Familienheim geerbt: Für die Steuerbefreiung muss „unverzüglich“ gehandelt werden

Wer ein Haus erbt, entgeht der Erbschaftsteuer, wenn er es selbst zum Wohnen nutzen möchte. Zu viel Zeit sollte man sich dabei aber nicht lassen. Denn zieht der Erwerber nicht innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall ein, muss er gut begründen können, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Hintergrund

Der Kläger A war mit seinem Bruder B Miterbe seines im Januar 2014 verstorbenen Vaters V. Nach dem Testament des V sollte A Alleineigentümer eines von V vollständig selbstgenutzten Zweifamilienhaus werden. Mit Vermächtniserfüllungsvertrag vom Februar 2015 erhielt A das Alleineigentum. Im September 2015 wurde A als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Ab April 2016 holte A Angebote von Handwerkern für die Renovierung des Hauses ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016.

Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer für den Erwerb des Hauses fest. A ging dagegen vom steuerbefreiten Erwerb eines Familienheims aus. Das Finanzgericht wies die Klage des A ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des A zurück. Die Steuerbefreiung umfasst u. a. eine vom Erblasser genutzte Wohnung, wenn diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Erforderlich ist, dass der Erwerber tatsächlich in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt, und zwar in der Weise, dass er dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall.

Der Erwerber muss die Absicht zur Selbstnutzung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, und damit innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall fassen und tatsächlich umsetzen. Dabei ist dem Erwerber eine gewisse Zeit für die Entscheidung, ob er einziehen wird, und für die Renovierung bzw. Umgestaltung der Wohnung für eigene Wohnzwecke sowie für den Umzug einzuräumen. Grundsätzlich ist der 6-Monats-Zeitraum nach dem Erbfall als angemessen anzuerkennen. Aber auch nach Ablauf von 6 Monaten kann noch eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber dann darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Im vorliegenden Fall hatte nach Ansicht des Bundesfinanzhofs A zu spät mit der Renovierung begonnen. Selbst wenn man den Vermächtniserfüllungsvertrag (13 Monate nach dem Erbfall) und die Eintragung im Grundbuch (weitere 6 Monate) als entschuldbare Verzögerungsumstände ansehen würde, hat A das Haus nicht unverzüglich zu Wohnzwecken bestimmt. Denn erst im April 2016 und damit mehr als 2 Jahre nach dem Todesfall und mehr als 6 Monate nach der Grundbucheintragung begann die Renovierung. Diesbezüglich legte er nicht konkret dar, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hatte.

Innergemeinschaftliche Lieferungen von Pkw nur unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei

Selbst wenn die Richtigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt für Steuern bestätigt ist – bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung reicht eine bloße Briefkastenadresse einer Scheinfirma zur Identifizierung eines Abnehmers nicht aus.

Hintergrund

Das Finanzamt versagte der Klägerin die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung von 3 Pkw an Abnehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Nach Auffassung des Finanzamts lagen die Voraussetzungen des Buch- und Belegnachweises nicht vor. Auch war eine Berufung auf den Gutglaubensschutz nicht möglich, da die Klägerin nicht gutgläubig handelte. Denn bei Prüfungsbeginn lagen weder eine Empfangsbestätigung des Abnehmers, eine Versicherung des Abnehmers den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern noch eine Vollmacht zur Abholung vor. Die nachgereichten Unterlagen waren nachträglich erstellt worden. Auch fehlte die Angabe des jeweiligen Monats, in denen die 3 Pkw erhalten wurden. Des Weiteren handele es sich bei dem Abnehmer Firma N s.r.o. um eine Scheinfirm, die nicht der tatsächliche Abnehmer der betreffenden Fahrzeuge war. Insoweit war der Buchnachweis falsch.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die 3 Pkw-Lieferungen zu Recht als nicht steuerfrei angesehen hatte, da ein ordnungsgemäßer Belegnachweis fehlte. Die Klägerin belegte zuerst durch eine – im Jahr 2010 noch zulässige – sog. „Verbringensbestätigung“ eine sog. Abhollieferung. Im Verfahren vor dem Finanzgericht belegte die Klägerin jedoch eine sog. Versendungslieferung in die Slowakei durch die „Spedition K“. Somit lag keine Abhollieferung, sondern eine Versendungslieferung vor. Jedoch fehlte der im Versendungsfall erforderliche Gelangensnachweis durch einen Beleg (Frachtbrief). Die vorliegenden „Verbringensbestätigungen“ waren nicht als „Ersatzbelege“ heranziehbar, weil ihr Aussagegehalt – die Bestätigung der Verbringung der Fahrzeuge in einen anderen Mitgliedstaat – ein ganz anderer war.““

Darüber hinaus setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des Lieferers die Person des Abnehmers (Erwerbers) dieser Lieferung bekannt ist. Die Lieferung von Pkw ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn der Lieferer sich zwar die Richtigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers vom Bundeszentralamt für Steuern hat bestätigen lassen, es sich aber bei dem Abnehmer – wie hier – um eine Scheinfirma handelt. Bei der angegebenen Anschrift handelte es sich lediglich um die Anschrift eines Buchhaltungsbüros, der Abnehmer verfügte an seiner Adresse über keinen aktiven Telefon- oder Faxanschluss und über keinen Lagerplatz für Fahrzeuge. Aus dem Briefkopf des Abnehmers war erkennbar, dass er an seinem angegebenen Sitz keine Geschäftstätigkeit ausübte. Denn dort war nur eine Telefon- und Faxverbindung in einem anderen EU-Staat angegeben und der Geschäftsführer des Lieferers hatte keinen persönlichen, schriftlichen oder telefonischen Kontakt mit dem Geschäftsführer des Abnehmers.

Ein Vertrauensschutz kam nicht in Betracht, da die Klägerin die Unrichtigkeit der Angaben der N s.r.o. bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte erkennen können. Die Klägerin hätte hier bei Beachtung dieses Sorgfaltsmaßstabes erkennen können, dass es sich bei der N s.r.o. um eine in der Slowakei wirtschaftlich nicht tätige und deshalb nicht zur Erwerbsbesteuerung verpflichtete Scheinfirma handelt.

Kein Anspruch auf Kindergeld bei berufsbegleitender Weiterbildung

Eine einheitliche Erstausbildung liegt nicht mehr vor, wenn die von dem Kind ausgeübte Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig dienen.

Hintergrund

Die volljährige Tochter T befand sich bis Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Von November 2013 bis Juli 2016 absolvierte T einen berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben arbeitete sie bei einer Stadtverwaltung in Vollzeit. Die Familienkasse lehnte die Zahlung des Kindergeldes ab August 2013 ab. Ihrer Meinung nach hatte T bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen. Während der Zweitausbildung war sie einer zu umfangreichen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Das Finanzgericht sah den Lehrgang noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung an und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof urteilte deutlich strenger. Er hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenzufassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte) zueinanderstehen und in engem zeitlichem Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt jedoch dann nicht mehr vor, wenn die nach Erlangung des ersten Berufsabschlusses aufgenommene Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf dienen.

Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht u. a. eine längerfristige Bindung an einen Arbeitgeber durch ein zeitlich unbefristetes oder auf mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis oder eine annähernde Vollzeittätigkeit und Besuch der Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende. Wird dagegen die Wochenarbeitszeit von 20 Stunden nur geringfügig überschritten oder ist die Teilzeittätigkeit so verteilt, dass sie sich dem Ausbildungsplan anpasst, spricht dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung.

Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob T mit ihrem Vollzeitarbeitsverhältnis bereits in den von ihr angestrebten Beruf eingetreten ist und den Verwaltungslehrgang nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme absolvierte. Darüber hinaus muss geklärt werden, ob das Ausbildungsverhältnis dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis.

Nach einem Einspruch werden nicht alle Steuern verzinst

Die Freude über eine Steuererstattung kann getrübt werden, wenn die erhofften üppigen Zinsen ausbleiben. Doch eine Verzinsung ist nur für die im Gesetz ausdrücklich genannten Steuern vorgesehen – und das sind längst nicht alle.

Hintergrund

Die Klägerin legte gegen eine Steueranmeldung gegenüber dem zuständigen Hauptzollamt Einspruch ein. Vorher hatte sie die entsprechende Steuer bezahlt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die entsprechende Steuer für verfassungswidrig erklärt hatte, erstattete das Hauptzollamt die Steuer. Die Klägerin verlangte die Verzinsung der entrichteten Steuer. Das Zollamt lehnte dies jedoch ab. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht. 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Für eine Verzinsung der zunächst gezahlten Steuer bestand nach Ansicht der Finanzrichter keine Anspruchsgrundlage. § 236 AO, der die Verzinsung von Ansprüchen während einer Rechtshängigkeit betrifft, war nicht erfüllt, da die Klägerin das maßgebliche Klageverfahren nicht geführt hatte. Voraussetzung des § 236 AO ist jedoch, dass der zu verzinsende Erstattungsanspruch vom Steuerpflichtigen selbst rechtshängig gemacht wird.

Eine Verzinsung nach § 233a AO war ausgeschlossen, weil das Gesetz diese Art der Verzinsung nur für abschließend in der Norm genannte Steuern vorsieht. Die vorliegend strittige Steuer war aber nicht aufgeführt.

Honorarärzte im Krankenhaus sind sozialversicherungspflichtig

Ärzte, die in einem Krankenhaus als Honorarärzte tätig sind, können in dieser Tätigkeit nicht als Selbstständige angesehen werden. Sie gelten vielmehr als Beschäftigte des Krankenhauses und sind damit sozialversicherungspflichtig.

Hintergrund

Eine Ärztin war wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP eines Krankenhauses als Honorarärztin tätig. Sie nutzte bei ihrer Tätigkeit ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses. Die Ärztin war ebenso wie die beim Krankenhaus angestellten Ärzte vollständig in den Betriebsablauf eingegliedert.

Entscheidung

Das Bundessozialgericht entschied, dass die Ärztin sozialversicherungspflichtig angestellt war. Entscheidend für die Bewertung der Sozialversicherungspflicht ist, ob die Betroffenen weisungsgebunden bzw. in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Letzteres ist bei Ärzten in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben. So sind Anästhesisten – wie die Ärztin im vorliegenden Fall – bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss.

Unternehmerische Entscheidungsspielräume gibt es bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht. Die Honorarhöhe ist nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und war vorliegend nicht ausschlaggebend.

Abgeltungssteuer für nahestehende Personen

Die Einstufung als nahestehende Personen setzt in der Regel voraus, dass ein Beherrschungsverhältnis besteht. Dafür dürfen die Einflussmöglichkeiten von Ehegatten nur dann zusammengerechnet werden, wenn der eine ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hat, dass der andere Einkünfte erzielt.

Hintergrund

Die Ehegatten waren je zur Hälfte an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Sie übertrugen ihre Kommanditanteile und ihre Beteiligungen an der Komplementär-GmbH auf eine von ihnen errichtete Familienstiftung. Mit dieser Übertragung verwandelten sich die Gesellschafterdarlehen, die jeder der KG gewährt hatte, von Eigenkapital in Fremdkapital. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die von der Personengesellschaft gezahlten Zinsen in die Veranlagung einzubeziehen waren. Die Ehegatten dagegen meinten, dass nur die Abgeltungsteuer anzusetzen war.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied zugunsten der Ehegatten. Der Auffassung des Finanzamts, dass über die Familienstiftung zu der KG als Darlehensschuldnerin ein Näheverhältnis begründet wurde, das die Anwendung der Abgeltungsteuer ausschloss, erteilte es eine klare Absage. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Entscheidungsbefugnisse bei der KG und der Familienstiftung waren so geregelt, dass keinem der Ehegatten allein eine beherrschende Stellung in der KG eingeräumt wurde. Die Beteiligungen von Ehegatten durften hier nicht zusammengerechnet werden. Die denkbare Ausnahme, dass einer der Ehegatten wirtschaftlich von dem anderen abhängig war, war offensichtlich nicht gegeben – denn beide Ehepartner hatten hohe Einkünfte.

Einspruch darf nicht zu eng ausgelegt werden

Legt ein Steuerpflichtiger Einspruch gegen einen Sammelbescheid ein, ohne diesen zu begründen, kann der Einspruch auch die Festsetzung von Zinsen erfassen.

Hintergrund

Der Kläger legte gegen seinen Einkommensteuerbescheid 2015 fristgerecht Einspruch ein, zunächst ohne Begründung. Der Steuerbescheid umfasste neben der Einkommen- und Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag auch eine Festsetzung von Zinsen über die Steuernachforderung. In seinem Einspruchsschreiben bat der Kläger um einen Termin für eine Besprechung des Sachverhalts. In diesem Termin, der im Mai 2018 stattfand, stellte der steuerlich nicht beratene Kläger die Gründe für seinen Einspruch dar. Im Juli 2018 nahm der Kläger erstmals ausdrücklich zur Zinsfestsetzung Stellung. Kurz darauf erließ das Finanzamt eine ablehnende Einspruchsentscheidung. Es wertete das Schreiben vom Juli 2018 als Antrag auf Änderung der Zinsfestsetzung. Da diese aber bestandskräftig war, kam eine Änderung nicht in Frage. Der inzwischen steuerlich vertretene Kläger wandte sich nun gegen sämtliche Festsetzungen in dem Einkommensteuerbescheid, also auch gegen die Zinsen.

Entscheidung

Das Finanzgericht bejahte die Zulässigkeit des Einspruchs, da er fristgerecht eingelegt worden war. Nach Ansicht der Richter kommt es bei dem Einspruch nicht auf die Überschrift in dem Einspruch an, sondern es ist aus dem Einspruch zu ermitteln, wogegen sich dieser richtet. Zwar ist geklärt, dass bei einem Einspruch gegen einen Sammelbescheid aus der Einspruchsbegründung zu ermitteln ist, wogegen sich der eingelegte Einspruch richtet. Im vorliegenden Fall war jedoch der Einspruch zunächst ohne Begründung eingelegt und erst später in Gesprächen begründet worden. Über einen solchen Fall hatte der Bundesfinanzhof bislang nicht entschieden. Im Interesse einer rechtsschutzwahrenden Auslegung des Einspruchs ging deshalb das Finanzgericht vorliegend davon aus, dass gegen alle Verwaltungsakte des Sammelbescheides Einspruch eingelegt wurde. Eine Rücknahme des Einspruchs war nicht erfolgt.

Investitionsabzugsbetrag bei einem Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Wird ein Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft vorgenommen, ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft bei fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand zu behandeln, nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners.

Hintergrund

Die X GmbH & Co. KG (X-KG) ging durch formwechselnde Umwandlung aus der B-GmbH hervor. Alleiniger Kommanditist war D, der zuvor alleiniger Anteilseigner der B-GmbH war. Der Umwandlung wurde die Bilanz zum 31.12.2007 zugrunde gelegt. Für das Jahr 2007 nahm die B-GmbH außerbilanziell einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe des Bilanzgewinns in Anspruch. Die Investitionsgüter wurden anschließend von der X-KG in den Jahren 2008 und 2009 angeschafft. Dementsprechend rechnete sie den Investitionsabzugsbetrag ihrem Gewinn der Folgejahre hinzu.

Das Finanzamt ging davon aus, dass im Zusammenhang mit der Umwandlung der Bilanzgewinn als fiktiv ausgeschüttet gilt. Dies führte zu einer entsprechenden Sonderbetriebseinnahme des Anteilseigners D. Der Investitionsabzugsbetrag war bei der Feststellung des fiktiven Dividendenanteils nicht abzuziehen. Im Feststellungsverfahren für 2007 stellte das Finanzamt einen erhöhten Sondergewinn des D fest.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das anders. Er entschied, dass es bereits an einer Rechtsgrundlage für den festgestellten Sondergewinn des D fehlte. Wird eine Kapitalgesellschaft formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft bei fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln. Die Vorschrift fingiert eine Totalausschüttung an die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft, weil Gewinnrücklagen nach dem Formwechsel in eine Personengesellschaft zu Eigenkapital der Gesellschaft werden, das die Gesellschafter ohne ertragsteuerliche Belastung entnehmen können.

Hält der Anteilseigner die Anteile an der Kapitalgesellschaft am Übertragungsstichtag nicht in einem Betriebsvermögen und erfüllen die Anteile die gesetzlichen Voraussetzungen, gelten sie für die Ermittlung des Gewinns als am Übertragungsstichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt. Es liegt eine fiktive Einlage in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft vor. Das Finanzamt stellte somit fehlerhaft einen Sondergewinn des D fest, die Feststellung war deshalb aufzuheben.

Das Finanzamt berücksichtigte fälschlich die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nicht. Denn die Besteuerung war in jedem Fall sichergestellt: Mangels ausreichender Investitionen rückwirkend bei der Kapitalgesellschaft oder nach dem Formwechsel im Investitionsjahr durch Hinzurechnung zum Gewinn der Personengesellschaft. Die Besteuerung eines Gewinns aus einer fiktiven Totalausschüttung würde demnach in Höhe eines vor dem Umwandlungszeitpunkt in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag zu einer doppelten Besteuerung führen. Demnach war die Zurechnung des Eigenkapitals um bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag in Anspruch genommene und noch nicht durch Übertragung oder in anderer Weise aufgelöste Investitionsabzugsbeträge zu mindern.

Strenge Anforderungen für elektronisches Fahrtenbuch

Ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß zu führen, ist nicht ganz einfach. Noch schwieriger ist das Führen eines elektronischen Fahrtenbuchs. So ist die unmittelbare elektronische Erfassung lediglich der Fahrtwege durch ein technisches System nicht ausreichend, denn zusätzlich muss der Anlass jeder Fahrt zeitnah erfasst werden.

Hintergrund

Der Steuerpflichtige war Arbeitnehmer und nutzte einen Dienstwagen. Dieser stand ihm auch für private Fahrten zur Verfügung. Zur Ermittlung des steuerpflichtigen Privatanteils nutzte er eine sog. Telematik-Lösung, die u. a. über die Funktion “elektronisches Fahrtenbuch” verfügte. Die Hardware war mit einem GPS-Empfänger ausgestattet. Sie übermittelte über das Mobilfunknetz jeweils die aktuelle Position und zeichnete die Bewegungsdaten auf einem zentralen Server auf. Damit wurde das elektronische Fahrtenbuch erstellt. Das Finanzamt erkannte dieses Fahrtenbuch nicht als ordnungsgemäß an, sondern ermittelte den geldwerten Vorteil anhand der 1 %-Methode.

Entscheidung

Die Klage des Arbeitnehmers vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Dieses wies die Klage ab und verwarf das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß. Es müssen alle Angaben, die für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erforderlich sind, zeitnah in das Fahrtenbuch eingetragen werden. Vorliegend wurden dagegen nur die Fahrten, die nicht als privat gekennzeichnet worden sind, im Rahmen der technischen Verfügbarkeit des Gerätes (nicht ausgeschaltet und nicht gestört) aufgezeichnet und in einer zentralen Datenbank gespeichert. Zu den durch das GPS-Modul ermittelbaren Angaben der Fahrten gehörten Ort und Zeit des Beginns und des Endes der Fahrt.

Die weiteren unverzichtbaren Angaben zu den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartnern oder die Angabe des konkreten Gegenstandes der dienstlichen Verrichtung mussten von dem Anwender ergänzt werden, denn diese Angaben konnte das Programm ohne die Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht den einzelnen Fahrten zuordnen. Diese unerlässlichen Ergänzungen zu den betrieblichen Anlässen der Fahrten müssen für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ebenfalls zeitnah erfolgen. Die vom Kläger vorgelegten Fahrtenbücher enthielten jedoch ausdrücklich keine Angaben dazu, wann diese Angaben zu den Fahrtanlässen in der Datenbank ergänzt wurden. Eindeutige Datumsgaben fehlten. Dies sprach nach Ansicht des Gerichts gegen eine zeitnahe Führung der Fahrtenbücher.

Haushaltszugehörigkeit und Kindergeld bei auswärtigem Studium

Studiert das volljährige Kind auswärts, muss es weiterhin zum Haushalt der Eltern gehören, damit diese das Kindergeld bekommen können. Wann eine dauerhafte Trennung vorliegt, hängt von verschiedenen Umständen ab. Nicht erforderlich ist jedenfalls, dass das Kind ständig im elterlichen Haushalt anwesend ist.

Hintergrund

Der Kläger ist der Vater seines am 27.2.1992 geborenen Sohnes. Von der Kindesmutter ist er geschieden. Der Kläger war der Ansicht, dass der Sohn seinen Hausstand bei der Mutter endgültig und nicht nur vorübergehend aufgelöst hatte. Ihm stand dort kein Bett mehr zur Verfügung und er kehrte nicht regelmäßig in den Haushalt der Mutter zurück. Die Mutter erklärte dagegen, dass dem Sohn in der von ihr und ihrem Lebenspartner bewohnten Wohnung sein ehemaliges Jugendzimmer zur Verfügung stand. Soweit es sein Studium zuließ, hielt er sich an den Wochenenden und auch in den Semesterferien dort auf.

Entscheidung

Die Klage des Vaters hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld bezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Im vorliegenden Fall war das Gericht davon überzeugt, dass der Sohn weiterhin in den Haushalt seiner Mutter aufgenommen war. Da der Sohn jedes zweite Wochenende und in den Semesterferien in den Haushalt der Mutter zurückkehrte und ihm Unterhalt sowohl in Form von Barunterhalt als auch Naturalunterhalt durch Zurverfügungstellung der Wohnung gewährt wurde, waren die Voraussetzungen einer fortbestehenden Haushaltsaufnahme des Kindes erfüllt.