Nachtarbeitszuschläge müssen anhand des Mindestlohns berechnet werden

Sind die Vergütungen von Feiertagen und Nachtarbeitszuschläge auf Basis des Mindestlohns zu berechnen? Ja, sagt das Bundesarbeitsgericht.

Hintergrund

Der Arbeitgeber berechnete bei einer Arbeitnehmerin Nachtzuschläge anhand eines älteren Tarifvertrags mit einem vertraglichen Stundenlohn von 7 EUR. Der anzuwendende ältere Manteltarifvertrag sah u. a. einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 25 % des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein „Urlaubsentgelt“ in Höhe eines eineinhalbfachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor. Zwar hatte der Arbeitgeber nach Einführung des Mindestlohngesetzes neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 7 EUR bzw. 7,15 EUR eine Zulage nach dem Mindestlohngesetz gezahlt. Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete er jedoch ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Ein gezahltes Urlaubsgeld rechnete der Arbeitgeber zudem auf Mindestlohnansprüche an.

Die Arbeitnehmerin verlangte dagegen, dass alle abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit dem damaligen Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR brutto vergütet werden. Zudem forderte sie, dass der Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet wird. Die Vorinstanzen urteilten zugunsten der klagenden Arbeitnehmerin.

Entscheidung

Auch das Bundesarbeitsgericht stellte sich auf die Seite der Arbeitnehmerin und entschied, dass der Arbeitgeber die Vergütung für den Feiertag zu Unrecht nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung berechnet hatte. Denn der Arbeitgeber muss nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Dies gilt auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem Mindestlohngesetz bestimmt. Eine hiervon abweichende Bestimmung ist dort nicht enthalten. Auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung darf der Arbeitgeber nicht zurückgreifen.

Darüber hinaus müssen der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt ebenfalls mindestens auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden. Denn der Mindestlohn ist Teil des tatsächlichen Stundenverdienstes im Sinne des Manteltarifvertrags.

Bezüglich des Urlaubsgelds urteilten die Richter, dass dieses nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden darf. Denn das Urlaubsgeld stellt keine Vergütung für geleistete Arbeit dar, sondern ist eine besondere Zahlung, auf das ein eigener Anspruch nach dem Manteltarifvertrag besteht.

Wenn der Arbeitgeber Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers trägt: Arbeitslohn oder kein Arbeitslohn?

Wird im Rahmen einer Auslandsentsendung vereinbart, dass der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers übernimmt, kann dies im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen.

Hintergrund

Der klagende Konzern hatte ein Entsendesystem etabliert, also die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland. Dies stellte einen wesentlichen Bestandteil der Personalpolitik dar. Für die Mitarbeiter selbst stellte eine Entsendung einen wichtigen Karrierebestandteil dar. An der mit der Entsendung verbundenen Nettolohnvereinbarung hatten demnach beide Seiten ein Interesse. Streitig zwischen Finanzamt und Konzern war allerdings, ob in diesem Rahmen übernommene Steuerberatungskosten Arbeitslohn darstellen oder nicht.

Entscheidung

Das Finanzgericht war der Ansicht, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers lag.

Wie und aus welchen Mitteln der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung des Nettolohns erfüllt, also ob er dies ausschließlich aus eigenen Mitteln tut oder ob er sich die notwendigen Mittel teilweise über Erstattungen zurückholt bzw. zurückholen kann, spielt für den entsandten Arbeitnehmer keine Rolle. Das Gleiche gilt für die zur Erledigung der durch die Nettolohnvereinbarung übernommenen Pflichten (Steuern, Sozialabgaben etc.). Davon abgesehen hatte er etwaige Erstattungsansprüche abgetreten, sodass er durch weitere Aktivitäten selbst keine Vorteile mehr hatte.

Die Richter kamen deshalb zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Steuerberatungskosten kein nennenswertes Interesse des Mitarbeiters bestand und der Arbeitgeber die Beratungskosten im weitaus überwiegenden eigenen betrieblichen Interesse übernommen hatte. Damit war auch kein geldwerter Vorteil gegeben, der versteuert werden müsste.

Unter welchen Voraussetzungen eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft anerkannt wird

Eine Organschaft wird für die Jahre anerkannt, in denen alle Voraussetzungen vorliegen. Eine Unterbrechung schadet also nicht.

Hintergrund

Die A-AG wurde im Jahr 2000 gegründet. Mit Wirkung zum 1.1.2001 errichteten die Gesellschafter der A-AG – die E-AG und die S-AG – eine GbR (GbR-alt, „Mehrmütter-GbR“) als sog. Willensbildungsgesellschaft ohne eigene gewerbliche Aktivität. Ziel war es, eine Mehrmütterorganschaft mit der A-AG als Organgesellschaft zu bilden. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Ergebnisabführungsvertrag war zum 31.12.2006 kündbar. Ab 2003 konnte die GbR-alt aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Regelungen nicht mehr Organträgerin sein. Trotzdem ließen die Vertragsparteien den Ergebnisabführungsvertrag bis zum 31.12.2005 unverändert bestehen und führten ihn auch durch. Im Jahr 2005 übertrug die S-AG ihren Anteil an der GbR-alt rückwirkend zum 1.1.2005 auf die E-AG. Im November 2005 gründeten die E-AG und die S-AG eine neue gewerblich tätige GbR (GbR-neu), auf die die Anteile an der A-AG übertragen wurden. Der mit der GbR-alt geschlossene Ergebnisabführungsvertrag wurde zum 31.12.2005 als beendet angesehen. Die A-AG schloss ab 1.1.2006 einen neuen Ergebnisabführungsvertrag mit der GbR-neu.

Die A-AG ging für das Jahr 2005 von einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft zwischen ihr und der E-AG aus. Das Finanzamt war anderer Ansicht. Seiner Ansicht nach war die GbR aufgrund der Rechtsänderung aufgelöst worden, sodass der Ergebnisabführungsvertrag weggefallen war und für 2005 gar kein Ergebnisabführungsvertrag bestanden hatte. Für die Jahre 2003 und 2004 waren damit die Voraussetzungen einer Organschaft nicht gegeben.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof erkannte die Organschaft an.

Die Rechtsänderung hat seiner Ansicht nach nicht zur Auflösung der GbR-alt und damit auch nicht zum Erlöschen des Ergebnisabführungsvertrags geführt. Die GbR-alt hat vielmehr bis zum Jahr 2005 weiterbestanden. Die Voraussetzungen für eine gesetzliche Auflösung der GbR-alt sind nicht erfüllt. Angesichts des Zwecks der GbR-alt, eine organisatorische Funktion in einem Konzernaufbau zu erfüllen, kann nicht von einer Zweckerreichung ausgegangen werden. Unerheblich ist, dass die Willensbildungs-GbR ohne eigenen anderweitigen gewerblichen Zweck für Besteuerungszwecke „als aufgelöst gilt“. Denn im Bereich der Organschaft sind die zivilrechtlichen Maßgaben entscheidend. Dementsprechend hat das Ausscheiden der S-AG als vorletzter Gesellschafter der GbR-alt zum Übergang des Gesellschaftsvermögens auf die E-AG und damit auch des Ergebnisabführungsvertrags im Wege der Gesamtrechtsnachfolge geführt.

Die Annahme einer Organschaft ist auch nicht dadurch gesperrt, dass in den beiden Vorjahren (2003/2004) bei der GbR-alt als Organträgerin aufgrund der Rechtsänderung die Voraussetzungen einer Organschaft nicht erfüllt waren. Die Anerkennung der Organschaft ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die GbR-alt in diesem Zeitraum nicht als gewerbliches Unternehmen zu qualifizieren war und die A-AG daher in diese nicht finanziell eingegliedert war. Der BFH ist der Auffassung, dass eine Unterbrechung nicht schadet.

Ist das Brötchen belegt? Ein kleiner Unterschied mit lohnsteuerlichen Folgen

Stellt ein Arbeitgeber unbelegte Brötchen und Heißgetränke seinen Mitarbeitern zur Verfügung, handelt es sich dabei nicht um ein Frühstück nach der Sozialversicherungsentgeltordnung und damit auch nicht um einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug. Denn ohne Belag oder Brotaufstrich ist das keine richtige Mahlzeit.

Hintergrund

Ein Arbeitgeber stellte an jedem Arbeitstag verschiedene Brötchen und Heißgetränke für die Mitarbeiter, aber auch für Kunden und Gäste, unentgeltlich zum Verzehr zur Verfügung. Üblicherweise wurden die Backwaren während der Frühstückspause verzehrt. Aufschnitt, Brotaufstriche oder sonstige Beläge gab es nicht.

Das Finanzamt erkannte in diesem Angebot ein Frühstück und damit eine unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Mahlzeit an die Arbeitnehmer. Dies wurde deshalb mit den Sachbezugswerten nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung bewertet und der entsprechende Betrag als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug angesetzt. Die Freigrenze von 44 EUR war darauf nicht anwendbar.

Entscheidung

Das Finanzgericht sah das anders und entschied, dass trockene Brotwaren und ein Heißgetränk nicht die Anforderungen genügen, die nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung an ein Frühstück zu stellen sind. Zum Mindeststandard eines Frühstücks in Form von Brötchen oder Backwaren in Kombination mit Getränken gehört nämlich auch ein entsprechender Brotaufstrich.

Für die zur Verfügung gestellte Kost wird deshalb kein Sachbezugswert angesetzt. Wenn die Vorteile durch diese Sachbezüge nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigen, bleiben diese außer Ansatz. Im Urteilsfall wurde diese Grenze bei durchschnittlich 20 Arbeitstagen im Monat und Kosten von 0,60 EUR pro Brötchen nicht überschritten, sodass kein geldwerter Vorteil versteuert werden musste.

Haushaltsnahe Dienstleistungen auch im Pflegeheim möglich?

Wer in einer Seniorenresidenz einen eigenen Haushalt bewohnt, kann für die Pflege- und Betreuungsleistungen die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Hintergrund

Die Mutter des Steuerpflichtigen lebte in einer Seniorenresidenz und bewohnte dort ein Einbettzimmer. Für die Pflege- und Betreuungsleistungen wurde die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen beantragt. Das Finanzamt lehnte dies ab und begründete dies damit, dass eine selbstständige Haushalts- und Wirtschaftsführung in dem Einbettzimmer nicht möglich war, da eine Küche bzw. eine Kochgelegenheit fehlte.

Entscheidung

Auch die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Zwar kann die Steuerermäßigung grundsätzlich auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen in Anspruch genommen werden, die einem Steuerpflichtigen wegen Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege entstehen. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Haushalt vorliegt.

Unter Haushalt ist die Wirtschaftsführung mehrerer in einer Familie zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Das Wirtschaften im Haushalt umfasst z. B. das Kochen, Wäsche waschen, Reinigung der Räume und ähnliche Tätigkeiten, die für die Haushaltung oder die Haushaltsmitglieder erbracht werden. Ein solcher Haushalt kann grundsätzlich auch von dem Bewohner einer Seniorenresidenz geführt werden. Die Räumlichkeiten müssen aber so ausgestattet sein, dass sie für eine Haushaltsführung geeignet sind. Erforderlich ist insbesondere, dass Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich individuell genutzt werden können und abschließbar sind. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor, sodass die Steuerermäßigung nicht gewährt werden konnte.

Kostenlose Bewirtung für Busfahrer durch Gastronomiebetrieb: Sind die Kosten beschränkt oder unbeschränkt abziehbar?

Bewirtet ein Gastronomiebetrieb Busfahrer kostenlos, um diese dazu zu motivieren, mit deren Fahrgästen ihre Gaststätte anzufahren, stellt sich die Frage: Darf der Gastwirt die entsprechenden Bewirtungskosten beschränkt oder unbeschränkt geltend machen?

Hintergrund

Die Z-GmbH betreibt diverse Autobahnraststätten. Busfahrer, die diese Raststätten mit einem mit potenziellen Kunden gefüllten Bus anfahren, werden kostenlos bewirtet. Das gilt auch dann, wenn die Busfahrer die Raststätte privat besuchen. Als Anreiz dient eine Kundenkarte. Das Anfahren der Raststätten der Z-GmbH ist jedoch nicht verpflichtend.

Das Finanzamt kürzte die ordnungsgemäß aufgezeichneten Bewirtungskosten um 30 %, da es sich insoweit um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben handelt.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer nur beschränkt i. H. v. 70 % der Aufwendungen abziehbar sind. Die Busfahrer haben Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr erhalten. Dies erfolgte unentgeltlich, denn die bewirteten Busfahrer haben kein besonderes Entgelt für die Verpflegung geleistet. Die Z-GmbH hat zwar die Busfahrer mit der kostenlosen Bewirtung dafür belohnt, dass diese ihre Busse mit potenziellen Kunden zu ihrer Gaststätte gebracht haben. Umgekehrt kann diese Leistung der Busfahrer nicht als Gegenleistung oder Entgelt für die Verpflegung angesehen werden. Es liegt kein Leistungsaustausch vor, insbesondere da für die Busfahrer keine Verpflichtung besteht, die Raststätten der Z-GmbH anzufahren. Eine Kürzung der Bewirtungsaufwendungen für die Busfahrer auf 70 % ist deshalb geboten.

Die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer sind durch den Betrieb der Z-GmbH veranlasst, es handelt sich damit zweifelsfrei um Betriebsausgaben. Die kostenlose Verpflegung soll die Busfahrer motivieren, nicht die Gaststätten der Konkurrenz, sondern die der GmbH anzusteuern, damit die Businsassen dort die Leistungen der GmbH entgeltlich in Anspruch nehmen.

Verbilligte Vermietung: Möblierung muss berücksichtigt werden

Wer eine Wohnung verbilligt an Angehörige vermietet, sollte den Mietzins nicht zu niedrig ansetzen. Sonst droht eine Kürzung der geltend gemachten Kosten. Gut zu wissen: Wird eine teilmöblierte Wohnung überlassen, muss die Kaltmiete grundsätzlich um einen Möblierungszuschlag für Einbauküche, Waschmaschine und Trockner erhöht werden.

Hintergrund

Die Kläger vermieteten an ihren Sohn verbilligt eine Wohnung. Diese war mit einer Einbauküche ausgestattet. Darüber hinaus überließen sie ihm eine Waschmaschine und einen Trockner zur Nutzung. Das Finanzamt erhöhte die ortsübliche Vergleichsmiete um einen Möblierungszuschlag für die Einbauküche, Waschmaschine und Trockner i. H. d. monatlichen Abschreibung. Unter dem Strich ergab sich eine Entgeltlichkeitsquote von (damals) unter 75 %. Deshalb kürzte das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosten anteilig.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage zurück und entschied, dass eine verbilligte Überlassung an Angehörige vorlag. Denn die Wohnung wurde nach seinen Berechnungen zu einem Mietzins von unter 75 % der ortsüblichen Miete überlassen.

Die ortsübliche Marktmiete lässt sich grundsätzlich dem örtlichen Mietspiegel entnehmen. Sie umfasst neben der Kaltmiete auch die umlagefähigen Betriebskosten. Zudem wird ein Möblierungszuschlag auf die Kaltmiete als üblich angesehen. Denn der Vermieter räumt bei einer möblierten Vermietung dem Mieter ein Mehr an Gebrauchsmöglichkeiten ein. Zwar gibt es unterschiedliche Ansätze dafür, wie die Höhe des Zuschlags bestimmt werden kann. Dem Ansatz der Abschreibung von den Anschaffungskosten der mitvermieteten Sachen unter Berücksichtigung einer angemessenen Verzinsung von 4 % ist dabei zugunsten des Vermieters der Vorzug zu geben.

Arbeitnehmer verlangt Aufhebung des Arbeitsverhältnisses: Kann die Abfindung trotzdem ermäßigt versteuert werden?

Auch wenn ein Arbeitnehmer den Abschluss eines Aufhebungsvertrags verlangt, kann für die vom Arbeitgeber in diesem Zusammenhang gezahlte Entschädigung die Tarifbegünstigung in Anspruch genommen werden.

Hintergrund

Ein Verwaltungsangestellter regte nach einem Streit wegen einer Höhergruppierung bei seinem Arbeitgeber, einer Gemeinde, ein Ausscheiden gegen Abfindung an, da er nur noch 1 Jahr bis zum Erreichen der Altersgrenze zu arbeiten hatte. Die Gemeinde erklärte sich dazu bereit und zahlte die vereinbarte Entschädigung von 36.250 EUR mit dem letzten Monatsgehalt aus. Im Gegenzug verzichtete der Arbeitnehmer auf die Höhergruppierung. Das Finanzamt wendete die Tarifermäßigung für Abfindungen hier nicht an.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass im vorliegenden Fall eine begünstigte Entschädigung vorlag. Zwar ist eine Abfindung grundsätzlich nicht begünstigt, wenn der Arbeitnehmer sein Ausscheiden selbst herbeigeführt hat. Für die Anwendung der Tarifbegünstigung sah der Bundesfinanzhof jedoch eine Konfliktlage des Arbeitnehmers als ausreichend an. Wegen des Streits mit dem Arbeitgeber über die Höhergruppierung und das vorzeitige Ausscheiden war vorliegend diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen. Es muss nach Ansicht der Richter für die Tarifermäßigung ausreichen, dass die Vertragspartner einen durch beide Konfliktparteien verursachten Interessenkonflikt im Verhandlungswege gelöst haben.

Verzicht auf Pflichtteilsanspruch: Welche Steuerklasse gilt für die Abfindung?

Wer auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs verzichtet und dafür von den anderen Erben eine Abfindung erhält, kann bei der Besteuerung dieser Zahlung nur die Steuerklasse in Anspruch nehmen, die zwischen den Erben maßgeblich ist.

Hintergrund

K hatte im Jahr 2006 durch Erbschaftsvertrag gegenüber seinen 3 Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs verzichtet. Dafür bekam er von diesen eine Abfindung von jeweils 150.000 EUR. Im Jahr 2002 hatte K von der Mutter M bereits Schenkungen im Wert von ca. 1 Mio. EUR erhalten.

Das Finanzamt erließ 3 getrennte Schenkungsteuerbescheide gegen K, da es sich bei der Zahlung der Abfindungen an K nicht um eine Schenkung der Mutter, sondern als 3 freigebige Zuwendungen der Brüder an K handelte. Darin rechnete es der Abfindung von 150.000 EUR jeweils den vollen Wert der im Jahr 2002 erfolgten Schenkungen der M hinzu. Davon zog es den für Erwerbe von Kindern von ihren Eltern geltenden Freibetrag ab und wandte den Steuersatz der Steuerklasse I für Kinder (19 %) an.

Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht statt. Es rechnete die Vorschenkungen den Abfindungen nicht hinzu und berücksichtigte dem Antrag des K entsprechend lediglich den für die „übrigen Personen der Steuerklasse I“ vorgesehenen Freibetrag.

Entscheidung

Vor dem Bundesfinanzhof hatte das Urteil des Finanzgerichts keinen Bestand. Zwar hatte das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass die Vorerwerbe von M bei der Berechnung der Steuer nicht zu berücksichtigen waren. Denn bei den Abfindungen handelte es sich um eine Zuwendung zwischen Geschwistern und nicht um eine Zuwendung der künftigen Erblasserin M an K.

Allerdings war hier nicht die Steuerklasse I für Kinder, sondern die im Verhältnis des K zu seinen Brüdern geltende Steuerklasse II zwischen Geschwistern anzuwenden. Das hatte zur Folge, dass nur ein geringerer Freibetrag zu berücksichtigen war und ein Steuersatz von 17 % zur Anwendung kam.

Vermieter ist nicht Eigentümer: Gilt dann auch der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“?

Wird ein vermietetes Grundstück veräußert, geht das Mietverhältnis normalerweise auf den Erwerber über. Dies kann in Ausnahmefällen auch dann gelten, wenn Vermieter und Veräußerer nicht identisch sind.

Hintergrund

Der Mieter hatte im Jahr 2008 Räume von der E. Handels GmbH gemietet. Eigentümer war damals die E. Grundstücksgesellschaft GmbH. Die Handels GmbH war aus strategischen Gründen ins Leben gerufen worden und hat den Mietvertrag auf Anweisung der Grundstücks GmbH abgeschlossen. Die Grundstücks GmbH verwaltete die Immobilie und zog die Miete ein.

Im April 2011 verkaufte die Grundstücks GmbH die Immobilie und übertrug sämtliche Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen ab Übergabe auf den Erwerber. Dem Kaufvertrag war eine Mieterliste beigefügt.

Im September und Oktober 2013 kündigte der Erwerber die Mietverhältnisse. Zuvor hatte allerdings der Mieter bereits eine Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis 2018 ausgeübt.

Entscheidung

Die Räumungsklage des Erwerbers hatte keinen Erfolg. Ein Erwerber vermieteter Räume tritt anstelle des Veräußerers ein, wenn der Vermieter die Räume nach der Überlassung an den Mieter an einen Dritten veräußert. Zwar war vorliegend der Vermieter nicht auch der Eigentümer. Die gesetzliche Regelung ist hier jedoch entsprechend anwendbar. Denn die Vermietung ist mit Zustimmung des Eigentümers erfolgt, sie lag im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers und der Vermieter hatte kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses.

Durch den Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ will der Gesetzgeber hauptsächlich Mieter von Gewerberäumen davor schützen, bei einer Veräußerung des Grundstücks ihren Besitz am Mietobjekt zu verlieren. Dieser Gesetzeszweck greift auch, wenn ein Nichteigentümer den Mietvertrag in eigenem Namen, aber mit Zustimmung des Eigentümers abschließt. Das Interesse des Mieters, nach einem Wechsel der Eigentumsverhältnisse die gemieteten Räume unbeeinträchtigt weiter nutzen zu können, besteht unabhängig davon, ob er den Mietvertrag mit dem Eigentümer oder einer anderen Person mit Wissen und Einverständnis des Eigentümers geschlossen hat.

Zudem gingen die Kaufvertragsparteien von einem Übergang der Mietverträge auf die Erwerberin aus. Unter diesen Umständen ist es ausnahmsweise gerechtfertigt, den Mietvertrag so zu behandeln, als habe die veräußernde Grundstücks GmbH den Mietvertrag abgeschlossen.

Die Erwerberin des Grundstücks ist somit als Vermieterin in den bis 2018 laufenden Mietvertrag eingetreten. Eine vorzeitige ordentliche Kündigung war nicht möglich, sodass die Räumungsklage keinen Erfolg hatte.