Schmiergelder fallen unter das Betriebsausgabenabzugsverbot

Zahlungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen können als Schmier- und Bestechungsgelder gelten. Für diese ist der Abzug als Betriebsausgaben verboten.

Hintergrund

Eine GmbH nahm mit ihren ausländischen Kunden für die von ihr gelieferten Waren sog. Überfakturierungen vor. Dabei stellte sie ihren Kunden höhere Preise als tatsächlich vereinbart in Rechnung. Diese wurden auch tatsächlich gezahlt. In Höhe der zu viel erhaltenen Beträge in Höhe von bis zu 797.000 EUR leistete die GmbH Provisionszahlungen an eine Beratungsfirma für tatsächlich nicht erbrachte Vermittlungsleistungen. Die entsprechenden Gelder wurden von dort als Schmiergelder in bar an die Kunden zurückgegeben. Die GmbH verbuchte die Zahlungen als Betriebsausgaben.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die zu viel geleisteten Zahlungen bei der GmbH Schmier- und Bestechungsgelder darstellten, die unter das Betriebsausgabenabzugsverbot fielen. Zuwendungen von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Ein Betriebsausgabenabzug scheidet insbesondere dann aus, wenn die Zahlung den Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr verwirklicht. Wegen des Merkmals der rechtswidrigen Handlung genügt die abstrakte Strafbarkeit nach deutschem Recht, und zwar unabhängig vom Verschulden des Zuwendenden. Nach Auffassung des Finanzgerichts war allein auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestands abzustellen. Diesen hatte die GmbH mit den Zahlungen erfüllt, denn es lagen Zahlungen im Rahmen einer Unrechtsvereinbarung als Gegenleistung für die unlautere Bevorzugung gegenüber anderen Marktteilnehmern vor.

Möglichkeit der Wiedereinsetzung wenn im Anwaltspostfach Schriftstücke verschwinden

Wird ein Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht geschickt, können Sonderzeichen oder Umlaute bei der Dateibezeichnung dazu führen, dass er im justizinternen Server hängen bleibt. Da weder der Anwalt noch das Gericht darüber informiert werden, kann in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Hintergrund

Der Prozessbevollmächtigte versendete den Beschwerdebegründungsschriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach und verwendete dazu die von der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfügung gestellte Webanwendung. Bei der Dateibezeichnung benutzte er unzulässige Zeichen, wozu auch 2 Punkte hintereinander gehören. Das wusste jedoch der Rechtsanwalt nicht.

Aufgrund des Dateinamens wurde die Nachricht vom zentralen Server des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs dem Bundesfinanzhof nicht zugestellt. Stattdessen landete sie in einem Verzeichnis für unzulässige Nachrichten. Die Frist zum Einreichen der Berufungsbegründung verstrich daher aus Sicht des Gerichts ungenutzt.

Weder der Rechtsanwalt noch der Bundesfinanzhof wurden über die Nichtzustellung der Berufungsbegründung informiert. Der Prozessbevollmächtige erhielt vielmehr die Mitteilung, dass die Nachricht erfolgreich versandt wurde und zugegangen war. Erst als der Bundesfinanzhof den Anwalt auf die Fristversäumnis hingewiesen hatte, versendete er den Begründungsschriftsatz nochmals.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gewährte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Fristversäumnis unverschuldet war. Denn der Rechtsanwalt konnte im vorliegenden Fall nicht erkennen, dass die Nachricht nicht zugestellt worden war.

Zwar wurde in den Erläuterungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach und den örtlichen Anwaltskammern darauf hingewiesen, dass Sonderzeichen und Umlaute bei der Bezeichnung der Datei vermieden werden sollten, da dies Probleme bei der Verarbeitung der Dateien machen könnte. Welche Folgen eine solche Verwendung haben kann, wurde jedoch nicht erläutert.

Betrügerisches Schneeballsystem: Wann Scheinrenditen besteuert werden

Wer sein Geld in einem betrügerischen Schneeballsystem verloren hat, muss unter Umständen mit weiteren Vermögenseinbußen rechnen. Denn das Finanzamt darf Steuern auf die Scheinrenditen erheben.

Hintergrund

Die Klägerin legte ihr Geld bei einem Finanzdienstleister an, der jedoch ein betrügerisches Schneeballsystem betrieb. Im Jahr 2010 beauftragte die Klägerin den Finanzdienstleister, Aktien im Gesamtwert von 26.400 EUR zu erwerben. Im Juni 2012 erteilte sie den Auftrag, das Aktienpaket zu veräußern. Der Verkaufserlös sollte beim Finanzdienstleister für ein Folgeinvestment geparkt werden, wurde also nicht ausgezahlt. Der Dienstleister erstellte eine Abrechnung, aus dieser ergab sich ein Kurswert der verkauften Aktien von 54.400 EUR. Im Juli 2012 erteilte die Klägerin den Auftrag, Aktien einer anderen Gesellschaft zu erwerben. Daraufhin verrechnete der Finanzdienstleister den Veräußerungserlös aus dem vorherigen Aktienverkauf mit dem Kaufpreis der neuen Order. Nachdem das Schneeballsystem im Juni 2013 aufgeflogen war, wurde im Oktober 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Finanzdienstleisters eröffnet.

Das Finanzamt setzte für die Erlöse aus dem ersten Aktieninvestment den Abgeltungsteuersatz von 25 % an. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage, denn es müsste berücksichtigt werden, dass sie ihr Geld letztendlich verloren hatte.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass das Finanzamt die Aktiengewinne zu Recht besteuert hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führen Renditen aus Schneeballsystemen zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Voraussetzung ist, dass der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist. Der steuerliche Zufluss von Einnahmen kann aber nicht nur durch Barzahlung oder Überweisung bewirkt werden, sondern auch durch eine sog. Novation. Bei dieser wird vereinbart, dass ein Betrag in Zukunft aus einem anderen Rechtsgrund als dem bisherigen geschuldet wird. Allerdings setzt der Zufluss bei einer derartigen Schuldumschaffung voraus, dass die Novation auf dem freien Entschluss des Anlegers beruhte und eine Folge daraus war, dass er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Altforderung ausübt. Von Bedeutung ist hier ebenfalls, in wessen Interesse die Novation lag.

Im vorliegenden Fall waren der Klägerin die Beträge aus dem Aktienverkauf steuerlich zugeflossen. Die Wiederanlage des Geldes lag in ihrem Interesse. Sie wählte diese Option aus freien Stücken, ohne dazu vom Finanzdienstleister gedrängt worden zu sein. Vielmehr bot dieser die sofortige Auszahlung ausdrücklich an. Der Dienstleister war Mitte 2012 auch noch leistungsbereit und leistungsfähig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt lag noch keine generelle Zahlungsunfähigkeit vor, ebenso wenig verweigerte oder verschleppte er die Auszahlung gegenüber anderen Anlegern oder drängte auf die Wiederanlage der Gelder.

Einlage von verlustträchtigen Wertpapieren in das gewillkürte Betriebsvermögen einer Gesellschaft

Aktien, die sich im Privatvermögen von Gesellschaftern einer KG befinden, dürfen nicht in das gewillkürte Betriebsvermögen eingelegt werden, wenn Wertverluste zu erwarten sind. 

Hintergrund

Die beiden Kommanditisten einer Immobilien-KG erwarben für ihr Privatvermögen verschiedene Aktien. Diese hatten in den Jahren 2007 und 2008 an Wert verloren. Ende 2009 beschlossen die Kommanditisten, diese Aktien aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen der KG einzulegen. Anschließend machten sie wegen weiterer Wertverluste eine Teilwertabschreibung geltend. Das Finanzamt war der Ansicht, dass keine eindeutige Einlagehandlung vorlag.

 Entscheidung

Die Klage der Kommanditisten vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass eine Einlage wegen der zu erwartenden weiteren Wertverluste bei den Aktien nicht zulässig war. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stand es den Steuerpflichtigen nicht frei, beliebig gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden. Vielmehr war Voraussetzung, dass die Wertpapiere „betriebsdienlich“ waren. Zwar kommt hier auch eine Eignung als Kapitalgrundlage in Betracht. Wegen der zu erwartenden Verluste konnte nach Ansicht des Finanzgerichts dieser Gesichtspunkt eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ebenfalls nicht rechtfertigen.

Vorsteuer: Leistungsbeschreibung bei Waren im Niedrigpreissegment

Setzt der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment hinsichtlich der Leistungsbeschreibung voraus, dass die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird? Der Bundesfinanzhof hat daran so seine Zweifel.

Hintergrund

Der Händler H war im Großhandel mit Textilien und Modeaccessoires im Niedrigpreissegment tätig. Die Einkaufspreise bewegten sich überwiegend im unteren bis mittleren Euro-Bereich und lagen teilweise zwischen 20 EUR und 28 EUR. H nahm den Vorsteuerabzug u. a. aus Rechnungen vor, die als Artikelbezeichnung Angaben wie „Hosen“, „Tops“, „Shirts“, „T-Shirts“, „Kleider“, „Bluse“, „Weste“, „Jacken“ enthielten.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen, weil die Leistungsbeschreibungen mit der Angabe der Warengattung („Hosen“, „Shirts“ usw.) nicht ausreichend war.

H legte dagegen Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt ablehnte. Das Finanzgericht schloss sich dem an und lehnte ebenfalls die Aussetzung der Vollziehung ab. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hatte der Bundesfinanzhof über die Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam zu dem Ergebnis, dass die angefochtenen Bescheide insoweit ernstlich rechtlich zweifelhaft waren, als das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus bestimmten Rechnungen mangels hinreichender Leistungsbeschreibung versagte. Fraglich ist insbesondere, ob im Handel mit Waren im Niedrigpreissegment geringere Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind.

Sollten die tatsächlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, wäre weiterhin zu prüfen, ob auch beim Vorsteuerabzug Gutglaubensschutz bereits im Festsetzungsverfahren gewährt werden kann. Insoweit hatte die Beschwerde des H Erfolg.

Wie sich der Altersentlastungsbetrag bei der Verlustfeststellung auswirkt

Trifft der Altersentlastungsbetrag auf negative Einkünfte, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich auf die Verlustfeststellung ergeben. Das Finanzgericht Köln überträgt den Entlastungsbetrag auf die Folgejahre – was der Bundesfinanzhof allerdings noch absegnen muss.

Hintergrund

Die Kläger waren zusammenveranlagte Eheleute. Im Jahr 2015 vollendeten beide das 64. Lebensjahr und hatten daher Anspruch auf Altersentlastungsbeträge. Der Ehemann erzielte 2015 eine Summe der Einkünfte von ./. 26.381 EUR und die Ehefrau von 0 EUR. Von diesen Beträgen zog das Finanzamt die Entlastungsbeträge von 1.216 EUR (Ehemann) und 1.095 EUR (Ehefrau) ab, sodass sich beim Ehemann ein Gesamtbetrag der Einkünfte von ./. 27.597 EUR und bei der Ehefrau von ./. 1.095 EUR ergab.

Bei der Berechnung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2015 berücksichtigte das Finanzamt die Altersentlastungsbeträge jedoch nicht. Denn nach dem Wortlaut der Vorschriften zum Verlustabzug können nur negative Einkünfte vor- und zurückgetragen werden, nicht jedoch Altersentlastungsbeträge.

Entscheidung

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht urteilte, dass das Finanzamt die Altersentlastungsbeträge im Rahmen des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2015 berücksichtigen muss. Zur Begründung führten die Richter aus: Ein am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibender Verlustvortrag muss gesondert festgestellt werden. Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des jeweiligen Veranlagungszeitraums zu Grunde gelegt worden sind. Deshalb sind nach Auffassung des Gerichts nicht nur die negativen Einkünfte zu erfassen, sondern auch in dem jeweiligen Jahr berücksichtigte Altersentlastungsbeträge – selbst wenn sich hierdurch ein nicht ausgeglichener Verlust weiter erhöht. Eine negative Summe der Einkünfte kann durch Altersentlastungsbeträge zudem im Jahr der Gewährung zu einem noch höheren negativen Gesamtbetrag der Einkünfte führen.

Rentenbezugsmitteilungen: Verspätungsgeld bei nicht fristgerechter Übermittlung ist verhältnismäßig

Das Verspätungsgeld, das festgesetzt werden kann, wenn der Versorgungsträger Rentenbezugsmitteilungen nicht fristgerecht übermittelt, ist verfassungsgemäß. Insbesondere verstößt es nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Hintergrund

Der Pensionsfonds P übernahm die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter eines Unternehmens und lagerte den Geschäftsbetrieb auf die X-GmbH aus. Am 23.1.2013 übermittelte die X-GmbH an die zentrale Stelle (ZfA) fristgemäß die Rentenbezugsmitteilungen für das Jahr 2012. Da diese jedoch zum Teil unzutreffende Angaben enthielten, übermittelte die X-GmbH am 19.3.2014 diese Datensätze erneut an die ZfA.

Die ZfA ging davon aus, dass die Mitteilungen teils verspätet, teils gar nicht übermittelt worden waren und setzte deshalb gegen P ein Verspätungsgeld von 50.000 EUR fest. Dagegen erhob P Klage.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass weder das Meldeverfahren noch die Belastung mit einem Verspätungsgeld unangemessen sind. Die Inanspruchnahme der mitteilungspflichtigen Stellen als Dritte zur Erreichung der Besteuerungsgleichheit stellt keine übermäßige Belastung dar. Denn die mitteilungspflichtigen Stellen übersenden bereits ihren Leistungsempfängern jährliche Informationen. Diese müssen lediglich nach den Vorgaben der Finanzverwaltung aufbereitet werden. Im Hinblick auf die verfolgten Zwecke erscheint das Verspätungsgeld nach Ansicht des Bundesfinanzhofs als ein sachgerechtes und angemessenes Mittel, um das Verwaltungsverfahren als Massenverfahren praktikabel zu halten.

Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Verspätungsgeld nur erhoben, wenn die Mitteilung verspätet oder gar nicht übermittelt wurde. Eine lediglich fehlerhafte Mitteilung wird folglich von der Vorschrift nicht erfasst. Aber nicht jede Übermittlung einer fehlerhaften Rentenbezugsmitteilung kann als fristwahrend angesehen werden. Entsprechend der Grundsätze zur fristgerechten Abgabe einer unvollständigen oder unrichtigen Steuererklärung kann eine Rentenmitteilung dann nicht als übermittelt gelten, wenn sie derart lückenhaft ist, dass dies praktisch einer Nichtübermittlung gleichkäme.

Ob diese Voraussetzungen vorlagen, war im vorliegenden Fall allerdings ungeklärt. Der Bundesfinanzhof verwies den Fall daher an das Finanzgericht zurück, um insoweit den Sachverhalt weiter aufzuklären.

 

Erste Tätigkeitsstätte bei einem befristeten Leiharbeitsverhältnis

Wird ein Arbeitnehmer im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses zunächst einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet und erfolgt anschließend eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, handelt es sich bei dieser nicht mehr um eine erste Tätigkeitsstätte. Der Arbeitnehmer kann dann seine Fahrten und die Verpflegung nach Reisekostengrundsätzen abrechnen.

Hintergrund

Der Kläger war bei einer GmbH (Verleiher) als Helfer beschäftigt und konnte laut Arbeitsvertrag bundesweit eingesetzt werden. Das Leiharbeitsverhältnis war zunächst befristet und wurde mehrfach um mehrere Monate verlängert. Bis Oktober 2012 war der Kläger bei einer AG (Entleiher) im Werk Y eingesetzt, anschließend auf schriftliche Weisung des Verleihers „bis auf Weiteres“ im Werk X der AG. Im Jahr 2014 wurde der Kläger ausschließlich bei der AG im Werk X eingesetzt.

A beantragte für 2014 die Berücksichtigung seiner Fahrtkosten zur AG als Reisekosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 EUR je gefahrenem km. Das Finanzamt setzte lediglich die Entfernungspauschale mit 0,30 EUR je Entfernungs-km an, da seiner Ansicht nach keine Auswärtstätigkeit vorlag. Insbesondere war der Kläger dem Entleihbetrieb dauerhaft zugeordnet gewesen. Das Finanzgericht gab der Klage statt. In der Anweisung des Verleihers, „bis auf Weiteres“ für die AG im Werk X tätig zu sein, sahen die Richter keine dauerhafte Zuordnung.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab ebenfalls dem Kläger Recht. Erste Tätigkeitsstätte ist nach dem seit 2014 geltenden „neuen“ Reisekostenrecht die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die arbeitsrechtlichen Festlegungen und Weisungen bestimmt.

Eine Zuordnung ist unbefristet, wenn die Dauer nicht kalendermäßig oder auf andere Art bestimmt ist. Ist jedoch das Arbeitsverhältnis befristet, wie im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher, kommt eine unbefristete Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht. Eine vom Gesetz vorausgesetzte unbefristete Tätigkeit ist dann ausgeschlossen.

 

Eine Zuordnung für die Dauer des Arbeitsverhältnisses liegt vor, wenn sie für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Bestand haben soll. War der Arbeitnehmer allerdings im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bereits einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet und erfolgt später die Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, besteht diese nicht mehr „für die Dauer des Arbeitsverhältnisses“. Denn für die zweite Zuordnung steht fest, dass sie nicht für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses gilt, sondern lediglich für die Dauer des verbleibenden Arbeits- oder Dienstverhältnisses.

Deshalb verfügte der Kläger im vorliegenden Fall nicht über eine erste Tätigkeitsstätte. Zwar war er dem Werk X zugeordnet, diese Zuordnung war aber nicht dauerhaft, da das Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Zuordnung zu dem Werk X erfolgte, seinerseits befristet war. Der Kläger war dem Werk X aufgrund seiner ursprünglichen Zuordnung zu dem Werk Y auch nicht für die Dauer seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses zugeordnet.

Überstundenvergütung kann ermäßigt versteuert werden

Zahlt der Arbeitgeber eine Überstundenvergütung für mehrere zurückliegende Jahre, darf darauf der ermäßigte Lohnsteuersatz nach der sog. Fünftel-Regelung angewendet werden.

Hintergrund

Der Kläger erbrachte in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 330 Überstunden. Im Jahr 2016 schlossen der Kläger und die Arbeitgeberin wegen einer länger andauernden Erkrankung des Klägers einen Aufhebungsvertrag, der das Arbeitsverhältnis beendete. In dem Vertrag war insbesondere geregelt, dass die bisher nicht ausgezahlten Überstunden mit einem Betrag von insgesamt 6.000 EUR vergütet wurden.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass hier der ermäßigte Steuersatz nach der Fünftel-Regelung angewendet werden darf. Bisher wurde von der Verwaltung, den Gerichten und auch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass eine nachträgliche Überstundenvergütung nicht zur ermäßigten Besteuerung nach der Fünftel-Regelung führt. Nach Auffassung des Finanzgerichts im vorliegenden Fall war die Überstundenvergütung jedoch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, die steuerlich nicht anders behandelt werden konnte als eine Nachzahlung von Lohn für die reguläre Arbeitsleistung. Die Vergütung war dem Kläger auch „zusammengeballt“ zugeflossen, denn sie war in einer Summe in einem Jahr ausgezahlt worden.

 

Erste Tätigkeitsstätte für Polizisten

Ist ein Polizeibeamter im Einsatz- und Streifendienst tätig, erbringt er aber an seinem Dienstsitz arbeitstäglich Tätigkeiten zumindest in geringem Umfang, hat er dort auch eine erste Tätigkeitsstätte.

Hintergrund

Der Kläger war Polizeibeamter und fuhr arbeitstäglich zu seiner Dienststelle (Polizeiinspektion) und trat von dort aus seinen Einsatz- und Streifendienst an. Die Tätigkeiten in der Dienststelle umfassten die Vor- und Nachbereitung der Außeneinsätze (Einsatzbesprechungen, Schreibarbeiten usw.). Der Kläger machte für das Jahr 2015 die Kosten seiner Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle als Reisekosten geltend. Weiterhin beantragte er die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen, weil er mehr als 8 Stunden auswärts tätig war. Das Finanzamt wertete die Polizeiinspektion als erste Tätigkeitsstätte und berücksichtigte die Fahrtkosten lediglich mit der Entfernungspauschale. Den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen lehnte es komplett ab, da der Kläger die Abwesenheitszeiten nicht nachgewiesen hatte. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Erste Tätigkeitsstätte ist nach dem seit 2014 geltenden „neuen“ Reisekostenrecht die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die arbeitsrechtlichen Festlegungen und Absprachen bestimmt. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte zugeordnet, kommt es nicht mehr auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers an.

Von einer dauerhaften Zuordnung ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über 48 Monate hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine eindeutige Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte, ist eine erste Tätigkeitsstätte die Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche 2 volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Polizeiinspektion die erste Tätigkeitsstätte des Klägers. Denn er war dieser Dienststelle auf Dauer zugeordnet und hatte dort auch polizeiliche Aufgaben (Besprechungen, Protokolle usw.) zu erledigen.

Da der Kläger nicht nachgewiesen hatte, dass er an den fraglichen Tagen mehr als 8 Stunden von der Wohnung und der Polizeiinspektion als erster Tätigkeitsstätte abwesend war, kommt ein Ansatz der beantragten Verpflegungsmehraufwendungen nicht in Betracht. Eine Abwesenheit von mehr als 8 Stunden nur von der Wohnung genügte nicht.