Auf welche Daten das Finanzamt zugreifen darf

Soweit für bestimmte Daten keine Aufzeichnungspflicht besteht, ist der Datenzugriff des Finanzamts ausgeschlossen. Das gilt auch für die Gewinnermittlung mit Einnahmen-Überschussrechnung.

Hintergrund

K ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt ordnete eine Außenprüfung an und forderte K auf, einen Fragebogen zum EDV-System auszufüllen sowie “den Datenträger” zu überlassen. Mit seinem Einspruch wandte sich K dagegen, dass die elektronischen Daten zur Durchführung der Außenprüfung pauschal angefordert wurden. Im Laufe des Einspruchsverfahrens stellte K dem Finanzamt einen Teil der elektronischen Aufzeichnungen zur Verfügung. Das Finanzamt ging bei der Einspruchsentscheidung von einer faktischen Aufzeichnungspflicht aus, soweit diese Aufzeichnungen für die Abgabe einer inhaltlich richtigen Steuererklärung und für eine Prüfung erforderlich waren.

Entscheidung

Die Klage des K hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass für Steuerpflichtige, die den Gewinn mit Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, der Umfang der Aufbewahrungspflicht begrenzt ist auf solche Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für sie geltenden steuergesetzlichen Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind. Eine steuerliche Relevanz von elektronisch gespeicherten Daten allein reicht dabei nicht aus. Das bedeutet: Soweit keine Aufzeichnungspflicht bestand, war der Datenzugriff ausgeschlossen.

Die unkonkrete Aufforderung zur Vorlage von elektronischen Aufzeichnungen ging im vorliegenden Fall über die gesetzliche Regelung hinaus und war deshalb rechtswidrig. Die Aufforderung des Finanzamts war deshalb in vollem Umfang aufzuheben.

GmbH-Beteiligungen: Kürzung des Gewinns für ein Grundstück

Hält ein Kommanditist eine Beteiligung an einer GmbH, kann trotzdem eine erweiterte Kürzung möglich sein.

Hintergrund

Die A GmbH & Co. KG vermietete ein Betriebsgrundstück an die Z GmbH & Co. KG. Mit dieser war sie über die Y GmbH gesellschaftsrechtlich verbunden. Im Rahmen einer Betriebsprüfung beantragte die A GmbH & Co. KG die erweiterte Kürzung, was jedoch vom Finanzamt abgelehnt wurde. Seiner Meinung nach standen die Anteile an der Y GmbH, die unstrittig zum ertragsteuerlichen Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten gehörten, der erforderlichen ausschließlichen Verwaltung von Grundbesitz entgegen.

Entscheidung

Dieser Ansicht schloss sich das Finanzgericht nicht an. Es urteilte, dass eine erweiterte Kürzung nur dann zu versagen ist, wenn die Verwaltung und Nutzung des eigenen Kapitalvermögens für sich betrachtet und unabhängig von einer gewerblichen Prägung eine ihrer Natur nach gewerbliche Tätigkeit darstellt. Das Halten einer GmbH-Beteiligung führt für sich genommen jedoch grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Darüber hinaus kann das Halten einer GmbH-Beteiligung nicht einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einer Personengesellschaft gleichgestellt werden.

Die originär durch die Kommanditisten erzielten Einkünfte aus dem Halten der GmbH-Beteiligung wertete das Finanzgericht als unschädliche Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen. Die Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf der Ebene der Gesellschaft führte nicht zwingend zum Versagen der erweiterten Kürzung. Denn die Verwaltung und Nutzung stellte keine gewerbliche Tätigkeit dar.

Mehraktigkeit einer Berufsausbildung

Sind berufspraktische Erfahrungen im erlernten Ausbildungsberuf unabdingbare Voraussetzung für einen weiteren Berufsabschluss, liegt keine einheitliche Berufsausbildung vor.

Hintergrund

Die Tochter des Klägers bestand am 17.1.2013 die Abschlussprüfung in dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf “Bankkauffrau”. Ebenfalls im Januar 2013 nahm sie in ihrem ehemaligen Ausbildungsbetrieb eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf. Im September 2013 begann sie ein Studium in Teilzeitform mit dem angestrebten Abschluss “Staatlich geprüfte Betriebswirtin” bzw. “Staatlich geprüfter Betriebswirt”. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium war u. a. mindestens ein Jahr Berufserfahrung im Ausbildungsberuf. Dieses Jahr konnte auch während der Fachschulausbildung abgeleistet werden. Am 17.12.2016 bestand die Tochter die Abschlussprüfung an der Fachschule für Wirtschaft.

Die Familienkasse lehnte den Antrag des Klägers auf Zahlung von Kindergeld ab Februar 2013 ab, da die Ausbildung zur Bankkauffrau eine erstmalige Berufsausbildung darstellte.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage des Vaters ab und entschied, dass kein Kindergeldanspruch besteht. Denn die Tochter hatte im Januar 2013 mit der Ausbildung zur Bankkauffrau eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Während ihrer nachfolgenden Zweitausbildung ging sie einer Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach.

Für die Frage, ob bereits der erste berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat.

Ist eine berufspraktische Erfahrung im bereits erlernten Ausbildungsberuf unabdingbare Voraussetzung für das Erreichen des weiteren Berufsabschlusses, entfällt nach Auffassung des Finanzgerichts der Charakter einer einheitlichen Berufsausbildung. Die weitere Ausbildungsmaßnahme stellt dann keine erstmalige Berufsausbildung, sondern eine Weiterbildung dar.

Im vorliegenden Fall lag deshalb keine einheitliche Erstausbildung vor, weil die Ausbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin voraussetzt, dass die Studierenden mindestens ein Jahr Berufserfahrung in ihrem Ausbildungsberuf gesammelt haben. Dabei war unerheblich, dass dieses Jahr auch während der Fachschulausbildung abgeleistet werden konnte.

Verluste aus Betrug mit Blockheizkraftwerken

Ist eine Investition auf die Erzielung gewerblicher Einkünfte gerichtet, sind die Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar. Das gilt auch dann, wenn sie durch Betrug veranlasst war und der Erwerb nicht existierender Blockheizkraftwerke finanziert wurde.

Hintergrund

A bestellte in 2010 3 Blockheizkraftwerke und zahlte an die Verkäuferin X bereits vorab den Kaufpreis von insgesamt mehr als 150.000 EUR. 2 Blockheizkraftwerke hätten im Namen und auf Rechnung des A durch ein mit der Verkäuferin verbundenes Unternehmen betrieben werden sollen (“Verwaltungsvertragsmodell”). Das dritte Blockheizkraftwerk verpachtete A auf 10 Jahre an X, die dieses selbst betreiben sollte (“Verpachtungsmodell”). Tatsächlich wurden die Blockheizkraftwerke weder geliefert noch in Betrieb genommen. Die Verantwortlichen der X-Gruppe hatten nie beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern und zu betreiben. Im März 2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X und weiterer Unternehmen der X-Gruppe eröffnet.

A erklärte für 2010 bis 2012 Verluste aus Gewerbebetrieb, die sich u. a. aus Schuldzinsen, Absetzung für Abnutzung und gezahlten Vorsteuern zusammensetzten. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass es sich bei den Investitionen nicht um einen Gewerbebetrieb, sondern um Kapitalanlagen handelte. Das Finanzgericht gab der Klage im Wesentlichen statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stufte das Verwaltungsvertragsmodell ebenfalls als gewerblich ein.

Bei der Beurteilung der Einkunftsart als gewerblich ist auf die Sicht des Steuerpflichtigen im Hinblick auf eine künftige Einkunftserzielung abzustellen. Dementsprechend waren die Aufwendungen des A auf die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit gerichtet. Denn als Eigentümer der Blockheizkraftwerke und aufgrund der Erträge aus der Stromeinspeisung mit dem entsprechenden Verlustrisiko trug er ein hohes Unternehmerrisiko. Für die Unternehmerinitiative sprechen seine Auskunfts- und Kontrollrechte gegenüber dem Verwalter sowie sein Recht, den Verwaltervertrag bereits nach 2 Jahren zu kündigen. Dabei ist es unerheblich, dass die Vertragspartner betrügerisch agierten. Denn A war gutgläubig und handelte nach Vorgabe der geschlossenen Verträge.

Eine Kapitalüberlassung gegen eine erfolgsabhängige Vergütung kann nur dann als partiarisches Darlehen beurteilt werden, wenn dem Darlehensgeber ein Anspruch auf Rückzahlung des hingegebenen Geldes zusteht und keine Verlustbeteiligung vereinbart ist. Aus der Gesamtbetrachtung der Zahlungsströme ergibt sich ein so geringer Betrag, dass es für die Richter fernliegend erschien, darin die Vereinbarung einer Darlehensrückzahlung zu sehen.

Bezüglich des Vertragsverwaltungsmodells konnte nicht ausgeschlossen werden, dass dieses von Seiten der X-Gruppe zumindest auch darauf gerichtet war, dem A wenigstens in der Anfangsphase die Möglichkeit zu bieten, Verluste oberhalb der Nichtaufgriffsgrenze von 10 % des von ihm eingesetzten Eigenkapitals zu erzielen und diese mit anderen Einkünften zu verrechnen. Da ein entsprechender Feststellungsbescheid fehlt, konnte der Bundesfinanzhof nicht abschließend entscheiden.

Übernahme von Kammerbeiträgen durch Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn

Zahlt der Arbeitgeber Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung oder zur Rechtsanwaltskammer für seine angestellten Rechtsanwälte, handelt er nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse. Deshalb muss er die übernommenen Beiträge als Arbeitslohn versteuern.

Hintergrund

Eine Rechtsanwaltssozietät in Form einer GbR übernahm für eine angestellte Rechtsanwältin die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, zur Rechtsanwaltskammer und zum Anwaltsverein. Auch zahlte sie die Umlage für das elektronische Anwaltspostfach. Lohnsteuer wurde dafür nicht abgeführt. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung forderte das Finanzamt die entsprechende Lohnsteuer nach. Dagegen wehrt sich die Sozietät mit ihrer Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass es sich bei der Übernahme der Beiträge um Arbeitslohn handelte. Denn dies geschah nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.

Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. Ist aber ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Das führt dazu, dass es sich bei dem Vorteil um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt.

Eine Berufshaftpflichtversicherung ist unabdingbar für die Ausübung des Anwaltsberufs und deckt das persönliche Haftungsrisiko von Anwälten ab. Nur durch diesen Versicherungsschutz ist eine interessengerechte Mandantenvertretung möglich. Auch die Übernahme der Beiträge zur Rechtsanwaltskammer führte zu Arbeitslohn. Zwar war die Anwaltszulassung auch im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Sie ist jedoch zwingende Voraussetzung für die selbstständige Ausübung einer Anwaltstätigkeit.

Die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erfolgte für jeden Rechtsanwalt einzeln. Deshalb standen die Kosten für das Postfach im eigenen beruflichen Interesse des jeweiligen Anwalts bzw. der Anwältin.

Schließlich stellte die Übernahme der Beiträge zum Deutschen Anwaltsverein ebenfalls Arbeitslohn dar. Denn die Vorteile der Mitgliedschaft galten unabhängig vom Anstellungsverhältnis.

Abzugsfähigkeit eines Dienstwagens bei Ehegatten mit Minijob

Auch wenn ein Ehegatte den anderen auf Minijob-Basis anstellt, darf dem angestellten Ehepartner ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitgeber-Ehegatte kann daher die entsprechenden Kosten als Betriebsausgaben geltend machen.

Hintergrund

Der Ehemann stellte seine Ehefrau in seinem Einzelhandelsgeschäft auf Minijob-Basis an. Mit dem ihr zur Verfügung gestellten Dienstwagen erledigte sie vorwiegend Fahrtätigkeiten. Die gebraucht gekauften Fahrzeuge durfte sie jeweils privat nutzen. Der 1 %ige Vorteil aus der Privatnutzung wurde ihr auf die Bruttovergütung von 400 EUR pro Monat angerechnet, sodass am Monatsende nur ein geringer Betrag ausgezahlt wurde. Aus diesem Grund erkannte das Finanzamt das Arbeitsverhältnis als nicht fremdüblich an. Den Lohn- und Kfz-Aufwand im Betrieb berücksichtigte es infolgedessen nicht als Betriebsausgaben.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass das Arbeitsverhältnis und damit auch die Betriebsausgaben steuerrechtlich anzuerkennen waren. Bei der Prüfung von Angehörigenverträgen muss die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten betrachtet werden. Diese einzelfallabhängige Gesamtschau ergab für das Gericht, dass das Arbeitsverhältnis fremdüblich war. Zum einen war die Anstellung zivilrechtlich wirksam zustande gekommen. Zum anderen hatte das Finanzamt selbst festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zweifelsfrei tatsächlich durchgeführt worden war. Zwar war die private Dienstwagenüberlassung ein ungewöhnliches Gestaltungselement, hielt jedoch einem Fremdvergleich stand. Nach Ansicht der Richter stand insbesondere die Gesamtvergütung der Ehefrau in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer erbrachten Arbeitsleistung. Die Fahrzeuggestellung erfolgte nicht zusätzlich zum Barlohn. Zudem war der Ehefrau ein gebrauchter Mittelklasse-Wagen überlassen und sie war gezielt für Fahrdienste angestellt worden.

Fahrtenbuch: Nachträgliche und unkonkrete Aufzeichnungen besser vermeiden

Ein Fahrtenbuch wird nur anerkannt, wenn es ordnungsgemäß ist. Geringe Mängel schaden nicht, allerdings muss es immer zeitnah erstellt werden. Was zeitnah bedeutet, ist Ansichtssache, 2 Jahre sind jedenfalls zu viel.

Hintergrund

Der Kläger verwendete für das Jahr 2003 ein Fahrtenbuch, das laut Hersteller erst ab April 2005 im Handel war. Da das Fahrtenbuch nach Ansicht des Finanzamts nachträglich erstellt worden war, erkannte es die Aufzeichnungen nicht an, sondern wendete die 1-%-Regelung an. Die Argumentation des Klägers, dass ein vorher geführtes Fahrtenbuch wegen Unleserlichkeit auf ein neues Fahrtenbuch übertragen wurde, akzeptierte das Finanzamt nicht.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und lehnte den Ansatz eines geringeren geldwerten Vorteils ab bzw. bestätigte den Ansatz der 1-%-Regelung. Für die Richter bestanden keine Zweifel, dass das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß war.

Neben den bereits vom Finanzamt festgestellten Mängeln fielen dem Finanzgericht weitere Fehler auf, die dafür sprechen, dass das Fahrtenbuch nachträglich erstellt wurde. Einerseits waren Fahrten eingetragen, in deren Zeitpunkt das Fahrzeug repariert wurde. Andererseits stimmten Kilometerstände nicht mit den Reparaturrechnungen überein. Schließlich waren auch noch nach dem Verkauf des Fahrzeugs angeblich Fahrten durchgeführt worden.

Das Fahrtenbuch bot daher zur Überzeugung des Gerichts keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorgenommenen Einträge, um die privaten von den beruflichen Fahrten abzugrenzen.

Umgangsrecht: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig

Kosten eines Zivilprozesses können nur noch in Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Einen solchen sieht das Finanzgericht Düsseldorf bei einem Streit um das Umgangsrecht als gegeben an. Ob der Bundesfinanzhof das auch so sieht, bleibt abzuwarten.

Hintergrund

Der Kläger ist Vater einer Tochter. Schon wenige Monate nach der Geburt trennte sich das Eltern- und Ehepaar. Die Mutter flog mit dem Baby nach Südamerika, um dort angeblich Urlaub zu machen, kehrte von dort jedoch nicht mehr zurück. Der Vater strengte ein Verfahren zum “Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung” (HKÜ) an, um seine Tochter nach Deutschland zurückholen zu können. Das Gericht stellte die Widerrechtlichkeit des Kindesentzugs durch die Mutter fest.

Die dadurch entstandenen Prozesskosten in Höhe von 20.000 EUR wollte der Vater steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, was das Finanzamt jedoch ablehnte. Nach seiner Ansicht war die materiell zu verstehende Existenzgrundlage des Mannes nicht gefährdet und es handelte sich daher um nicht abzugsfähige Prozesskosten.

Entscheidung

Die Klage des Vaters vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Es entschied, dass die Existenzgrundlage durchaus auch im immateriellen Sinne gedeutet werden konnte.

Bei seiner Urteilsbegründung schließt sich das Finanzgericht vor allem der Literatur an. Diese fasst unter die lebensnotwendigen Bedürfnisse die in 3 Kategorien eingeteilten Grundbedürfnisse, nämlich die physiologischen Bedürfnisse, die Sicherheitsbedürfnisse und die sozialen Bedürfnisse. Das dringende soziale Bedürfnis des Vaters, seiner Liebe und Fürsorge gegenüber seiner Tochter Folge zu leisten, fasste das Gericht unter den Kernbereich des menschlichen Lebens. Es erkannte an, dass es für den Vater existenziell wichtig war, den Rechtsstreit um sein Umgangsrecht mit seinem Kind zu führen.

Da Ehe und Familie unter besonderem staatlichen Schutz des Grundgesetzes stehen, war der ungewöhnliche Prozesskostenaufwand für die Rückholung des ins Ausland entführten Kindes ausnahmsweise abzugsfähig.

Rechnungsnummern müssen nicht lückenlos fortlaufend vergeben werden

Ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, ist nicht verpflichtet, Rechnungsnummern numerisch fortlaufend zu vergeben. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus dem Vollständigkeitsgebot noch aus den umsatzsteuerlichen Pflichten.

Hintergrund

Der Kläger verwendete auf seinen elektronischen Rechnungen Buchungsnummern, die computergesteuert durch eine Kombination aus Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt wurden. Jede Buchungsnummer wurde zwar nur einmalig vergeben. Sie bauten jedoch nicht numerisch fortlaufend aufeinander auf.

Das Finanzamt stellte bei einer Betriebsprüfung keine konkreten Einzelfälle einer Nichterfassung oder fehlerhaften Erfassung von Ausgangsrechnung beim Kläger fest. Auch führte es keine Verprobungsrechnungen durch. Da jedoch keine fortlaufenden Rechnungsnummern vergeben worden waren, konnte das Finanzamt die Vollständigkeit nicht kontrollieren. Es nahm deshalb Hinzuschätzungen zu dem Gewinn vor, den der Kläger mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass für die Gewinnermittlung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung weder eine gesetzliche noch eine aus der Rechtsprechung herleitbare Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System besteht. Die Richter machten deshalb die Gewinnhinzuschätzung rückgängig.

Eine gesetzliche Pflicht zur Vergabe einer lückenlosen fortlaufenden Rechnungsnummer kann nach Überzeugung des Finanzgerichts auch nicht aus der Rechnungslegungsvorschrift des Umsatzsteuergesetzes hergeleitet werden. Zwar verlangt dieses die Angabe einer fortlaufenden Rechnungsnummer. Die Norm steht nach Überzeugung des Finanzgerichts aber systematisch im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug und dient lediglich dem umsatzsteuerlichen Zweck, die Korrespondenz von Umsatzsteuerschuld des Leistenden und Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers prüfen zu können.

Darüber hinaus sieht das Finanzgericht bislang keine konkret durch die Rechtsprechung hergeleitete Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System.

Verwendet ein Steuerpflichtiger dagegen ein System, in welchem bei zutreffender Vergabe von Rechnungsnummern eine lückenlose Abfolge von Nummern ersichtlich sein müsste, können nach Auffassung des Finanzgerichts Lücken in der Nummerierung Zweifel an der formellen und sachlichen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erzeugen. Wenn jedoch wie im vorliegenden Fall gar keine systembedingt lückenlose, d. h. numerisch um 1 oder einen anderen vorhersehbaren Wert erfolgende Hochzählung einer Rechnungsnummer erfolgte, konnte schon gar keine Lückenhaftigkeit festgestellt werden.

Andere zu einer Hinzuschätzung berechtigende konkrete Anhaltspunkte für nicht oder falsch erfasste Einnahmen hat die Betriebsprüfung nicht benannt. Verprobungen, die Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Kläger gemachten Angaben bieten könnten, waren nicht erfolgt.

Werbungskostenabzug bei hälftigem Miteigentum von Ehegatten

Gehört eine Wohnung beiden Ehegatten, wird sie aber nur von einem beruflich genutzt, kann er die Absetzung für Abnutzung und die Schuldzinsen nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten geltend machen.

Hintergrund

Die zusammen veranlagten Eheleute waren nichtselbstständig tätig und wohnten in einer im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Im selben Haus, jedoch auf einer anderen Etage und räumlich nicht mit der selbst genutzten Wohnung verbunden, erwarben sie eine weitere, kleinere Wohnung. die ebenfalls im hälftigen Miteigentum der Ehegatten stand. Diese Wohnung wurde jedoch nur von einem Ehegatten und ausschließlich beruflich genutzt. Die Darlehen zum Erwerb dieser Wohnung nahmen die Eheleute gemeinsam auf. Die Zinsen und die Tilgung sowie die laufenden Kosten beglichen sie von einem gemeinsamen Konto.

In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten die Eheleute, dass die gesamten Kosten für die Arbeitswohnung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bei dem die Wohnung nutzenden Ehepartner berücksichtigt werden. Das Finanzamt akzeptierte einen Abzug in voller Höhe nur für die sog. nutzungsorientierten Aufwendungen (Energiekosten, Wasser). Die sog. grundstücksorientierten Aufwendungen (insbesondere Abschreibung und Schuldzinsen) erkannte das Finanzamt lediglich i. H. v. 50 % entsprechend dem Miteigentumsanteil des Ehegatten an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass das Finanzamt zu Recht die grundstücksorientierten Aufwendungen nur i. H. v. 50 % als Werbungskosten bei dem Ehegatten berücksichtigt hat, der die Wohnung nutzte. Dieser trug die grundstücksorientierten Aufwendungen der Wohnung lediglich in Höhe seines Miteigentumsanteils von 50 %.

Erwerben Eheleute eine Eigentumswohnung zu Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat. Das gilt unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge der Eheleute unterschiedlich hoch, hat sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewandt, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungskosten selbst getragen. Demgemäß sind auch die gemeinsam getragenen laufenden Aufwendungen für eine solche Wohnung, soweit sie grundstücksorientiert sind (z. B. Schuldzinsen auf den Anschaffungskredit, Grundsteuern, allgemeine Reparaturkosten, Versicherungsprämien und ähnliche Kosten), nur entsprechend den Miteigentumsanteilen als Werbungskosten abziehbar.