Kürzung der Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Unterhaltsleistungen zählen nur für den Veranlagungszeitraum, in dem sie gezahlt werden. Im Dezember geleisteter Unterhalt kann deshalb nicht im folgenden Jahr steuerlich geltend gemacht werden. Der Bundesfinanzhof bestätigt insoweit seine bisherige ständige Rechtsprechung.

Hintergrund

Die Eheleute zahlten am 2.12.2010 einen Betrag von 3.000 EUR an den in Brasilien lebenden Vater der Ehefrau als Unterhalt. Im Mai 2011 überwiesen sie erneut 3.000 EUR. Den im Dezember 2010 gezahlten Betrag erkannte das Finanzamt lediglich mit 161 EUR an. Das war der anteilig auf den Monat Dezember entfallende Betrag. Dagegen wehrten sich die Eheleute. Sie machten geltend, dass der im Dezember 2010 gezahlte Betrag sich wirtschaftlich auf den Zeitraum bis zur nächsten Zahlung im Mai 2011 bezog, also auf die Monate Dezember 2010 bis April 2011. Deshalb verlangten sie, dass die Zahlungen auch über den Jahreswechsel hinaus als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hielt mit seiner Entscheidung an seiner ständigen Rechtsprechung fest und urteilte, dass eine Rückbeziehung einer Unterhaltszahlung auf einen Monat vor der Zahlung grundsätzlich ausgeschlossen war. Denn absetzbar sind nur die typischen Unterhaltsaufwendungen, die die “laufenden” Bedürfnisse befriedigen. Eine Ausnahme kann es nur bei einer erstmaligen Unterhaltszahlung geben, wenn sie der Abtragung von Schulden dient, die durch die Bestreitung der laufenden Bedürfnisse entstanden sind.

Das Gesetz gestattet nach Ansicht der Richter auch nicht den Abzug von Unterhaltsaufwendungen, soweit sie für die Zeit nach Ablauf des Veranlagungszeitraums geleistet werden. Unterhaltsleistungen sollen nämlich nur insoweit berücksichtigt werden, als sie zur Abdeckung des sächlichen Existenzminimums erforderlich sind. Ein darüber hinausgehender Abzug soll nicht eröffnet werden. Ein solcher Abzug würde sich aber ergeben, wenn ein nach Ablauf des Veranlagungszeitraums erst entstehender Unterhaltsbedarf schon im Veranlagungszeitraum vor seiner Entstehung berücksichtigt werden würde. Ein künftiger Unterhaltsbedarf im Folgejahr kann also nicht zum steuerlichen Existenzminimum im Zahlungsjahr gehören. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung ist im Gesetzeswortlaut hinreichend fundiert.

Leistungszeitpunkt für Vorsteuerabzug kann sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben

Die Angabe des Leistungszeitpunkts in einer Rechnung ist eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Dieser kann sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Leistung im Monat der Rechnungsausstellung bewirkt wurde.

Hintergrund

Die X-GmbH nahm den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der A-GmbH in Anspruch, u. a. für Pkw-Lieferungen. Bei einem Teil der Rechnungen über weitere Dienstleistungen war der Leistungsgegenstand nicht konkret bezeichnet. Da die Steuernummer des Leistenden nicht angegeben war, versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Rechnungen. A ergänzte zwar daraufhin die Rechnungen um die Steuernummer, jedoch ging das Finanzamt davon aus, dass A der Vorsteuerabzug erst für das Jahr der Berichtigung zustand.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass die Ergänzung der Rechnungen zurückwirkte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied zum einen, dass für die erbrachten Dienstleistungen es in den Rechnungen an Angaben tatsächlicher Art fehlt. So war die Identifizierung der abgerechneten Leistung nicht möglich, Umfang und Art der Dienstleistungen waren nicht hinreichend präzisiert. Dafür genügen allgemeine Leistungsbeschreibungen nicht. Da X dazu keine ergänzenden Unterlagen einreichte und sie daher den Mangel der ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung nicht behob, steht ihr insoweit der Vorsteuerabzug nicht zu.

Zum anderen urteilte der Bundesfinanzhof, dass bezüglich der Pkw-Lieferungen X die Rechnungen um die fehlende Angabe der Steuernummer ergänzen konnte. Diesbezüglich war der Vorsteuerabzug zu bejahen. Die Berichtigung wirkte auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurück. Denn die Rechnung enthielt Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.

Weitergehende Rechnungsmängel sah der Bundesfinanzhof für die Pkw-Lieferungen nicht. Für die Angabe des Lieferzeitpunkts genügt die Angabe des Kalendermonats, in dem die Leistung ausgeführt wird. In der Angabe des Ausstellungsdatums kann zugleich die erforderliche Angabe des Lieferzeitpunkts liegen, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Entscheidend ist, ob die Rechnung anhand der Gesamtumstände, insbesondere auch anhand der vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen in diesem Sinne ausgelegt werden kann. Das war hier der Fall. Denn unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben der X wurde mit den Rechnungen über jeweils einmalige Liefervorgänge über Pkw abgerechnet, die branchenüblich mit oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechnungserstellung ausgeführt wurden. Damit folgte aus dem Ausstellungsdatum, dass die jeweilige Lieferung im Kalendermonat der Rechnungserteilung ausgeführt wurde, sodass die Angabe des Ausstellungsdatums als Angabe des Zeitpunkts der Lieferung anzusehen war.

Verrechenbare Verluste bei unentgeltlicher Übertragung eines KG-Anteils

Ein verrechenbarer Verlust geht anteilig auf den Übernehmer eines KG-Anteils über. Das gilt zumindest dann, wenn diesem auch das durch die Beteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen wird.

Hintergrund

X und ihr Ehemann E waren als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Mit Vertrag vom Dezember 2006, der als Schenkungsvertrag bezeichnet war, übertrug E zum 1.1.2007 einen Teil seines KG-Anteils auf X. Die Ansprüche aus dem für E geführten Privatkonto sollten dabei unberührt bleiben und von diesem unverändert fortgeführt werden. Dementsprechend wiesen die Jahresabschlüsse ab 2007 lediglich hinsichtlich des Kommanditkapitals geänderte Werte aus. Der verrechenbare Verlust des E zum 31.12.2006 betrug 178.000 EUR. Davon entfiel ein Anteil von 160.000 EUR rechnerisch auf die anteilig übertragene Beteiligung.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass die seinerzeit vorhandenen verrechenbaren Verluste durch die schenkweise Übertragung untergegangen waren. Eine Übertragung auf X hatte nicht stattgefunden, da das negative Kapitalkonto nicht mit übertragen wurde.

Das Finanzgericht bejahte dagegen die anteilige Übertragung des verrechenbaren Verlustes und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof teilte die Auffassung des Finanzgerichts und entschied, dass der verrechenbare Verlust anteilig auf X übergegangen war.

Die Verlustverrechnung ist nur mit Gewinnen aus der Beteiligung gestattet, bei der die Verluste angefallen sind. Ein nach der Übertragung verbleibender verrechenbarer Verlust muss demjenigen zugeordnet werden, der später aus der Beteiligung Gewinne erzielt. Mit dem unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil geht deshalb auch der verrechenbare Verlust auf den Übernehmer über, der später als Mitunternehmer aus dem Betrieb Gewinne erzielen kann. Die Verpflichtung, künftige auf die Beteiligung entfallende Gewinnanteile zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos zu verwenden, geht als Eigenschaft der Beteiligung auf den Übernehmer über. Die “Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen” kann nicht beim Übertragenden verbleiben, während das Gewinnbezugsrecht auf den Übernehmer übergeht. Der verrechenbare Verlust ist nicht vom Gewinnbezugsrecht abtrennbar und geht notwendig mit dem übertragenen Anspruch auf Zuteilung des Gewinns auf den Beschenkten über.

Die Zuordnung des verrechenbaren Verlustes beim Übernehmer des Kommanditanteils hängt damit allein davon ab, ob das (zukünftige) Gewinnbezugsrecht (Anspruch auf künftige anteilige Zuteilung des Gewinns) auf ihn übergegangen ist. Das gilt unabhängig davon, ob der Kommanditanteil im Ganzen oder nur teilweise übertragen wird. Bei einer teilweisen Übertragung geht daher der verrechenbare Verlust anteilig auf den Übernehmer über. Denn insoweit trägt er künftig anteilig eine wirtschaftliche Belastung.

Der verrechenbare Verlust war demnach anteilig auf X übergegangen. Denn nach dem “Schenkungsvertrag” sollte nur der durch das feste Kapitalkonto repräsentierte Gewinnanteil künftig der X zustehen. Sie traf insoweit die Verpflichtung, künftige Gewinne zum Auffüllen des negativen Kapitalkontos zu verwenden. Die buchmäßige Behandlung war nicht entscheidend.

Zurückweisung von Einsprüchen zu gemischt genutzten Arbeitszimmern per Allgemeinverfügung

Nachdem der Bundesfinanzhof klargestellt hatte, dass ein Kostenabzug für ein gemischt genutztes Arbeitszimmer nicht infrage kam, wurde die Finanzverwaltung jetzt tätig: Alle anhängigen Einsprüche werden per Allgemeinverfügung zurückgewiesen.

Hintergrund

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat eindeutig entschieden, dass die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich nicht abziehbar sind, wenn der Raum privat und beruflich/betrieblich genutzt wird. Noch nicht einmal ein anteiliger Kostenabzug kommt infrage.

Vielmehr dürfen die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers nur dann steuerlich abgezogen werden, wenn der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche und berufliche Zwecke genutzt wird. Ein anteiliger Kostenabzug ist auch für Arbeitsecken im Wohnzimmer oder beruflich genutzte Durchgangszimmer ausgeschlossen.

Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung dieser Leitentscheidung in der Folgezeit in zahlreichen Entscheidungen gefolgt war und das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat, reagierten nun die obersten Finanzbehörden der Länder.

Entscheidung

Mit einer Allgemeinverfügung haben die Finanzbehörden alle an diesem Tag anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide und Feststellungen zurückgewiesen. Dies betrifft die Fälle, in denen die Einspruchsführer geltend gemacht haben, dass die Kostenaberkennung für privat mitgenutzte Arbeitszimmer einfachgesetzlich fraglich ist oder gegen das Grundgesetz verstößt.

Allgemein zurückgewiesen wurden mit der Allgemeinverfügung ferner entsprechende Anträge auf Aufhebung oder Änderung von Einkommensteuerbescheiden und Feststellungen, die außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt worden sind.

Kleinunternehmerregelung bei Gebrauchtwagenhändlern: Gilt die Handelsspanne oder gelten die vereinnahmten Entgelte?

Ist für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne/Marge oder auf den Umsatz abzustellen? Diese Frage legt der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof vor.

Hintergrund

X erzielte 2009/2010 der Differenzbesteuerung unterliegende Umsätze aus einem Gebrauchtwagenhandel. Der Gesamtumsatz betrug 27.358 EUR/25.115 EUR, die Handelsspanne lag bei 17.328 EUR/17.470 EUR. X wurde bis 2009 umsatzsteuerlich als Kleinunternehmer behandelt, weil die Finanzverwaltung für die Umsatzgrenze in Fällen der Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abstellte. Ab 2010 änderte sich die Verwaltungspraxis dahin, dass nunmehr die vereinnahmten Entgelte (Gesamtumsatz) maßgeblich waren. Dementsprechend versagte das Finanzamt für 2010 die Anwendung der Kleinunternehmerregelung.

Das Finanzgericht verwies auf das Unionsrecht, nach dem es bei der Bemessung der Umsatzgrenze auf die Handelsspanne ankommt, und gab der Klage statt.

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof befürwortet die Berechnung nach der Handelsspanne und stützt sich dabei auf Unionsrecht. Denn danach setzt sich der für die Umsatzgrenze maßgebliche Umsatz aus dem Betrag der Lieferungen und Leistungen zusammen, “soweit” diese besteuert werden. Die Regelung stellt damit auf den Umfang der Besteuerung ab. Dieser ist bei der Differenzbesteuerung auf die Differenz, also die Handelsspanne beschränkt. Diese Auffassung würde jedoch der seit 2010 geänderten Verwaltungsregelung widersprechen, nach der das vereinbarte Entgelt und nicht der Differenzbetrag maßgeblich ist.

Andererseits könnte die Formulierung “soweit diese besteuert werden” auch so verstanden werden, dass nur steuerfreie Umsätze aus dem maßgeblichen Umsatz ausgeschlossen werden müssen und die übrigen Umsätze in Höhe ihrer Entgelte einzubeziehen sind.

Da der Bundesfinanzhof die Frage für zweifelhaft hält, setzte er das Revisionsverfahren aus und legte die Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof vor.

Vorläufiger Rechtsschutz für Nachzahlungszinsen

Der Bundesfinanzhof äußerte kürzlich in einem Urteil schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe von Nachzahlungszinsen. Das gilt zumindest für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015. Die Finanzverwaltung gewährt nun aufgrund dessen vorläufigen Rechtsschutz.

Hintergrund

Der Zinssatz beträgt 0,5 % für jeden vollen Kalendermonat des Zinslaufs, mithin 6 % per anno.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in seiner neuesten Entscheidung begegnet diese Zinshöhe durch ihre realitätsfremde Bemessung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet angesichts der zu dieser Zeit bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße.

Zur Frage, ob der gesetzliche Zinssatz für Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2009 bzw. 31.12.2011 verfassungsgemäß ist, liegen dem Bundesverfassungsgericht jedoch seit längerer Zeit die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen wegen der Höhe des Zinssatzes von Nachforderungszinsen zur Gewerbesteuer vor.

Verfügung

Obwohl der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume bestätigte, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, den Beschluss des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus in allen Fällen, in denen eine vollziehbare Zinsfestsetzung vorliegt, in der der gesetzliche Zinssatz zugrunde gelegt wird, für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 anzuwenden und insoweit auf Antrag des Zinsschuldners im Einspruchsverfahren Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Für die Zeit bis zu einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage durch das Bundesverfassungsgericht werden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder darüber hinaus mit geeigneten Maßnahmen Vorsorge treffen, dass die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in möglichst allen betroffenen Fällen zur Wirkung gebracht werden kann. Gegen Zinsfestsetzungen, die insoweit nicht vorläufig ergangen sind, bedarf es im Einzelfall allerdings der Einlegung eines Einspruchs, und zwar unabhängig davon, ob die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung beantragt wird.

Zulässigkeit der Aufrechnung mit Haftungsforderungen bei Insolvenz

Mit einem Erstattungsanspruch kann auch dann aufgerechnet werden, wenn das Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist.

Hintergrund

Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Im Dezember 2011 meldete das Finanzamt Forderungen aus Umsatzsteuer zur Insolvenztabelle an. Nachdem diese Forderungen bestritten wurden, erließ das Finanzamt Feststellungsbescheide, die mit Einspruch angefochten wurden. Im Juni 2012 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, dass zwischen der GmbH und einem Einzelunternehmen eine bislang nicht erkannte umsatzsteuerliche Organschaft bestand. Das Einzelunternehmen befand sich ebenfalls in der Insolvenz. Das Finanzamt erkannte die Organschaft an und hob daraufhin die Feststellungsbescheide auf. Im Anschluss nahm es jedoch die GmbH als Organgesellschaft für Umsatzsteuer des Organträgers in Haftung. Zwar hätte die von der GmbH gezahlte Umsatzsteuer nunmehr eigentlich zurückgezahlt werden müssen. Das Finanzamt erklärte jedoch die Aufrechnung ihrer Haftungsforderung mit den Rückzahlungsansprüchen der GmbH. Diese Aufrechnung hielt der Insolvenzverwalter für nicht zulässig. Denn die Insolvenzforderung des Finanzamts resultierte aus dem Zeitraum nach der Insolvenzeröffnung.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Seiner Ansicht nach hatte das Finanzamt zutreffend entschieden, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch durch Aufrechnung erloschen war. Die Voraussetzungen für die Aufrechnung waren hier erfüllt. Insbesondere war der Haftungsanspruch als Gegenforderung gegeben. Ein Aufrechnungsverbot bestand nicht. So war der Rückforderungsanspruch der GmbH nicht erst mit der formellen Aufhebung der Umsatzsteuerfestsetzung und damit nach der Insolvenzeröffnung entstanden. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Nach der materiellen Rechtsgrundtheorie entstehen Erstattungsansprüche unabhängig von ihrer Festsetzung. Deshalb entstand der Erstattungsanspruch der GmbH bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sodass das Finanzamt mit der Haftungsforderung aufrechnen durfte.

Keine Steuerbegünstigung für öffentliche Mischwasserleitung als Handwerkerleistungen

Wird eine öffentliche Mischwasserleitung neu verlegt, fehlt ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen. Der ist jedoch Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Handwerkerleistung.

Hintergrund

Die Kläger sind Eigentümer eines von ihnen bewohnten Einfamilienhauses. Im Jahr 2011 schloss der Abwasserzweckverband das Grundstück an die öffentliche Kläranlage an. Von den Klägern verlangte er einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von rund 4.000 EUR für die Herstellung der Mischwasserleitung.

Die Kläger machten für diesen Betrag die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Denn auch dem Haushalt dienende Leistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden, können begünstigt sein.

Entscheidung

Diesem Urteil widersprach der Bundesfinanzhof und wies die Klage ab.

Die Handwerkerleistung muss “in” einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Den Begriff “im Haushalt” legt der BFH räumlich-funktional aus. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei aber um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt an das öffentliche Versorgungsnetz (Trinkwasser, Abwasser) angeschlossen wird.

Hier handelte es sich jedoch um Aufwendungen für die Herstellung bzw. Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wurde, d. h. das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz. Dieses zählte der Bundesfinanzhof nicht mehr zum Haushalt, da insoweit ein räumlich-funktionaler Zusammenhang der Handwerkerleistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers fehlte. Denn die Zahlung kommt allen Nutzern des Netzes zugute.

Abziehbarkeit von Darlehenszinsen als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung

Wer ein Gebäude mit mehreren Wohnungen plant, während der Bauphase aber bereits eine Wohnung verkauft, muss damit rechnen, dass die für die Anschaffungs- und Herstellungskosten dieses Gebäudes entrichteten Darlehenszinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar sind.

Hintergrund

Die Steuerpflichtigen errichteten auf einem Grundstück ein Gebäude mit 3 Wohnungen. Mit Vertrag vom 24.11.2010 teilten sie das Wohnhausgrundstück mit Teilungserklärung in 3 Wohnungen auf und veräußerten zeitgleich eine Wohnung an ihre Tochter. Zur Finanzierung des Bauvorhabens nahmen die Steuerpflichtigen bei einer Bank ein Darlehen über 160.000 EUR auf und beglichen über dieses Baukonto sämtliche Rechnungen rund um das Bauvorhaben. Eine Aufteilung der Kosten oder eine Zurechnung auf die einzelnen Wohnungen nahmen die Steuerpflichtigen nicht vor.

In ihrer Steuererklärung rechneten sie die aufgenommenen Darlehen insgesamt den beiden vermieteten Wohnungen zu und machten die Zinsaufwendungen in voller Höhe geltend. Das Finanzamt teilte dagegen die abzugsfähigen Schuldzinsen entsprechend der Miteigentumsanteile aller 3 in dem Gebäude vorhandenen Wohnungen auf.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt recht und wies die Klage der Steuerpflichtigen ab. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern wird eine von mehreren Wohnungen während der Bauphase veräußert, sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die für einen Kredit entrichteten Darlehenszinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar. Ein Abzug in voller Höhe kommt nur dann in Betracht, wenn die Darlehenszinsen steuerlich einem bestimmten Gebäudeteil zugeordnet werden können, der der Einkünfteerzielung dient.

Kürzung des Vorwegabzugs auch bei Renteneinkünften

Bezieht ein Steuerpflichtiger neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, darf der Vorwegabzug gekürzt werden.

Hintergrund

Der Kläger bezog im Jahr 2015 neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Höhe von 22.085 EUR. Das Finanzamt kürzte den Vorwegabzug in Höhe von 3.000 EUR um 16 % von 22.085 EUR, also 3.533 EUR, und setzte ihn mit 0 EUR an.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, dass der Vorwegabzug nicht gekürzt werden durfte, da er auch ohne die nichtselbstständige Arbeit gesetzlich krankenversichert gewesen wäre. Er hätte daher durch die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung keinerlei Vorteile erlangt.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Kürzung des Vorwegabzugs auf Null rechtmäßig war. Nach den sozialrechtlichen Vorschriften war der Kläger im Zeitraum Januar bis Juni 2015 als Bezieher einer Altersrente Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse und Pflegeversicherung. Im Zeitraum Juli bis Dezember 2015 war er dagegen als Arbeitnehmer gesetzlich kranken- und pflegeversicherungspflichtig. Er hatte in diesen Monaten dem Grunde nach Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmer. Seine Ansprüche aufgrund des Bezugs der Altersrente waren nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts für diesen Zeitraum weggefallen. Damit erwarb der Kläger Ansprüche, die auf einer Arbeitnehmertätigkeit beruhen. Dies führte zur Kürzung des Vorwegabzugs.