahr 2005, also am 31.12.2005, ein und damit nach der Verkündung der Rechtsänderung. Die Regelung greift nicht in einen vor der Verkündung der Gesetzesänderung ins Werk gesetzten Sachverhalt ein. Vielmehr handelte es sich bei dieser Regelung um eine Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben, die sich nur formal an den Wertsteigerungen der veräußerten Anteile orientiert, um die Höhe der Betriebsausgaben festzulegen.

Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von Gewerbeimmobilien

Die Einkünfteerzielungsabsicht wird anhand einer Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung von grundsätzlich 30 Jahren festgestellt. Grundsätzlich beginnt der Prognosezeitraum mit der Anschaffung. Das gilt auch dann, wenn ein späterer Umbau mit anschließender Neuverpachtung erfolgt.

Hintergrund

Eine GbR, an der die Brüder einer Hoteliers-Familie beteiligt waren, erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Hotelkomplexes. Dieser bestand aus dem Hotel, einem Nebengebäude sowie einem Einfamilienhaus. Zunächst erfolgte die Verpachtung des gesamten Objekts an einen fremden Dritten. Später wurde das Hotel umgebaut, von 6 Zimmern auf 22 erweitert, das Restaurant renoviert, wodurch es zu einem 4-Sterne-Haus wurde. Die weitere Verpachtung erfolgte zunächst durch eine Betriebs-GmbH, in der fremde Geschäftsführer eingesetzt waren. Ab 2010 übernahm die Ehefrau eines der Gesellschafter die Geschäftsführung. Das Hotel und das Restaurant wurden mit fremden Wirten betrieben.

Bei der Veranlagung für das Jahr 2011 führte das Finanzamt aufgrund der bisherigen Entwicklung eine Prognoseberechnung durch. Für den Zeitraum 1995 bis 2024 ergab sich ein Totalverlust. Wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht erkannte das Finanzamt die Verluste der Jahre 2008 bis 2012 nicht an. Das sahen die Kläger anders.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht sah den Hotelkomplex einheitlich als ein Objekt an. Bei Gewerbeimmobilien wird die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung von 30 Jahren, der in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und der anfallenden Werbungskosten festgestellt. Nach Ansicht des Gerichts begann der Prognosezeitraum mit der Anschaffung im Jahr 1993 und nicht erst nach Abschluss der Umbaumaßmaßnahmen im Jahr 2001. Entgegen der Ansicht der Steuerpflichtigen bewirkte der Umbau in den Jahren 1999 bis 2001 und die anschließende Neuverpachtung keine Änderung der Verhältnisse, die zu einem Neubeginn des Prognosezeitraums führten. Denn von Beginn an wurde die Immobilie zur Nutzung als Hotel verpachtet. An der Art der jeweiligen Pachtverträge hatte sich nichts geändert. Durch die Renovierungsarbeiten ergab sich keine wesentliche Verbesserung der Einnahmesituation gegenüber den Jahren vor der Renovierung.

Keine Verfassungswidrigkeit von Pflichtbeitrag einer Pflegerin zur Pflegekammer

Die Pflichtmitgliedschaft einer Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Pflegekammer Niedersachsen und die damit verbundene Beitragspflicht verstoßen nicht gegen ihre Grundrechte. Denn die Errichtung der Pflegekammer verfolgt einen legitimen Zweck.

Hintergrund

Die als Gesundheits- und Krankenpflegerin tätige Klägerin war auch Geschäftsführerin und stellvertretende Pflegeleiterin in einem Pflegeheim. Nachdem im Jahr 2017 in Niedersachsen eine Pflegekammer eingerichtet worden war, wurde die Klägerin dort Pflichtmitglied. Mit ihrer Klage wendete sich die Pflegerin gegen diese Pflichtmitgliedschaft.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Errichtung der Pflegekammer verhältnismäßig war und einen legitimen Zweck verfolgte. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die heutige Gesellschaft geprägt ist durch den demografischen Wandel und Änderungen der Familienstrukturen. Daher bedarf es im Pflegesektor dringend einer Steigerung von Qualität und Attraktivität. Durch die Einrichtung der Pflegekammer leistete der Staat einen Beitrag zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit standardgerechter Pflege. Die Pflichtmitgliedschaft war deshalb nicht zu beanstanden.

Rückabwicklung der Weiterveräußerung von GmbH-Anteilen als rückwirkendes Ereignis

Stellt sich nach der Veräußerung von GmbH-Anteilen nachträglich ein niedrigerer Wert heraus, sodass der Veräußerer zivilrechtlich zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung der Anteile verpflichtet ist, liegt insoweit kein rückwirkendes Ereignis, sondern eine wertaufhellende Tatsache vor.

Hintergrund

Ein Alleingesellschafter legte seine Anteile an mehreren GmbHs in eine neugegründete GmbH verdeckt ein. Im Rahmen der Besteuerung dieser verdeckten Einlage wurde der Wert der eingelegten Anteile anhand des Veräußerungserlöses bestimmt, den die neugegründete GmbH aus der Veräußerung der eingelegten GmbH-Anteile an einen fremden Dritten erzielte.

Der Käufer der Anteile verklagte die neugegründete GmbH erfolgreich auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Die neugegründete GmbH sowie der Gesellschafter persönlich als Gesamtschuldner wurden verurteilt, ihm den bei der Veräußerung gezahlten Kaufpreis zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Rückabtretung und Rückübertragung der veräußerten GmbH-Anteile zu übertragen. Nach Ansicht des Finanzamts lagen die Voraussetzungen für eine Änderung des Steuerbescheids wegen eines rückwirkenden Ereignisses vor. Es änderte deshalb den Bescheid unter Aufhebung des Gewinns. Die Festsetzung von Erstattungszinsen lehnte das Finanzamt jedoch ab.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung nicht vorlagen. Der Vorgang stellte kein rückwirkendes Ereignis, sondern eine nachträglich wertaufhellende Tatsache dar.

Hat das Finanzamt jedoch trotzdem den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid unzutreffend wegen eines rückwirkenden Ereignisses geändert und die Besteuerung der verdeckten Einlage rückgängig gemacht, ohne dass tatsächlich die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift vorlagen, richtet sich die Verzinsung des Steuererstattungsbetrages nach der Grundregel des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO. Die Ausnahmeregelung für Änderungen bei rückwirkenden Ereignissen nach § 233a Abs. 2a AO fand hier keine Anwendung.

Die Begründung des Finanzgerichts: Es ist nicht darauf abzustellen, welche Änderungsnorm im Bescheid genannt wurde, sondern darauf, ob die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Anwendung der Änderungsnorm tatsächlich objektiv vorlagen.

Qualifikation der Tätigkeitsvergütung des Gesellschafters einer GbR mit Einkünften aus Kapitalvermögen

Erzielt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Einkünfte aus Kapitalvermögen, ist die Tätigkeitsvergütung des Gesellschafters regelmäßig als Sondervergütung zu qualifizieren. Das gilt zumindest dann, wenn sie gewinnunabhängig ausgestaltet ist und aufwandswirksam monatlich verbucht wird.

Hintergrund

Der Kläger war zu 10 % an einer GbR beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen. Nach dem Gesellschaftsvertrag erhielt der Gesellschafter eine Tätigkeitsvergütung. Der Kläger war der Ansicht, dass diese als Gewinnvorab anzusehen war. Das Finanzamt wertete sie stattdessen als Sondervergütung in der Form von Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit. Diese waren in Deutschland zu versteuern, obwohl der Kläger im Inland keinen Wohnsitz innehatte. Gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide wehrte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Tätigkeitsvergütung war vom Finanzamt zutreffend nicht als Gewinnvorab eingestuft worden. Vielmehr stellte sie eine Sondervergütung dar. Die dafür erforderliche vertragliche Vereinbarung war hier im Gesellschaftsvertrag getroffen worden. Für eine Einstufung als Sondervergütung sprach zum einen der Wortlaut der gesellschaftsvertraglichen Regelung. Zum anderen erfolgten die Zahlungen gewinnunabhängig. Da es sich bei der GbR um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft handelte, waren die Einkünfte als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit einzustufen. Eine Regelung zur Hinzurechnung von Sondervergütungen, wie diese bei einer gewerblichen Mitunternehmerschaft gegeben ist, gibt es für vermögensverwaltende Personengesellschaften nicht.

Unfallversicherungsschutz bei Handynutzung

Zwar sind Unfälle auf dem Weg zur oder von der Arbeit grundsätzlich als Wegeunfall gesetzlich unfallversichert. Dieser Unfallversicherungsschutz entfällt jedoch, wenn der Unfall aufgrund einer Handynutzung passiert.

Hintergrund

Die Klägerin war in einem großen Hotel beschäftigt. Auf dem Heimweg wurde sie beim Überqueren eines unbeschrankten Bahnübergangs von einer Bahn erfasst. Dabei erlitt sie Frakturen im Kopfbereich und eine Hirnblutung. Sie befand sich deshalb in monatelanger stationärer Behandlung.

Da die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls mit dem Handy telefoniert hatte, lehnte es die Berufsgenossenschaft ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Entscheidung

Das Sozialgericht wies die gegen die Berufsgenossenschaft erhobene Klage ab. Die Klägerin war zwar auf dem Heimweg grundsätzlich gesetzlich unfallversichert. Nicht versichert war jedoch das gleichzeitige Telefonieren mit dem Handy. Hier lag eine sog. gemischte Tätigkeit vor. So wurde gleichzeitig eine versicherte Verrichtung, nämlich das Nachhausegehen, und eine unversicherte Verrichtung, das Telefonieren, ausgeübt.

Ein Arbeitsunfall liegt aber nur vor, wenn der Unfall und damit verbundene Gesundheitsschaden wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht wird. Dagegen ist ein Arbeitsunfall abzulehnen, wenn eine unversicherte Tätigkeit die wesentliche Unfallursache ist. Dies war vorliegend der Fall. Denn durch das Telefonieren war die Wahrnehmungsfähigkeit der Klägerin im Verkehr deutlich eingeschränkt, sodass das dadurch begründete erhebliche Risiko maßgeblich zu dem Unfall beigetragen hatte.

Auswirkung von Absagen der Kollegen bei Betriebsveranstaltung

Sagen Arbeitnehmer ihre Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung ab, darf dies bei der 110-EUR-Freibetragsberechnung nicht zulasten der teilnehmenden Arbeitnehmer gehen.

Hintergrund

Ein Arbeitgeber richtete eine Weihnachtsfeier für die Belegschaft aus. Zu dieser meldeten sich zunächst 27 Arbeitnehmer an. Kurzfristig sagten 2 Arbeitnehmer ab, sodass nur 25 Arbeitnehmer an der Feier teilnahmen. Die Gesamtkosten der Feier blieben unverändert bei 3.052,35 EUR.

Bei der Berechnung des 110-EUR-Freibetrags ging der Arbeitgeber davon aus, dass die Feierkosten durch die Zahl der angemeldeten Arbeitnehmer geteilt werden müssen. Damit ergab sich ein Pro-Kopf-Vorteil von 113,05 EUR, sodass für jeden teilnehmenden Arbeitnehmer nur ein Vorteil von 3,05 EUR der Lohnsteuer unterlag. Das Finanzamt verteilte die Feierkosten jedoch auf die 25 teilnehmenden Arbeitnehmer. So ergab sich ein Pro-Kopf-Vorteil von 122,09 EUR und ein steuerpflichtiger Vorteil von 12,09 EUR pro Teilnehmer.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Arbeitgeber recht. Es entschied, dass sich vergeblich aufgewandte Feierkosten für angemeldete, aber nicht erschienene Arbeitnehmer nicht auf die Höhe des steuerpflichtigen Vorteils der teilnehmenden Arbeitnehmer auswirken dürfen. Diese sog. No-Show-Kosten führten jedoch nicht zu zusätzlichen Zuwendungen an die teilnehmenden Arbeitnehmer. Nach der gesetzlichen Regelungssystematik sollen nur solche geldwerten Vorteile besteuert werden, die zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers führen. Überdimensionierte Sachleistungen wie beispielsweise zu viel bestellte Essen führen bei den Teilnehmern aber gerade nicht zu einer zusätzlichen Bereicherung.

Deshalb durften die Absagen einzelner Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung nicht zulasten der teilnehmenden Arbeitnehmer gehen.

Nachträgliche Anschaffungskosten bei GmbH-Beteiligung

Aufwendungen aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage, die ein Gesellschafter zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme tätigt, führen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung.

Hintergrund

X war zusammen mit seiner Mutter und 3 Brüdern an der A-GmbH beteiligt. Im Jahr 1999 hatte er zusammen mit einem Bruder eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeiten der A-GmbH übernommen. Darüber hinaus stand der Bank eine Grundschuld auf einem Grundstück als Sicherheit zur Verfügung, das der Mutter gehörte. Nach 2 Verlustjahren stellte die A-GmbH ihren Betrieb zum Ende des Jahres 2009 ein. Ihr gesamtes Vermögen veräußerte sie an die I-GmbH. An dieser waren X, sein Bruder D und ein Dritter zu je einem Drittel beteiligt. Im Februar 2010 gingen der Anteil der Mutter an der A-GmbH und das Grundstück auf X und seine Brüder als Erben zu gleichen Teilen über.

Im Laufe des Jahres 2010 leisteten X und seine Brüder jeweils in gleicher Höhe Zuführungen in die Kapitalrücklage der GmbH, um eine drohende Liquidation zu vermeiden. Nachdem die Bank Ende 2010 einen Teilverzicht auf ihre Forderungen in Aussicht gestellt hatte, zahlte die A-GmbH einen Teilbetrag an die Bank. Danach veräußerten X und seine Brüder die Anteile an der A-GmbH zum Preis von 0 EUR an die I-GmbH. Die Grundschuld wurde gelöscht.

Für das Jahr 2010 machte X einen Veräußerungsverlust geltend. Diesen errechnete er aus einem anteiligen Verlust der Stammeinlage und nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung. Das Finanzamt dagegen ermittelte den Veräußerungsverlust, indem es die von den Gesellschaftern geltend gemachten Anschaffungskosten, also Kapitalrücklage plus Stammkapital, um die zugunsten der Bank eingetragene Grundschuld minderte und den verbleibenden Betrag auf X und die Brüder verteilte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der von X getragene Aufwand bei der Berechnung seines Verlustes aus der Veräußerung der GmbH-Anteile als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen waren. Nach der Rechtsprechung sind nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung nur solche Aufwendungen des Gesellschafters, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen u. a. auch freiwillige und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachte Einzahlungen in die Kapitalrücklage, wie sie X im vorliegenden Fall leistete.

Der Anerkennung als Anschaffungskosten stand nicht entgegen, dass die A-GmbH die der Kapitalrücklage zugeführten Mittel dazu verwendete, die besicherten Verbindlichkeiten abzulösen. Denn es spielte keine Rolle, wie die Gesellschaft den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendete. Unerheblich war ebenso, wie der Rückgriffanspruch des X gegen die A-GmbH zu bewerten gewesen bzw. ob er mit seinem Anspruch ausgefallen wäre, wenn die Bank in das Grundstück vollstreckt oder ihn als Bürge in Anspruch genommen hätte.

Zuletzt sah der Bundesfinanzhof in der Vorgehensweise des X keinen Gestaltungsmissbrauch. Die Ausstattung einer Gesellschaft mit Eigenkapital widersprach nicht den Wertungen des Gesellschaftsrechts. Denn dadurch war es der Gesellschaft möglich, wechselnde Kapitalbedürfnisse durch Eigenkapital statt durch Fremdkapital zu decken. In einem solchen gesellschaftsrechtskonformen Vorgehen konnte kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegen, zumal das Steuerrecht die Verwendung von Eigenkapital begünstigt.

Korrektur einer unzutreffenden Steuerschuldnerschaft eines Bauträgers

Geht ein Bauträger davon aus, dass er als Leistungsempfänger der Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen ist, und stellt sich dies als falsch heraus, darf er die zu viel gezahlte Umsatzsteuer ohne weitere Voraussetzungen zurückfordern.

Hintergrund

Die Bauträgerin A errichtete in den Jahren 2011 bis 2013 Gebäude auf eigenen Grundstücken, die sie anschließend umsatzsteuerfrei veräußerte. Die für die Errichtung bezogenen Bauleistungen stellten die Bauunternehmer netto in Rechnung. Sie gingen übereinstimmend mit A davon aus, dass diese als Leistungsempfängerin Steuerschuldnerin war. Dementsprechend erklärte A die Umsatzsteuer nach § 13b UStG.

Nachdem der Bundesfinanzhof entschieden hatte, dass ein Bauträger keine Bauleistungen erbringt und damit auch nicht Steuerschuldner ist, wandte sich A gegen die entsprechende Steuerfestsetzung. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das genauso und entschied, dass A nicht Steuerschuldnerin nach § 13b UStG war. Ein Bauträger erbringt keine Bauleistung, sondern liefert steuerfrei bebaute Grundstücke. Versteuert ein Bauträger in der fälschlichen Annahme seiner Steuerschuld von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG, kann er die Rechtswidrigkeit dieser Besteuerung nachträglich geltend machen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder das Finanzamt die Möglichkeit für eine Aufrechnung hat. Denn nach Ansicht des Gerichts hängt das Entfallen einer rechtswidrigen Besteuerung nach § 13b UStG nicht von weiteren Voraussetzungen ab. Die Steuerfestsetzung ist gegenüber dem Erhebungsverfahren vorgreiflich.

Das Verlangen der A nach einer gesetzeskonformen Besteuerung verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Im vorliegenden Fall erweiterte die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich des § 13b UStG auf Leistungsempfänger ohne Recht auf Vorsteuerabzug und besteuerte A als Bauträgerin rechtswidrig. Das Verlangen nach Korrektur dieser rechtswidrigen Besteuerung war im Verhältnis zum Finanzamt nicht treuwidrig und stellte keine unzulässige Rechtsausübung dar.